Das Reichen-Konzept: Lesen durch Schreiben
-> eigenaktiv und kooperativ
Prinzipien des Reichen-Konzepts
Unterrichtsmethodisches Prinzip: Werkstattunterricht
Lernpsychologisches Prinzip: selbstgesteuertes Lernen
Lesedidaktisches Prinzip: Lesen durch Schreiben
Werkstattunterricht
Ziel: Kommunikatives & selbstgesteuertes Lesen
Öffnung von Unterricht
individualisiertes Lernen
fächerübergreifendes Arbeiten
eigenverantwortliches Auswählen des Lerngegenstandes aus einem schulischen Schwedenbuffet
minimale Hilfestellung durch LK
Chef-System (Aufg der LK werden an SuS übertragen, zB Korrektur von HA, Betreuung von Lernsituationen)
materialgeleiteter Unterricht
eigenes Tempo, selbstgewählte Aufg
=> große Schnittmenge
Selbstgesteuertes Lesen
aktiver Erwerb von Lerngegenständen
Ablehnung des Übens
Reichen (2001): “Kinder lernen umso mehr, je weniger sie belehrt werden”
Lesedidaktisches Prinzip
Kinder lernen durch konstruierendes Schreiben automatisch und selbstständig das Schreiben
zentrales Hilfsmittel: Anlauttabelle (wenn phonematisches Prinzip verstanden)
freie Wortwahl aus Lebenswelt
Eltern sollen nicht mit Kindern lesen üben
korrekte Rechtschreibung im 1. SJ nicht verlangt
Didaktik sei unnötig, sogar kontraproduktiv -> keine Buchstabeneinführung
Reichen vs Brügelmann/Brinkmann
Reichen sagt:
Rechtschreiben werde umso schlechter, je mehr man sie trainiere - insbesondere bei lernschwachen Kindern
angebotene U-Materialien dienen nicht der Vermittlung von Lesen & Schreiben, sondern sind allgemein zur Aktivierung des Denkens und Lernens gedacht
U in der 1. Kl muss sich keine Gedanken über Erwerb von Lesen & Schreiben machen, ergibt sich von selbst
Kritik
Nicht berücksichtigt wird Anregungspotenzial, das durch Textsortenvielfalt gegeben wäre.
Keine Buchstabeneinführung
Kein kommunikativer Aspekt der Schreibens, denn Eigentexte für andere nicht lesbar.
Kein Austausch über Geschriebenes.
Vage Erinnerung an das Geschriebene, nicht wirklich Erlesen.
Druck- und Schreibschrift nicht geübt.
Groß-und Kleinschreibung ohne Korrektur
Korrigiert wird nur wenn Laute:
Beim Aufschreiben vergessen,
In der Abfolge im Wort verwechselt,
Geschrieben werden, die garnicht zum Wort gehören.
Problematisch für Risiko-Kinder, denn kein strukturiertes Üben (Durchgliederung in Silben, etc.)
Reichens “Lesen durch Schreiben” heute in den meisten Bundesländern seit SJ 19/20 verboten
Die Anlauttabelle nach Reichen
Torbogenform (“Buchstabentor”)
Leitmedium
-> Groß- und Kleinbuchstaben
-> Vokale, Umlaute, Diphthonge herausgehoben positioniert
-> kontrastierende Laute gegenübergesetzt
=> soll zum lautgetreuen Verschriften führen
Schwierigkeiten beim Arbeiten mit Anlauttabelle
Nicht alle Laute kommen am Wortanfang vor.
Laute werden je nach Stellung anders artikuliert.
Manche Kinder hören falsch oder sprechen Wörter falsch aus (v.a. Ausländer!)
Ausländer: Bild mit Wort aus Herkunftssprache verbunden.
O wie Ofen oder wie Ordner?
Soll eine Anlauttabelle zum autodidaktischen Lesenlernen dienen, dann müsste sie eigentlich
alle vorkommenden Schreibzeichen (ungefähr 80 Grapheme) enthalten.
Sind nur Reduktionstabellen, die ein Grundprinzip erlernbar machen sollen: Die Phonem-Graphem-Korrespondenz.
=> Anlauttabellen als zentrales U-Mittel eher ungeeignet -> begrenzte Funktion
Weiterentwicklung der Anlauttabelle: Das phonetische Schreiben
1997/8-2001/02 an 10 bayrischen GS durchgeführt
knüpft an Entwicklungsmodelle des SSE an
Voraussetzung: Vorschalten einer phonetischen Stufe beim SSE
Annahme: Lesen stellt sich automatisch ein, sobald die Kinder sich mit Hilfe einer Anlauttabelle die Laut-Buchstaben-Beziehung durch Schreiben angeeignet haben
dazu sind nicht alle Buchstaben notwendig -> Entdeckung des analytisch-synthetischen Prinzips
basiert auf der Idee einer gestuften Anlauttabelle (3 Stufen):
Erste Anlauttabelle
Buchstaben(kombinationen), deren Laute hörbar sind
Hören und Sehen sind direkt aufeinander bezogen
Lautgetreues Bild- und Wortmaterial, nicht selber überlassen, welche Wörter man schreiben will
Buchstabe der Woche
Ausschließlich in Großbuchstaben
keine Buchstabenverwechslung
Kein Druckschriftlehrgang, sondern einfach abmalen
-> Mitsprechwörter
Erweiterungstabelle
Kind hat Lautprinzip verstanden.
Entdeckt hier: Es gibt phonologische Regelhaftigkeiten, die lehrgangsmäßig vermittelt und eingeübt werden.
Phonem-Graphem-Beziehung ist nicht immer eindeutig, sondern Laute werden mit jeweils typischen Varianzen geschrieben.
Unterscheiden von Vokalen und Konsonanten: rechts und links im Außenkreis Konsonanten, oben Vokale und Umlaute.
Groß- und Kleinbuchstaben.
Es wird auf die unterschiedlichen Sprech- und Schreibweisen der Endungen (-er, en, -el) eingegangen (vokalisiertes r).
Einüben erster Rechtschreibstrategien wie das Verlängern von Wörtern.
-> Nachdenkwörter
Letzte Stufe
Vermittlung der Orthographie
Es gibt Wörter, deren Schreibung willkürlich ist.
Visuelle Strategien
Orthographischen Schreibweisen liegen keine auditiven Regelhaftigkeiten zu Grunde
Auseinandersetzung mit Rechtschreibstrategien, insbesondere durch Anordnung der Wörter in Ähnlichkeitsklassen:
Implizite Musterbildung
Einüben eines begrenzten Wortschatzes
-> Merkwörter
Mitsprechwörter
Nachdenkwörter
Merkwörter
Lautgetreu verschriftet
Phonologisch, nach einfachen Regeln geschrieben
Orthographisch geschrieben
Dennoch: Die optimierte Reichen-Version lassen sich keine empirisch abgesicherten Leistungsvorteile gegenüber einem Fibeluntericht erreichen.
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