Welteinkommensprinzip
Das sogenannte Welteinkommensprinzip ist ein Merkmal der unbeschränkten persönlichen Steuerpflicht im Rahmen der Einkommensteuer nach § 1 Abs. 1 S. 1 EStG. Danach werden sämtliche Einkünfte, die ein in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtiger deutscher Staatsbürger weltweit erzielt, in Deutschland versteuert. Der deutsche Staat hat dann das Recht zur Besteuerung des gesamten zu versteuernden Einkommens. Eine mögliche Doppelbesteuerung wird anschließend über Doppelbesteuerungsabkommen oder unilaterale Maßnahmen (etwa § 34 c Abs. 1 S. 1 EStG) ausgeglichen.
Persönliche Steuerpflicht
Unbeschränkte Steuerpflicht / Welteinkommensprinzip
§1 Abs. 1 S. 1 EStG
Natürliche Person (Mensch, §1 BGB Vollendung Geburt) mit
Wohnsitz (§8 AO)
oder
gewöhnlichem Aufenthalt (§9 AO)
im Inland i.S. des §1 Abs.1 S.2 EStG (Deutschland einschließlich seines Anteilsan der ausschließlichen Wirtschaftszone und am Festlandsockel)
Der verheiratete Stören Fried ist von seinem Arbeitgeber für 3 Jahre nach Hongkong versetzt worden. Ihm gehört ein Einfamilienhaus (EFH) in München, in dem er bisher auch wohnte.
a) Die Familie geht mit nach Hongkong. Während der Abwesenheit kümmert sich die Haushälterin um das EFH.
b) Das EFH wird für die 3 Jahre vermietet.
c) Die Familie begleitet Stören Fried nicht nach Hongkong, sondern wohnt weiterhin in dem Münchner EFH.
a) Stören Fried hat weiterhin die Sachherrschaft über die Wohnung (hier: EFH). Er hat somit einen Wohnsitz (§8 AO) im Inland inne.
b) Stören Fried hat die Sachherrschaft (durch die Vermietung) aufgegeben, der Mieter hat
nun die Sachherrschaft (tatsächliche Verfügungsmacht) über das EFH. Stören Fried hat keinen Wohnsitz in Deutschland inne.
c) entspricht Fall a).
Wohnsitz
§8 AO
Maßgeblichkeit tatsächlicher Lebensverhältnisse (≠ Anmeldung Ordnungsbehörde),> unregelmäßige kurze Aufenthalte zu Erholungs‐ / Verwaltungszwecken
Einfachste Ausstattung hinreichend, Nutzung zu Wohnzwecken
Innehaben = jederzeitige Verfügbarkeit (≠ sog. standby‐Wohnung)
Möglichkeit mehrerer (gleichzeitiger) Wohnsitze (≠ Mittelpunkt Lebensinteresse)
Familienwohnsitz (z.B. nicht dauernd getrenntlebender Ehegatte, minderjKind)
Auslandsaufenthalt Arbeitnehmer (Expatriate)
Gewöhnlicher Aufenthalt
§9 AO
Kurzfristige Unterbrechung (z.B. Jahresurlaub, Kur)
≠ Grenzpendler
kein gewöhnlicher Aufenthalt gleichzeitig an mehreren Orten
6-Monatsfrist/fiktion unabhängig von Kalenderjahr, ggf. auch kürzere Frist möglich
Bsp.
a) Karl Groß betreibt einen Gewerbebetrieb in Aachen. Sein Wohnsitz befindet sich in Belgien nahe der deutschen Grenze. Nach Geschäftsschluss kehrt Karl jeden Abend nach Hause zurück.
b) Der US-amerikanische Star David Hesselbach hält sich anlässlich eines Gastspiels vom 25.09.01 bis 2.4.02 ununterbrochen in Deutschland in diversen Hotels auf; im Februar macht er drei Wochen Urlaub in den U.S.A.
c) Der Niederländer van Rental mit Wohnsitz in Venlo (NL) arbeitet in Düsseldorf. Abends nach Geschäftsschluss kehrt er zu seiner Familie nach Venlo zurück.
a) Karl Groß ist nicht unbeschränkt steuerpflichtig in Deutschland. Er begründet keinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland, da es an der erforderlichen Stetigkeit mangelt.
b) David ist unbeschränkt einkommensteuerpflichtig. Durchden Aufenthalt wird zwar kein Wohnsitz begründet, es handelt sich aber, da die sechsmonatige Frist überschritten ist, um einen gewöhnlichen Aufenthalt; die kurzfristige Unterbrechung wegen Urlaub bleibt unberücksichtigt.
c) Van Rental ist nicht unbeschränkt steuerpflichtig. Er begründet keinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland, da es an der erforderlichen Stetigkeit mangelt.
Beschränkte Steuerpflicht / Territorialitätsprinzip
§1 Abs. 4 EStG
Berücksichtigung der persönlichen Verhältnisse (grundsätzlich) im Wohnsitzstaat (z.B. kein Grundfreibetrag, kein Splittingtarif)
Besteuerung nur der inländischen Einkünfte i.S. des §49 EStG grundsätzlichAbzugsverfahren §50a EStG
Beschränkte Steuerpflichht
Künstler H. Eintje tritt in Deutschland auf und erhälteine Gage i.H. von 50.000 €. Im unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit dem Auftritt entstanden ihm Aufwendungen i.H. von 35.000 €.
Lösung
a) Nach §50a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 EStG erfolgt grundsätzlich ein Steuerabzug i.H. von 15 % der Einnahmen (50.000 €), d.h. 7.500 €. Bezogen auf den Gewinn (15.000 €) beträgt der Steuersatz 50 %.
b) Da H. Eintje ein EU/EWR‐Staatsangehöriger mit EU/EWR‐Wohnsitz ist, kann die Steuer abweichend von Abs. 2 nach Ab. 3 unter Abzug in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang mit den Einnahmen stehender Aufwendungen ermittelt werden, d.h. vom Gewinn i.H. von 15.000 €, jetzt allerdings mit einem Steuersatz von 30 %, d.h. 4.500 €.
Doppelbesteuerung -> unbeschränkt steuerpflichtig infolge von Wohnsitz in DE
Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) nach OECD‐Musterabkommen (OECD‐MA) regelt Ansässigkeit (Art. 4 Abs. 2 „tie‐breaker‐rule“: ständige Wohnstätte, Mittelpunkt der Lebensinteressen, gewöhnlicher Aufenthalt, Staatsangehörigkeit, gegenseitiges Einvernehmen)
Doppelbesteuerung -> unbeschränkt steuerpflichtig mit sämtlichen Einkünften in DE
Zuweisung (Erst‐)Besteuerungsrecht zu einem der Staaten (je nach Einkunftsart), anderer Staat gewährt Freistellung der Einkünfte oder Anrechnung der Steuer, grds. Progressionsvorbehalt (§32b EStG)
DBA mit Freistellungsmethode vs. DBA mit Anrechnungsmethode
Grenzpendlerregel
„Grenzpendlerregel“ §1 Abs. 3 EStG Unbeschränkte Steuerpflicht auf Antrag bzw. fiktive unbeschränkte Steuerpflicht
Voraussetzungen §1 Abs. 3 EStG
Antrag (jährlich)
natürliche Person (Staatsbürgerschaft irrelevant)
weder Wohnsitz noch gewöhnlicher Aufenthalt im Inland
Inländische Einkünfte i.S. des §49 EStG
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