Historisches Ereignis oder was macht ein Ereignis historisch?
zunächst konkrete Vorkommnisse, Handlungen, Begegnungen
Grad der Besonderheit nicht für “historisch” entscheidend
-> historisch, wenn durch Ereignis bestehende Verhältnisse und Perspektiven schnell verändert werden oder diese Veränderung durch Ereignis deutlich wird
hierbei übersteigt das Element der Freiheit das Element der Notwendigkeit (Regelhaften); können nicht voneinander gelöst werden
aber die Veränderung muss in ihrem Inhalt und der Wirkdauer und -breite von Bedeutung sein
Rückwirkung auf Bereich des Notwendigen in zweierlei Hinsicht:
Sinn ergibt sich erst aus Voraussetzung und Veränderung des Regelmäßigen (strukturelle Bedingungen)
Handelnde muss zur Beeinflussung der gesellschaftlichen Verhältniss und Denkens der Mitmenschen in der Lage sein (braucht “Publikum”; muss wahrgenommen werden)
z. B. Machtposition, und häufig noch spezifische Situation oder Problemlage
Historisches Ereigniss kann nur rückwirkend bestimmt werden, weil zur Zeit des vorkommens
keine Wahrnehmung
nun ander Deutung der Handlung und Wirkung
Überschattung von anderen Ereignissen
historische Ereignisse werden durch Erfahrungen und Deutungen erst als solche ausgewählt und konstruiert
dabei jedoch nicht fiktiv, sondern enthalten historischen analysierbaren Vorgang
Ereignis und Struktur
a. Alltägliche Wahrnehmung und Medien
Historische Ereignisse nehmen einen prominenten Platz in der alltäglichen Wahrnehmung ein, oft vermittelt durch Medien. Ein Ereignis wird jedoch nicht automatisch als historisch erkannt oder definiert. Was ein Ereignis historisch macht, ist oft unklar und variiert je nach Perspektive und Kontext.
b. Politische, gesellschaftliche, wirtschaftliche und kulturelle Ereignisse
Es gibt keine festen Kriterien, die ein Ereignis als historisch klassifizieren. Dennoch werden bestimmte Ereignisse aufgrund ihrer politischen, gesellschaftlichen, wirtschaftlichen oder kulturellen Bedeutung von der Mehrheit der Gesellschaft als historisch angesehen.
a. Nachkriegszeit
In Deutschland gelten zum Beispiel die Währungsreform 1948, der Bau der Berliner Mauer 1961 und deren Fall 1989, der Sieg der westdeutschen Fußballnationalmannschaft bei der Weltmeisterschaft 1954 und der autofreie Sonntag während der Ölkrise 1973 als historische Ereignisse.
b. Direkte und mediale Wahrnehmung
Solche Ereignisse können direkte Auswirkungen auf das tägliche Leben haben oder werden durch Medien und öffentliche Persönlichkeiten als historisch interpretiert. Beispielhaft sind repräsentative Staatsakte wie die Beerdigung eines bekannten Politikers, die als symbolische Ereignisse wahrgenommen werden, obwohl sie keine unmittelbaren Veränderungen bewirken.
a. Konkrete Vorkommnisse und Handlungen
Historische Ereignisse basieren auf konkreten Vorkommnissen, die von gewöhnlichen (z.B. Fußballspiele) bis zu spektakulären (z.B. Bau der Berliner Mauer) reichen können. Das eigentliche Geschehen alleine definiert jedoch nicht seine historische Bedeutung.
b. Bedeutung und Wirkung
Ein Ereignis wird historisch, wenn es von vielen Menschen als bedeutend für die schnelle Veränderung bestehender Verhältnisse und Perspektiven angesehen wird. Diese Veränderungen können durch das Ereignis selbst hervorgerufen oder durch dieses symbolisiert werden.
a. Währungsreform 1948
Die Währungsreform veränderte über Nacht die Lebensbedingungen vieler Menschen und führte zu geopolitischen Spannungen, wie der Blockade West-Berlins durch die Sowjetunion.
b. Autofreier Sonntag 1973
Während der autofreie Sonntag den Energieverbrauch nur geringfügig beeinflusste, machte er die Begrenztheit und Abhängigkeit von Energiequellen deutlich.
a. Freiheit und Zufall
Historische Ereignisse entstehen durch das Zusammenspiel von Freiheit menschlichen Handelns und Zufall gegenüber dem Regelhaften und Strukturellen. Ein Ereignis wird erst bedeutend, wenn es das Gewohnte durchbricht und gesellschaftliche Veränderungen bewirkt.
b. Publikum und Wahrnehmung
Ein historisches Ereignis benötigt ein Publikum, das dessen Bedeutung wahrnimmt und erfährt. Die Inszenierung oder Beschwörung solcher Ereignisse in der Politik zeigt deren symbolische Kraft.
a. Machtergreifung der Nationalsozialisten
Ein Beispiel für die Variation in der Wahrnehmung und Bedeutung historischer Ereignisse ist die Machtergreifung der Nationalsozialisten. Die Deutung und Bedeutung dieses Ereignisses variieren je nach Perspektive des Betrachters.
b. Perspektiven und Erinnerungen
Ältere Menschen erinnern sich möglicherweise nicht primär an die Machtergreifung, sondern an persönliche Ereignisse wie den Wiedereintritt in die Arbeitswelt. Dies zeigt, dass die Bedeutung historischer Ereignisse stark von individuellen Erfahrungen und Perspektiven abhängt.
a. Politik- und Geistesgeschichte
Traditionell konzentrierte sich die deutsche Geschichtswissenschaft auf politische und geistige Geschichte, wobei der Fokus auf großen Persönlichkeiten und Ereignisketten lag, die als Träger des historischen Wandels angesehen wurden.
b. Strukturgeschichte
Strukturgeschichte untersucht stabile Ordnungsprinzipien und Strukturen einer Gesellschaft über längere Zeiträume. Sie beschreibt die inneren Differenzierungen und Bauprinzipien von Gesellschaften oder sozialen Einheiten.
a. Erklärung des Wandels
Die Herausforderung der Strukturgeschichte liegt darin, den Wandel gesellschaftlicher Strukturen aus diesen Strukturen heraus zu erklären, ohne in Zirkularität zu verfallen. Besonders in der neueren Geschichte, wo gesellschaftlicher Wandel sich beschleunigt hat, ist dies schwierig.
b. Ergänzung durch Kulturgeschichte und Historische Anthropologie
Neuere Forschungsfelder wie die Kulturgeschichte und Historische Anthropologie rücken die historischen Akteure und ihre subjektiven Wahrnehmungen und Bedeutungen in den Fokus. Sie ergänzen die Strukturgeschichte, indem sie die Lebenswelten und Handlungsweisen der Menschen sowie sprachliche und diskursive Aspekte untersuchen.
Historische Ereignisse sind keine festen Tatsachen, sondern werden durch Erfahrungen und Deutungen erst als solche konstituiert. Sie sind von strukturellen Bedingungen abhängig, benötigen ein Publikum zur Wahrnehmung ihrer Bedeutung und können durch gesellschaftliche Akteure und Medien inszeniert werden. Die Geschichtswissenschaft hat unterschiedliche Ansätze entwickelt, um historische Ereignisse und Strukturen zu analysieren, wobei die Integration von Freiheits- und Notwendigkeitselementen sowie der Fokus auf soziale und kulturelle Dimensionen wichtige Ergänzungen darstellen.
Ereignisgeschichte
lange Zeit Fokussierung auf Freiheitselement (was Element des Notwendigen übersteigt) und damit auf Politik- und Geistesgeschichte
Ziel: Sinn der Geschichte und Bewegungselement zu identifizieren
große Persönlichkeiten & Ereignisverkettungen
weniger: politische Institutionen, Machtverhältnisse, Bedingungen des materiellen Lebens -> nur als Rahmenbedingungen relevant
Strukturgeschichte
Kritik an Ereignisgeschichte: bloße Aneinanderreihung von Haupt- und Staatsaktionen und anderen Oberflächenerscheinungen
Fokus auf Bereich des Notwendigen
Ziel: Finden von Triebkärften und Bewegungsgesetzen historischer Prozesse und die Grundstrukturen gesellschaftlichen Daseins
Gegenstand: Strukturen (lat. struktura: Gefüge, Zusammenordnung, Bauwerk) der Gesellschaft oder ihrer Teile (Stadt, Betrieb, Verband) und Prozesse die Veränderungen bewirkt oder bedingt haben
z. B. Wirtschaftsordnung, soziale Schichten, räumliche und funktionale Differenzierung, Bedingungen des alltäglichen Lebens, Organisationsformen sozialen Handelns
Beispiel Sportverein S. 12
Grenzen:
Wandel der gesellschaftlichen Strukturen aus diesen Strukturen heraus erklären? Gefahr des Zirkelschlusses
-> Rekrus auf Ereignisse
Kritik an strikter Strukturgeschichte:
Ausklammerung wichtiger Teile der Vergangenheit wie bspw. Machtübernahme der Nazis
-> Kulturgeschichte, Historische Anthropologie helfen
neueste Entwicklung: Sozialgeschichte, welche Strukturen und Ereignisse kombinieren will
Spurensuche
Der Text beschreibt die Ähnlichkeiten und Unterschiede zwischen der Arbeit von Kriminalkommissaren und Historikern, indem er die metaphorische Spurensuche als gemeinsames Element hervorhebt. Er erklärt, wie beide Berufsgruppen aus Fragmenten und Indizien vergangener Handlungen auf den gesamten Vorgang schließen. Im Folgenden wird eine detaillierte Erklärung des Textes gegeben:
Kommissare im Krimi: Die Kommissare in Kriminalromanen werden oft als genialische Figuren dargestellt, die durch ihre Intuition und Erfahrung Verbrecher aufspüren können, obwohl sie nur wenige Beweise haben. Sie stehen im Gegensatz zu den bürokratischen Polizisten, die an ihren Vorschriften scheitern.
Historiker als Detektive: Ähnlich wie Kommissare arbeiten Historiker daran, aus Fragmenten der Vergangenheit ein vollständiges Bild zu rekonstruieren. Ihr Fokus liegt auf menschlichen Handlungen, die in der Vergangenheit liegen und nur durch überlieferte Fragmente bekannt sind.
Zeitliche Distanz: Historiker können nicht darauf warten, dass sich vergangene Ereignisse wiederholen, um daraus zu lernen. Sie können nicht teilnehmen, sondern müssen sich auf die vorhandenen Quellen stützen.
Zeugen und Täter: Historiker können oft nicht direkt mit den Beteiligten kommunizieren, sondern sind auf deren überlieferte Aussagen angewiesen.
Gesetzeslage: Historiker untersuchen häufig Vorgänge, die zur damaligen Zeit nicht illegal waren. Die Quellen können daher tendenziell subjektiv gefärbt sein, da die Beteiligten sie mit einer bestimmten Intention für die Nachwelt hinterlassen haben.
Beweisführung: Historiker müssen ihre Erkenntnisse auf Basis fragmentarischer Quellen beweisen, während Detektive anhand von Strafgesetzen arbeiten und oft direkte Beweise für Schuld oder Unschuld suchen.
Definition von Spuren: Im ursprünglichen Sinne sind Spuren Fußabdrücke oder andere unwillkürliche Hinterlassenschaften eines Lebewesens. Diese Spuren geben einem kundigen Leser Informationen über die Identität und Handlungen des Verursachers.
Überreste und Überlieferungen: Historiker arbeiten mit Überresten (zufällige Hinterlassenschaften) und Überlieferungen (bewusst hinterlassene Dokumente, Berichte etc.). Diese Spuren sind oft fragmentarisch und erfordern spezialisierte Kenntnisse, um sie korrekt zu interpretieren.
Genialität des Kommissars: Die Verbindung von systematischer Beobachtung und intuitiver Schlussfolgerung macht den idealen Kriminalkommissar aus. Ein ähnlicher Prozess findet in der historischen Forschung statt, wo aus kleinen Details eine umfassende Hypothese gebildet wird.
Heuristik in der Geschichtswissenschaft: Heuristik bezeichnet die Kunst, geeignete Quellenmaterialien zu finden und daraus Erkenntnisse zu gewinnen. Die Vergangenheit hinterlässt Spuren, die Historiker in der Gegenwart interpretieren und analysieren müssen.
Lücken in der Überlieferung: Historische Forschung ist begrenzt durch die Verfügbarkeit von Quellen. Viele Teile der Menschheitsgeschichte sind nicht überliefert und bleiben daher der historischen Erkenntnis verschlossen.
Flüchtigkeit des Alltags: Besonders der Alltag der Menschen hinterlässt oft wenig dokumentierte Spuren, was die Forschung in diesem Bereich erschwert.
Theoretische Fundierung: Geschichtswissenschaftliche Fragestellungen sollten nicht willkürlich gewählt werden, sondern in theoretischen Zusammenhängen begründet sein.
Erweiterung der Quellenbasis: Historiker arbeiten ständig daran, die Quellenbasis durch die Sicherung und Erschließung neuer Materialien zu erweitern. Dazu gehören Techniken aus den historischen Hilfswissenschaften.
Fragilität der historischen Erkenntnis: Historische Forschung basiert auf der Interpretation fragmentarischer Überreste und Überlieferungen. Das Ziel ist, aus diesen Fragmenten eine kohärente Vorstellung der Vergangenheit zu entwickeln, die durch neue Erkenntnisse immer wieder überprüft und angepasst werden muss.
Der Text betont die Komplexität und die methodischen Herausforderungen der Geschichtsforschung, die ähnlich wie die Arbeit eines Detektivs, eine präzise und kreative Kombination von Beobachtung, Intuition und Analyse erfordert.
Perspektivität in Geschichtswissenschaft
Verfasser von Quellen haben unterschiedliche Perspektiven
widmet man sich einer sollte diese Gegenstansbegrenzung deutlich gemacht werden (Objektivität)
keine zu enge Begrenzung, denn sonst nur Nacherzählung einer Quelle
Kombination fragmentarischer Perspektiven ermöglicht Erkenntnisse iund Einblicke in neue, umfassendere Zusammenhänge
Perspektivität
Der Text befasst sich mit der Darstellung und Interpretation von Erfahrungen eines Ehepaars während des Zweiten Weltkriegs, basierend auf Interviews, die Lutz Niethammer und seine Arbeitsgruppe vor über 30 Jahren mit zahlreichen Zeitzeugen geführt haben. Hier ist eine vereinfachte Erklärung des Textes:
Quellen der Studie: Die dargestellten Erfahrungen stammen aus Interviews mit Zeitzeugen des Zweiten Weltkriegs. Diese Interviews wurden von Lutz Niethammer und seinem Team durchgeführt.
Typisierte Erfahrung: Niethammer hat eine allgemeine, typisierte Darstellung erstellt, die viele individuelle Erzählungen zusammenfasst. Diese typisierte Darstellung ist für didaktische Zwecke gedacht, also um bestimmte Lehrinhalte zu vermitteln.
Vorsicht bei Verallgemeinerungen: Es wird darauf hingewiesen, dass man vorsichtig sein sollte, solche typisierten Darstellungen als repräsentativ für alle anzusehen. Die Generationenforschung hat gezeigt, dass eine Homogenität behauptet wird, die in Wirklichkeit nicht existiert.
Allgemeiner Rahmen: Ein Ehepaar möchte seinen Enkeln vom Leben während des Zweiten Weltkriegs erzählen. Beide waren zu Kriegsbeginn um die Dreißig und aus Arbeiterfamilien mit einer distanzierten bis oppositionellen Haltung gegenüber den Nazis.
Gemeinsame Erfahrungen: Sie könnten berichten, dass sie und ihre Umgebung den Kriegsausbruch ohne Begeisterung erlebten. Der Krieg wird in zwei Phasen geteilt: eine relativ erträgliche erste Hälfte und eine dunklere zweite Hälfte mit Bombenkrieg, schlechter Versorgung und Zerstörung.
Individuelle Erlebnisse: Die Erzählungen werden unterschiedlich, sobald sie ihre persönlichen Erfahrungen schildern. Zum Beispiel:
Der Mann erlebte 1941 in Frankreich einen relativ ruhigen Sommer, während die Frau sich um die Kinder kümmerte und unter der Kontrolle des Blockwarts stand.
Zwei Jahre später erlitt der Mann in Russland eine Verwundung und hatte traumatische Erlebnisse, während die Frau Freundschaften mit anderen Frauen schloss und die Herausforderungen des Alltags meisterte.
Wieder zwei Jahre später erfuhr die Frau möglicherweise vom Tod des Mannes und erlebte tragische Verluste, während der Mann in Nordafrika in Gefangenschaft war.
Unterschiedliche Perspektiven: Die individuellen Geschichten des Ehepaars bieten verschiedene Perspektiven auf dieselben Ereignisse, bedingt durch ihre unterschiedlichen Rollen und Erfahrungen.
Wert der Erzählungen: Für Historiker und Nachkommen sind diese persönlichen Erzählungen wertvolle Quellen, da sie konkrete Einblicke aus verschiedenen Perspektiven geben.
Multiperspektivität: Historiker sollten mehrere Perspektiven berücksichtigen, um ein umfassenderes Bild der Vergangenheit zu erhalten.
Distanz des Historikers: Historiker haben den Vorteil der zeitlichen und räumlichen Distanz, was es ihnen ermöglicht, die Folgen der Ereignisse zu sehen und größere Zusammenhänge zu erkennen, die den Zeitgenossen möglicherweise verborgen blieben.
Grenzen der historischen Forschung: Historiker müssen den Untersuchungsgegenstand begrenzen, um detailliert und präzise arbeiten zu können. Zu enge Begrenzungen können jedoch zu einer verzerrten Sichtweise führen.
Privileg der historischen Distanz: Historiker profitieren von der Distanz zur Vergangenheit, da sie verschiedene Perspektiven kombinieren und umfassendere Erkenntnisse gewinnen können.
Insgesamt betont der Text die Bedeutung der Berücksichtigung multipler Perspektiven und der methodischen Sorgfalt in der historischen Forschung, um ein möglichst vollständiges und differenziertes Bild der Vergangenheit zu erhalten.
Methodik der GeWi
Der Text diskutiert die Methodik der historischen Forschung und wie Historiker mit verschiedenen Perspektiven und Quellen umgehen sollten, um ein umfassendes Bild der Vergangenheit zu erhalten. Hier ist eine vereinfachte Erklärung der wesentlichen Punkte des Textes:
Interesse festlegen: Historiker müssen ihr Forschungsinteresse klären. Zum Beispiel: Wollen sie wissen, welche „Banden“ im Zweiten Weltkrieg bekämpft wurden, oder warum die Erinnerungen eines Zeitzeugen ungenau sind?
Für ersteres wäre eine politische oder militärhistorische Untersuchung erforderlich.
Für letzteres wäre eine tiefere Untersuchung nötig, einschließlich Interviews und Archivforschung.
Phänomen definieren: Der Begriff „Banden“ muss genauer definiert werden, um Missverständnisse zu vermeiden. Historiker müssen erkennen, dass „Banden“ Partisanen oder Widerstandskämpfer waren, die aus nichtuniformierten Guerilla-Gruppen bestanden und sich gegen die deutsche Besatzung wehrten.
Zeit und Einheit festlegen: Historiker müssen den genauen Zeitraum und die Einheit des Zeitzeugen ermitteln. Dies kann durch Nachfragen oder Archivforschung geschehen.
Militärische Berichte analysieren: Durch die Analyse von Divisions- oder Regimentsgeschichten können Historiker herausfinden, wo die Einheit des Zeitzeugen operierte und welche Befehle gegeben wurden.
Deutsche Sicht: Deutsche Militärberichte könnten Partisanen als heimtückische Gegner darstellen, gegen die mit Härte vorgegangen werden musste. Diese Härte könnte Repressalien wie Geiselerschießungen beinhalten.
Partisanensicht: Partisanenberichte könnten den Widerstand als heldenhaften Kampf gegen eine verbrecherische Besatzung darstellen.
Historiker könnten Überblicksdarstellungen des Zweiten Weltkriegs oder der deutschen Besatzung in verschiedenen Ländern verwenden, um größere Zusammenhänge und spezifische Ereignisse zu verstehen.
Historiker kombinieren verschiedene Perspektiven (mikroskopisches Spurenlesen und Weitwinkelperspektive) und reflektieren das Folgegeschehen, um die historische Komplexität zu erfassen.
Diese Methode ermöglicht es, die Perspektive der Beteiligten zu rekonstruieren und die historischen Ereignisse in ihren Kontext zu stellen.
Objektivität als Maxime: Obwohl vollständige Objektivität unerreichbar ist, sollten Historiker sie als Ideal anstreben. Historische Erkenntnisse sollten möglichst komplex und subjektiv sein, um die Vergangenheit umfassend zu erfassen.
Gefahren der Distanz: Historiker müssen darauf achten, ihre eigene Perspektive und Subjektivität nicht zu leugnen. Es besteht die Gefahr, dass sie sich überlegen fühlen und die Vergangenheit nur als Bewegungsspiel betrachten.
Neuerungen in der Forschung: Historiker haben versucht, die Forschung zu erweitern, z. B. durch die Untersuchung der Gesellschaftsgeschichte oder „Geschichte von unten“, um die Lebensbedingungen und Erfahrungen der breiten Bevölkerung zu verstehen.
Polemiken und Herausforderungen: Neue Ansätze können zu Polemiken führen, da sie ältere Methoden als unzureichend kritisieren, während deren Verteidiger auf die Machbarkeit und den Zusammenhang der neuen Ansätze hinweisen.
Erkenntnisinteresse: Historiker müssen ihr Interesse und ihren Erkenntniszusammenhang reflektieren, da diese von ihrer Persönlichkeit, Herkunft und gesellschaftlichen Position beeinflusst werden.
Komplexität der Erkenntnis: Historische Forschung erfordert die Kombination von detaillierter Quellenanalyse und multiplen Perspektiven, um ein möglichst vollständiges Bild der Vergangenheit zu zeichnen.
Der Text betont, dass die Methode der historischen Forschung sowohl die subjektive Perspektive des Historikers als auch die Komplexität der Vergangenheit berücksichtigen muss, um wertvolle und bedeutungsvolle Erkenntnisse zu gewinnen.
methodologisch
= eine Methode wissenschaftstheoretisch begründen
Minimalkonsens verbindlicher Verfahren der historisch-kritischen Methode bei Johann Gudtav Droysen
1857 Einführungsvorlesung: Enzyklopädie und Methodologie der Geschichte
Kritik soll Quellen daraufhin prüfen:
echt
unverändert
richtig
vollständig
Gleichzeitigkeit des Ungleichzeitigen
Der Text behandelt das Thema der "Gleichzeitigkeit des Ungleichzeitigen" und den Umgang der modernen Gesellschaft mit ihrer Vergangenheit und ihrem historischen Erbe. Hier eine detaillierte Erklärung:
Erste Beobachtungen: In manchen Straßen können Menschen nicht nur räumlich, sondern auch zeitlich spazieren gehen. Diese Straßen sind jedoch selten geworden aufgrund von Zerstörungen durch den Bombenkrieg, dem Wiederaufbauboom und Abrisswahn.
Vielfalt der Gebäude: Alte Häuser aus Fachwerk, Ziegeln oder Bruchstein stehen neben größeren Gebäuden aus unterschiedlichen Epochen, z.B. aus der Kaiserzeit. Lücken, die durch Krieg oder Spekulation entstanden sind, wurden durch funktionale Gebäude neueren Stils gefüllt.
Zeitreise durch Architektur: Die verschiedenen Baustile zeigen, dass die Gegenwart auf eine besondere Herkunft verweist und verschiedene Zeiten reflektiert.
Amerikanische Architekturkritik: Der Verlust der Zeitdimension wird bedauert. Moderne Städte könnten in kurzer Zeit nach demselben Muster aufgebaut werden, was den Bewohnern den Umgang mit dem historischen Erbe erschwert.
Symbolische Umdekorierung: Menschen reagieren, indem sie ihre Häuser so umgestalten, dass sie ältere Zeiten reflektieren, auch wenn dies nur eine künstliche Patina ist.
Vertrautheit und Beklemmung: Menschen sind so vertraut mit historischen Merkmalen in ihrer Umgebung, dass deren Fehlen Beklemmung auslöst.
Sprachliche Metaphern: Sprachbilder wie „die Zeit stehengeblieben“ oder „wie im Museum“ werden genutzt, um die verfremdete Zeiterfahrung zu beschreiben.
Vermischung der Zeitdimensionen: Die Zeit, die wir erfahren, ist relativ und umfasst qualitative Elemente. Verschiedene gesellschaftliche Bereiche verändern sich nach eigenen Rhythmen oder entziehen sich dem Wandel.
Gesellschaftlicher Wandel: Die Vorstellung eines zwanghaften und sich beschleunigenden Wandels, der sich aus der technisch-ökonomischen Struktur der Gesellschaft ergibt, wird diskutiert.
Marxistische Theorie: Gesellschaftlicher Wandel entsteht durch den Widerspruch zwischen Produktionsverhältnissen und Produktivkräften, der sich im Klassenkampf äußert. Die Theorie hat jedoch Defizite, da sie nicht alle Aspekte des Wandels erklären kann.
Sozialreform und Modernisierung: Sozialreformer versuchten, Produktionsverhältnisse durch politische Mittel beweglich zu machen und soziale Revolutionen zu vermeiden. Dies führte zu Theorien der Modernisierung, die den Wandel in eine harmonische Richtung lenken sollten.
Koordination der Veränderungsgeschwindigkeiten: Die Modernisierungstheorie versucht, gesellschaftliche Veränderungen zu koordinieren. Ihre Annahmen und Ansätze haben jedoch in der Praxis oft versagt.
Abstraktion vom Menschen: Wie der historische Materialismus abstrahiert auch die Modernisierungstheorie vom Menschen, was zu einer gewissen Gemeinplatzigkeit führt.
Veränderte Perspektiven: Heutige Historiker nutzen die Großtheorien wie Marxismus und Modernisierungstheorie weniger, betrachten sie jedoch weiterhin als aufschlussreich für das Verständnis moderner Gesellschaften und historischen Wandels.
Der Text zeigt, wie sich Architektur und Stadtplanung auf unsere Wahrnehmung von Zeit und Geschichte auswirken.
Die "Gleichzeitigkeit des Ungleichzeitigen" ist ein zentrales Konzept, das erklärt, wie unterschiedliche historische Epochen in der modernen Umgebung koexistieren.
Gesellschaftliche Theorien und Reformversuche haben den Umgang mit diesen Phänomenen geprägt, wobei ihre praktischen Anwendungen und theoretischen Grundlagen kritisch beleuchtet werden.
Methode und Theorie der Geschichte als Wissenschaft
Der Text behandelt die Methode und Theorie der Geschichtswissenschaft. Hier sind die wesentlichen Punkte zusammengefasst und erklärt:
Einführung und Vorangegangenes:
Im vorherigen Kapitel wurden alltägliche, scheinbar triviale Themen betrachtet, um deren tiefere Bedeutung und Zusammenhänge zu verstehen.
Dies diente als Einführung in grundlegende Probleme der Geschichtswissenschaft, wie den Zusammenhang von Freiheit und Notwendigkeit, Überlieferungsabhängigkeit, Standortgebundenheit und multiperspektivische Sichtweisen sowie theoretische Konzepte von Zeit und sozialem Wandel.
Ziele des Autors:
Der Autor wollte die Leserschaft mit diesen Grundproblemen vertraut machen und zeigen, wie wissenschaftliche und alltägliche Wahrnehmungen sowohl ähnlich als auch unterschiedlich sind.
Wissenschaftliche Bearbeitung ermöglicht es, diese Wahrnehmungen zu erweitern, präzisieren und kontrollieren.
Fokus des nächsten Kapitels:
Im nächsten Kapitel soll erläutert werden, was die wissenschaftliche Wahrnehmungsweise ausmacht.
Der Autor will nicht eine umfassende Theorie der Geschichtswissenschaft präsentieren, sondern einige wichtige Elemente des wissenschaftlichen Ansatzes in der Historie aufzeigen: kritische Methode, Erkenntnisgewinn und Institutionalisierung.
Elemente der wissenschaftlichen Bearbeitung der Geschichte:
Bereits in den Erörterungen wurden verschiedene Elemente der wissenschaftlichen Bearbeitung der Geschichte erwähnt.
Der Autor konzentriert sich nun auf drei wesentliche Elemente, die über das bisher Gesagte hinausgehen: Kritik, Methode und die Verbindung von Heuristik mit Interpretation.
Kritik und Methode:
Beide Begriffe stammen ursprünglich aus der Gerichtssprache: „Methodos“ bedeutet den Gang einer Untersuchung und ein nach festen Regeln geordnetes Verfahren; „krinein“ bedeutet scheiden, urteilen, entscheiden.
Die historisch-kritische Methode wurde im 19. Jahrhundert zu einem Schlüsselbegriff der Geisteswissenschaften und beschreibt ein Verfahren zur Untersuchung von Textüberlieferungen, um ihre Echtheit und Aussagekraft zu beurteilen.
Johann Gustav Droysen und die historisch-kritische Methode:
Droysen formulierte die wesentlichen Schritte der historisch-kritischen Methode: die Überprüfung von Quellen auf Echtheit, Unverändertheit, Richtigkeit und Vollständigkeit.
Diese Methode stellt einen objektiven Filter dar, der die Quellensuche und -interpretation miteinander verbindet und auf allgemeinen Regeln basiert.
Alltägliches als Ausgangspunkt: Der Text beginnt damit, alltägliche und scheinbar triviale Erfahrungen als Ausgangspunkt für tiefere wissenschaftliche Analysen zu nehmen. Dies zeigt, wie Dinge, die wir als selbstverständlich erachten, bei genauer Betrachtung neue Bedeutungen und Zusammenhänge offenbaren können.
Grundprobleme der Geschichtswissenschaft: Diese Probleme betreffen grundlegende Fragen der menschlichen Freiheit und Notwendigkeit, wie historische Überlieferungen und Standorte die Sichtweise beeinflussen und wie man verschiedene Perspektiven einnimmt. Diese Fragen sind zentral für das Verständnis und die Methodik der Geschichtswissenschaft.
Wissenschaftliche Wahrnehmung und Methodik: Der Text betont die Bedeutung von Kritik und Methode als zentrale Elemente der wissenschaftlichen Arbeit. Die kritische Methode dient dazu, historische Quellen auf ihre Echtheit und Aussagekraft zu prüfen. Diese Methodik ist entscheidend, um wissenschaftliche Arbeiten von bloßen Meinungen und unkritischen Übernahmen zu unterscheiden.
Droysens Beitrag: Droysen wird als eine Schlüsselfigur der Geschichtswissenschaft vorgestellt, der die historisch-kritische Methode klar formuliert hat. Diese Methode ist ein Kernbestandteil der wissenschaftlichen Disziplin und hilft, die Verlässlichkeit und Objektivität historischer Forschung zu sichern.
Insgesamt betont der Text die Bedeutung einer methodischen und kritischen Herangehensweise in der Geschichtswissenschaft, um verlässliche und fundierte Erkenntnisse zu gewinnen.
Der Text beleuchtet weiterführende methodische und theoretische Aspekte der Geschichtswissenschaft, wobei Johann Gustav Droysen eine zentrale Rolle spielt. Hier sind die Hauptpunkte zusammengefasst und erklärt:
Heuristik und methodische Tätigkeiten:
Droysen betont, dass die Heuristik und alle anderen methodischen Tätigkeiten in der Wissenschaft eng zusammenarbeiten müssen.
Wissenschaftliche Disziplinen sind gleichwertig und keine steht über der anderen. Jede Disziplin kann zur Hilfswissenschaft einer anderen werden.
Historiker ärgern sich, wenn andere Disziplinen (wie Soziologen) die Geschichte nur als „Steinbruch“ benutzen, ohne deren Kontext zu berücksichtigen. Wissenschaftliche Zusammenarbeit erfordert eine gemeinsame methodische Grundlage und Respekt vor den Methoden der anderen Disziplinen.
Kritik an beschränkter Methodik:
Droysen kritisiert diejenigen, die sich nur auf die Kritik des Materials konzentrieren und fordert auch Methoden für dessen Interpretation.
Es gibt unterschiedliche Richtungen in der Geschichtswissenschaft, und nicht alle akzeptieren die gleichen methodischen Ansätze.
Zum Beispiel würden marxistische Historiker bestimmte philosophische Grundpositionen des „Historismus“ nicht akzeptieren.
Spezifische Aspekte der Geschichtswissenschaft:
Droysen hat sich intensiv mit der „Diplomatik“ (Urkundenlehre) beschäftigt, die im 19. Jahrhundert entwickelt wurde.
Urkunden im Mittelalter wurden oft gefälscht, was die Frage der Echtheit relevant machte.
Diese Aspekte lassen sich nicht ohne Weiteres auf andere Quellen wie Zeitungsartikel, Fotografien oder Zeitzeugeninterviews übertragen, die andere methodische Ansätze erfordern.
Keine einheitliche Methodik:
Die Geschichtswissenschaft wird nicht von einer einheitlichen Methodik getragen. Die historisch-kritische Methode ist nur eine von vielen.
Für die Interpretation und Analyse des Materials sind zusätzliche erkenntnistheoretische Annahmen und verallgemeinerte Erkenntnisinteressen notwendig.
Trotz dieser Vielfalt bleibt der Minimalkonsens über die historisch-kritische Methode bestehen: methodisch und kritisch zu sein.
Methodische und kritische Interpretation:
Interpretationen müssen transparent und nachvollziehbar sein, ohne auf intuitive oder unklare Kriterien zu basieren.
Eine wissenschaftliche Interpretation muss konsistent sein und darf nicht widersprüchliche Aussagen enthalten.
Analytische Begriffe dürfen nicht so definiert werden, dass sie das Untersuchungsergebnis vorwegnehmen.
Kritik und öffentliche Wissenschaft:
Wissenschaftliche Arbeiten müssen der Kritik standhalten, was bedeutet, dass sie öffentlich und nach methodischen Regeln überprüft werden.
Kritik ist oft schmerzhaft, aber notwendig für die Verbesserung der Qualität der wissenschaftlichen Arbeit.
Die strenge Untersuchung und Beurteilung des Materials ist sinnlos, wenn es anschließend so interpretiert wird, dass keine neuen Erkenntnisse gewonnen werden.
Kritische Wissenschaft ist eine gesellschaftliche Kraft, die vorherrschende Annahmen in einem neuen Licht erscheinen lassen kann.
Interdisziplinäre Zusammenarbeit: Droysen hebt hervor, dass alle wissenschaftlichen Disziplinen gleichwertig sind und voneinander profitieren können. Dies fördert eine Zusammenarbeit, bei der die spezifischen Methoden und Erkenntnisse respektiert und integriert werden.
Methodenvielfalt: Der Text zeigt, dass es in der Geschichtswissenschaft keine einheitliche Methodik gibt. Unterschiedliche Quellen und Forschungsfragen erfordern unterschiedliche methodische Ansätze. Trotzdem ist eine kritische und methodische Herangehensweise der gemeinsame Nenner.
Wissenschaftliche Integrität: Transparenz und Konsistenz in der wissenschaftlichen Interpretation sind entscheidend. Willkürliche oder inkonsistente Interpretationen untergraben die Glaubwürdigkeit der Wissenschaft.
Rolle der Kritik: Kritik ist ein wesentlicher Bestandteil der Wissenschaft. Sie fördert die Qualität und sorgt dafür, dass wissenschaftliche Arbeiten überprüfbar und nachvollziehbar sind.
Kritische Wissenschaft als gesellschaftliche Kraft: Wissenschaft hat die Fähigkeit, bestehende Annahmen und Interpretationen zu hinterfragen und neue Perspektiven zu eröffnen. Dies macht sie zu einer wichtigen Ressource für die gesellschaftliche Reflexion und Weiterentwicklung.
Insgesamt betont der Text die Notwendigkeit einer methodisch und kritisch fundierten Wissenschaft, die durch interdisziplinäre Zusammenarbeit und öffentliche Überprüfung gestärkt wird.
Vergnügung und Verantwortung
Dieser Text beleuchtet den Nutzen der Wissenschaft, speziell der Geschichtswissenschaft, und adressiert dabei die Zweifel und Herausforderungen, die Studierende und Wissenschaftler im Verlauf ihrer akademischen und beruflichen Laufbahn erleben können. Hier sind die Hauptpunkte zusammengefasst und erklärt:
Motivation und Zweifel:
Der Autor beginnt damit, die Motivation der Studierenden zu erwähnen, die zu Beginn ihres Studiums hoch ist. Er weist jedoch darauf hin, dass es Phasen geben wird, in denen sie am Sinn ihrer Arbeit zweifeln werden.
Es wird die wachsende Skepsis in der Gesellschaft gegenüber der Wissenschaft thematisiert, insbesondere die Frage, ob wissenschaftliche Fortschritte nicht auch negative Folgen haben (z.B. Gefahr der Apokalypse, Machtmissbrauch durch Herrschende).
Kritik an der Abkapselung der Historiker:
Historiker werden oft kritisiert, weil sie sich von praktischen Alltagsfragen abkapseln und sich nur mit „hoher Politik“ beschäftigen.
Es gibt auch Historiker, die die bestehenden Machtverhältnisse rechtfertigen und den Eindruck erwecken, dass alles zwangsläufig so kommen musste.
Gefahren der wissenschaftlichen Disziplin:
Die wissenschaftliche Disziplin, die zu strengem Lesen, kritischem Denken und dem Ertragen von Kritik zwingt, kann zu einer Deformation des Charakters führen. Wissenschaftler könnten als „verkopfte“ Fachidioten wahrgenommen werden, die isoliert von den praktischen Lebensbezügen agieren.
Notwendigkeit einer besseren Wissenschaft:
Trotz dieser Gefahren glaubt der Autor nicht daran, dass man sich von der Wissenschaft abwenden sollte. Stattdessen sollte man eine bessere, fröhlichere und lebensnahere Wissenschaft betreiben.
Wissenschaftler sollten ihre Arbeit ernst, aber auch heiter nehmen und sich nicht in den Elfenbeinturm zurückziehen. Sie sollten ihre gesellschaftlichen und individuellen Lebensbezüge wahrnehmen und sozial verantwortungsbewusst arbeiten.
Vergnügen und Erweiterung der Lebenserfahrung:
Die Beschäftigung mit der Geschichte kann tiefes Vergnügen bereiten und die eigenen Erfahrungsmöglichkeiten erweitern.
Das Aufspüren vergangener Wirklichkeiten kann nicht nur kognitive Operationen auslösen, sondern auch alle Lebensgeister in Bewegung versetzen, von der Jagdleidenschaft über phantastische Identifikationen bis zu Elementen der Selbsterkenntnis und der Anregung sozialen Engagements.
Strenge der kritischen Methode als Instrument:
Die wissenschaftliche Bearbeitung der Gegenstände ist arbeitsintensiv, aber die Strenge der kritischen Methode ist weniger eine Fessel als ein Instrument der Leistungsfähigkeit des Geistes.
Erfolge in der historischen Forschung, wie das Aufdecken von verborgenen Wahrheiten oder das Wiederentdecken von Alternativen und Modellen, können für die Mühe entschädigen.
Erweiterung und Kommunikation der Erfahrungen:
Die Erweiterung der Lebenserfahrung durch die Beschäftigung mit der Geschichte kann sowohl angenehm als auch schmerzhaft sein, weil man sich von gewohnten Denk- oder Gefühlsmustern lösen muss.
Ein Großteil der gewonnenen Erkenntnisse und Erfahrungen kann und sollte mit anderen geteilt werden, um gesellschaftlich wirksam zu werden.
Soziale Funktionen der Historie:
Der Autor erwähnt die sozialen Funktionen der Geschichtswissenschaft: Orientierung, Spiegelung, Umgang mit Komplexität, Identität und reflexive Kritik.
Wissenschaftliche Bearbeitungsweisen können den Umgang mit Geschichte komplizierter machen, aber sie erhöhen den Ertrag und machen ihn oft erst möglich.
Gefahr der Unnützlichkeit:
Geschichte wird nicht durch ihre wissenschaftliche Bearbeitung unnütz, sondern durch bestimmte Herangehensweisen und falsche Erwartungen an die Arbeit sowie durch Verlockungen, die sich aus der akademischen und archivalischen Institutionalisierung ergeben.
Motivation und Herausforderungen: Der Text betont die anfängliche Motivation der Studierenden, warnt aber auch vor den unvermeidlichen Phasen des Zweifels. Diese Phasen sind Teil des akademischen und wissenschaftlichen Prozesses.
Kritik und Selbstreflexion: Die Selbstkritik der Geschichtswissenschaft und die Reflexion über ihre gesellschaftliche Relevanz sind zentrale Themen. Wissenschaftler sollen sich bewusst sein, dass ihre Arbeit gesellschaftliche Auswirkungen hat und nicht isoliert von praktischen Lebensfragen betrachtet werden sollte.
Freude an der Forschung: Die Freude an der historischen Forschung wird hervorgehoben. Diese Freude kann von der Jagd nach historischen Wahrheiten bis hin zur Erweiterung der eigenen Lebenserfahrung reichen.
Strenge und Methodik: Die strenge methodische Herangehensweise wird als Instrument der Leistungsfähigkeit des Geistes und nicht als Einschränkung betrachtet. Erfolgreiche historische Forschung belohnt die Mühe und stärkt die wissenschaftliche Integrität.
Gesellschaftliche Relevanz: Die gewonnenen Erkenntnisse und Erfahrungen sollen nicht nur akademisch bleiben, sondern gesellschaftlich geteilt und genutzt werden. Die sozialen Funktionen der Geschichtswissenschaft sind dabei entscheidend.
Gefahren der Institutionalisierung: Der Autor warnt vor den Gefahren, die aus der Institutionalisierung und falschen Erwartungen an die wissenschaftliche Arbeit entstehen können. Wissenschaft sollte nicht durch diese Faktoren unnütz werden.
Insgesamt betont der Text die Bedeutung einer lebendigen, gesellschaftlich relevanten und freudvollen Wissenschaft, die trotz ihrer methodischen Strenge und der unvermeidlichen Herausforderungen wertvolle Erkenntnisse und Erfahrungen bietet.
Eine Zunft
Der Text, den du zitiert hast, beschreibt die Konzeption der "Zunft" in den Wissenschaften, insbesondere der Geschichtswissenschaft. Hier sind die Hauptpunkte und Erklärungen zu den Abschnitten:
Zunft und ihre Merkmale:
Die "Zunft" bezieht sich auf die Gemeinschaft der Wissenschaftler innerhalb einer bestimmten Disziplin, in diesem Fall der Geschichtswissenschaft.
Sie ist hierarchisch strukturiert, ähnlich wie in einem Handwerksbetrieb mit Meistern, Gesellen und Lehrlingen, und wächst durch Kooptation (Zuwahl durch bereits Etablierte).
Diese Struktur ist sowohl innovativ als auch konservativ: Innovativ, da sie auf Leistungen basiert, konservativ, da sie auf Erfahrung und Etablierung setzt.
Methodischer Grundkonsens:
Trotz unterschiedlicher Erkenntnisinteressen innerhalb der Zunft, wie politische Wertannahmen, ermöglicht ein methodischer Grundkonsens die Verständigung und Zusammenarbeit.
Historiker können sich oft besser mit Kollegen aus anderen Disziplinen verständigen, deren Denkstil und methodische Ansätze ähnlich sind.
Ambivalenz der Zunft:
Zunftmitglieder haben ein ambivalentes Verhältnis zu ihrer Gemeinschaft, da sie sowohl die besten Freunde als auch die schärfsten Kritiker innerhalb ihrer Reihen finden.
Die Zunft entscheidet über Karrieren und Ansehen der Mitglieder, was oft durch politische Gesichtspunkte beeinflusst wird, insbesondere in der Rekrutierung und der Verteilung von Forschungsgeldern.
Öffentlichkeit und Zunft:
Die Geschichtswissenschaft beeinflusst das öffentliche Geschichtsbewusstsein durch Ausbildung von Geschichtslehrern, historische Literatur und Einfluss auf die Publizistik.
Probleme entstehen, wenn die Zunft durch ihre Zusammensetzung und ihre Deutungen einen begrenzten Blick auf Geschichte fördert, der gesellschaftliche und politische Minderheiten ausschließt.
Verletzung des methodischen Grundkonsenses:
Kritik innerhalb der Zunft prüft, ob historische Arbeiten den methodischen Minimalkonsens erfüllen.
Schwere Verstöße gegen diese Standards können dazu führen, dass eine Arbeit als unwissenschaftlich abgelehnt wird, was weit über einfache inhaltliche Kritik hinausgeht.
Differenzierung und Entwicklung der Geschichtswissenschaft:
Die Geschichtswissenschaft hat sich stark differenziert in verschiedene Teilgebiete wie Alte, Mittlere, Neuere Geschichte, Sozial- und Wirtschaftsgeschichte, etc.
Diese Differenzierung hat zu einer Vielfalt innerhalb des Faches geführt und die Zusammenarbeit mit anderen Disziplinen gefördert.
Zusammenfassend beschreibt der Text die komplexe Struktur der wissenschaftlichen Gemeinschaft in der Geschichtswissenschaft, ihre internen Hierarchien, methodischen Grundlagen, Einflüsse auf die Öffentlichkeit und ihre Entwicklung über die Zeit. Es zeigt auch auf, wie die Zunft ihre Mitglieder fördert und kritisiert, um das Erkenntnispotential der Disziplin zu erhalten und weiterzuentwickeln.
Geschichte der zeitgeschichtlichen Forschung
Der Text befasst sich mit der Disziplin der Zeitgeschichte, also der Geschichte der jüngsten Vergangenheit, die noch von lebenden Menschen erlebt und erfahren wurde. Es wird diskutiert, wie sich Zeitgeschichte von anderen historischen Disziplinen unterscheidet und wie sich ihre Anerkennung im Laufe der Zeit entwickelt hat.
Definition der Zeitgeschichte:
Zeitgeschichte ist die jüngste Vergangenheit, die noch im direkten Bezug zur Gegenwart steht und von der aktuellen Generation erlebt wurde.
Im Gegensatz zu Historikern, die abgeschlossene Epochen studieren, müssen Zeithistoriker mit der Herausforderung umgehen, dass die Ereignisse, die sie untersuchen, noch nicht abgeschlossen und oft noch umstritten sind.
Geschichte der Zeitgeschichte als Wissenschaft:
In der Antike war es üblich, dass Historiker über ihre eigene Zeit schrieben. Dies änderte sich erst zu Beginn der Moderne, als diese Praxis als unwissenschaftlich abgelehnt wurde.
Im 18. Jahrhundert betrachtete Gottfried Lessing die Schilderung der eigenen Zeit als wichtige Aufgabe eines Historikers. Leopold von Ranke hingegen, der Begründer der modernen Geschichtswissenschaft, forderte die Distanz des Historikers von seiner eigenen Zeit und empfahl eine Wartezeit von etwa 100 Jahren zwischen Ereignis und Geschichtsschreibung.
Vorbehalte gegen Zeitgeschichte:
Rankes Einstellung prägte die Wissenschaft lange: Zeitgeschichtliche Studien galten als problematisch, weil der Historiker zu nah an den Ereignissen und daher nicht objektiv sein konnte.
Autoren von Zeitgeschichte wurden oft als Grenzgänger zwischen Wissenschaft, Politik und Journalismus betrachtet und hatten Schwierigkeiten, wissenschaftliche Anerkennung zu erlangen.
Entwicklung der Zeitgeschichte im 20. Jahrhundert:
Erst nach dem Zweiten Weltkrieg, auf Druck der Siegermächte, begann in Deutschland eine systematische Aufarbeitung der jüngsten Geschichte. Ein Beispiel ist die Gründung des „Instituts für Zeitgeschichte“ in München 1947.
Die ersten Standardwerke der Zeitgeschichte in Deutschland stammten oft nicht von Historikern, sondern von Politikwissenschaftlern und Soziologen.
Zeitgeschichte in der DDR:
Die Zeitgeschichtsforschung in der DDR war stark politisch geprägt. Historiker mussten die Parteibeschlüsse in ihrer Arbeit berücksichtigen.
Trotz der Professionalisierung der Geschichtswissenschaft in der DDR blieb der Spielraum für kritische Zeitgeschichtsforschung begrenzt.
Nach der Wiedervereinigung:
Mit der Wiedervereinigung Deutschlands entstand ein neues Zentrum für Zeitgeschichtsforschung in Potsdam, das sich auf die Geschichte der DDR konzentriert.
Dank der Aufhebung von Sperrfristen für DDR-Archivmaterial können Forscher nun umfassender arbeiten.
Aktueller Stand und Zukunft der Zeitgeschichte:
Zeitgeschichte hat sich mittlerweile in der historischen Forschung und Ausbildung etabliert und erlebt einen Boom auf nationaler und internationaler Ebene.
Die zunehmende Komplexität und Vielfalt der zeitgeschichtlichen Forschung spiegelt sich in spezialisierten Internetportalen wider, die für Orientierung sorgen.
Zeitgeschichte ist ein spezielles Feld der Geschichtswissenschaft, das sich mit der jüngsten Vergangenheit befasst, die noch lebende Generationen betrifft. Die Disziplin hat sich über die Jahre von einer oft als unwissenschaftlich betrachteten Tätigkeit zu einer anerkannten wissenschaftlichen Praxis entwickelt, die heute einen wichtigen Platz in der historischen Forschung einnimmt.
Chronologie der Zeitgeschichte
Der Text erläutert die Herausforderungen und Kriterien der Zeitgeschichte, die sich mit der jüngsten Vergangenheit befasst. Hier sind die wichtigsten Punkte zusammengefasst:
Unbestimmtheit des Beginns und Endes der Zeitgeschichte:
Der Sicherheitsabstand von 100 Jahren, den Leopold von Ranke vorgeschlagen hat, wird heute nicht mehr eingehalten. Es gibt keinen klaren Endpunkt für die Zeitgeschichte, da Ereignisse oft sofort historisiert werden.
Ein Beispiel ist Wolfgang Kraushaar, der die Jugend- und Studentenbewegung der 1960er und 1970er Jahre hauptsächlich in Form von Chroniken dokumentierte, sich also mit der Rolle des Chronisten begnügte.
Zeitzeugen und Deutungshoheit:
Die Dominanz der Zeitzeugen bei der Aufarbeitung der Ereignisse von 1968 zeigt, dass die damaligen Akteure den wissenschaftlichen Diskurs über ihre eigenen Taten mitgestalten und die Deutungshoheit behalten wollen.
Trennung zwischen Gegenwart und Zeitgeschichte:
Die Grenze zwischen Gegenwart und Zeitgeschichte ist schwer zu ziehen. Das oft genutzte Generationskriterium, das Zeitgeschichte als die von einer lebenden Generation erlebte Geschichte definiert, ist dynamisch und führt zu ständigem Wandel.
Thematische Verklammerung von Gegenwart und Vergangenheit:
Historiker nutzen thematische Verbindungen, um Anfangspunkte der Zeitgeschichte zu setzen. Das Jahr 1917 (Eintritt der USA in den Ersten Weltkrieg und die Russische Revolution) wurde lange als Beginn der Zeitgeschichte betrachtet, weil es den ideologischen Charakter des 20. Jahrhunderts und den Ost-West-Konflikt beeinflusste.
Bedeutung der Zäsur von 1945:
Das Jahr 1945 gewinnt zunehmend an Bedeutung als Epochengrenze der Zeitgeschichte, insbesondere nach dem Ende des Ost-West-Konflikts 1989. Viele Institutionen und Publikationen beziehen sich auf dieses Jahr als wichtigen Einschnitt.
Nationale Unterschiede in der Zeitgeschichte:
Verschiedene Länder haben unterschiedliche Anfangspunkte für ihre Zeitgeschichte. In Frankreich gilt 1789 (Französische Revolution) als Beginn, in Großbritannien 1832 (Great Reform) und in Spanien 1808.
Zusammenfassung der Erkenntnisse:
Es gibt keinen klaren Endpunkt der Zeitgeschichte, der Übergang zur Gegenwart ist fließend.
Mit dem Ende des Ost-West-Konflikts steht 1917 als Ausgangspunkt zur Disposition, während 1945 zunehmend als zentrale Epochengrenze betrachtet wird.
Die Zeitgeschichte ist ein dynamisches Feld, das sich ständig weiterentwickelt. Es gibt keine festen Grenzen, wo sie beginnt oder endet. Historiker müssen oft thematische und zeitliche Verbindungen nutzen, um Epochengrenzen zu setzen. Die Bedeutung bestimmter Jahre wie 1917 oder 1945 kann sich ändern, abhängig von aktuellen Ereignissen und wissenschaftlichen Entwicklungen. Verschiedene Länder haben unterschiedliche Startpunkte für ihre Zeitgeschichte, die oft mit nationalen Ereignissen verknüpft sind.
Zeitgeschichte zwischen Verstehen und Bewerten
Der Text diskutiert die Entwicklung und Herausforderungen der Zeitgeschichtsforschung, insbesondere in Deutschland. Hier sind die wichtigsten Punkte zusammengefasst und erklärt:
Randstellung der Zeitgeschichte und Historismus:
Zeitgeschichte (die Untersuchung der jüngeren Vergangenheit) wurde früher weniger ernst genommen.
Dies hing mit dem Historismus zusammen, der Objektivität, Wahrheit und Neutralität anstrebte, was bei der Untersuchung der jüngeren Vergangenheit schwer zu erreichen war.
Heute erkennen Historiker, dass Geschichtsschreibung immer auch von der Zeit und Kultur beeinflusst wird, in der sie entsteht.
Objektivität und Diskurswissenschaft:
Die Forderung, Objektivität aufzugeben, wird laut. Stattdessen soll Geschichtswissenschaft als Diskurswissenschaft betrachtet werden, wo der beste Beleg und das überzeugendste Argument zählen.
Dies gilt besonders für die Zeitgeschichte, die auch von anderen Disziplinen und der Öffentlichkeit beeinflusst wird.
Historisierung des Nationalsozialismus:
In den 1980er Jahren schlug Martin Broszat vor, den Nationalsozialismus wie jede andere historische Epoche zu untersuchen.
Dabei sollte man den verbrecherischen Charakter des Regimes nicht relativieren.
Dieser Ansatz stieß auf Kritik, vor allem von Saul Friedländer, der befürchtete, dass eine zu große Nähe zu den Tätern entstehen könnte.
Historikerstreit:
Eine intensive Debatte in den 1980er Jahren drehte sich um die Frage, wie die Zeitgeschichte zur politischen Identitätsbildung beitragen sollte.
Ernst Nolte argumentierte, dass die Fixierung auf die Singularität des Holocausts aufgebrochen werden sollte, was Jürgen Habermas scharf kritisierte.
Habermas betonte, dass die Bundesrepublik ihre Bindung an die westliche politische Kultur und die Anerkennung der Singularität des Holocausts beibehalten sollte.
Zeitgeschichtliche DDR-Forschung:
Die Forschung zur DDR ist ebenfalls von unterschiedlichen Erwartungen geprägt.
Einerseits gibt es das politisch motivierte Programm der Delegitimierung der DDR, andererseits die nicht nur negativen Erfahrungen der DDR-Bürger.
Hier muss die Geschichtswissenschaft ihre Standards verteidigen und das "distanzierte Verstehen" anwenden, wobei der Nationalsozialismus als Zivilisationsbruch eine schwerere Herausforderung darstellt.
Der Text betont insgesamt, dass die Zeitgeschichte zwar einen wichtigen Beitrag zur gesellschaftlichen und politischen Debatte leistet, aber dabei stets ihre wissenschaftlichen Standards und Methoden beibehalten muss.
Geschichtspolitik
Der Text untersucht die Beziehung zwischen Geschichtswissenschaft und Politik, insbesondere wie Geschichte politisch instrumentalisiert wird. Hier sind die wichtigsten Punkte zusammengefasst und erklärt:
Distanz zwischen Geschichte und Politik:
Der Historismus betont, dass Geschichte und Politik möglichst getrennt bleiben sollten.
Ein Wissenschaftler kann politisch engagiert sein, aber seine wissenschaftliche Arbeit sollte klar von seinem politischen Engagement getrennt sein.
"Reine Wissenschaft" bleibt eine Utopie, aber das Ziel ist, Geschichte als Dialog zwischen Vergangenheit und Gegenwart zu sehen, um die politische Kultur zu bereichern.
Kritik an der Geschichtswissenschaft im Elfenbeinturm:
Geschichtswissenschaft sollte nicht isoliert und abgehoben sein.
Friedrich Nietzsche kritisierte eine Geschichtswissenschaft, die der Wahrheit um jeden Preis nachgeht, auch wenn es das Leben zerstört, und forderte eine wahre Bildung.
Martin Heidegger warnte vor einer gedankenlosen historischen Forschung.
Geschichtspolitik:
Geschichtspolitik ist die Instrumentalisierung der Geschichte für aktuelle politische Zwecke.
Zeitgeschichte ist besonders anfällig für solche Instrumentalisierung, wie z.B. der häufige Vergleich mit der NS-Zeit durch Politiker.
Beispiel des 17. Juni 1953:
Der Arbeiter- und Volksaufstand in der DDR wurde historisch analysiert und als Protest gegen die Erhöhung der Arbeitsnormen und die Unzufriedenheit mit dem SED-Regime verstanden.
Dennoch wurde dieser Tag politisch als "Tag der deutschen Einheit" genutzt, um verschiedene politische Ziele zu unterstützen oder zu kritisieren, wie z.B. die Westintegrationspolitik oder die Entspannungspolitik.
Der Historiker Peter Steinbach bemerkte, dass der 17. Juni 1953 oft für politische Zwecke genutzt wurde, ohne die tatsächlichen historischen Erkenntnisse zu berücksichtigen: "Hineingelegt wurde in diesen Tag stets das, was man suchte, weniger das, was man fand."
Zusammengefasst argumentiert der Text, dass die Geschichtswissenschaft zwar politisch relevant sein sollte, jedoch ihre Unabhängigkeit bewahren muss. Politische Akteure neigen dazu, Geschichte für ihre Zwecke zu nutzen, oft ohne Rücksicht auf die tatsächlichen historischen Fakten.
Die Zeitgeschichte im Prozess der kommunikativen und kul- turellen Erinnerung
Der Text befasst sich mit dem Konzept der Erinnerungskultur und der kommunikativen Erinnerung, insbesondere im Zusammenhang mit der Geschichtswissenschaft und Zeitgeschichte. Hier sind die Hauptpunkte zusammengefasst und erklärt:
Erinnerungskultur und kommunikative Erinnerung:
Erinnerungskultur bezieht sich auf das gezielte Bewahren und Vergessen von Ereignissen durch eine Gesellschaft oder Gruppen, um ein Selbstverständnis über Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft zu entwickeln.
Kommunikative Erinnerung beschreibt den Prozess, wie aktuelle Generationen über ihre erlebte Vergangenheit kommunizieren und sich verständigen. Dieser Begriff wurde im Bereich der Erinnerungskulturforschung etabliert.
Entwicklung des Begriffs und Einfluss von Maurice Halbwachs:
Das Konzept der Erinnerungskultur wurde in den 1990er Jahren in die deutsche Geschichtswissenschaft integriert, stark beeinflusst durch die Arbeiten des französischen Soziologen Maurice Halbwachs.
Halbwachs untersuchte das kollektive Gedächtnis, das zeigt, dass individuelles Erinnern sozial bedingt ist. Was und wie Menschen sich erinnern, wird von ihrer sozialen Gruppe beeinflusst.
Unterscheidung zwischen kommunikativem und kulturellem Gedächtnis:
Kommunikatives Gedächtnis: Umfasst Erinnerungen über etwa drei Generationen, also Ereignisse, die Menschen selbst erlebt haben und die in alltäglicher Kommunikation weitergegeben werden, wie z.B. Familienerinnerungen.
Kulturelles Gedächtnis: Reicht weiter zurück und ist epochenübergreifend. Es umfasst institutionalisiertes Erinnern durch Texte, Bilder und Rituale, die das Selbstbild einer Gesellschaft stabilisieren, z.B. Denkmäler und Gedenkfeiern.
Beispiele für Erinnerungskultur in der Zeitgeschichte:
Zeitgeschichtliche Forschung kann unterschiedliche Aspekte der Erinnerungskultur untersuchen, z.B. die Erinnerung an die Bombennächte des Zweiten Weltkriegs in den 1950er Jahren oder das Bild der Heimat bei Vertriebenenverbänden in den 1960er Jahren.
Es können auch die unterschiedlichen Erinnerungen und Deutungen innerhalb von Familien über den Nationalsozialismus untersucht werden, wobei die Großeltern als Erlebensgeneration ihre Erinnerungen weitergeben, die von den sozialen Kontexten ihrer Zeit geprägt sind.
Erfahrungsgeschichte:
Erinnerungen sind subjektiv gefärbte Erlebnisse, keine objektiven historischen Fakten. Die Forschung zur Erfahrungsgeschichte untersucht, wie Menschen vergangene Ereignisse subjektiv wahrnehmen und deuten.
E.P. Thompson führte den Begriff der Erfahrungsgeschichte in die Geschichtswissenschaft ein, um zu zeigen, wie erlebte Geschichte von politischen, ökonomischen und sozialen Strukturen beeinflusst wird und diese selbst beeinflusst.
Rolle der wissenschaftlichen Zeitgeschichte:
Die wissenschaftliche Zeitgeschichte kann zum Prozess der kommunikativen Erinnerung beitragen, indem sie für Sachlichkeit, Problematisierung, Differenzierung und Einordnung sorgt.
Sie kann auch zwischen offiziellen öffentlichen Erinnerungsdebatten und individuellen oder gruppenbezogenen Erinnerungen vermitteln, um einen Konsens herzustellen.
Beispiel: Ausstellung „Vernichtungskrieg. Verbrechen der Wehrmacht“:
Die Ausstellung über die Verbrechen der Wehrmacht im Zweiten Weltkrieg führte zu Kontroversen und Demonstrationen, da die wissenschaftlichen Befunde nicht mit den persönlichen Erinnerungen vieler ehemaliger Wehrmachtsangehöriger übereinstimmten.
Nach Fehlern bei den Bildunterschriften wurde die Ausstellung überarbeitet, um differenzierter und konsensfähiger zu sein.
Debatte über deutsche Opfer des Zweiten Weltkriegs:
Die Diskussion über deutsche Opfer des Zweiten Weltkriegs, wie die Opfer alliierter Luftangriffe oder die Vertriebenen, zeigt, wie komplex die Erinnerungskultur sein kann.
Ausstellungen spielen eine wichtige Rolle in diesen Debatten, wie z.B. „Flucht, Vertreibung, Integration“ und „Erzwungene Wege. Flucht und Vertreibung im Europa des 20. Jahrhunderts“.
Insgesamt zeigt der Text, wie Erinnerungen in einer Gesellschaft geformt und genutzt werden, wie wissenschaftliche Forschung diese Prozesse beleuchtet und beeinflusst und wie Erinnerungskultur zur Selbstverständigung einer Gesellschaft beiträgt.
Die Quellen der Zeitgeschichte
Der Text erläutert die Herausforderungen und Besonderheiten der Quellenarbeit in der Zeitgeschichte und die Nutzung von "Oral History" sowie audiovisuellen Quellen. Hier sind die Hauptpunkte zusammengefasst:
Sperrfristen und Archivarische Einschränkungen:
In der Zeitgeschichte gibt es oft eine Sperrfrist von 30 Jahren für Archivmaterialien. Diese Frist bedeutet, dass viele Dokumente erst nach Ablauf dieser Zeit für die Forschung zugänglich sind.
Für die Forschung zur NS-Zeit und zur DDR wurden diese Sperrfristen teilweise aufgehoben, was den Zugang zu wichtigen Dokumenten erleichterte. Ein Beispiel sind die Akten der Nürnberger Prozesse, die kurz nach den Verfahren genutzt werden konnten.
Bei personenbezogenen Quellen können längere Wartezeiten gelten, oder es ist die Zustimmung der Betroffenen oder ihrer Angehörigen nötig.
Probleme der privilegierten Quellennutzung:
Es kann vorkommen, dass bestimmte Forscher bevorzugten Zugang zu Quellen haben, was zu Vorwürfen der Parteilichkeit führen kann. Ein Beispiel ist Arnulf Baring, der durch die Unterstützung des damaligen Bundespräsidenten Scheel exklusive Zugang zu Quellen im Bundespräsidialamt hatte, was ihm den Vorwurf der "Hofberichterstattung" einbrachte.
Methodische Anforderungen:
Für die Nutzung zeitgeschichtlicher Quellen gelten dieselben methodischen Anforderungen wie für andere historische Dokumente. Die rasante technische Entwicklung hat jedoch neue Quellentypen wie Foto, Audio, Film und digitale Medien hervorgebracht, die spezifische Anforderungen an die Quellenkritik stellen.
Oral History:
"Oral History" bezeichnet die Methode, Informationen über die Vergangenheit aus mündlichen Erzählungen von Zeitzeugen zu gewinnen, anstatt aus schriftlichen Dokumenten. Diese Methode ist nicht unumstritten, da Erinnerungen subjektiv und durch verschiedene Faktoren beeinflusst sind.
Zeitzeugenberichte werden als Konstruktionen betrachtet, die nach ihrer sozialen und emotionalen Bedeutsamkeit sowie nach narrativen und normativen Erfordernissen präsentiert werden. Es geht weniger darum, die Vergangenheit detailliert zu rekonstruieren, als vielmehr darum, die subjektiven historischen Erfahrungen der Zeitzeugen zu verstehen.
Moderne Medien als Quellen:
Die Nutzung von audiovisuellen Medien als historische Quellen stellt eine Herausforderung dar, der sich die Geschichtswissenschaft erst seit etwa zehn Jahren auf breiterer Front stellt.
Die Zurückhaltung in der wissenschaftlichen Zeitgeschichte gegenüber audiovisuellen Quellen liegt in der Komplexität und dem Fehlen verbindlicher methodischer Standards. Die Analyse solcher Quellen erfordert interdisziplinäre Offenheit und eine Auseinandersetzung mit medientheoretischen Fragen und filmtechnischen Aspekten.
Das Untersuchungsspektrum ist sehr komplex und umfasst Produktion, Vertrieb, Inhaltsanalyse und Rezeption. Dies erfordert die Berücksichtigung vieler beteiligter Personen und Instanzen sowie vielfältiger ökonomischer und rechtlicher Rahmenbedingungen.
Insgesamt zeigt der Text, dass die Quellenarbeit in der Zeitgeschichte durch spezifische Herausforderungen und neue Quellentypen geprägt ist, die eine angepasste Methodik und eine interdisziplinäre Herangehensweise erfordern.
Zeitgeschichte als Streitgeschichte
Der Text befasst sich mit der Natur der wissenschaftlichen Zeitgeschichte und stellt dar, warum sie oft als "Streitgeschichte" oder "zankende Zunft" wahrgenommen wird. Hier sind die wichtigsten Punkte zusammengefasst und erklärt:
Diskurs- und Streitgeschichte:
Die wissenschaftliche Zeitgeschichte ist stark durch Diskurse und Streitigkeiten geprägt. Ihre Themen sind nicht nur für die wissenschaftliche Gemeinschaft relevant, sondern auch für die Gesellschaft, die ihre eigene Vergangenheit reflektiert und interpretiert.
Dadurch befindet sich die Zeitgeschichtsforschung in einem komplexen und dynamischen Feld, in dem verschiedene Deutungen miteinander konkurrieren. Diese Deutungen kommen von individuellen und kollektiven Erinnerungen der Zeitzeugen sowie von Journalisten, Politikern und Interessenvertretern.
Deutungskonkurrenz:
Die Zeitgeschichtsforschung steht in intensiver Konkurrenz zu anderen Formen der Erinnerung und Interpretation. Diese Konkurrenz führt dazu, dass wissenschaftliche Zeitgeschichte oft als kontrovers und streitbar wahrgenommen wird.
Uneinheitlichkeit und Kontroversen:
Die verschiedenen Ansichten und fehlende Einigkeit in der Zeitgeschichtsforschung können verwirrend sein, besonders für Studierende, die neu in diesem Feld sind. Dennoch bieten diese Kontroversen die Möglichkeit, verschiedene Sichtweisen und Argumentationen kennenzulernen und die eigene Urteilsfähigkeit zu schärfen.
Hauptkontroversen der Zeitgeschichte:
Der Text verweist auf einige der Hauptkontroversen in der Zeitgeschichtsforschung, um zu zeigen, wie diese Debatten das Verständnis der Vergangenheit prägen:
Umgang mit der NS-Geschichte und der Platz des Holocaust im deutschen Geschichtsbild: Diese Kontroverse betrifft, wie die Schrecken der NS-Zeit und des Holocausts in der deutschen Geschichte dargestellt und erinnert werden sollten.
Kontinuität der deutschen Geschichte: Hier geht es um die Frage, inwieweit die deutsche Geschichte Kontinuitäten aufweist, insbesondere in Bezug auf Brüche und Übergänge wie den Nationalsozialismus und die DDR-Zeit.
Verortung der DDR-Zeitgeschichte: Diese Debatte befasst sich mit der Frage, wie die DDR in der deutschen Geschichte eingeordnet werden sollte, im Spannungsfeld zwischen Delegitimierung des SED-Regimes und den lebensgeschichtlichen Erfahrungen der DDR-Bürger.
"Achtundsechziger"-Debatte: Diese Diskussion dreht sich um die Ereignisse und Auswirkungen der 68er-Bewegung in Deutschland, einschließlich der Rolle von Historikern, die selbst als Zeitzeugen auftreten.
Insgesamt betont der Text, dass die wissenschaftliche Zeitgeschichte durch ihre Auseinandersetzung mit aktuellen und oft kontroversen Themen geprägt ist. Diese Kontroversen bieten eine Chance, die Vielschichtigkeit der historischen Ereignisse und Entwicklungen zu verstehen und die eigene Fähigkeit zur kritischen Beurteilung zu entwickeln.
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