Beteiligungssystem
Im dt. Strafrecht: dualistisches Beteiligungssystem
Bei der Beteiligung mehrerer Menschen an einer Straftat wird zwischen Täterschaft und Teilnahme unterschieden
Täter ist, wer die bedrohte Handlung selbst ausführt und in seiner Person sämtliche Merkmale des obj. und subj. TB erfüllt
Gegensatz dazu: Einheitstäterschaft => sieht jeden als Täter an, der einen kausalen Beitrag für die Tatbestandsverwirklichung gesetzt hat
Versuch der Teilnahme
§ 30 StGB regelt den Versuch der Teilnahme
Wann ist die Teilnahme strafbar?
§§ 26, 27 StGB stellt nur die vorsätzliche Teilnahme an Vorsatztaten unter Strafe
Fahrlässige Herbeiführen von diesen Vorschriften nicht erfasst
Bei Fahrlässigkeitsdelikten gilt das Prinzip der Einheitstäterschaft
Täter eines Fahrlässigkeitsdelikts ist jeder, der durch eine Sorgfaltspflichtverletzung in objektiv zurechenbarer Weise zur Tatbestandsverwirklichung beiträgt
Prüfungsreihenfolge
Anstiftung vor der Beihilfe prüfen
Welche Theorie gibt es?
Förderungs- und Verursachungstheorie: Strafgrund der Teilnahme liegt darin, dass der Teilnehmer eine tatbestandsmäßige rechtswidrige Handlung durch Erwecken des Tatvorsatzes herbeiführt oder durch Rat oder Tat unterstützt und dabei selbst schuldhaft handelt
Theorie orientiert sich an der Akzessorietät der Teilnahme
Somit: Wille des Teilnehmers muss auf die Ausführung der Haupttat gerichtet sein => Vorsatz erforderlich
Welches Prinzip gilt?
Akzessorietät der Teilnahme: Teilnahme setzt eine vorsätzliche und rechtswidrige Haupttat i.S.d. § 11 I Nr. 5 StGB voraus
Teilnahme leitet ihren Unrechtsgehalt von dem Unrecht der Haupttat ab
Prinzip der limitierten Akzessorietät: Es muss keine schuldhaft begangene Haupttat vorliegen
Gem. § 29 StGB wird jeder Beteiligte ohne Rücksicht auf die Schuld des anderen nach seiner Schuld bestraft
Somit: Strafbarkeit wegen Anstiftung ist auch möglich, wenn der Täter ohne Schuld handelt
Aber: In diesem Fall kommt häufig eine mittelbare Täterschaft in Betracht
Erfolgsqualifizierte Delikte
Nach § 11 II StGB sind erfolgsqualifizierte Delikte wie vorsätzliche Delikte zu behandeln
Teilnahme ist somit möglich!
P.: Wenn der Teilnehmer irrig annimmt, die Haupttat sei vorsätzlich begangen worden?
Wenn der Teilnehmer irrig annimmt, die Haupttat sei vorsätzlich begangen: Es kommt nur eine versuchte Teilnahme in Betracht
Ist nur unter den Vss. Des § 30 StGB strafbar
Wann keine akzessorische Haupttat?
Keine akzessorische Haupttat liegt vor bei Handlungen, die keinen Straftatbestand erfüllen (z.B. Selbstmord) oder rechtmäßig sind
Hier keine strafbare Teilnahme möglich
Strafrahmen
Strafe des Teilnehmers: Richtet sich nach der für den Täter geltenden Strafandrohung
Anstifter wird gem. § 26 StGB gleich einem Täter bestraft
Beim Gehilfen richtet sich die Strafe nach der Strafandrohung des Täters => die Strafe ist jedoch nach § 27 II StGB zu mildern
§ 28 StGB
§ 28 StGB: Akzessorietätslockerungen bei TB, die strafbegründende oder strafmodifizierende besondere persönliche Eigenschaften, Verhältnisse oder Umstände enthalten
§ 28 I StGB
§§ 28 I, 49 I StGB: Strafe des Teilnehmer ist zu mildern, wenn beim Teilnehmer besondere persönliche Merkmale fehlen, welche beim Täter strafbegründend sind
Persönliche Merkmale definiert in § 14 StGB
= obligatorische Strafmilderung
Bedeutung erst bei der Strafzumessung
Bsp.: Anstiftung eines Beamten zu einer Falschbeurkundung im Amt gem. § 348 StGB, wenn der Anstifter selbst nicht Beamter ist.
§ 28 II StGB
§ 28 II StGB: Besondere persönliche Merkmale, welche die Strafe schärfen, mildern oder ausschließen, gelten nur für den Beteiligten, bei dem sie vorliegen
§ 28 II StGB kann zu einer Verschiebung des TB führen, aus dem der jeweilige Beteiligte verurteilt wird
TB-Verschiebung sowohl zugunsten als auch zulasten des Beteiligten möglich
Bsp.: A stiftet Beamten B zu einer Körperverletzung im Amt nach § 340 StGB an.
Strafbarkeit des A gem. §§ 223, 26, 28 II StGB => wenn man davon ausgeht, dass die Amtsträgereigenschaft in § 340 StGB strafschärfende Wirkung ggü. § 223 StGB hat (h.M.)
Welche Merkmale umfasst § 28 StGB?
§ 28 StGB erfasst nur täterbezogene Merkmale und keine tatbezogenen Merkmale
Tatbezogene Merkmale = kennzeichnen den sachlichen Unrechtsgehalt der Tat
Insb. Beschreibung des tatbestandlichen Erfolgs, der Tatmittel, der Begehungsweise
Täterbezogene Merkmale = knüpfen an Eigenschaften, Verhältnisse und andere Umstände an, die vornehmlich mit der Person des Beteiligten verknüpft sind
Bspe.:
Tatbestandsvorsatz und besondere Absichten (Bereicherungsabsicht, Zueignungsabsicht) = keine besonderen persönlichen Merkmale
Mordmerkmale nach § 211 II StGB
1. + 3. Gruppe: täterbezogen
2. Gruppe: tatbezogen
Besondere Pflichtenstellung höchstpersönlicher Art (z.B. Amtsträger) = täterbezogen
Garantenstellung bei unechten Unterlassungsdelitken = täterbezogen (BGH)
Vermögensbetreuungspflicht bei § 266 StGB = täterbezogen
Anvertrauten bei § 246 II StGB = täterbezogen (str.)
=> P.: § 211 StGB
Bei § 211 StGB: Einordnung des § 211 StGB wichtig
Rspr.: § 211 StGB ist eigener Unrechtstatbestand => Anwendung von § 28 I StGB
h.L.: § 211 StGB ist Qualifikation zu § 212 StGB => Anwendung von § 28 II StGB
Wenn Anstifter ein Mordmerkmal verwirklicht, aber der Täter nicht:
Rspr.: A nur gem. §§ 212 I, 26 StGB strafbar
§ 28 I StGB ist in dem Fall nicht anwendbar
h.Lit.: Wegen § 28 II StGB Strafbarkeit des A gem. §§ 212 I, 211 II Gr…., 26 i.V.m. § 28 II StGB strafbar
Wird somit härter bestraft als der Täter der Haupttat
§ 29 StGB
§ 29 StGB: Akzessorietätslockerung
Jeder Beteiligte wird nur nach seiner eigenen Schuld bestraft
Spezielle Schuldmerkmale, Schuldausschließungs- oder Schuldmilderungsgründe werden nur bei dem Beteiligten beachtet, bei dem sie vorliegen
Notwendige Teilnahme
Notwendige Teilnahme: Liegt vor, wenn der TB so gefasst ist, dass zu seiner Erfüllung die Beteiligung von mehr als einer Person erforderlich ist
Konvergenzdelikte: Willensäußerung der Beteiligten richtet sich von der selben Seite auf dasselbe Ziel
z.B. Gefangenenmeuterei gem. § 121 StGB
z.B. Schwerer Hausfriedensbruch gem. § 124 StGB
Z.B. Bandendiebstahl gem. § 244 I Nr. 2 StGB
Begegnungsdelikte: Willensäußerungen der Beteiligten richten sich auf dasselbe Ziel, aber von unterschiedlicher Richtungen her
z.B. Tötung auf Verlangen gem. § 216 StGB
z.B. Beischlaf zwischen Verwandten unter 18 Jahren gem. § 173 III StGB
z.B. Begünstigung gem. § 257 III 1 StGB
i.d.R. ein Beteiligter auf Täterseite und einer auf Opferseite
Opfer bleibt straflos, wenn er das Maß der notwendigen Teilnahme nicht überschreitet oder wenn die Strafvorschrift gerade seinem Schutz dient
Vertreterhaftung
Vertreterhaftung gem. § 14 StGB
Vss.:
(1) Handelnder muss objektiv in einem der in § 14 I, II StGB aufgezählten Vertretungsverhältnisse gestanden haben
(2) Handlung des Vertreters muss in einem inneren Zusammenhang zu der Vertreteraufgabe stehen
(3) Beim Vertretenen vorhandene, dem Vertreter fehlende Delitksvss. Müssen besondere persönliche Merkmale strafbegründender Art sein
Begriff ist enger auszulegen als bei § 28 I SGB
Müssen den Täter objektiv charakterisieren
Auch wenn sich dies nur aus dem Sachzusammenhang ergibt
Dürfen eine Vertreterhaftung nicht bereits ihrer Art nach ausschließen
Statusbezeichnung, die mit besonderen Pflichten verbunden ist
Täter, die typischerweise durch andere handeln (z.B. Veranstalter, Halter eines Glücksspiels nach § 284 StGB)
Täter, vor denen das jeweilige Rechtsgut besonders geschützt werden muss (z.B. Gesamtschuldner nach § 283 StGB, Treuepflichtige nach § 2666 StGB)
=> Was ist nicht erfasst?
Nicht erfasst:
Bloße Strafschärfung oder -milderung
Ausschluss der Strafbarkeit
Subjektive Merkmale und höchstpersönliche nicht auswechselbare Merkmale
Zueignungswille nach § 246 StGB ist kein persönliches Merkmal i.S.d. § 14 StGB
Abgrenzung Täterschaft und Teilnahme
Tatbestandsbezogenheit der Täterlehre: Kriterien des Täterbegriffs richten sich nach der Eigenart des jeweiligen Straftatbestands
Abgrenzungsschwierigkeiten insb. bei Allgemeindelikten
Eindeutiger Fall: Delikte, bei denen aufgrund ihrer Eigenart nur eine bestimmte Person als Täter in Betracht kommt
Personen, de die erforderlicher Täterqualität nicht aufweisen, können nur Teilnehmer sein
Bei echten und unechten Sonderdelikten
Bei eigenhändigen Delikten
Bei sog. Pflichtdelikten
Bei Delikten mit überschießender Innentendenz
Bei Delikten mit strafbegründenden subjektiven Unrechtselementen
=> Bei echten und unechten Sonderdelikten
bei ihnen kann nur eine aus dem im Gesetz beschriebenen Personenkreis Täter sein
= gesetzlich vorausgesetzte Subjektsqualität
z.B. §§ 331 ff. StGB: Amtsträger
z.B. § 203 I Nr. 1 StGB: Arzt
Hier scheidet die mittelbare Täterschaft aus, wenn es dem Beteiligten an der vorausgesetzten besonderen Tätereigenschaft fehlt
=> Bei eigenhändigen Delikten
Täter kann zwar jedermann sein, jedoch muss er den TB persönlich erfüllen
z.B. § 315c StGB: Fahrer = Täter; anspornender Beifahrer = Teilnehmer
z.B. § 153 StGB: Aussagender = Täter
Hier scheidet mittelbare Täterschaft aus
=> Bei sog. Pflichtdelikten
= TB setzt seine besondere Pflichtenstellung voraus
Täter kann nur sein, wer die Verletzung der tatbestandlichen Sonderpflicht durch Tun oder Unterlassen herbeiführt
z.B. unechte Unterlassungsdelikte (Garantenpflicht)
§ 142 StGB => Unfallbeteiligter
§ 266 stGB => Vermögensbetreuungspflicht
=> Bei Delikten mit überschießender Innentendenz
Täter kann nur derjenige sein, bei dem die im Gesetz genannten besonderen Absichten gegeben sind
z.B. Zueignungsabsicht bei §§ 242, 249 StGB
=> Bei Delikten mit strafbegründenden subjektiven Unrechtselementen
Täter kann nur derjenige sein, bei das strafbegründende subjektive Unrechtselement gegeben ist
z.B. § 225 I StGB: böswillig
z.B. § 315c I StGB: rücksichtslos
P.: Bestrafung von Beteiligten, die dieses Merkmal nicht verwirklichen, aber dennoch einen kausalen Beitrag zur Tatbegehung liefern
Bleiben sie straflos oder werden sie zumindest als Teilnehmer bestraft?
e.A.: Muss zumindest als Teilnehmer bestraft werden
Arg.: Grundsatz der limitierten Akzessorietät => verlangt nur, dass der Täter alle Merkmale selbst verwirklicht, aber nicht der Teilnehmer
Auch § 28 I StGB stellt nochmal klar, dass dies beim Fehlen von besonderen persönlichen Merkmalen gilt => sieht für die Fälle eine Strafmilderung vor
a.A.: Straflosigkeit des Teilnehmers
Dafür muss man das subjektive Unrechtselement als spezielles Schuldmerkmal ansehen => dann kommt man über § 29 StGB zur Straflosigkeit des Teilnehmers
Theorien zur Abgrenzung zwischen Täterschaft und Teilnahme
=> Allgemeines
Hier ist der Täterkreis nicht begrenzt
Positive Abgrenzung: Täter ist immer, wer in seiner Person alle objektiven und subjektiven TB-Merkmale verwirklicht.
Negative Abgrenzung: Täter ist nie, wer in seiner Person keinerlei Verursachungsbeitrag i.S.d. conditio-sine-qua-non-Formel geleistet hat.
Erst, wenn diese Abgrenzung zu keinem Ergebnis kommt: Abgrenzungstheorien
Welche Theorien gibt es bei der Abgrenzung von Täterschaft und Teilnahme
Formal-objektive Theorie
Subjektive Theorie
Lehre der Tatherrschaft (h.M.)
Nach der formal-objektiven Theorie ist Täter, wer die tatbestandliche Ausführungshandlung ganz oder teilweise selbst verwirklicht.
Teilnehmer ist, wer zur Tatbestandsverwirklichung nur durch eine Vorbereitungs- oder Unterstützungshandlung beiträgt.
(-): kann mittelbare Täterschaft gem. § 25 I Alt. 2 StGB nicht erklären
(-): kann Mittäterschaft eines im Hintergrund bleibenden Bandenchefs gem. § 25 II StGB nicht erklären
Nach der subjektiven Theorie ist Täter, wer mit Täterwillen handelt und die Tat „als eigene“ will.
Teilnehmer ist, wer mit Teilnehmerwillen handelt und die Tat „als fremde“ veranlassen oder fördern möchte.
Somit: Entscheidend ist die Willensrichtung und die innere Einstellung der Beteiligten zur Tat
Wurde v.a. von der Rspr. Vertreten
(-): vernachlässigt die Sachbezüge, denen das Gesetz in § 25 I Alt. 1 StGB maßgebliche Bedeutung beimisst
Widerspricht dem Gesetzeswortlaut des § 25 I Alt. 1 StGB
(-): Mach Täterschaft und Teilnahem zu beliebig austauschbaren Begriffen
Kann von der Rspr. Immer herangezogen werden, wenn anders keine Strafmilderung erreicht werden kann
Heute: Rspr. vertritt noch immer die subjektive Theorie, zieht aber auch objektive Kriterien heran, insb. die Art des Tatbeitrags und die Tatherrschaft
= sog. Subjektive Theorie auf objektiv-tatbestandlicher Grundlage
Täter ist, wer die Tat beherrscht.
Tatherrschaft ist das vom Vorsatz umfasste In-den-Händen-Halten des tatbestandsmäßigen Geschehensablaufs.
Entscheidend ist für die Täterschaft, ob und wieweit der einzelne Beteiligte nach Art und Gewicht seines objektiven Tatbeitrags sowie aufgrund seiner Willensrichtung das Ob und Wie der Tatbestandsverwirklichung der in der Weise beherrscht oder mitbestimmt, dass der Erfolg als das Werk seines zielstrebig lenkenden Willens erscheint.
Teilnehmer ist, wer ohne eigene Tatherrschaft als „Randfigur“ des realen Geschehens die Begehung der Tat veranlasst.
In Klausur nach der Lehre der Tatherrschaft entscheiden => die anderen Theorien müssen je nachdem gar nicht genannt werden
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