Was ist eine gesetzlich geregelte Personal-/Kreditsicherheit?
Bürgschaft
Zu was verpflichtet sich der Bürge im Bürgschaftsvertrag?
Im Bürgschaftsvertrag verpflichtet sich der Bürge gegenüber dem Gläubiger eines Dritten (Hauptschuldner) für die Erfüllung der (Haupt-) Verbindlichkeit einzustehen, § 765 I.
Wie kann die Bürgschaft übernommen werden? Entgeltlich oder unentgeltlich oder beides ?
Die Bürgschaft kann entgeltlich oder unentgeltlich übernommen werden.
Um was für eine Art Vertrag handelt es sich? Einseitig oder mehrseitig?
Es handelt sich um einen lediglich einseitig verpflichtenden Vertrag (nur der Bürge verpflichtet sich)
Was für einen Zweck hat die Bürgschaft?
Hat den Zweck, den Gläubiger abzusichern, indem ihm der Bürge das Ausfallrisiko des Schuldner abnimmt. (Kreditsicherungsmittel)
Inwiefern ist die Bürgschaft für den Bürgen ein Risiko?
Der Bürge geht dabei ein hohes Risiko ein, da er persönlich für die Hauptschuld haftet (trägt das Ausfallrisiko)
Welche Sachen bieten dem Bürgen Schutz?
Formerfordernis der Bürgschaftserklärung, §766 BGB, und
Bestimmtheitsgrundsatz
Schutz des Bürgen vor Übereilung, Hinweis auf Gefährlichkeit der Bürgschaft
Akzessorietät der Bürgschaft, § 767 I BGB
Was ist der Inhalt des Bürgschaftsvertrag und auf was muss besonders geachtete werden?
Bestimmtheitsgrundsatz (= Bürgschaftserklärung muss so bestimmt sein, dass Risiko erkennbar ist), § 766 BGB (! Strenges Formerforderniss)
Die Erklärung des Bürgen muss enthalten:
der Wille, für eine fremde Schuld einstehen zu wollen (Verbürgungswille),
der Name des Gläubigers,
der Hauptschuldner sowie
die zu sichernde Forderung
=> Fehlen diese Erfordernisse, so ist die Bürgschaft formnichtig, § 125.
Was ist bei der Form der Bürgschaft alles zu beachten?
=> § 766 S. 1 (i.V.m. § 126)
Die Übernahme der Bürgschaft setzt die schriftliche Erteilung (§ 126) der Bürgschaftserklärung voraus, § 766 S. 1 (Warnfunktion).
Die Annahme der Erklärung durch den Gläubiger ist dagegen formlos möglich.
Erteilung = die Bürgschaftserklärung muss dem Gläubiger im Original zugehen.
Bei Formmangel ist der Bürgschaftsvertrag nichtig (§ 125).
Möglich ist aber eine Heilung nach § 766 S. 3, wenn der Bürge seine Bürgenschuld erfüllt.
Genügt ein Telefax für das Formerfordernis?
Ein Telefax genügt für das Formerfordernis nicht, da ein Fax nur eine Kopie des Originals (> kein Zugang) darstellt und manipulierbar ist. (muss im Original)
Die Schriftform kann nicht durch die elektronische Form ersetzt werden (§§ 766 S. 2, 126 III).
Was ist in Bezug auf das Formerfordernis beim Kaufmann zu beachten?
Ein Kaufmann kann sich – abweichend von § 766 BGB - auch mündlich wirksam verbürgen, wenn die Bürgschaft für ihn ein Handelsgeschäft ist (§ 350 HGB).
Was ist eine Globalbürgschaft?
➥ Praktisch wichtige Sonderform der Bürgschaft
⇒ Die sog. Globalbürgschaft bezieht sich auf alle gegenwärtigen und zukünftigen Forderungen aus der laufenden Geschäftsbeziehung zwischen dem Gläubiger und dem Hauptschuldner
Was ist ein Problem der Globalbürgschaft?
Problem: Bestimmtheit der Bürgschaft? (Bestimmtheitsgrundsatz)
Für die Wirksamkeit des Bürgschaftsvertrags ist erforderlich, dass die gesicherte Forderung bestimmt oder zumindest bestimmbar ist.
Die Globalbürgschaft dient zur Sicherung für „alle gegenwärtigen und zukünftigen Forderungen aus den Geschäftsbeziehungen zwischen Gläubiger und Schuldner“.
Auch wenn der Bürge damit wirtschaftlich den Umfang der übernommenen Verpflichtung im Zeitpunkt der Bürgschaftsübernahme nicht abschätzen kann, ist jedoch klar, dass die Bürgschaft alle Forderungen aus den bestehenden Geschäftsbeziehungen zwischen G und S sichern sollte.
Insofern ist nach h.M. die Bürgschaft hinreichend bestimmt.
Was ist ein typisches Problem in Bezug auf die Bürgschaft?
=> Sittenwidrigkeit
Zur Frage der Sittenwidrigkeit (§ 138 I) von Bürgschaftsverträgen haben sich im Laufe der Zeit verschiedene Fallgruppen in der sehr umfangreichen Rechtsprechung herausgebildet.
(= Einzefallentscheidungen)
Was gibt es für Kriterien für die Sittenwidrigkeit?
Der Bürge wäre durch die Verpflichtung, die sich aus der Bürgschaft ergibt, finanziell krass überfordert. (z.B.: Kinder haften als Bürge für die Schulden der Eltern)
Auf die Entscheidungsfreiheit des Bürgen wird auf verwerfliche Weise eingewirkt oder die Risiken einer Bürgschaft werden verharmlost.
Ausübung unzulässigen Drucks (z.B. bedrängt, bedroht) auf den Bürgen oder das Ausnutzen einer seelischen Zwangslage (z.B. Ehegatte muss haften).
Was gibt es grob gefasst für Schutzmöglichkeiten des Bürgen?
Formerforderniss
Akzessorität
Was ist die Akzessorität?
Die Bürgschaft ist akzessorisch
Sie ist in Entstehung, Umfang und Bestand/Erlöschen von der Hauptschuld zwischen Schuldner und Gläubiger abhängig (§ 767 I).
S. Wortlaut § 767 I:
„Für die Verpflichtung des Bürgen ist der jeweilige Bestand der Hauptverbindlichkeit maßgebend.“
Rechtsfolge: Ist die zu sichernde Forderung nicht entstanden oder später erloschen, so besteht auch keineBürgschaftsschuld.
Aus welchen Verhältnissen kann der Bürge Einwendungen geltend machen?
Einwendungen aus dem:
Verhältnis Bürge – Gläubiger
Einwendungen aus dem Bürgschaftsvertrag selbst
Verhältnis Hauptschuldner – Gläubiger
Regelungen in §§ 770, 771, 767, 768 II
Verhältnis Bürge - Hauptschuldner
zB Schenkung, unentgeltlicher Auftrag oder entgeltliche Geschäftsbesorgung
Einwendungen aus diesem Verhältnis (Bürge – Hauptschuldner) kann der Bürge dem Gläubiger gegenüber nicht entgegensetzen
Was für Einwendungsmöglichkeiten bestehen z.B. aus dem Verhältnis Bürge - Gläubiger ?
Der Bürge kann dem Gläubiger alle Einwendungen aus dem Bürgschaftsvertrag selbst entgegenhalten:
Formmangel (§ 125) (rechtshindernde E.)
Sittenwidrigkeit ( 138) (rechtshindernde E.)
Fehlende Geschäftsfähigkeit des Bürgen (§§ 104 ff)
Anfechtung (§§ 119 ff, 142 I) (rechtsvernichtende E.)
Aufrechnung (§§ 387, 389) (rechtsvernichtende E.)
...
Wo findet man explizite Regelungen zu Einwendungen im Verhältnis Hauptschuldner - Gläubiger ?
Explizite Regelungen dazu in §§ 767,768 I, II,770, 771
§ 767: Ausgeübtes Gestaltungsrecht des Hauptschuldners / Akzessorietät
§ 768: Einreden des Hauptschuldners ggü. dem Gläubiger
§ 770: Noch nicht ausgeübtes Gestaltungsrecht des Hauptschuldners
§ 771: Einrede der Vorausklage
Was gibt es wichtiges zu § 767 I ?
Ausgeübtes Gestaltungsrecht des Hauptschuldners => Einwendung des Bürgen
Die Bürgschaft ist akzessorisch, d.h. in Entstehung, Umfang und Bestand/Erlöschen von der Hauptschuld zwischen Schuldner und Gläubiger abhängig (§ 767 I).
Hat der Hauptschuldner zB wirksam nach §§ 119 ff angefochten, so erlischt mit der Hauptschuld (§ 142 I) auch die Bürgschaft (§ 767 I).
Wenn die Hauptschuld erlischt, erlischt auch die Bürgschaft (= akzessorität)
Was gibt es wichtiges zu § 768 ?
Einreden des Hauptschuldners ggü. dem Gläubiger
Der Bürge kann sämtliche dem Hauptschuldner ggü. dem Gläubiger zustehende Einreden (z.B. Stundung, Verjährung) gegenüber dem Gläubiger geltend machen.
Ein Verzicht des Hauptschuldners auf eine Einrede wirkt nicht zulasten des Bürgen (§ 768 II).
Was gibt es wichtiges zu § 770 ?
Noch nicht ausgeübtes Gestaltungsrecht
Steht dem Hauptschuldner ein noch nicht ausgeübtes Anfechtungsrecht/Aufrechnung (=Gestaltungsrecht), so begründet dies während der Schwebezeit für den Bürgen ein Leistungsverweigerungsrecht (verzögerliche Einrede, § 770 I)
Gleiches gilt, solange sich der Gläubiger durch eine Aufrechnung gegen eine fällige Forderung des Schuldners befriedigen könnte (§ 770 II).
Für andere Gestaltungsrechte (z. B. Rücktritt) gilt die Vorschrift des § 770 nach h.M. analog.
Was gibt es wichtiges zu § 771 ?
Einrede der Vorausklage
Grundsätzlich hat der Bürge die sog. Einrede der Vorausklage und haftet nur subsidiär (§ 771 S. 1).
Der Bürge kann die Befriedigung des Gläubigers verweigern, solange dieser nicht erfolglos eine Zwangsvollstreckung gegen den Hauptschuldner versucht hat (verzögerliche Einrede)
Wird die Einrede der Vorausklage erhoben, so ist die Verjährung des Anspruchs des Gläubigers gegen den Bürgen gehemmt, bis der Gläubiger eine Zwangsvollstreckung gegen den Hauptsschuldner ohne Erfolg versucht hat (§ 771 S. 2).
Bei der sog. Selbstschuldnerischen Bürgschaft (§ 773 I Nr. 1) hat der Bürge auf die Einrede der Vorausklage verzichtet.
Formbedürftig, § 766.
Die Einrede der Vorausklage steht dem Bürgen auch dann nicht zu, wenn der Bürge Kaufmann ist und die Bürgschaft für ihn ein Handelsgeschäft darstellt (§ 349 HGB).
Was bedeutet Bürgschaft auf erstes Anfordern ?
Bei der rechtsgeschäftlich vereinbarten Bürgschaft auf erstes Anfordern kann der Bürge vom Gläubiger auch dann in Anspruch genommen werden, wenn ihm Einwendungen oder Einreden gegen die Forderung zustehen.
Grundsätzlich kann der Bürge seine Einwendungen oder Einreden dann erst nach Zahlung im Wege einerRückforderungsklage gegen den Bürgschaftsgläubiger geltend machen.
Wie ist das Verhältnis Bürge zum Hauptschuldner ?
Einwendungen aus diesem Verhältnis (Bürge – Hauptschuldner) kann der Bürge dem Gläubiger gegenüber nichtentgegensetzen
Wann erlischt die Bürgschaft ? (6 Möglichkeiten)
bei Erfüllung der Bürgschaftsschuld (§ 362 I)
bei Erlöschen (zB Tilgung) der Hauptschuld wegen der Akzessorietät (§ 767 I 1)
wenn der Gläubiger eine die Forderung zusätzlich sichernde Kreditsicherheit (z.B. Pfandrecht, Hypothek) aufgibt (§ 776)
bei einer Schuldübernahme durch einen neuen Schuldner, in die der Bürge nicht einwilligt (§ 418 I 1)
bei einer Verbürgung auf Zeit, wenn der Gläubiger den Bürgen nicht unverzüglich nach Ablauf der Zeit in Anspruch nimmt (§ 777)
wenn der Gläubiger die Hauptforderung ausdrücklich ohne die Rechte aus der Bürgschaft abtritt (BGH 19.9.1991, BGHZ 115, 177).
Welche zwei Rückgriffsmöglichkeiten des Bürgen gibt es zum Rückgriff ?
Aufgrund der gesetzlich angeordneten Forderungsübergangs = Cessio legis gem. §§ 774 I iVm 412, 399 ff
Aus dem sog. Grund- bzw. Deckungsverhältnis zwischen Bürgen und Hauptschuldner
=> insbes. Auftrag (§ 662) oder Geschäftsbesorgung (§§ 675 I, 670) oder Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 683, 670) oder Schenkung (§ 516)
Wann ist der Bürgschaftsvertrag erfüllt ?
Leistet der Bürge gemäß seiner Bürgenverpflichtung an den Gläubiger, so erfüllt er sie (§ 362).
Was bedeutet cessio legis ?
Zu Regresszwecken geht dann die Hauptforderung des Gläubigers gegen den Schuldner per Gesetz auf den Bürgen über (§ 774 I 1).
Auf diesen gesetzlichen Forderungsübergang (cessio legis) finden die Abtretungsvorschriften entsprechende Anwendung (§ 412 > §§ 399 ff).
D.h.: Der Bürge wird neuer Gläubiger des Hauptschuldners und kann daher Rückgriff bei ihm nehmen.
Der Bürge erwirbt dadurch auch etwaige für die Forderung bestellte akzessorische Sicherheiten (§§ 774 I 1, 412, 401), z.B. Pfandrechte.
Der Schuldner kann dem Bürgen gegenüber diejenigen Einwendungen erheben, die ihm (im Zeitpunkt der cessio legis) gegen die Hauptforderung zustanden (§§ 774 I 1, 412, 404).
Der Schuldner kann daher zB auch die Verjährungseinrede (§ 214) erheben.
Was ist das Grund-/ bzw. Deckungsverhältnis ?
Der Bürge kann ggf. auch aus einem der Bürgschaft zugrundeliegenden sog. Grundverhältnis / Deckungs- verhältniszwischen Bürge und Hauptschuldner Rückgriff nehmen.
Grundverhältnis zwischen Bürge und Hauptschuldner kann zB sein:
zB Auftrag (§ 662) oder Geschäftsbesorgung (§§ 675 I, 670) bzw.
Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 683, 670) bzw.
Schenkung (§ 516)
Der Bürge hat dann aus Auftrag (§§ 662, 670) oder Geschäftsbesorgung (§§ 675 I, 670) bzw. Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 683, 670) Anspruch auf Aufwendungsersatz[1].
[1] = das, was er aufgewendet hat, um die Hauptschuld zu begleichen
Last changed7 months ago