1 Einstieg

Voraussetzung für die Frage:

• Bereitschaft zur Verantwortung (Sinn für Moralität)

Grundgedanke:

• Der Mensch ist für alles ethisch verantwortlich, was in seiner Macht steht. / Der Mensch ist für die Folgen ethisch verantwortlich, die er durch sein Tun und Lassen verursacht.

• Schlussfolgerung:

  • Die ethische Verantwortlichkeit des Menschen wächst mit seiner Wirkmächtigkeit / mit der Stärke und Reichweite der Folgen, die er verursacht.

  • In der Moderne ist die Wirkmächtigkeit des Menschen aufgrund von Wissenschaft und Technik(en) im medizinisch-psychologischen Bereich exponentiell angestiegen.

  • => Im medizinisch-psychologischen Bereich ist die ethische Verantwortung des Menschen exponentiell angestiegen.

Der Mensch kann durch sein Tun und Lassen ethisch gute und ethisch schlechte Folgen bewirken.

• Ein Handeln in der Absicht, ethisch schlechte Folgen zu bewirken, kann ethisch schlechte oder/und gute Folgen bewirken.

• Ein Handeln in der Absicht, ethisch gute Folgen zu bewirken, kann ethisch gute oder/und ethisch schlechte Folgen bewirken.

Medizinisches, psychiatrisches, psychotherapeutisches Handeln in der Absicht, gute Folgen (z.B. für Patienten) zu bewirken, kann ethisch schlechte Folgen (für Patienten und andere) bewirken – und (seltener) umgekehrt.

• Es gilt, sowohl die Absichten als auch die möglichen Folgen zu berücksichtigen.

=>Um im Bereich der Medizin, der Psychiatrie und der Psychotherapie verantwortlich zu handeln, gilt es,

• sowohl die Absichten als auch die möglichen Folgen des Handelns oder Unterlassens zu berücksichtigen;

• bei der Berücksichtigung der Folgen (und Nebenfolgen) und möglicher Schäden zu bedenken, dass deren Wirkmächtigkeit in der Moderne stark angestiegen ist.

Große Fortschritte in der Erforschung der körperlichen und seelischen Funktionsweise des Menschen

Große Fortschritte in der medizinischen und psychotherapeutischen Behandlung

Hygienebewusstsein

Chirurgische Fortschritte

Diagnostische Fortschritte

Erfindung der Narkose

Erfindung der Antibiotika

Erfindung von Impfstoffen

Erfindung von Psychopharmaka

Etymologie (Wortherkunft)

• griech. ἔθος (ethos): Gewohnheit, Sitte, Brauch

• griech. ἤθος (ēthos): Charakter, Sinnesart, Verhaltensgewohnheit

• lat. moralis: die Sitte betreffend

• lat. mos, mores: Sitte, Sitten

Ethik:

• Ethik ist der Überbegriff für alles was mit einer normativen Reflexion des Handelns zu tun hat

Zwei unterschiedliche Herangehensweisen:

Viele ethische Gebote oder Normen findet man in Gesetzgebungen oder Rechtssprechungen wieder

• Recht regelt Dinge die moralisch irrelevant sind

Direkte / indirekte Pflichten

Moralischer Status

Verantwortungsidiom

Direkte Pflicht:

• besteht immer gegenüber dem Gegenstand der Pflicht

• Bsp: Als Therapeutin habe ich gegenüber meiner Patientin eine direkte Pflicht, beispielsweise die Aufklärungspflicht -> die Pflicht besteht direkt gegenüber der Patientin, da sie einen moralischen Status hat

Indirekte Pflicht:

• haben ihren Grund nicht im Gegenstand sondern in Ansehung eines Gegenstandes

• Bsp: Wenn man in einer Klinik arbeitet und man mit medizinischen Geräten arbeitet, ist man dafür verantwortlich bestimmte Hygieneregeln einzuhalten

  • -> man hat die Verantwortung aber nicht weil der Gegenstand es von einem verlangt sondern weil die Patienten die man damit behandelt einen moralischen Status haben

=> Differenzierung wichtig, um die Reichweite verantwortlichen Handelns zu bestimmen

• Reichweite des der direkten Pflichten ist sehr begrenzt, bei indirekten Pflichten ist sie sehr weit

Moralischer Status

• Beispiel: Eine Ärztin hat gegenüber dem Patienten die direkte Pflicht, vor dem therapeutischen Eingriff den informierten Konsens des Patienten einzuholen.

  • Der Patient hat den moralischen Status, die Ärztin in diese Pflicht nehmen zu dürfen.

Anthropozentrismus

• methodischer Anthropozentrismus:

  • nur Menschen sind moralische Akteure (moral agents)

• substantieller Anthropozentrismus:

  • alle und nur Menschen haben einen moralischen Status

Pathozentrismus

• alle und nur leidensfähige (empfindungsfähigen) Wesen haben einen moralischen Status

Biozentrismus

• alle und nur Lebewesen haben einen moralischen Status

Holismus

• alle natürlichen Wesen einschließlich Ökosysteme (Ökozentrismus) haben einen moralischen Status