Was beinhaltet das Modell zur ethischen Analyse?
Anlass: Ethische Problemsituation
Sachanalyse
Ethische Problemstellung
Rechtliche Analyse
Ethische Analyse
Ethische Stellungnahme
Literaturangaben
Welche vier Typen von Problemsituationen gibt es?
Anlass: Typen von ethischen Problemsituationen
A:
Eine Situation mit offensichtlichem ethischem Fehlverhalten
Bsp: Brechen der Schweigepflicht
B:
Eine Situation mit allgemeiner Unsicherheit über ethisches Handeln
Bsp: Wenn Person nicht ansprechbar ist, ihren Willen nicht äußern kann und keine Familienangehörige vorhanden sind die über den Willen entscheiden könne
C:
(sehr) gegensätzliche Ansichten im Team / in der Organisation / in der Gesellschaft zur ethischen Legitimität bzw. Nichtlegitimität einer Handlungsweise
D:
Eine Situation mit schwieriger, belastender Umsetzung ethischen Handelns
Mit welchen Fragen beschäftigt sich die Sachanalyse?
Wie ist die Situation beschaffen? Wie funktioniert die Maßnahme? Was wird faktisch getan? Was könnte faktisch getan werden (Handlungsoptionen)?
Welche Folgen (im Sinne von Vorteilen oder Nachteilen / Chancen oder Risiken) ergeben sich aus den jeweiligen Handlungen / Handlungsoptionen oder Unterlassungen für die davon Betroffenen?
Welche Fragen beinhaltet die ethische Problemstellung?
Ist etwas erlaubt? Darf man etwas (nicht) tun? Ist man dazu verpflichtet, x zu tun / x zu unterlassen?
Beispiel für eine ethische Problemstellung:
Unter welchen Bedingungen und in welcher Weise darf / soll eine Ärztin / Therapeutin die Schweigepflicht gegenüber einem Patienten / Klienten übergehen?
Fallbeispiel: Behandlung von Kindern
Ethische Problemstellung dieses Fallbeispiels: In Vorbereitung oder im Zuge der rechtlichen und ethischen Analyse:
Bestimmung der „Betroffenen“ und „Beteiligten“
Beteiligte:
Personen, Gruppen, Organisationen Institutionen, die an der Entscheidungsfindung, der Entscheidung und der Handlung/Unterlassung aktiv beteiligt sind bzw. beteiligt werden sollten + Bestimmung der Pflichten der Beteiligten
Betroffene:
Personen, Gruppen, Organisationen, Institutionen, die von den Folgen und Nebenfolgen einer Handlung oder Unterlassung in ethisch relevanter Hinsicht (nämlich in Bezug auf ihre Rechte) betroffen sind.
Was beinhaltet die rechtliche Analyse?
Klärung der für die ethische Problemstellung maßgeblichen
gesetzlichen Rechtslage sowie
nationalen oder internationalen (relativ verbindliche) Richtlinien, Kodizes, Deklarationen, …
Beispiele:
Was beinhaltet die ethische Analyse?
Hilfestellung für die Identifizierung und Einteilung der moralischen Rechtsansprüche (engl. moral rights/moral claim rights) der Betroffenen durch:
moralische Rechtsansprüche
stammen aus dem Bereich der Selbsterhaltung und Selbstverwirklichung
-> von Todes- und Leidvermeidung bis qualitätsvolles, glückliches Leben
dem Bereich der Selbstbestimmung
-> Autonomie
dem Bereich der Gerechtigkeit (für alle)
Ermittlung von ethischen Pro- und Contra-Argumenten in Bezug auf die ethische Problemstellung (Was soll / darf nicht / getan werden?):
Achtung: nicht „Vor- und Nachteile“! nicht bloß „Nutzen und Risiken“!
Was beinhaltet die ethische Stellungnahme?
Ethische Abwägung der pro- und contra-Argumente
Ethische Stellungnahme mit Begründung
Fallbeispiel: Chemotherapie?
Wie sieht der Weg zum ethisch-moralischen Urteilen aus?
Was für ein Naturrecht gab es in der griechisch-römischen Antike?
Stoa:
Zenon, 336-264 v. Chr.; Epiktet, 50-138; Marc Aurel, 121-180
Römischer Humanismus:
Cicero, 106-43 v.Chr.; Seneca, 4 v.Chr.–65, Quintilian, 35-96
Neuplatonismus:
Ammonios Sakkas, gest. 242; Plotin, 205-270
Was beinhaltet Stoa?
Stoa
Kosmopolitische Ethik der Brüderschaft aller (weisen) Menschen (Anbahnung des Menschenwürdebegriffs)
Kennzeichen:
Annahme einer kosmischen Wohlordnung
Ethik des individuellen Glücks
Ethik der Bedürfnislosigkeit
Ethik der weltweiten Brüderlichkeit aller Weisen
Was beinhaltet römischer Humanismus?
Römischer Humanismus
Bildung (paideia) des Menschen zur humanitas, dasjenige, was den Menschen zum Menschen macht:
Gerechtigkeit, Sittlichkeit, Muße, Sprache, verbindende Geistigkeit
Ethische Bezugnahme auf alle Menschen
Rücknahme der elitären stoischen Orientierung am „weisen“ Menschen
Was beinhaltet Neuplatonismus?
Neuplatonismus
Transzendente Philosophie (Einfluss auf das Christentum):
Das eigentliche Ziel des Menschen besteht darin, aus dieser körperlichen Welt zu entfliehen und sich geistig Gott anzugleichen.
Dualistische Konzeption der vergänglichen Welt und des ewigen Göttlichen.
Was beinhaltet der jüdisch-christlicher Menschenwürdebegriff?
Altes Testament, Genesis, I, 26-28
„Gott schuf also den Menschen als sein Bild; als Bild Gottes schuf er ihn. Als Mann und Frau schuf er sie.“
„Dann sprach Gott: Lasst uns Menschen machen als unser Bild, uns ähnlich. Sie sollen herrschen über die Fische des Meeres, über die Vögel des Himmels, über das Vieh, über die ganze Erde und über alle Kriechtiere auf dem Land. – Gott schuf also den Menschen als sein Bild; als Bild Gottes schuf er ihn. Als Mann und Frau schuf er sie. – Gott segnete sie und Gott sprach zu ihnen: Seid fruchtbar und vermehrt euch, bevölkert die Erde, unterwerft sie euch und herrscht über die Fische des Meeres, über die Vögel des Himmels und über alle Tiere, die sich auf dem Land regen.“
Dualistisches Weltbild des Christentums:
(Jesus, Jünger, Evangelisten, Augustinus, Th. v. Aquin)
Dualismus von Gott und Welt, Geist und Materie, Seele und Leib, Gut und Böse, Mensch und Welt
Besondere Beziehung des Menschen zu Gott
(→ Menschenwürde, Ebenbildlichkeit Gottes)
Gedanke der universalen, uneingeschränkten Nächstenliebe (Liebe des Freundes, des Fremden, des Feindes)
Orientierung an (jenseitiger) „Erlösung“
Was beinhaltet der moderne Menschenwürdebegriff?
Neuzeit/Moderne (ca. ab 16 Jh.)
zunehmende „Säkularisierung“
Hinwendung zur Vernunft
Das Vernunftrecht des Aufklärungszeitalters
Gedanke der Selbstbestimmung (Autonomie) durch den vernünftigen, freien, guten Willen bzw. die praktische Vernunft (Der gute Wille bestimmt, welche Zwecke gut
sind)
gegen Fremdbestimmung durch
natürliche Triebe, Affekte, Neigungen
göttliche Gebote, die aus der Vernunft nicht einsehbar sind
Macht, Autorität
Tradition, Konventionen
Handeln aus Pflicht (vernünftige Einsicht in Pflichten) gegenüber Handeln gemäß Pflicht (bloßer Gehorsam)
Als vernunftfähiges Wesen ist der Mensch „Zweck an sich selbst“, (→ Menschenwürde)
Menschenwürdegrundsatz (Immanuel Kant)
„Handle so, dass du die Menschheit sowohl in deiner Person, als in der Person eines jeden andern jederzeit zugleich als Zweck, niemals bloß als Mittel brauchst.“
Wozu dient der Menschenwürdegrundsatz?
zur (falliblen) Begründung von Normen, mit denen ein konkreter Fall entschieden werden kann
Menschenwürde → Normen → Entscheidung im konkreten Fall
zur Grundlage einer direkten Entscheidung eines konkreten Falles
Menschenwürde → Entscheidung im konkreten Fall
Menschenwürde → Menschenrechte → Grundgesetze …
national: Grundgesetz der BRD
international: UN-Charta der Menschenrechte
Unterscheidungen im Menschenrechtsbegriff
Realisierung der Menschenrechte: UN-Millenniumsziele
Was sind die Grundrechte?
Artikel 1 des Grundgesetzes
Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.
Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.
Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.
Artikel 2 des Grundgesetzes
Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.
Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.
Artikel 3 des Grundgesetzes
Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.
Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.
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