Lernziele
• Sie sind mit Modellannahmen und kulturellen Bezugsrahmen bezüglich dem Begriff der Krankheit und der Gesundheit (sowie deren Wandel) vertraut
• Sie können Grundlagen der diagnostischen Gesprächsführung benennen (Fokus auf Patient*Innen- und Expert*Innen-Seite)
• Sie kennen die Grundlage der Ressourcenanalyse (nach Flückinger et al.)
-> Der Begriff der psychischen Gesundheit
-> Was ist das?
-> versorgungsrechtliche Aspekte
-> Begriff der Gesundheit
-> medizinischer Krankheitsbegriff
-> Verteilung psychischer Symptome
-> Was ist eine psychische Störung?
-> zentrale Komponenten für die Definition psychischer Störungen
-> Wo liegt die Grenze? Wo fängt Störung an?
Was ist eine psychische Störung?
In Anlehnung an das DSM-5 (APA 2015, S. 26) lassen sich psychische Störungen definieren als ein Verhaltens- oder psychisches Syndrom oder Muster, das durch klinisch bedeutsame Störungen in den Kognitionen, in der Emotionsregulation und im Verhalten einer Person charakterisiert ist. Diese Störungen sind Ausdruck von dysfunktionalen psychologischen, biologischen oder entwicklungsbezogenen Prozessen, die psychischen und seelischen Funktionen zugrunde liegen. Psychische Störungen sind typischerweise verbunden mit bedeutsamen Leiden oder Behinderung hinsichtlich sozialer oder berufs-/ ausbildungsbezogener und anderer wichtiger Aktivitäten.
Wo liegt die Grenze? Wo fängt Störung an?
• Psychischer Krankheitsbegriff hängt zu einem gewissen Grad von aktuellen gesellschaftlichen Wert- und Zielvorstellungen ab (was muss jemand können, wie hat er sich zu verhalten, ...)
• Störungskonzepte sind Wandlungen unterworfen (z.B. bezüglich Homosexualität)
• Es gibt keine Dichotomie „gesund“ vs. „krank“, sondern nur graduelle Ausprägungen!
○ Cut-off/Kategorien aber aus pragmatischen Gründen benötigt
○ Forschung gibt Anhaltspunkte für sinnvolle Einteilungen (Nosologie)
○ Aktueller Konsens ist in den Klassifikationssystemen niedergelegt (ICD-10, ab 2022 ICD-11; DSM-5)
-> kultureller Hintergrund
-> Last wird vom Individuum genommen und mehr auf die Umstände gelegt
-> Grundlagen der Gesprächsführung - Welches sind markante Unterschiede zwischen einem professionellen Gespräch und einem Gespräch über Probleme mit Freunden?
• Nicht-Reziprozität (keine Wechselseitigkeit!)
• Institutioneller Rahmen (z.B. Ort, Anmeldung)
• Rechtlicher Rahmen (z.B. hinsichtlich Schweigepflicht, Dokumentation, Abstinenz)
• Zeitlicher Rahmen
• Finanzieller Rahmen (professionelle Rolle, Dienstleistung, Patient*in muss nichts zurückgeben)
-> Erwartungen und Befürchtungen von Patient:innen
• Hoffnung auf Hilfe
• Scham, weil man Hilfe sucht
• Unsicherheit
• „Bin ich hier richtig?
-> Kompetenzen der Psychotherapeut:innen
Expert*innenseite: Psycholog*in, Arzt/Ärztin
• Theoretisches Wissen
• psychische Störungen, Befunderhebung, etc. -> Störungswissen
• Indikation, Behandlung -> Veränderungswissen
• Praktische Fertigkeiten
○ Sich in den Ratsuchenden und seine Lage hineinversetzen (Empathie, „Sich-einstellen-können“, für den Patienten verstehbar sein, sich mit ihm abstimmen, strukturierende Fragen, zusammenfassende Äußerungen, Verständnis vermitteln, therapeutische Arbeitsatmosphäre schaffen) -> Interaktionswissen
○ Aufbau einer guten (therapeutischen) Arbeitsbeziehung („Alliance“)
-> Ziel der ersten Diagnostischen Gespräche ist …?
• häufig ist klar, dass Störungswissen und Veränderungswissen von Therapeuten erlernt werden müssen
• aber auch empathisches Verhalten (Interaktionswissen) ist erlernbar
• Ziel der ersten Diagnostischen Gespräche ist also der Aufbau einer therapeutischen, problemorientierten Arbeitsatmosphäre (therapeutischen) Arbeitsbeziehung
• mit 1) Empathie und Parteilichkeit beim Therapeuten und 2) Vertrauen, Veränderungsmotivation und Angstfreiheit beim Patienten
• Aufbau einer guten (therapeutischen) Arbeitsbeziehung („Alliance“)
• Messung z.B. mit Hilfe des Helping Alliance Questionnaire-II (HAQ-II) von Lester Luborsky
• Eine gute Arbeitsbeziehung geht mit besserem Therapieergebnis einher
-> Helping Alliance Questionnaire-II (HAQ-II) von Lester Luborsky
• Patienten nicht „verhören“ oder ausfragen
• Patienten nicht mit Fragen „überfallen“
• Bei jeder Frage überlegen, was sie auslöst und wozu Sie die Antwort brauchen
• Nicht nur Fakten abfragen (z.B. „Wie alt sind Ihre Geschwister? Wann sind Sie umgezogen ?“)
• Auf das Gesprächsverhalten und die Therapeut-Patient-Interaktion achten
-> Ziele des diagnostischen Gesprächs
• Genaue Problembeschreibung (aktuelle Problematik, Eröffnungsfrage z.B. „Was hat sie hierher geführt?“, „Welche Beschwerden haben Sie?“)
• Verstehen, wodurch das Problem aufrechterhalten wird
• Hintergründe der Lebens- und Problemgeschichte erfassen (erstmaliges Auftreten, weitere Symptome, Vorbehandlungen, Lebensgeschichte, subjektive Vorstellungen)
• Ressourcen, Ausnahmen vom Problem, Stärken, Fähigkeiten, Bewältigungsstrategien, Eigenverantwortung (z.B. „Was tun Sie, damit es Ihnen besser geht?“
• Störung muss verstehbar werden
• Erklärungsmodell muss mit den subjektiven Einschätzungen der Problematik durch den Patienten abgestimmt sein
• Patient muss Störungsmodell verstehen, um auch anschließende Behandlungen zu verstehen
• Transparenz!!!
ICD 10 Diagnose aus dem Kurzfilm
-> F 40.1
-> F 60.6
-> Was sind Ressourcen? Welche Arten gibt es?
• Stärken, Potenziale, die Personen helfen mit Anforderungen des Lebens umzugehen (=resilient zu sein)
• Willutzki und Teismann (2013): Ressourcen sind Personen- und Umweltmerkmale, die für die Motive und Ziele der Person funktional sind oder positiv evaluiert werden
• Externe Ressourcen: „alle natürlichen, sozialen und technischen Hilfsmittel bzw. Helfer in der Umwelt“ (z. B. soziale Netzwerke, sozioökonomischer Status, Einkommen, Wohn- und Arbeitsumgebung, der in einer Situation gegebene Handlungs- und Kontrollspielraum)
• Interpersonelle (relationale) Ressourcen: Beziehungsmuster und -charakteristika, die sich positiv auf soziale Beziehungen auswirken (z. B. gegenseitiger Respekt, Verlässlichkeit, Fähigkeit zur Wiedergutmachung von Verletzungen).
• Intrapersonelle (interne/personale) Ressourcen: Persönlichkeitsvariablen, persönliche Fähigkeiten, Fertigkeiten und Kräfte der Person (z. B. hohes Selbstwertgefühl, Optimismus, Kontrollüberzeugung, Problemlösekompetenz, Kohärenzsinn, Resilienz, geringe negative Affektivität, Selbsteffzienzerwartung, Flexibilität)
-> Warum sind Ressourcen wichtig?
• Das konsistenztheoretische Zwei-Prozessmodell nach Gawę (2004) beschreibt, wie Menschen bei der Bearbeitung von Aufgaben sowohl ihre kognitiven Fähigkeiten als auch ihre verfügbaren Ressourcen aktivieren.
• Der erste Prozess ist die Aktivierung von Wissen und kognitiven Fähigkeiten, während der zweite Prozess die Aktivierung von Ressourcen wie Motivation, Aufmerksamkeit und Emotionen umfasst.
• Diese Ressourcen beeinflussen, wie effektiv die kognitiven Fähigkeiten genutzt werden können.
• In der psychologischen Diagnostik ist es wichtig zu verstehen, wie diese beiden Prozesse interagieren, um die Leistung und das Verhalten einer Person in verschiedenen Situationen besser zu verstehen und vorherzusagen.
-> Das konsistenztheoretische Zwei-Prozessmodell nach Gawę (2004)
-> die Ressourcenanalyse
• Systematische Ressourcenanalyse zur Ergänzung von Fallkonzeptionen
• Fokus auf Ressourcen als Methode, aber auch Grundhaltung in der klinischen Diagnostik
• Parallel zur Diagnostik von „Problemen“ kann in den unterschiedlichen Lebensbereichen auch nach Ressourcen gesucht werden
• Ressourcenhotspot: besonders hilfreiche Fähig- und Fertigkeiten; Quellen der Zufriedenheit und des Wohlbefindens (zum Beispiel wenn man einen Sport nachgeht, Ehrenamt, die besten Freunde treffen)
• Fremdeinschätzung durch Vertrauensperson kann hilfreich sein, da betroffene Person sich oft ihrer Ressourcen nicht bewusst ist
-> Fragen zur Erkundign individueller Ressourcen
-> Analyse interner Ressurcen
-> Analyse externer Ressourcen
-> Was sind die 5 Säulen der Identität (wozu sind sie gut?)
-> Fragebögen (welche gibt es?)
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