-Institutionen sind formale oder informelle Regeln, Verfahren und Praktiken, die das Handeln von Akteuren beeinflussen.
-Ohne nicht-marktliche Institutionen gibt es keine Märkte und funktioniert die Wirtschaft nicht (siehe „Klassiker“ wie Smith, Marx, Polanyi, Weber u.a.)
-verschiedene institutionalistische Ansätze. Diese unterscheiden sich darin, wie sie das Verhältnis zwischen Akteuren und Institution sowie den Wandel von Institutionen konzeptualisieren.
-Weil Sie in der Vergleichenden Politischen Ökonomie das Regieren sowie Gesellschafts- und Wirtschaftssysteme in verschiedenen Ländern oder Regionen vergleichen, die sich in der Regel durch jeweils spezifische Institutionen auszeichnen, stellt der Institutionalismus für Vergleiche Konzepte und Hypothesen bereit, welche die vergleichende Analyse der Effekte von Institutionen auf das Handeln von politischen und wirtschaftlichen Akteuren sowie die Untersuchung des Wandels von Institutionen ermöglichen.
-„Marginalist political economy“ (Grenznutzenschule) & Neo-Klassik betrachten die Ökonomie abstrahierend von Institutionen (ceteris paribus Annahme)
-VPÖ verwendet v.a. Historischen und Soziologischen (Konstruktivistischen) Institutionalismus, teilweise auch Rational-Choice Institutionalismus (siehe VoC), um vergleichend die Bedeutung von Institutionen in Marktwirtschaften und Ökonomien zu untersuchen
o Entstehung, Einfluss auf Entscheidungen und Handeln der Akteure, Wandel, Pfadabhängigkeit
Bsp. vom Staat gestellte Infrastruktur ist nicht überall gleich – wieso nicht?
o Unterschiedliche Mikrofundierung der Ansätze
§ Soziologischer Institutionalismus: Normen, Werte, Leitbilder
§ Historischer Institutionalismus: Interessen und festgelegte Regeln spielen eine Rolle
§ Rational-Choice- Institutionalismus: Homo Oeconomicus
-Pfadabhängigkeit (Lock-in-Effekte)
o Dynamik sich selbst verstärkender, positiver Rückkopplungsprozesse; Institutionen werden ständig reproduziert (Gegenbegriff: Pfadwechsel)
o „What has happened at an earlier point of time will affect the possible outcomes of a sequence of events occurring at a later point of time“ (Sewell 1996: 262-3)
-Logik der Zweckgebundenheit (March/Olsen 1988)
o Der atomistische Homo Oeconomicus
o Politics wird reduziert auf Analyse von Dilemmata des kollektiven Handelns; Ideen, Macht und (multiple) Interessen werden ausgeblendet. Ungleiche Verteilung von Machtressourcen wird ignoriert
-Wie entstehen Institutionen
o Institutionen entstehen, um Transaktionskosten (Vertragsabschlusskosten) zu minimieren; aus Effizienzgründen
§ ermöglichen effizientes und rationales Handeln – Setzen Anreize um pareto-optimale Situationen zu erreichen
§ Effizienz benötigt Investitionen
o Institutionen sind stabil: Gleichgewichtslösungen
-Wie wirken Institutionen
o Rationale Akteure haben feste (exogene) Präferenzen und maximieren ihren Nutzen
o Institutionen setzen Anreize für strategische Interaktionen und Wahlentscheidungen – geben Anreize zum Handeln
-Wie verhält es sich mit der Pfadabhängigkeit?
o Nutzemaximierung der Akteure bei allwissendem Auktionator
o Institutionen stabil/pfadabhängig, weil Gleichgewichtslösungen aufgrund von „increasing returns“ – sind stabil und wandeln sich kaum
o Wenn Wandel, dann radikaler Wandel durch exogenen Schock (Wandel, wenn ceteris nicht mehr paribus) – in Krisensituationen oder durch Begrenzung relativer Verluste (Individuen eher bereit Risiken einzugehen)
§ Increasing returns wegen Lerneffekten, Grössendegression, adaptiven Erwartungen, Netzwerkexternalitäten, Koordiationationsseffekten oder Interdependenz (Arthur)
§ Beispiele: QWERTY – typewriter (==> ergonomisch bspw.nicht zu empfehlen – aber Generationen von Schreibkräften haben dies so gelernt – wird jetzt nicht mehr abgeändert), VHS-Standard, Microsoft …
o Sicherungseffekt: Status Quo wird gegenüber Reformen bevorzugt, solange Gewinne und Verluste sicher verteilt sind – selbst wenn eine Reform evtl. mehr Gewinn bringen könnte
-Reaktion auf RCI & Klassiker der Makro-Soziologie (z.B. Polanyi, Weber, Durkheim)
-Präferenzen und Interessen sind sozial konstruiert (Multiple Handlungsorientierung) – im Gegensatz zum Modell des Homo Oeconomicus
o Institutionen entstehen vor dem Hintergrund konkreter historischer Prozessen, in die sie eingebettet sind ==> Resultat von Machtauseinandersetzungen/Interessenskonflikten
o Primär Verteilungsinstrumente & Ergebnis politischer Mobilisierung
o Aber auch multiple Interessen: Utilitarismus (Eigennutz), Funktionalismus (Funktion des Gesamtsystems/Problemlösungen), Legitimation (siehe später. unter Mechanismen der Pfadabhängigkeit)
==> Völlig verschiedene Sozialgesetzgebungen in verschiedenen Ländern – haben meist in verschiedenen Interessen und historischen Kontexten zu tun
o Zwei Perspektiven: strukturell und dynamisch
o Strukturell: Pfadabhängigkeit, d.h. Institutionen bestimmen das Akteurs-Verhalten
o Dynamisch: Kreativität im Umgang mit Institutionen statt Pfadabhängigkeit
o Pfadabhängigkeit und Wandel können verschiedene Ursachen haben
o Pfadabhängigkeit aufgrund von vier möglichen Reproduktionsmechanismen:
§ (a) Machtverhältnisse stabil (Macht),
§ (b) Effizienz (Utilitarismus),
§ (c) Legitimität (Werte, Normen),
§ (d) Funktionalität
§ Beispiel: Warum gibt es immer noch kein generelles Tempolimit auf deutschen Autobahnen?
o Inkrementeller Wandel von Institutionen:
§ (a) Neue Funktionen von Institutionen (conversion),
§ (b) neue Regeln (layering),
§ (c) Regeln werden ersetzt (displacement),
§ (d) Veränderungen im Umfeld von Institutionen (drift)
§ Beispiel: Duale Berufsausbildung in Deutschland
o Typologie von Mahoney&Thelen
-Institutionen nicht nur formale Regeln, sondern auch Symbolsysteme, kognitive Elemente, moralische Überzeugungen, kulturelle Schemata, Normen
==> Organisationen verhalten sich diesen Regeln entsprechend um Legitimität zu erlangen
-Die konzeptionelle Trennung zwischen Institution und Kultur wird aufgehoben
o Aus normativen oder kulturellen Gründen: Legitimation von Handeln - Normwandel kann Änderungen hervorrufen
o Institutionen prägen Wahrnehmung (so auch Präferenzen) & beeinflussen Macht („rhetorische Waffen“)
o Akteure verhalten sich konform zu formellen und informellen Regeln um Legitimität zu erlangen (ggf. auch ungeachtet von Effizienz und Effektivität)
o Institutionen definieren die Situation, was bewirkt, dass der Akteur gar nicht alle Handlungsoptionen wahrnimmt, sondern nur solche, die den kulturellen Werten entsprechen
o Institutionenwandel, wenn sich Leitbilder, Deutungsmuster und Legitimitätsgrundlagen wandeln
o Beispiel: Wandel der Regulierung des Derivatehandels nach der Finanzkrise 2008/9, weil Derivate als nun moralisch verwerflich angesehen wurden: Spekulation nicht mehr „legitim“, nur Hedging legitim ==> Beschluss des US-Kongresses
o Trotz großer Umbrüche (Weimarer Republik; Nationalsozialismus) Stabilität des dualen Ausbildungssystems aufgrund inkrementeller Anpassung & Macht-Koalitionen, die die Institution unterstützen.
o Seit den Zünften: Handwerkszünfte organisieren die Lehre & Berufe (Meister-Geselle); Machtargument 1: Zünfte organisieren sich und organisieren sich als Berufe, die sie schützen
o 1897: Handwerksgesetz: Handwerk wird Aufgabe der Berufsausbildung übertragen (Privater Träger – Öffentlicher Politik); Machtargument 2: Erstarkung der Gewerkschaften durch Stärkung der Kammern verhindern.
o ab 1920er Jahre: Industrie übernimmt das Modell des Handwerks (Layering) – Normierung, Einheitlichkeit der Berufsbildung; Machtargument 3: Industrie unterstützt die Berufsausbildung und koaliert mit Handwerk
o 1960er Jahre: Gewerkschaften werden einbezogen in die Verwaltung der Berufsausbildung (Machtargument 4: Erstarkung der Gewerkschaften wird von Industrie und Handwerk unterstützt Sozialpartnerschaft (Conversion)
==> Es entstand über die Zeit eine Koalition zwischen Wirtschaft und Gewerkschaften, die das duale System unterstützt und damit Stabilität schafft
-Studie zur Wirtschaftspolitik in USA und Schweden in den 1930er / Wirtschaftskrisen
-Krisen erzeugten Unsicherheit, aber weil unterschiedliche Ideen dominierten , gab es unterschiedliche Wirtschaftspolitiken
o USA (New Deal, Nachfragepolitik): Koalition Arbeiter & Wirtschaft & Staat; ==> dominierende Idee: Konsum steigern
o Schweden (Sparpolitik (Austeritätspolitik, Sozialkürzungen)): Koalition Bauern & Arbeiter; ==> dominierende Idee: Sparen
-Ideen wirken, weil sie
o Akteuren in Momenten der Unsicherheit & Krise Halt geben,
o kollektives Handeln und Koalitionsbildung ermöglichen,
o im Kampf um Institutionen „rhetorische Waffen“ darstellen,
o institutionelle Stabilität ermöglichen.
o Definition Institution: Standardvorgehensweisen, formelle oder informelle Regeln, die menschliche Interaktion beeinflussen und die Spielregeln von Gesellschaften festlegen, reduzieren Unsicherheiten, geben Struktur und legen Handlungsmöglichkeiten fest
o Institutionen variieren von Land zu Land
o Historischer Institutionalismus: Pfadabhängigkeit spielt wichtige Rolle, Entwicklungen wirken sich langfristig aus, Institutionen sind Produkt von historischen Kontinuitäten, Zufall spielt auch eine Rolle
o Rational Choice Institutionalismus: Annahme des Homo Oeconomicus, analysiert wird rationales Verhalten von Individuen, Institutionen haben die Aufgabe Transaktionskosten zu verringern.
o Konstruktivistischer/Soziologischer Institutionalismus: analysiert werden Ideen, soziale Normen und Werten, Institutionen verteidigen Werte und legen diese fest, sie beeinflussen Verhalten und schaffen Erwartungen an angemessenes Verhalten, Definition von Institutionen im Konstruktivistischen Institutionalismus weitergefasst, betrachtet werden auch kulturelle Schemata und Kognitionen
o Gefahr des Rationalisierens: Effekte von Institutionen nicht planbar, Akteure können nicht so vorausschauend sein und alle Konsequenzen überblicken (homo oeconomicus gibt es nicht)
o Zweckorientierung nicht ausreichend, um Institutionen zu erklären, andere Dinge wie Zufall oder Werte spielen auch eine Rolle
o Ökonomische Effizienz nicht das einzige Ziel von Institutionen, zum Beispiel Machterhalt als weiteres Ziel (Beispiel: deutscher Sozialstaat, der als Ziel hatte Demokratisierungsanforderungen zu schwächen)
o Institutionen müssen politisch „etabliert, restauriert, redefiniert und verteidigt werden gegen desorganisierte Kräfte aller Art“ (Streeck 2001: 30-31), sie sind also instabil
o Konvergenzthese: Annahme, dass sich die Institutionen entwickelter Volkswirtschaften im Zuge der Globalisierungimmer mehr angleichen und liberalisieren. Freie, weltweite Märkte und internationaler Wettbewerb lassen wenig Spielraum für nationale Sonderwege.
o Rational Choice Institutionalismus: reine Lesarten des RCI würden der These zustimmen, denn Transaktionskosten werden durch eine insgesamt liberalisierte und globalisierte Welt verringert, was rational und effizient ist, Nationale Institutionen, die den freien Markt regulieren, erhöhen die Transaktionskosten und verringern dadurch die Effizienz
o Historischer Institutionalismus: nationale Unterschiede bleiben aufgrund von Pfadabhängigkeiten und historischer Entwicklung, Änderungen von Regelungen unterliegen immer politischen Kräften, empirisch sorgen internationale Märkte nicht für weniger Regeln, sondern für mehr Regeln, die die nationalen Traditionen widerspiegeln
o Konstruktivistischer/Soziologischer Institutionalismus: Akteure müssen soziale Phänomene interpretieren, dadurch entstehen Handlungsspielräume. Der KI argumentiert, dass es keine Konvergenz hin zu einer minimalen Regulierung geben kann, da Globalisierung auf bestehende Normen und Regeln trifft, die für den globalisierten Markt reinterpretiert werden müssen. Akteure übersetzen demnach den Globalisierungsdruck in ein bestehendes institutionelles Gefüge, wobei sie auch bestehende Prinzipien neu zusammensetzen. Im Ergebnis werden die Unterschiede zwischen nationalen Institutionen eher verstärkt als verringert.
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