6 Ethische Herausforderungen in Psychologie, Psychotherapie und Psychiatrie

• Eindringen in die (psychische) Intim- und Privatsphäre eines Menschen

• Asymmetrie (Machtgefälle) der Beziehung zwischen Psychologen/Psychotherapeutinnen/Psychiaterinnen und Klienten/Patientinnen

• Manipulationsmöglichkeiten

• Ja und Nein

  • Ja, Teil der Medizinethik

    • Principlism (Autonomie, Wohltun, Nichtschädigen, Gerechtigkeit)

    • Genfer Gelöbnis des Weltärztebundes / („Hippokratischer Eid“)

    • Deklaration von Helsinki (zur medizinischen Forschung am Menschen)

    • Deklaration von Lissabon (Patientenrechte)

    • Verordnung (EU) Nr. 536/2014

  • nein, Sonderethik aufgrund spezifischer Herausforderungen

    • spezielle Methoden psychologischer Behandlung, Forschung und Diagnostik: Beobachtung, Befragung, Täuschung, …

    • häufig: Arbeit mit vulnerablen Personen (mit Kindern, Personen mit psychischen Störungen usw.)

    • Entwicklung neuer Techniken (Digitalisierung/Onlineforschung u. - beratung usw.)

    • Psych. Praxis und Forschung dient nicht nur dem Heilen und der Leidenslinderung.

• Ethische Probleme der therapeutischen Behandlung

  • Besondere Problematik:

    • Asymmetrisches Macht-Abhängigkeits- Verhältnis „Therapeut-Klient“

    • Verantwortl. Umgang mit (teilweise) nichteinwilligungsfähigen und sich selbst gefährdenden Patienten

• Ethische Probleme der Psychologischen Forschung

  • Besondere Problematik:

    • Kein unmittelbarer Nutzen für Probandinnen

    • Eingeschränkte Aufklärung der Probandinnen

• Die vier „mittleren“ ethischen Prinzipien in der Medizin:

  • respect for autonomy: Achtung der Selbstbestimmung/Autonomie

  • beneficence: Wohltätigkeit

  • nonmaleficence: Schaden vermeiden

  • justice: Gerechtigkeit

• Fünf ethische Prinzipien der APA (American Psychological Association):

  • Beneficence and Nonmaleficence: Wohltätigkeit und Nichtschädigung

  • Fidelity and Responsibility: Vertrauen/Ehrlichkeit und Verantwortung

  • Integrity: Integrität

  • Justice: Gerechtigkeit

  • Respect for People‘s Rights and Dignity: Achtung der Rechte und Würde

  • => Konkretisiert durch 10 spezifische Standards, u.a. zu „menschlichen Beziehungen“, „Forschung und Publikationen“, „Diagnostik“, „Behandlung und Therapie“

• => Primat:

  • Respect for People‘s Rights and Dignity (Achtung der Rechte und Würde)

  • [vor allem: Recht auf Leben, Unversehrtheit, Selbstbestimmung]

• Es gibt Herausforderungen im Bereich:

  • der Autonomie

  • der Informiertheit

  • der Täuschung in der Forschung

• Berücksichtigung des Rechts auf Autonomie im PsychKG:

  • Eine sog. Zwangsbehandlung darf zunächst nur vorgenommen werden,

    • um die Einwilligungsfähigkeit der Patientin/des Patienten „überhaupt erst zu schaffen oder wiederherzustellen“.

  • Die Behandlung muss sich also auf die psychische Anlasserkrankung beziehen und zum Ziel haben, die gesundheitlichen Voraussetzungen für eine freie Willensentscheidung der Patientin/des Patienten zu schaffen.

  • Zur Erreichung dieses Ziels muss die konkrete Behandlungsmaßnahme das mildeste Mittel sein und ihr Nutzen muss die Belastung für die Betroffene/den Betroffenen erheblich überwiegen.

=> Klausurfrage: Fallbeispiel, man muss entscheiden ob Zwangsbehandlung durchgeführt werden darf oder nicht

• Grundfreiheiten fördern, schützen, gewährleisten

• Niemand darf ohne seine freiwillige Zustimmung medizinischen und wissenschaftlichen Versuchen unterworfen werden.

• Aus dem Recht auf Autonomie leitet sich ab:

  • Anforderungen an eine Einwilligungserklärung (DGPs):

    • Informiertheit (engl.: information, disclosure),

    • Freiwilligkeit (engl.: voluntariness)

    • Kompetenz, Entscheidungsfähigkeit (engl.: competence, comprehension).

• Ein exemplarisches Problem (DGPs):

  • „Es gibt Forschungsfragen, bei denen es zur Sicherung eines Mindestmaßes an Validität der Daten nötig ist, die Teilnehmenden über das eigentliche Ziel der Studie im Unklaren zu lassen. Dies kann geschehen, (a) indem ihnen spezifische Informationen vorenthalten werden (beispielsweise über bestimmte Aufgaben, die sie im Laufe des Experiments bearbeiten sollen) oder (b) ihnen sogar falsche Informationen (etwa über ein scheinbares Ziel der Forschung; hier spricht man von einer sog. Coverstory) gegeben werden. Der Oberbegriff für all diese Formen der fehlenden oder falschen Information ist „Täuschung“ (engl.: deception).“

=> Klausurfrage: Verschiedene Beispiele von Fragetypen und man muss entscheiden welche Fragestellung die ethische ist

• Advokatorisch-präventive Diskurse

  • vor dem Experiment:

    • Wenn aus nachvollziehbaren (Erkenntnis-) Gründen eine Täuschung der Probanden erforderlich ist und die Forschungsmaßnahmen nach bestem Wissen und Gewissen keinen Schaden erzeugen,

    • kläre im Vorfeld [nicht nur im empathischen Gedankenexperiment, sondern] in ausreichend vielen realen Diskursen ab, ob mögliche Probanden dem Experiment bei vollständiger Information seines Ablaufs und seiner möglichen Folgen im Voraus und im Nachhinein zustimmen würden.

• Besondere Bedeutung (und Gefährdung) der Menschenwürde in der Psychiatrie:

  • abgesehen von offensichtlichem Missbrauch

  • „Es gibt viele Bereiche, in denen wir derartige Verpflichtungen [die Pflicht, die Würde des Menschen zu achten] haben, aber nur wenige, in denen sie so große, existenzielle Bedeutung hat wie die Psychiatrie“

• „Soziale“ Menschenwürde (Anspruch auf Leben in sozialen Verbünden)

• Frage der Selbstbestimmung nicht einwilligungsfähiger, nicht krankheitseinsichtiger, nicht steuerungsfähiger Patienten

• Frage des Glücks (Hedonie) bei Menschen, die seit Jahrzehnten schwer depressiv sind, keine Gefühle mehr empfinden können (Anhedonie) oder sich im Rausch einer Manie befinden

• Frage des guten Lebens bei Menschen, die wegen eines chronischen Krankheitsverlaufs einen sozialen Abstieg erleben mussten

• Frage der Forderung nach Tugendhaftigkeit bei einer psychotisch gestörten Willensbildung, bei schweren Störungen der eigenen Ich-Identität oder Fremdbeeinflussungserleben