Macht und Herrschaft
Definition Max Webers
• „Macht bedeutet jede Chance, innerhalb einer sozialen Beziehung den eigenen Willen auch gegen
Widerstreben durchzusetzen, gleichviel worauf diese Chance beruht.“
• „Herrschaft soll heißen die Chance, für einen Befehl bestimmten Inhalts bei angebbaren Personen
Gehorsam zu finden.“
Spezialfall von Macht
Autorität mit Legitimitätsanspruch
≠ pure Gewalt
Gehorchen-Wollen —> potentielle und situationsspezifische Überlassung von Rechten
Institutionalisierte Machtbeziehung
Prozesse der Macht- und Herrschaftsbildung
Bsp: Liegestühle auf einem Kreuzfahrtschiff (Popitz)
Ausgangssituation
1. Ausgangssituation
• Einziger Luxus an Bord des Kreuzfahrtschiffs sind einige Liegestühle
• Es gibt in etwa dreimal so viele Passagiere wie Liegestühle —> knappe Ressource
• Zu Beginn wechseln die Liegestühle ständig ihre Besitzer
• Wenn jemand aufsteht, gilt der Liegestuhl als frei
• Belegsymbole werden nicht anerkannt
• Zahl der Liegestühle reicht für den jeweiligen Bedarf etwa aus
Die neue Ordnung (TEXT)
• Neuankömmlinge bringen die Liegestühle an sich und erheben einen dauerhaften Besitzanspruch
• Auch auch einen zeitweilig nicht von ihnen besetzter Liegestuhl wird als „belegt“ deklariert
• Wenn man sich einem gerade freien Liegestuhl nähert, wird man durch Posen, Gesten und Geschrei der Auch-Besitzer zurückgewiesen
• Recht der Stärkeren (Machtausübung)
• Etablierung zweier Klassen —> Besitzende und Nicht-Besitzende /Besitzlose
Möglich weiterer Verlauf / Vermietung & Wächter
• Im nächsten Schritt folgt eine Vermietung einiger Liegestühle an Nicht-Besitzende
• Wächterfunktion der Nicht-Besitzenden als Gegenleistung für die Vermietung
• Eine dritte Klasse entsteht (durch sozialen Aufstieg) —> Besitzende, Wächter, Nur-Besitzlose
Wächter haben Machtverhältnis trotz eigenem Nachteil akzeptiert (sind immer noch schlechter gestellt als die Besitzenden)
—> Legitimation der Herrschaft der Besitzenden
—> Nur-Besitzlose sind nun aus freien Stücken /eigenem Verschulden in der schlechten Lage
Analyse
Warum hat die Minderheit der Neulinge die Chance, ihre Ordnung durchzusetzen?
1. Spaltungsstrategie
2. Höhere Organisationsfähigkeit
Spaltungsstrategie
- Durch Änderung der Mehrheitsverhältnisse wurde eine neue Klasse geschaffen —> Veränderung der Sozialstruktur
- Möglich mittels Entlohnung der Wächter*innen
- Sie haben nun andere Interessen als Nur-
Besitzlose
Höhere Organisationsfähigkeit
- Die Besitzenden sind besser organisiert
- Sie können sich gegenseitig etwas bieten: Schutz,
Stellvertretung, Bestätigung
- Sie wissen, welche Ordnung (für sie) richtig ist - Die Besitzlosen wissen lediglich, welche Ordnung
falsch ist, haben aber keine gemeinsamen Vorstellungen von einer richtigen Ordnung
Prozess der Macht- und Herrschaftsbildung
Beispiel – Liegestühle auf einem Kreuzfahrtschiff (Popitz)
Analyse des Beispiels
„Die Vertreter des genossenschaftlichen gleichheitlichen Prinzips können sich nur durchsetzen, wenn sie sich radikal durchsetzen.“
„Entweder muß es ihnen gelingen, das Besitzdenken so zu unterdrücken, daß es praktisch nicht zur Geltung kommen kann – die „Umerziehung“ –, oder sie müssen eine geschlossene Gesellschaft bilden, an der die anderen nicht teilhaben, vom Gebrauchsrecht ausgeschlossen sind.“
„Es entsteht damit jener merkwürdige Zwang zur Intoleranz, der einer bestimmten Ordnungsvorstellung „an sich“ anzuhaften scheint, der sich aber lediglich aus dem Verhältnis zweier Ordnungsvorstellungen ergibt.“
„Wer gegen das „Haben“ ist, kann nicht mit denen, die haben wollen, frei konkurrieren.“
“Macht bedeutet jede Chance, innerhalb einer sozialen Beziehung den eigenen Willen auch gegen Widerstreben durchzusetzen, gleichviel worauf diese Chance beruht.“
„Herrschaft soll heißen die Chance, für einen Befehl bestimmten Inhalts bei angebbaren Personen Gehorsam zu finden“
SpezialfallvonMacht
Autorität mit Legitimitätsanspruch = Bsp. Vater möchte das Kind etwas bestimmtes macht
≠ („nackte“) Gewalt
Gehorchen-Wollen; potentielle und situationsspezifische
Überlassung von Rechten
institutionalisierte Machtbeziehung
Institutionalissierung von Macht
= zunehmende Stabilisierung/Verfestigung von
Macht durch
zunehmende Entpersonalisierung: Funktionsträger
= Man ist nicht einer namentlichen Einzelperson, sondern einem Funktionsträger verpflichtet
zunehmende Formalisierung der Machtausübung:
= Regeln, Rituale, damit die Legitimität der Anweisungen besteht
zunehmende Integration in Ordnungsgefüge:
= Herschaftsapparat mit verschiedenen Rollen (z.B Wächter) & Machtstrukturen
—> Prozess lässt sich als Abfolge von Stufen beschreiben.
Institutionalisiseung von Macht
Stufen der Institutionalisierung:
1. Sporadische Macht: Machtausübung im Einzelfall
2. Normierende Macht: „Immer-wenn-dann- Fügsamkeit“
3. Positionalisierung: überpersönliche Machtstellungen
4. Positionsgefüge
5. Staatliche Herrschaft:
Stufen der Institutionalisierung nach Popitz
• Übergang: Dauerhafte Machtmittel, wiederholbare Situationen und Leistungen, keine Exit-Option für
Abhängige
2. Normierende Macht: „Immer-wenn-dann-Fügsamkeit“
• In sich wiederholenden Situationen kann man sich stets durchsetzen
• Entpersonalisierung: Bindung der Macht an Positionen und nicht an Personen
• Somit Beseitigung des Nachfolge-Streits (Symbole der Macht legitimieren den Nachfolger)
4. Positionsgefüge: Bildung eines Herrschaftsapparats
5. Staatliche Herrschaft: Veralltäglichung zentrierter Herrschaft
Legitimität von Herrschaft
Legitimität meint die wahrgenommene Richtigkeit und Gerechtigkeit einer Ordnung
Problem von Herrschaft: „Garantie“
äußere Garantien: Entlohnung und Sanktionen
innere Garantien: Legitimität
Webers Typen der Herrschaft
Drei Idealtypeb legitimer Herrschaft nach Weber:
1. Charismatische Herrschaft
2. Traditionale Herrschaft
3. Rationale Herrschaft
Drei idealtypen legitimer Herrschaft nach Max Weber
• Außeralltäglich
• Heiligkeit, Heldenkraft oder Vorbildlichkeit einer Person
z.B Jesus, Napoleon, Trump
• Alltäglich
• Alltagsglauben an (Heiligkeit einer) Tradition
z.B Papst, König*innen
• Glaube an die Legalität gesetzter Ordnungen (z.B. Verfassung)
z.B vertraut man nicht unbedingt Kanzlerin oder Präsidentin, aber Verfassung und Wahlsystem
Mechanismen der Legitimation
• Legitimation bezeichnet den Prozess der Erzeugung von Legitimität.
Drei Mechanismen:
Transzendenz (Berger/Luckmann)
Verständigung (Habermas)
Verfahren (Luhmann)
Legitimiation durch Transzendenz Berger/ Kuckmann
Hintergrund: “Erklärung“ der Ordnung denjenigen, die nicht an ihrer Entstehung beteiligt waren, insbesondere: Folgegeneration(en)
Lösung: Transzendenz
Legitimations-„Theorien“: „Erklärungen“ dafür, dass die
jeweilige Ordnung „notwendig“ und nicht anders denkbar
ist; „Welterklärungen“
Religion und Rituale: Bekräftigung des transzendenten
Charakters
Menschen sollen vergessen, dass die menschengemachte Herrschaftsordnung eventuell nicht die bestmögliche ist
Legitimation durch Transzendenz
• Probleme:
• Warum gibt es dennoch Ungerechtigkeiten?
—> Gegenstandsbereich der Theodizee
• Konkurrenz durch alternative Welterklärungen?
• Folge: „Rationalisierung“ der Welterklärungen
• Mythologien à Theologien à Philosophie à moderne Wissenschaft
Legitimation durch Verständigung (Habermas)
Hintergrund: Transzendenzlösung wird für „komplexe“ und „entzauberte“ Gesellschaften immer schwieriger —> Zerfall einheitlicher Welterklärungen
„Theorie des kommunikativen Handelns“ (Jürgen Habermas)
Begründung von (legitimierenden) Werten über Zustimmung in herrschaftsfreiem Diskurs
“Argumentation“: nur das Interesse an „Richtigkeit“ zählt
—> Der „zwanglose Zwang der besseren Argumente“ erzeugt eine moralische Bindewirkung (auch gegen egoistische Versuchungen)
Legitimation durch Verständigung Kritik
Kritik:
Ist diese Bindewirkung stark genug?
Wie lässt sich diese „Kommunikation“ in Großgesellschaften einrichten?
Hintergrundannahme: Einigung auf einen „Wert“
Niklas Luhmann: das ist „alteuropäisch“!
Moderne Gesellschaften brauchen die Werte nicht,sie „steuern“ sich selbst (!?)
Sie sind nicht vertikal über Werte, sondern horizontal über Interdependenzen integriert
Jeder übergreifende Wert wäre viel zu abstrakt
Legitimation durch Verfahren (Luhmann)
Idee: keinerlei „substanzielle“ Legitimität mehr, sondern nur noch „formale“
• Legitimität als „generalisierte Bereitschaft, inhaltlich noch unbestimmte Entscheidungen innerhalb gewisser Toleranzgrenzen hinzunehmen“
Vorherige Zustimmung zu einem „Verfahren“ sowie:
z.B Masken/Steuerpflicht, wenn/weil Bundestag sie beschließt
Einsicht in die Aussichtslosigkeit, Abarbeitung von Enttäuschungen, Zersplitterung der Konfliktfronten
Folge: „Legitimität“ als (bloße) Hinnahme, keine empathische Unterstützung (mehr nötig)
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