Theater der Ismen. Experimente zur Trennung der Elemente (I)
Die Vorlesung beleuchtet die Vielfalt der Kunstbewegungen („Ismen“) zu Beginn des 20. Jahrhunderts und ihre Auswirkungen auf das Theater. Diese Manifeste definierten spezifische ästhetische und weltanschauliche Positionen, wie Naturalismus, Expressionismus, Symbolismus, Futurismus, Konstruktivismus und Dadaismus. Jedoch stellt die theaterhistoriographische Analyse heraus, dass eine einfache Summierung dieser Ismen problematisch ist: Die Grenzen sind oft unscharf, nicht jede Richtung ist gleichermaßen relevant für das Theater, und nationale sowie individuelle Besonderheiten müssen berücksichtigt werden. Auch die Ernsthaftigkeit oder Ironie hinter den Manifesten variiert, und der Fokus auf solche Konjunkturen kann den Blick auf größere Zusammenhänge verstellen.
Symbolismus im Theater
Eine detaillierte Betrachtung gilt dem Symbolismus, der als Bewegung, die eine neue Realität statt bloßer Abbildung vermittelt, charakterisiert wird. Maurice Maeterlinck, ein führender symbolistischer Dramatiker, betonte eine anti-mimetische Poetik, die auf Stimmungen und transzendente Bedeutungen zielt. Sein Werk, wie das Stück "Der Eindringling", illustriert diese poetische Dramaturgie, die durch Symbole und eine Atmosphäre der Unsicherheit und Tragik geprägt ist. Maeterlincks Theater wurde von bedeutenden Regisseuren wie Lugné-Poe, Meyerhold und Stanislawski aufgeführt und international anerkannt.
Russischer Symbolismus
Im Kontrast zum französischen Symbolismus steht der russische Symbolismus, exemplarisch dargestellt durch Alexander Blocks Groteske "Die Schaubude". Blocks Werk unterscheidet sich durch visuelle Konzeption und den Einsatz der Groteske, die Ambivalenzen und semiotische Leerstellen eröffnet. Diese Dezentralisierung von Bedeutung macht die Zuschauer zu aktiven Schöpfern der Bedeutung im Theatererlebnis. Dies steht im starken Kontrast zur Synthesenorientierung des französischen Symbolismus und deutet bereits auf surrealistische Tendenzen hin.
Manifeste und ihre ironische Brechung
Die Vorlesung schließt mit einem Blick auf die Manifeste, die als programmatische Äußerungen der Ismen dienen. Kurt Schwitters' Manifest "An alle Bühnen der Welt" (1919) wird als Beispiel für die ironische Brechung solcher Manifeste angeführt. Diese Ironie reflektiert oft die Widersprüchlichkeit und Ambivalenz der künstlerischen Positionen jener Zeit.
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