Argumente für Demokretiedefizit
5 Stück
1. Zu viel Exekutivmacht in der EU
− Europäische Rat, Rat der EU und Kommission entscheiden.
− Geringe Kontrolle durch nationale Parlamente
− Zwei Sichtweisen auf Mehrheitsentscheidungen im Rat:
• Demokratiedefizit wird größer: Kein nationales Vetorecht, Schwächung der Konsensdemokratie, Probleme bei der Umsetzung von Vorgaben nationaler Parlamente
• Demokratiedefizit wird kleiner: Mehrheitsdemokratie, höhere Effizienz des Rates (Bsp. Impfstoffbeschaffung) Qualifizerite Mehrhreit führte zu schneller Durchführung der Impfstoffbeschaffung
Argumente für Demokratiedefizit
Schwaches Europäisches Parlament
− Kein Initiativrecht (Bsp Von der Leyen Wahl)
− Keine Regierungs-Oppositionslogik
− Fragmentierte Parteienlandschaft
—> gibt viele Parteien aus vielen Ländern die nicht immer klar handeln können = keine Prozenthöhe = auch kleine Parteien im Parlament = macht es teilweise komplizierter (keine Sperrklausel = ab 2029 schon)
—> schwäche des Parlaments im Vergelich zu andere EU-Instanzen
Regierungs Oppositionslogik Erklärung
In nationalen Parlamenten gibt es eine klare Unterscheidung zwischen Regierung und Opposition, die eine zentrale Rolle in der demokratischen Kontrolle und im politischen Wettbewerb spielt. In der EU fehlt eine vergleichbare Struktur:
Kommission: Die Europäische Kommission wird nicht durch das Europäische Parlament gewählt oder abgewählt, sondern durch die Mitgliedstaaten vorgeschlagen und vom Parlament bestätigt.
Rat: Der Ministerrat besteht aus Vertretern der nationalen Regierungen und unterliegt keiner direkten Kontrolle durch das Europäische Parlament.
Fehlende Opposition: Es gibt keine formelle Oppositionspartei oder -fraktion auf EU-Ebene, die die Exekutive herausfordert und alternative Politiken anbietet.
kein Initiativrehct des Parlaments Bsp van der Leyen
Das Europäische Parlament hat kein formales Initiativrecht, d.h. es kann keine Gesetze initiieren. Dieses Recht liegt ausschließlich bei der Europäischen Kommission:
Gesetzesvorschläge: Nur die Kommission kann offizielle Gesetzesvorschläge machen. Das Parlament kann zwar die Kommission auffordern, bestimmte Gesetzesvorschläge zu machen, hat aber keine Garantie, dass dies auch geschieht.
Kontrolle der Agenda: Dies gibt der Kommission eine zentrale Rolle bei der Bestimmung der legislativen Agenda der EU, was als Demokratiedefizit angesehen wird, da das direkt gewählte Parlament nicht dieselbe Macht hat.
Die Wahl von Ursula von der Leyen zur Präsidentin der Europäischen Kommission im Jahr 2019 ist ein konkretes Beispiel, das diese Punkte illustriert:
Spitzenkandidatenprozess: Der Spitzenkandidatenprozess, der 2014 eingeführt wurde, sollte den Wahlprozess demokratischer machen, indem die Fraktionen im Europäischen Parlament vor der Wahl Kandidaten für den Kommissionspräsidenten benennen. Ursula von der Leyen war jedoch keine Spitzenkandidatin. Stattdessen wurde sie von den Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten vorgeschlagen und vom Parlament bestätigt, was die Macht der nationalen Regierungen unterstreicht.
Bestätigungsprozess: Ihre Bestätigung durch das Parlament war knapp, was zeigt, dass das Parlament zwar eine Rolle spielt, aber letztendlich die Mitgliedstaaten die entscheidende Macht haben.
Mangel an Transparenz und Demokratie: Kritiker argumentierten, dass der Prozess intransparent war und die Entscheidung nicht ausreichend durch die demokratisch gewählte Institution (das EP) beeinflusst wurde, sondern eher durch hinter den Kulissen getroffene Vereinbarungen der nationalen Führungen.
Keine funktionierende europäische Wahldemokratie - Europwahl ist eine Sekundärwahl: nationale Nebenwahl
− Niedrige Wahlbeteiligung
− Keine Regierungskonsequenz bei EP-Wahlen
− Keine europäischen Elemente bei EP-Wahlen = Spitzenkanditaten sind nicht direkt Kommissionsregierer
− Parteien stellen Europa nicht zur Wahl (Nationale Probleme wie Ampel Regierung in DE werden aufgegriffen auf Wahlplakaten)
EP Wahlen als Sekundärwahlen:
− 27 separate Wahlen: Nationale Themen dominieren.
− Keine Regierung und Opposition im EP
− Schwache Wahlkampagnen der Parteien
- EU Wahlen eher als unwichtig angesehen
− Auswirkungen:
• Geringe Wahlbeteiligung
• Gelegenheit nationale Regierungsparteien abzustrafen (Ampel abstrafen auf nationaler Ebene = ist auch passiert)
• Distanz zwischen Abgeordneten und Bürger:innen → Lange
Delegationsketten (Bundestag wird als wichtiger, als Europaparlament angesehen)
− Aber: In Deutschland hohes Interesse an der Europawahl!
Die EU ist zu komplex für ihre Bürgerinnen —> Unklare Zuständigkeiten
− Doppelte Exekutive, Intransparenz des Europäischen Rats
− Spielraum für die Kommission als Hüterin der Verträge
− Technischer, regulativer Politikstil
➢ Folge: Wenig Partizipation und Kontrolle durch die Bürger:innen
Zu wenig Transparenz?
• Sitzungen im Rat der EU für viele Bereiche öffentlich und online verfügbar.
• Mitgliedsstaaten reagieren: Vertrag von Lissabon klärt Kompetenzen zwischen EU und Mitgliedstaaten.
• Aber Versäumnis bei:
• Transparenz im Europäischen Rat (intergouvernementales
Forum)
• Rolle der Kommission als Hüterin der Verträge (wann werden Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet?)
Politikergebnisse manchmal ohne Mehrheitsunterstützung in einzelnen Mitgliedsstaaten
− Für die betroffene Nation wirkt dies wie ein Demokratiedefizit
− Beispiele: Sparpolitik für Griechenland, Umverteilung von Geflüchteten für Ungarn, Freizügigkeit für das Vereinigte Königreich
➢ Es kann allerdings kein Gesetz gegen die Mehrheit der Mitgliedsstaaten erlassen werden.
Lösungsansätze
− Auf europäischer Ebene:
• Mehr politischer Wettbewerb (z.B. Spitzenkandidatenprozess), ansonsten gibt es wenig Anreize für die Kommission oder die MS auf sich ändernde Präferenzen der Bürger:innen zu reagieren (Hix)
• Mehrheitsentscheidungen
− Auf nationaler Ebene:
• Mehr Kontrolle des EU-Handelns nationaler Regierungen durch nationale Parlamente -> Bessere Integration der EU in die nationale Politik der MS
• Politischer Wettbewerb über Richtung der EU auf nationaler Ebene
Argumente gegen Demokratiedefizit
Majone = “EU als Regulierungsstaat” kein Wohlfahrtsstaat
Die EU braucht keine so starke demokratische Legitimation wie ein Wohlfahrtsstaat. (zieht keine Steuern ein; geringer Finanzspielraum)
Die EU hat vor allem ein Glaubwürdigkeitsproblem.
Moravcsik = Liberaler Intergouvernementalismus
Mitgliedsstaaten haben die volle Kontrolle über den Integrationsprozess.
Regierungen sind selbst für ihren jeweiligen Bürger:innen verantwortlich.
De Vries = Doppelte Absicherung = neben supranationaler Komponente (EP) gibt es auch die intergouvernementale elektorale Verbindung
Nationale Wahlen → Minister:innen im Rat → Elektorale Verantwortung
➢Europäische Themen sollten vor allem in nationalen Wahlen eine Rolle spielen, nicht in Wahlen zum Europäischen Parlament.
In der EU gibt es Herausforderungen hinsichtlich der elektoralen Verantwortung, da die Struktur und die Entscheidungsprozesse der EU komplexer sind als in einem Nationalstaat. Hier einige spezifische Punkte:
Europäische Kommission: Die Mitglieder der Europäischen Kommission, einschließlich des Präsidenten, werden von den nationalen Regierungen vorgeschlagen und vom Europäischen Parlament bestätigt, aber sie sind nicht direkt von den europäischen Bürgern gewählt. Dies führt zu einer indirekteren Form der Rechenschaftspflicht.
Rat der Europäischen Union: Der Rat besteht aus Ministern der Mitgliedstaaten, die in ihren Heimatländern gewählt wurden. Entscheidungen des Rates können also teilweise als Ausdruck nationaler Wahlen betrachtet werden, aber die Rechenschaftspflicht auf EU-Ebene ist weniger direkt.
Europäisches Parlament: Das EP ist das einzige direkt gewählte Organ der EU, was ihm eine wichtige Rolle in der elektoralen Verantwortung gibt. Allerdings hat das Parlament nicht dieselbe Macht wie nationale Parlamente, insbesondere in Bezug auf die Exekutive.
Demokratiedefizit in den MS - auf nationaler Ebene
Demokratiedefizit und autoritäre Strukturen auf nationaler Ebene (Kelemen)
EP-Fraktionen sind auf die Wählerstimmen für die nationalen
Parteien angewiesen.
• Ironie: Die Bemühung, die EU-Ebene demokratischer zu gestalten
(Stärkung des EP), hält europäische Parteiführer eher davon ab
einzuschreiten. → Beispiel: Fidesz in der EVP
➢ Folge: Mögliche Toleranz für demokratische Rückschritte in einem Mitgliedsland
− Es gibt nicht genügend parteipolitische Maßnahmen auf EU-
Ebene, um lokale demokratische Oppositionen zu unterstützen.
➢Angst vor einer „Einmischung in nationale Angelegenheiten“
= Weil das gegen EU spricht sich einzumischen
Demokratiedefiziz und autoritäre Strukturen auf nationaler Ebene
− EU- Zahlungen können Korruption und Klientelpolitik unterstützen.
− Die Personenfreizügigkeit erleichtert die Emigration kritischer Bürger:innen, was die demokratische Opposition in einem MS schwächen kann.
Korruption & Klientelpolitik auf nationaler Ebene
Sanktionsmöglichkeiten 1. Artikel 7
Bsp: Orban aus Ungarn Verteilung von EU Geldern
Missbrauch von Steuergelder und Korruptiom
Artikel 7 Verfahren:
− Verfahren zum Schutz der Grundwerte der EU
− Mit dem Vertrag von Amsterdam 1997 eingeführt
− Präventivverfahren und Sanktionsverfahren
− Schärfstes Instrument: Aussetzung des Stimmrechts des MS im Rat und im Europäischen Rat bei gleichbleibenden Pflichten
− 2017 gegen Polen eingeleitet aufgrund von Reformen des Justizsystems Polens (2024 beendet)
− 2018 gegen Ungarn eingeleitet aufgrund von Angriffen der ungarischen Regierung gegen die Grundwerte der EU
ABER: Prozess benötigt Einstimmigkeit und Polen und Ungarn schützen sich gegenseitig!
• Schwaches Artikel 7 Verfahren = größtes Versäumnis im Zuge der Vertragsänderungen
Sanktionsmöglichkeiten 2: Rechtsstaatsmechnismus
− Auch: Konditionalitätsmechanismus, Rule of Law Conditionality
− Seit Januar 2021 in Kraft
− Ziel: Schutz des EU-Haushalts und der europäischen Werte
− Zahlungen aus dem EU-Haushalt können für Länder gekürzt bzw. Mittel der Strukturfonds eingefroren werden, wenn diese gegen die Rechtsstaatlichkeit verstoßen und sich die Verstöße negativ auf die finanziellen Interessen der Union auswirken.
− Der Beschluss über die Kürzung von EU-Mitteln erfolgt nach
Kommissionsvorschlag durch den Rat mit QM.
− Dezember 2022: Gegen Ungarn aktiviert → 32 Mrd. € eingefroren, seit Dezember 2023 zum Teil wieder freigegeben
Politische Parteien im EP
Definition:
Politische Parteien sind auf Dauer angelegte Zusammenschlüsse gleichgesinnter Bürger, um politische Entscheidungen zu beeinflussen (policy seeking) indem sie politische Ämter anstreben (office seeking), die sie vor allem durch Teilnahme an Wahlen erhalten können (vote seeking).
Gewählt werden nationale Parteien.
• Diese schließen sich zu europäischen Parteien zusammen.
• Fraktionen: Mind. 25 Abgeordnete, min. ¼ (7/27) der MS
– Zusammenschlüsse von ideologisch nahstehenden Abgeordneten nach der Wahl aus unterschiedlichen MS
– Die Fraktionen werden durch die europäischen Parteien strukturiert.
– Mitglieder derselben nationalen Partei können in verschiedenen europäischen Fraktionen sitzen!
– Organisatorische Vorteile als Anreiz
Funktionen nationaler und europäischer Parteien im Vergleich
Abbildung Tabelle
Europa als Wahlkampfthema
• Theorie des Themenwettbewerbs (Issue competition):
Betonung von Themen, von denen sich Parteien einen
Vorteil in der Wählergunst versprechen
• Herausforderer- gegen etablierte Parteien
Challenger parties Mainstream parties
➢ Herausfordererparteien politisieren neue Themen und nehmen
oftmals extreme Positionen ein.
Euroskeptizismus der Parteien
− Harter und weicher Euroskeptizismus (Paul Taggart)
Harter Euroskeptizismus: Partei lehnt die Integration als Ganzes ab.
Weicher Euroskeptizismus: Partei lehnt bestimmte Aspekte der Integration ab, z.B. Erweiterung, kulturelle Integration etc.
• Gegen Wirtschaftsintegration
• Gegen Erweiterung
• Gegen kulturelle Integration
• Gegen weitergehende Integrationsschritte
Vergleich mit Benchmarkingansatz in Einstellungsforschung (Regime Sceptics, Policy Sceptics)
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