Wie ist der Begriff „Arbeitszeit“ im Arbeitszeitgesetz definiert?
· „Zeit vom Beginn bis zum Ende der Arbeit ohne die Ruhepausen.“
· „Arbeitszeiten bei mehreren Arbeitgebern sind zusammenzurechnen“.
· Nicht zur Arbeitszeit zählt der Zeitaufwand für den Hin - und Rückweg zur Arbeitsstätte (Wegezeiten).
Welche gesetzlichen Vorgaben müssen bei der Arbeitszeitgestaltung berücksichtigt werden?
· Die durchschnittliche werktägliche Arbeitszeit darf 8 Stunden nicht überschreiten. Die tägliche Arbeitszeit darf nicht mehr als 10 Stunden betragen und muss innerhalb von sechs Monaten/24 Wochen ausgeglichen werden.
· Bei 6-9 h Arbeit/ Tag: 30 Minuten Pause
· Bei > 9 h Arbeit/Tag: 45 Minuten Pause
· Mindestens 11 h Ruhezeit bis zur nächsten Arbeitsaufnahme
· Genehmigungspflicht von Sonn- und Feiertagsarbeit; Vorrausetzung: Die Arbeit kann nicht an Werktagen erbracht werden.
· Mindestens 15 Sonntage im Jahr müssen beschäftigungsfrei bleiben. (§11 Abs. 1 ArbZG)
· Die über die werktägliche Arbeitszeit hinausgehende Arbeitszeit muss aufgezeichnet und mind. zwei Jahre aufbewahrt werden. (§16 Abs. 2 ArbZG)*
· In einem Tarifvertrag oder auf Grund eines Tarifvertrags in einer Betriebs- oder Dienstvereinbarung können Änderungen bezüglich der täglichen Arbeitszeit, des Ausgleichszeitraums und der Ruhezeiten in bestimmten Umfängen zugelassen werden. (§7 ArbZG)
Welchen Nutzen können unterschiedliche Interessensgruppen aus flexiblen Arbeitszeitregelungen ziehen? Welche Risiken bestehen?
Gesellschaft:
· Sicherung und Schaffung von Beschäftigung
· Förderung der Beschäftigung von Frauen
· Alternsgerechte und gesundheitsförderliche Arbeits- und Personalpolitik entwickeln
· Erhaltung der Gesundheit der Beschäftigten
· Eröffnung von Arbeitsoptionen für leistungsgewandelte und behinderte Personen …
Beschäftigte:
· Mehr Zeitsouveränität (Life-Domain-Balance)
· Individuelle Arbeitszeitwahloptionen (z.B. in Abhängigkeit von Lebensphasen und Gesundheitszustand)
· Zeit für fachliche und persönliche Weiterbildung
· Beschäftigungssicherheit
· Anpassung der Arbeitszeit an individuelle Rhythmik
Betriebe:
· Anpassung der Betriebs- und Servicezeiten an externe und interne Kundenbedürfnisse
· Anpassung des Personalbedarfs an Nachfrageschwankungen
· Bessere Auslastung kapitalintensiver Anlagen, Ausweitung der Betriebszeit
· Abbau von Überstunden
· Erhöhung der Attraktivität des Unternehmens am Arbeitsmarkt
Risiken
Unternehmen:
· Vergrößerte Abhängigkeit von der Bereitschaft der Beschäftigten
· Qualifizierungsaufwand (Vertretungsflexibilität, Führungskräfteschulung)
· Einführungs- und Verwaltungsaufwand (Zeiterfassung/Organisation)
· „Insolvenz“-Risiko bei Arbeitszeitschulden der Beschäftigten
· Leistungsverdichtung durch Wegfall von Leerzeiten
· verstärkte Fremdbestimmung
· Erhöhung der „unsocial hours“
· Wegfall von Zuschlägen
· verstärktes Gefühl der Kontrolle
· veränderte Aufgaben; Qualifizierungsbedarf
· Insolvenz-Risiko (v.a. bei Langzeitkonten)
Welche Parameter können bei der Gestaltung von Arbeitszeitsystemen variiert werden?
· Zykluszeit / Bezugszeitraum: Tag, Woche, Monat, Jahr, Lebensarbeitszeit (z. B. regelmäßige tägliche Teilzeit- oder Vollzeitarbeit mit oder ohne Gleitzeit; x Stunden pro Tag)
· Dauer (Chronometrie): Vereinbarte Anzahl an Arbeitseinheiten in einem Bezugszeitraum/Zyklus (z. B. 35 Stunden pro Woche)
· Lage (Chronologie): z. B. Unterscheidung zwischen Tagesarbeit, Schichtarbeit (permanent oder Wechselschicht) oder Beginn und Ende der Arbeitszeit (fix, gestaffelt, gleitend, variabel)
Was sind Arbeitszeitkonten und welche Varianten gibt es?
Ein Arbeitszeitkonto ist ein Instrument, mit dem Arbeitgeber flexible Arbeitszeitmodelle umsetzen können. Mitarbeiter können vorübergehend mehr oder weniger arbeiten als vertraglich vereinbart und die Über- oder Fehlstunden später ausgleichen. Das monatliche Entgelt bleibt dabei gleich.
Kurzfristig:
· Bezugs- und Ausgleichszeitraum bis zu einem Jahr
· Konten werden in „Zeit“ geführt Über-/Minusstunden werden erfasst und verrechnet
· Zweck: kurzfristige flexible Arbeitszeitgestaltung sowie Ausgleich von Auslastungsschwankungen
· Beispiele: Ampelkonto, Gleitzeitkonto, Überstundenkonto, Zeitbudgetkonto, Jahresarbeitszeitkonto
Langfristig:
· Bezugs- und Ausgleichszeitraum ab einem Jahr
· Konten werden in „Geld“ geführt
· Einzahlungen: z.B. Teil des Entgelts, Boni, Mehrarbeit
· Zweck: Langfristiges Sparen für Vorruhestand, Sabbaticals, Eltern- oder Pflegezeit etc.
· Beispiele: Lebensarbeitszeitkonten, Wertguthaben
Wie funktioniert ein Ampelkonto?
Disposition = Bestimmung
Was bedeutet Vertrauensarbeitszeit und welche Vor- und Nachteile können sich ergeben?
Vertrauensarbeitszeit bietet unter der Voraussetzung gegenseitigen Vertrauens ein großes Maß an Flexibilität: Die Beschäftigten obliegen die eigenverantwortliche, aufgabengerechte Verteilung der in einem bestimmten Zeitraum zu erbringenden Arbeitszeit. Auf Arbeitszeitkonten wird (i.d.R.) verzichtet.
Potenzielle Chancen und Risiken
+ geringerer administrativer Aufwand
+ höhere Arbeitszufriedenheit
+ höhere Arbeitsproduktivität
- möglicher Vertrauensmissbrauch durch „schwarze Schafe“
- keine fundierte Datenbasis für die Personalplanung
- unentdeckte Mehrarbeit („EuGH-Klagen“)
+ freie Einteilung der Arbeitszeit nach persönlichen Bedürfnissen
+ erlebtes Vertrauen (weniger erlebte Kontrolle)
- unbezahlte Mehrarbeit möglich
- Gefahr der „Selbstausbeutung“
Welche drei Varianten der 4-Tage-Woche lassen sich grundsätzlich differenzieren?
• Form 1: Verteilung der wöchentlichen Arbeitszeit auf 4 Arbeitstage
• Form 2: Gleichzeitige Reduzierung der wöchentlichen Arbeitszeit bei vollem Gehalt
• Form 3: Gleichzeitige Reduzierung der wöchentlichen Arbeitszeit mit Gehaltsanpassung
Wie lauten die arbeitswissenschaftlichen Empfehlungen für die Gestaltung von Schichtplänen (Übung)?
Schnelle Rotation von Früh- und Spätschichten:
• Schlafdefizite in Frühschichten nehmen mit der Länge der Frühschichtphase zu
o Vor allem jüngere Schichtarbeiter verzichten zugunsten der Freizeit auf Schlaf.
o Menschen können oft nicht früher als gewohnt einschlafen
• Längere Spätschichtblöcke behindern soziale Kontakte.
Frühschichtbeginn nicht zu früh (vor allem bei Zweischichtbetrieb):
• Je später die Frühschicht beginnt, desto geringer das Schlafdefizit.
• Auch Aspekte wie Verkehrsanbindungen, Mahlzeiten mit der Familie und betriebliche Notwendigkeiten berücksichtigen.
Nicht mehr als drei Nachtschichten hintereinander:
• Der Biorhythmus kehrt sich bei mehreren hintereinanderliegenden Nachtschichten nicht um, sondern wird deformiert.
• Schlafdefizit und Unfallgefahr nehmen mit der Länge der Nachtschichtphasen zu.
• Belastungen durch Nachtarbeit müssen durch Ruhephasen ausgeglichen werden.
• Nach jeder Nachtschichtphase mindestens 24 Stunden frei!
Keine Anhäufungen von Arbeitszeiten:
• Längere Arbeitszeiten verursachen überdurchschnittliche Ermüdung. Je länger die Arbeitszeit, desto mehr Zeit wird zur Erholung benötigt.
• Mehrere lange Arbeitstage hintereinander ermöglichen zwar prinzipiell Freizeitblöcke, gleichzeitig wird jedoch ein größerer Anteil aus dem Freizeitblock benötigt, um die angehäufte Ermüdung abzubauen.
Beschäftigtenorientierte Flexibilisierung und Individualisierung der Arbeitszeit:
• Schichtwechselzeiten vom Arbeitsweg abhängig gestalten
• Flexible Übergabezeiten
• Gleitzeit mit Absprache
Geblockte Wochenendfreizeiten anstreben:
• Wenigstens zwei zusammenhängende freie Tage am Wochenende.
• Das Wochenende ist für Schichtarbeiter von besonderer Bedeutung, da soziale Kontakte unter der Woche durch Spät- oder Nachtschicht eingeschränkt werden.
Freizeit planbar machen:
• Schichtpläne sollten übersichtlich und durchschaubar geplant werden.
• Kurzfristige Änderungen sollten möglichst vermieden werden.
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