Warum sollten sich Unternehmen mit Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz (ASGS) befassen?
Direkte/ monetär quantifizierbare Faktoren:
• Verringerung der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall durch Reduzierung von Arbeitsunfähigkeitstagen (AU-Tagen)
Indirekte/ monetär quantifizierbare Faktoren:
• Erhöhung der Produktivität durch Verringerung der Ausfallzeiten durch Arbeitsunfähigkeit
• Sicherung der Produktqualität durch Vermeidung von Störungen und Unfällen
Indirekte/ monetär schwer quantifizierbare Faktoren:
• Erhöhung der Flexibilität der Produktion durch Sicherstellung der Personaleinsatzflexibilität
• Erhöhung des Unternehmensprestiges auf dem Arbeitsmarkt
• Erhöhung der Arbeitsmotivation und Verbesserung des Betriebsklimas
Warum handelt es sich in Deutschland um ein sog. duales Arbeitsschutzsystem? Nennen Sie zwei zentrale Rechtsgrundlagen/Gesetze im Bereich ASGS.
• Es gibt zum einen das staatliche Arbeitsschutzrecht, das gem. Abbildung auf dem sog. „Artikelgesetz Arbeitsschutz“ basiert, und aus dem in der Folge verschiedene Gesetze bzw. Gesetzesänderungen samt zahlreicher Rechtsverordnungen abgeleitet wurden.
• Zum anderen regelt der Staat im Sozialgesetzbuch VII die Kompetenzen der Träger der gesetzlichen Unfallversicherung, d.h. der gewerblichen Berufsgenossenschaften (BG‘n), der Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau (SVLFG) und der Unfallversicherungsträger der öffentlichen Hand, die ein autonomes Arbeitsschutzrecht ausüben.
• Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG): Gesetz über die Durchführung von Maßnahmen des Arbeitsschutzes zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Beschäftigten bei der Arbeit.
• Arbeitssicherheitsgesetz (ASiG): Gesetz über Betriebsärzte, Sicherheitsingenieure und andere Fachkräfte für Arbeitssicherheit
Welche Verantwortlichkeiten, Rechte, Pflichten und Aufgaben haben die unterschiedlichen Akteursgruppen?
• Arbeitgeber:
o Gesamtverantwortung
o ist für Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz im Unternehmen verantwortlich
o hat durch eine Gefährdungsbeurteilung zu ermitteln, welche Maßnahmen des Arbeitsschutzes erforderlich sind
o hat die Beschäftigten ausreichend und angemessen zu unterweisen
o soll die zur Durchführung von Maßnahmen erforderlichen Mittel zur Verfügung stellen
o ArbSchG §3 - §14 regeln die Pflichten des/-r Arbeitgebers/-in
• Arbeitnehmer:
o Ausführungsverantwortung
o ist entsprechend seiner/ihrer Möglichkeiten für Sicherheit und Gesundheit an seinem/ihrem Arbeitsplatz verantwortlich
o ist verantwortlich für sein/ihr eigenes sicherheitsgerechtes Verhalten
o muss jede von ihm/ihr festgestellte Gefahr unverzüglich melden
o soll den/die Arbeitgeber/-in unterstützen, Sicherheit und Gesundheitsschutz zu gewährleisten
o ArbSchG §15 - §17 regeln die Pflichten und Rechte der Beschäftigten
• Betriebsrat:
o Überwachungsverantwortung
o ist für die Überwachung der Einhaltung der zugunsten der Arbeitnehmer/-innen geltenden Gesetze, Verordnungen, Unfallverhütungsvorschriften, Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen verantwortlich
o ist bei Regelungen zur Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten mitbestimmungsberechtigt
o muss die für den Arbeitsschutz zuständigen Stellen unterstützen
o kann bei besonders belastenden Arbeitsbedingungen Maßnahmen zur Abwendung, Milderung oder zum Ausgleich verlangen
o das Betriebsverfassungsgesetz regelt die Aufgaben und Pflichten des Betriebsrates
• Betriebsarzt:
o Fachverantwortung
o soll bei sämtlicher Planung, Ausführung und Unterhaltung der Arbeitsstätten, Arbeitsmittel, Arbeitsverfahren und Arbeitsstoffe, die in Zusammenhang mit arbeitsmedizinischen Belangen stehen, beraten
o soll Arbeitnehmer/-innen untersuchen, medizinisch beurteilen und die Ergebnisse im Hinblick auf die Arbeitstätigkeit auswerten
o soll festgestellte Mängel den zuständigen Stellen melden und gegebenenfalls Vorschläge für ihre Behebung geben
o ArbSchG §11 zwingt Arbeitgeber/-innen, Möglichkeiten zur arbeitsmedizinischen Vorsorgeuntersuchung einzuräumen
o ASiG §2 - §4 regeln die Aufgaben des/-r Betriebsarztes/-ärztin
• Fachkraft für Arbeitssicherheit:
o Fach- und Überwachungsverantowrtung
o soll den/die Arbeitgeber/-in beim Arbeitsschutz und bei der Unfallverhütung in allen Fragen der Arbeitssicherheit einschließlich der menschengerechten Gestaltung der Arbeit unterstützen
o hat umfassende Beratungs-, Prüf- und Überwachungspflichten
o soll Beschäftigte über Gefahren, Maßnahmen etc. belehren und Sicherheitsbeauftragte schulen
o ASiG §5 - §7 regeln die Pflicht des/-r Arbeitgebers/-in zur Bestellung von Fachkräften für Arbeitssicherheit, deren Aufgaben sowie die Anforderungen, die an sie gestellt werden
Was ist ein Arbeitsschutzausschuss?
• soll Anliegen des Arbeitsschutzes und der Unfallverhütung beraten
• muss in Betrieben mit mehr als 20 Beschäftigten mindestens einmal vierteljährlich zusammentreten
• setzt sich zusammen aus
o dem/-r Arbeitgeber/-in oder einem/-r von ihm/ihr Beauftragten
o zwei vom Betriebsrat bestimmten Betriebsratsmitgliedern
o dem Betriebsarzt oder der Betriebsärztin
o der Fachkraft für Arbeitssicherheit
o dem/der Sicherheitsbeauftragten
• ASiG §11 regelt die Bestimmungen und Aufgaben des Arbeitsschutzausschusses
Wozu werden die Leitmerkmalmethoden der BAuA eingesetzt?
• Zweck: Evaluierte Screening-Verfahren für die Gefährdungsbeurteilung physischer Belastung
• Methode: Beobachtung, ggf. mündliche Befragung anhand von Formblättern mit Handlungsanleitungen; Beurteilung von Teiltätigkeiten anhand sog. Leitmerkmale und Wichtungsfaktoren
• Erfasste Belastungsarten:
o manuelles Heben, Halten und Tragen von Lasten
o manuelles Ziehen und Schieben von Lasten
o manuelle Arbeitsprozesse
o Ganzkörperkräfte
o Körperfortbewegung
o Körperzwangshaltung
• Auswertung: Ermittlung eines Punktwertes zur Risikoabschätzung
Wie ist der Begriff der psychischen Belastung in der DIN 10075 definiert?
Gesamtheit aller erfassbaren Einflüsse, die von außen auf einen Menschen zukommen und diesen psychisch beeinflussen
Wann muss eine (Sicherheits-)Unterweisung erfolgen?
• Ziel: Beschäftigte über Gefährdungen bei der Arbeit ausreichend und angemessen informieren, um sichere Zustände und Verhaltensweisen zu erreichen und Gesundheitsschäden zu vermeiden
• Zeitpunkt: VOR Aufnahme der Tätigkeit durchzuführen (Erstunterweisung) und regelmäßig, mind. 1mal jährlich zu wiederholen, bei Jugendlichen halbjährlich (Wiederholungsunterweisung)
• Anlässe:
o Neueinstellung
o Versetzung bzw. Arbeitsplatzwechsel
o Einführung neuer Verfahren, Technologien, Arbeitsmittel, Arbeitsstoffe
o sicherheitsrelevanten Veränderungen im Arbeitsbereich (z.B. Arbeitsumgebung)
o besonderen Anlässen (verhaltens- und situationsabhängig)
• Form: Nicht vorgeschrieben; Dokumentation wird für den Nachweis empfohlen
Welche Vorteile bieten zertifizierte, standardisierte Managementsysteme? Welche Probleme können entstehen?
Vorteile:
· stabile, effektive und effiziente Prozesse
· hohe Produkt- und Prozessqualität
Probleme:
• Fehlende Akzeptanz (Systeme werden „nicht gelebt“)
o fehlende Identität
§ den Beschäftigten sind die Bedeutung und die Ziele des Managementsystems nicht klar
§ die Unternehmenspolitik steht nicht im Einklang mit den Zielen des Managementsystems
§ Führungskräfte und Beschäftigte waren ggf. an der Einführung nicht beteiligt
o Überregulierung
§ System/e wird/werden als Bürokratie-Monster erlebt
§ zu starre Vorgaben schränken die Autonomie ein
• Mangelndes Engagement durch die Unternehmensführung
o im Einführungsprozess
o bei der Umsetzung (Vorbildfunktion!)
• Hoher Aufwand beim Betrieb paralleler Managementsysteme
o bei der Einführung und Umsetzung (Dokumentation, Pflege, Kontrolle)
Wie beurteilen Sie standardisierte Managementsysteme in Bezug auf Stabilität und Flexibilität (s. Folie 5 in LE02)?
Stabilität:
· Effektivität und Effizienz: Standardisierte Systeme schaffen eine klare Struktur und konsistente Prozesse, was zu effizienter Auftragsabwicklung und Qualitätssicherung beiträgt. Sie minimieren das Risiko von Fehlern und Inkonsistenzen.
· Regelungen und Normen: Durch die Einführung von festgelegten Normen und Regelungen können Organisationen ihre Compliance sicherstellen und den Mitarbeitern klare Richtlinien bieten.
Flexibilität:
· Anpassungsfähigkeit: Starre Systeme können die Fähigkeit einer Organisation, sich schnell auf veränderte Umweltbedingungen oder Marktanforderungen anzupassen, einschränken. Hier ist ein gewisses Maß an Flexibilität notwendig, um innovativ und wettbewerbsfähig zu bleiben.
· Agilität: Moderne Ansätze wie agile Managementpraktiken fordern oft eine Flexibilisierung von starren Strukturen. Agile Prozesse ermöglichen schnelle Entscheidungen und Anpassungen, was in dynamischen und unsicheren Umgebungen von Vorteil sein kann.
Herausforderungen:
· Innovationsmangel: Zu starke Standardisierung kann Kreativität und Innovation behindern, da Mitarbeiter weniger Spielraum haben, um neue Ideen auszuprobieren.
· Bürokratie: Ein übermäßig bürokratisches System kann zu Verzögerungen und Frustration führen, besonders wenn schnelle Reaktionen erforderlich sind.
Welche Chancen und Risiken eröffnet Homeoffice für Unternehmen und Beschäftigte?
Chancen
Risiken
Für Unternehmen & Beschäftigte
· Mehr Flexibilität für Beschäftigte und damit bessere Vereinbarkeit von Arbeit und Privatleben
· Höhere Zufriedenheit bei Selbstbestimmung des Arbeitsortes
· Erhöhung von Arbeitsproduktivität, Motivation und des organisatorischen Engagements von Mitarbeiter*innen
· Schaffung zusätzlicher virtueller Arbeitsräume über organisatorische Grenzen hinweg
· Chancen zur Förderung der drei Dimensionen der Nachhaltigkeit (ökologisch, ökonomisch, sozial)
· Abbau von Vorbehalten und Aufbau von Vertrauen gegenüber digitalen Medien
· Aufbau „digitaler“ Kompetenzen
· Leichterer Wiedereinstieg von jungen Müttern
· Reduzierter Wissens- und Erfahrungsaustausch
· Sicherstellung von Arbeitsschutz und Datenschutz
· Schlechtere Erreichbarkeit
· Aufwand für Ausstattung, Anbindung, Verwaltung, Koordination
· Mangelnde Integration und Einarbeitung, insbesondere von neuen Mitarbeiter*innen
· Kaum situatives Erfahrungslernen möglich
· Verlust von Face-to-face-Kommunikation behindert langfristige Verantwortungsübernahme und Vertrauensbildung
Aus Unternehmersicht
· Steigende Arbeitgeberattraktivität und damit höhere Wettbewerbschancen auf dem Arbeitsmarkt
· Einsparpotenziale bei Energie- und Raumbedarf
· Wettbewerb um passende Jobkandidaten kann (ortsunabhängig) ausgeweitet werden
Aus arbeitswissenschaftlicher Sicht problematisch:
· Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit und des Kundenservices durch höhere Neigung von Mitarbeiter*innen, Überstunden zu machen
· Sicherheitslücken (z. B. Betriebsgeheimnisse)
· Angst vor Kontrollverlust bei Führungskräften; Missbrauch von Freiheitsgraden durch Beschäftigte
· Schwierigere Kollaboration zwischen Mitarbeiter*innen
· Geringere Motivation und geringeres organisatorisches Engagement
· Verlust der Personalbindung bzw. erschwerter Aufbau (keine Identifikation mit Unternehmen)
Aus Beschäftigtensicht
· Einsparung von Fahrtzeit und Kosten durch den geringeren Pendelaufwand
· Ungestörteres, selbstorganisiertes, effizienteres Arbeiten
· Risiko des eingeschränkten Informationszugangs
· Fehlende Abgrenzung zwischen Privat- und Arbeitsleben
· Höhere Wochenarbeitszeiten und Verkürzung von Ruhepausen
· Neigung, auch bei Krankheit zu arbeiten
· Technische Voraussetzungen oft nicht gegeben
· Soziale und berufliche Isolation
· Erhöhter Stress bei starker Nutzung von Informations - und Kommunikationstechnologien
Welche Voraussetzungen sollten erfüllt sein, um eine erfolgreiche Nutzung von Homeoffice zu begünstigen?
· Rechtliche Vorgaben: Gefährdungsbeurteilung/Unterweisung, Datenschutz und -sicherheit gewährleisten, Arbeitszeitgesetz einhalten
· Betrieblich vereinbarte Regelungen z.B. zur Erreichbarkeit, Arbeitszeitflexibilität und -erfassung, Anwesenheit am Arbeitsplatz
· Kein „Dauerbetrieb“, ausreichende Präsenszeiten, Freiwilligkeit Vertrauenskultur, Klärung gegenseitiger Erwartungen Berücksichtigung der Art der Tätigkeit und Aufgaben
· Berücksichtigung personeller Voraussetzungen, z. B. Dauer der Betriebs-/ Teamzugehörigkeit, aufgabenbezogener Reifegrad (vgl. Situationstheorie, LE06)
· Regelmäßiger und effektiver Informationsaustausch zwischen Mitarbeiter*innen untereinander sowie mit Führungskräften
· Technische Voraussetzungen, hoher Digitalisierungsgrad des Betriebs
· Ergonomische Arbeitsplatzgestaltung
· Funktionierende Betreuungssysteme
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