Politische Einstellung & Partizipation
Politische Unterstützung
− Demokratische politische Systeme sind grundsätzlich auf ein
Mindestmaß an Unterstützung durch die Bürger:innen
angewiesen (Easton,1965).
➢ Unterstützung vor allem im „jungen“ politischen System der EU von großer Bedeutung
− Dimensionen: Regime vs. Policy Support
Was beideuten Regime und Policy Support?
Regime Support/Diffuse Unterstützung von politischen Systemen
Befürwortung der vertraglichen Grundlagen der EU und der Mitgliedschaft des Heimatlandes
Langfristig, wertgebundenm nicht abhängig von einzelnen Regierungen
Einstellung gegenüber dem System als Ganzem
gemeinsame Entscheidungen durch Krisen beeinflussen eher zu Regime Support
Policy Support/spezifische Untersützung von politischen Systemen
Befürwortung der Inhalte von gemeinsamen Entscheidungen und Akteurshandlungen in der EU
kurzfristig, wechselbar, instrumentell
Einstellung gegnüber spezifischen Politikergebnissen
Diffuse Untersützung bietet Reservoir an gutem Willen für die Akzeptanz ungeliebeter Entscheidungen
Vielzahl an negativ wahrgenommenen Entscheidungen kann diffuse Untersützung nach und nach aushöhlen
Entwicklung der öffentlichen Meinung zur EU
Wie entwickelte sich die öffentliche Meinung zur EU seit den 1950er Jahren?
Abbildung:
Gründung der EU ein Projekt der nationalen Regierungen: • Annahme: es gibt einen “permissiven Konsens” = schweigende Akzeptanz der
Integration durch Bevölkerung (Lindberg und Scheingold 1970) = wohlwollende Gleichgültigkeit; es ist einem egal; haben Bürger nicht direkt betroffen
Messung öffentlicher Meinung ab den 1970ern:
• Messung des Konsenses (Eurobarometer eingeführt)
• Fokus auf Unterschiede in der Zustimmung zu Europa (Eurobarometer)
Fortschreitende Integration, zunehmende Politisierung der EU:
• Fokus auf Unterschiede in der Ablehnung von Europa (Europaskeptizimus)
• “Constraining dissensus” (Einschränkung weiterer Integrationsschritte durch teilweise skeptischere Bevölkerungen, Hooghe und Marks 2009)
= Euroskeptische Bevölkerung = Brexit Referendum, FR, NL
Politisierung Europas: Bevölkerung wird integriert (Maastrichter Vertrag: offiziell EU nicht mehr nur Wirtschfatsunion)
Eurobarometer
− Erstmals 1973
• 2 mal pro Jahr, circa 1000-1500 Befragte pro Staat
• In MS als auch in Kandidatenländern durchgeführt
− Häufig in Forschung und Medien verwendet
− Frei erhältlich unter dbk.gesis.org
➢ Nützlich für Haus- und Bachelorarbeiten
− Im Auftrag der Europäischen Kommission
• Kommission selbst Gegenstand einiger Fragen
➢ Potentiell problematisch (Höpner und Jurczyk, 2012)
− Wiederkehrende und aktuelle Fragen
➢ Langfristige Trends
➢ Grundlage für politische Entscheidungen
Abbildungeb
Starke Einbrüche:
1997 = Maastricher Vertrag = einheitlicher Binnenmarkt; Außenpolitik & Zölle (Ungewissheit für Wirtshcfat der MS)
2010/2011= Finanz/Eurokrise
Danach wieder aufsteuigend nachdem GB aus EU ausgetreten ist
Öffentliche Meinung in den Mitgliedsstaaten
Hubolt & de Vries
• Nördliche Eurozone
Österreich, Belgien, Irland, Finnland, Deutschland,
Luxemburg, Niederlande
• Nördliche Nicht-Eurozone
Dänemark, Schweden, Großbritannien
• Südeuropa
Zypern, Frankreich, Italien, Griechenland, Malta, Portugal, Spanien
• Osteuropa
Bulgarien, Kroatien, Tschechische Republik, Estland, Ungarn, Lettland, Litauen, Polen, Rumänien, Slowakei, Slowenien
Abbildungen:
Theoretische Erklärungsansätze zur Öffentlichen Meinung (Hubolt & Vries)
Was erklärt die Unterschiede in den Haltungen zur Europäischen Integration?
4 ANSÄTZE
Sozioökonomischer Nutzen (nutzenbezogene Erklärung)
− Fokus auf Wirtschaftsaspekte der EU
− Utilitarismus: Sozioökonomischer Nutzen entscheidend
− Individuelle Kosten-Nutzen-Kalkulation:
• Profiteure der Integration: Hoher Bildungs- und Qualifikationsgrad, hohes Einkommen und große Mobilitätsbereitschaft (Vergleich: Gewinner der Globalisierung)
➢ Empirischer Zusammenhang: Profiteure haben eine eher proeuropäische Einstellung.
− Kosten-Nutzen-Kalkulation auf nationalem Level:
• These: Staaten, die von der EU-Mitgliedschaft wirtschaftlich profitieren, haben eine eher proeuropäische Einstellung.
➢ Problem: Länder mit Nettoempfängerstatus sind nicht unbedingt europafreundlicher.
Beispiel: Öffnung der Arbeitsmärkte
• EU-weiter Wettbewerb um Arbeitsplätze und
Einkommen
• Neue Chance für hoch qualifizierte Arbeitskräfte
• Mindern möglicherweise Erwerbseinkommen geringer qualifizierter Arbeitnehmer
ABBILDUNG!:
Starke Wirtschaft, aber höherer Anteil euroskeptischer Parteien: Niederlande, Österreich, GB, Schweden, Dänemark
Schwächere Wirtschaft, aber geringerer ANteil euroskeptischer Parteien: Spanien, Irland, Portugal, Griechenland, Zypern, Irland
Zusammenhang auf individueller Ebene, nicht auf Länderebene
Kulturelle Identität (identitätsbezogene Erklärung)
− Fokus auf Souveränitätsverlust durch (politische) Integration
− Angst vor dem Verlust nationaler Identität
− Wie sehen sich die EU-Bürger:innen selbst?
• Deutsche*r, Europäer*In oder beides
➢ Personen mit exklusiver nationaler Identität haben eine eher negative Einstellung zur EU.
− Korrelation von Europaskeptizismus und Xenophobie
Euroskeptizismus korreliert mit Abnlehnung von anderen Kulturen
Problem: Kein positiver linearer Zusammenhang auf Lönderebene
Hinweizreize (“Cue-Taking”)
EU als komplexes System → „Information Short-Cut“
➢ Befolgung von Hinweisreizen vertrauenswürdiger Akteure: Medien, nationale Parteien und Politiker → Eliten
➢ Heuristik: Mithilfe begrenzter Informationen und Mutmaßungen meist praktikable Entscheidungen treffen, Fehler und Abweichungen möglich
− Effekte empirisch schwer messbar:
• Selektionseffekte
• Richtung der Kausalität
− Medien: Darstellung Europa nur moderater Effekt
− Nationale Parteien: Stärkerer Effekt
• Proeuropäische Parteien Proeuropäische Anhänger:innen
• Linke europaskeptische Parteien betonen wirtschaftliche Probleme der EU und der Integration (z.B. Syriza).
• Rechte europaskeptische Parteien betonen die kulturelle Bedrohung der Identität (z.B Rassemblement National, AfD)
Leistungsvergleich (“Banchmarking”)
− Situation im eigenen Land als Maßstab (Sánchez-Cuenca, 2000)
• Politisch oder Ökonomisch
• Unzufriedenheit mit Leistung des eigenen Landes führt zu
proeuropäischer Einstellung. → Mehr Integration
• Zufriedenheit mit Leistung des eigenen Landes führt zu antieuropäischer Einstellung. → Weniger Integration
-Selbst bei günstigen wirtschaftlichen und politischen Bedingungen kann sich daher auch Europaskeptizismus entwickeln
-nationale und supranationale Einstellung miteinander vergleichen
ABbildung Blau Markirte Länder (foto, Volrsungsfolien):
blau markierte Länder können dementsprechend mit dem Banchmarking erklärt werden)
Euroskeptizismus und die Zukunft der Europäischen Integration (de Vries)
1
Policy sceptism: System der EU besser als System National -aber Entscheidungen schlechter
Regime sceptism: Entscheidungen auf EU Ebene und als national System der EU schlechter
2
Regime und Policy Sceptism hängen zusammen
Allerdings: Daten von 2014, heute anderer Einstufung einiger MS wahrschienlich
Fazit
• Zustimmung hat sich über Zeit stark verändert, große Unterschiede innerhalb der EU
• Auf individueller Ebene bestimmen v.a. nutzenbezogene Erwägungen Einstellung zur EU (Bildung, Einkommen), aber auch Identität und Hinweisreize durch Parteien
• Jüngste Europaskepsis besser erklärbar mit Leistungsvergleichansatz
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