Was ist ein akutes Abdomen?
Akutes Abdomen:
• potenziell lebensbedrohlicher Symptomenkomplex
• akut einsetzende heftige Bauchschmerzen
• eine Abwehrspannung der Bauchdecke
• Schocksymptomatik
• Notfall, erfordert sofortiges Handeln
=Der Begriff „akutes Abdomen“ bezeichnet einen lebens- bedrohlichen Zustand, der durch unterschiedliche Erkrankungen verursacht werden kann.
Was ist ein medizinischer Notfall?
Als medizinische Notfälle gelten (...) insbesondere solche Fälle, bei denen es zu einer bedrohlichen Störung kommt
• der Vitalparameter
• des Bewusstseins
• der Atmung
• des Kreislaufs
• der Funktionskreisläufe Wasser-Elektrolyt-Haushalt, Säure-Basen-Haushalt, Temperaturhaushalt und Stoffwechsel
Ohne sofortige Hilfeleistung sind erhebliche gesundheitliche Schäden oder der Tod des Patienten zu befürchten.
Was sind Begleitsymtome des akuten Abdomen?
Begleitsymptome (je nach Ursache):
• Übelkeit und Erbrechen
• Veränderter Stuhlgang (Verstopfung oder Durchfall)
• Ggf. Fieber
• Bei Kreislaufdekompensation:
• Unruhe
• Blässe
• Kaltschweißigkeit
• Tachykardie
• ggf. verminderte Urinproduktion
Was sind mögliche Ursachen für ein akutes Abdomen?
Ursachen des akuten Abdomen in/ außerhalb der Schwangerschaft: Nenne Beispiele für Entzündungen und innere Blutungen
Was sind Viszerale Schmerzen und Somatische Schmerzen?
Schmerzformen
Viszerale Schmerzen:
• Ausgehend von den Bauchorganen und dem innen liegenden Blatt des Bauchfells • Typischerweise:
• dumpf, bohrend oder krampfartig empfunden
• Diffus
• beidseits der Mittellinie lokalisiert (ohne dass sich dort die Ursache befinden muss)
Somatische Schmerzen:
• Ausgehend von der Bauchwand und dem bauchwandgerichteten (parietalen) Blatt des Bauchfells • Typischerweise:
• dumpfe, scharfe oder brennende Dauerschmerzen
• Besser lokalisierbar
• Besserung bei bei Schonhaltung
Was für Diagnosen stehen bei dem akuten Abdomen im Vordergrund?
In der Gynäkologie stehen bei einem akuten Abdomen die Diagnosen extrauterine Schwangerschaft, Entzün- dung der Adnexe oder Stieldrehung eines Ovarialtumors im Vordergrund.
-> immer beta-HCG Test!
Kardinalsymptome und assoziierte Krankheitsbilder des akuten Abdomen
Vaginale Blutung (HCG pos)
• Abortus imminens (drohende Fehlgeburt)
• Abortus completus/incompletus/incipiens (incipiens= beginnende Fehlgeburt, bei der die Schwangerschaft bereits irreversibel gestört ist)
• Extrauteringravidität
Vaginale Blutung (HCG negativ)
• In den meisten Fällen kein Notfall
Wie kann eine Differentialdiagnostik aufgestellt werden?
Allgemeine Anamnese
• OPs
• chronische Erkrankungen
• Medikamente
• Allergien
Spezielle gynäkologische Anamnese
• Schwangerschaften
• Zyklus
• letzte Periode
• Kontrazeptiva
Diagnostik:
• Spekulumeinstellung
• bimanuelle Palpation
• transvaginale Sonographie
• Blut- und Urindiagnostik
• (im Notfall reicht häufig U-Stix, kleines BB, CRP, +/- ß-HCG, +/- Blutgruppe)
• ggf. Cervixabstrich
• ggf. chirurgisches und/oder urologisches Konsil
Was für Differentialdiagnostik „akutes Abdomen“ gibt es?
Ätiologie und Klinik des Krankheitsbild „Stieldrehung“:
Krankheitsbild „Stieldrehung“
• Ätiologie:
• Drehung von Ovar und Tube um die eigene Achse
• Meistens große Ovarialzyste, die eine kritische Größe (5-7cm) überschritten hat
• Wird durch ihr Eigengewicht in Verbindung mit einer Bewegung (Tanzen, Springen, Laufen) in Rotation
gebracht
• Primär venöse Stauung, später bei Verlegung der arteriellen Versorgung drohende Nekrose
• Klinik:
• plötzlicher massiver Unterbauchschmerz aus voller Gesundheit
• akutes abwehrgespanntes Abdomen
• oft bekannte Ovarialzyste
• Labor unauffällig
• ß-HCG negativ
Ätiologie und Klinik des Krankheitsbild „Zystenruptur“?
Krankheitsbild „Zystenruptur“
Ätiologie:
• meist Ruptur einer Follikel-, Corpus luteum- oder funktionellen Ovarialzyste
• durch das Zerreißen von Blutgefäßen können intrabdominale Blutungen mit Peritonismus entstehen
Klinik:
• plötzlicher Unterbauchschmerz aus voller Gesundheit
• bei Blutung Leukozytose (durch Peritonealreiz) und Hb-Abfall
• transvaginalsonographisch freie Flüssigkeit im Douglas
Ätiologie und Klinik des Krankheitsbild „Extrauteringravidität“:
Krankheitsbild „Extrauteringravidität“
• Verzögerung oder Störung des Transportes der befruchteten Eizelle in der Tube
• anamnestisch oft Zustand nach Adnexchirurgie oder Adnexitis
• 99% Tubargravidität, Ovarial- und Abdominalgravidität sehr selten
• Implantation im ampullären Tubenteil führt eher zum Tubarabort, Implantation im isthmischen Tubenteil kann
zur Tubarruptur führen
• einseitiger, oft krampfartiger Unterbauchschmerz
• einseitige Abwehrspannung, evtl. Blutung vaginal
• Amenorrhoe > 4 Wochen, ß-HCG positiv, ggf. Hb-Abfall
• sonographisch ggf. Adnexbefund mit echoreichem Rand, bei Ruptur oder Tubarabort freie Flüssigkeit,
Cavum frei
• Ultraschall: EUG selten darstellbar
Therapie:
• chirurgisch: Laparoskopie, Salpingotomie und Extraktion der EUG (cave: bei organerhaltendem Vorgehen Rezidivrate bis 20%), alternativ bei zu stark geschädigter Tube oder unstillbarer Blutung Salpingektomie
• bei asymptomatischem Verlauf, ß-HCG unter 5000 IU/l und Fruchthöhle unter 4 cm medikamentöse Therapieoption: Methotrexat (50 mg/qm KO oder 1mg/kg KG i.m.), ggf. wiederholte Gabe, wenn ß-HCG-Abfall an Tag 7 unter 15%
Was sind Ötiologie, Klinik, Komlikationen und Therapie des Krankheitsbild „akute Adnexitis“?
Krankheitsbild „akute Adnexitis“
• üblicherweise aszendierende Infektion vor allem bei Störungen der Zervixbarriere (z.B. nach Periode, Abort,
Abrasio, IUP-Einlage)
• Keimspektrum breit: Strepto-, Staphylo-, Gono- und Enterokokken, E. coli, Mykoplasmen, Anaerobier,
Chlamydien
• selten deszendierende Infektion im Rahmen anderer bakterieller Infektionen im Abdomen, sehr selten
hämatogen bei Tuberkulose
• zunächst einseitiger Schmerz, im Verlauf dann oft im ganzen UB (bei Pelveoperitonitis)
• Portioschiebeschmerz, übelriechender Fluor, Sonographie oft unauffällig, ggf. flaues Ovar, nur bei TOA
sonogr. Korrelat
• oft > 38,5°C, aber geringe Differenz rektal/axillär (DD zur Appendizitis)
• milde Leukozytose, CRP-Anstieg
Komplikationen:
• Tuboovarialabszess (TOA)
• Peritonitis
• Perihepatitis
• Spätfolgen:
• Tubare Sterilität
• Fitz-Hugh-Curtis-Syndrom nach Perihepatitis
• Cave: Die Adnexitis ist ein „Chamäleon“! Nur etwa 50% der Verdachtsdiagnosen bestätigen sich laparoskopisch!
Therapie
• intravenöse oder orale Antibiose, es existieren zahlreiche Schemata
• Antibiose mindestens 14 Tage. i. d. R. intravenös bis Entfieberung
• mögliches Schema: Cefuroxim (14d) + Metronidazol (14d) + Doxycyclin (28d)
• Antiphlogistika
• IUD-Entfernung:
• Nur wenn nach 72 h kein Ansprechen auf Antibiose
• Laparoskopie:
• bei Peritonitisverdacht, TOA oder fehlendem Ansprechen auf Antibiose
• ggf. Salpingotomie, intraoperative Abstrichentnahme für resistenzgerechte Antibiose
Was ist die Ätiologie, Klinik, Differentialdoagnose und Therapie des Krankheitsbild „Abortus imminens“?
Krankheitsbild „Abortus imminens“
• meistens ist keine isolierte Ursache zu bestimmen, mögliche Ursachen: Corpus-luteum-Insuffizienz, Myome,
chromosomale Aberrationen
• Abortus imminens ist der drohende Abort, d.h. die überwiegende Mehrzahl der Patientinnen abortiert nicht
• schmerzlose vaginale Blutung in der Frühschwangerschaft bei intakter intrauteriner Gravidität
• Differentialdiagnose:
• Abortus completus/incompletus/incipiens (definitiv gestörte Schwangerschaft →
Schwangerschaftsbeendigung notwendig)
• eingeschränkte Bettruhe
• Magnesium oral
• falls Rhesus negativ Rhesusprophylaxe
• Progesteron vaginal 400 mg / die
• Prognose:
• gut, Blutungen in der Frühschwangerschaft sind häufig und führen selten zu einer Fehlgeburt
• trotzdem: ernst nehmen, grundsätzlich ist jede Blutung in der Frühschwangerschaft ein Abortus
imminens, eine drohende Fehlgeburt
• aber: wenn Herzaktion gesehen wurde, liegt auch bei Blutungen die „baby-take-home-rate“ bei
90%
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