Allgemein
In Klausur zuerst an § 25 II StGB denken => nur wenn Mittäterschaft nicht in Betracht kommt an die mittelbare Täterschaft denken
Kennzeichnend:
Aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unterlegene Stellung des als Tatmittler eingesetzten menschlichen Werkzeugs
Beherrschende Rolle des Hintermanns, der die Sachlage richtig erfasst und das Gesamtgeschehen kraft seines planvoll lenkenden Willens „in der Hand“ hat
Schema
A. Strafbarkeit des Tatnäheren als Täter
B. Strafbarkeit des Hintermanns als mittelbarer Täter
TB
Obj. TB
Kein Ausschluss der mittelbaren Täterschaft
Erfolgseintritt
Verursachungsbeitrag des Hintermanns
Zurechnung der Verwirklichung von Tatbestandsmerkmalen durch den Tatmittler
Vorliegen von täterbezogenen Merkmalen beim Hintermann
Subj. TB
ggfs. TB-Verschiedung gem. § 28 II StGB
Rechtswidrigkeit
Schuld
Nach dem üblichen Schema für Alleintäter
Ausnahmsweise kann sofort mit der Prüfung des Hintermanns begonnen werden
Wenn der Strafbarkeitsmangel evident ist und keiner ausführlichen Prüfung bedarf
Wenn nur nach der Strafbarkeit des Hintermanns gefragt ist
Ausgeschlossen bei Sonderdelikten, wenn dem Täter (Hintermann) die Tätereigenschaft fehlt
z.B. Amtsträger gem. § 348 StGB
Wenn der mittelbare Täter nicht Amtsträger ist: Strafbarkeit gem. § 348 StGB in mittelbarer Täterschaft (-)
Aber: ggfs. Mittelbare Falschbeurkundung gem. § 271 StGB
Ausgeschlossen bei eigenhändigen Delikten: Setzen die eigenhändige Vornahme der Tatbestandsverwirklichung voraus
Hintermann vollzieht die Tathandlung gerade nicht selbst
z.B. §§ 153 ff.
Aussagedelikte kann nur der Aussagender begehen
Aber: Strafbarkeit gem. § 160 StGB => sanktioniert die mittelbare Täterschaft in einem eigenständigen Straftatbestand
z.B. §§ 323a, 315c, 316 StGB
= Einwirkungshandlung des Hintermanns auf den Vordermann
Handlung des Hintermanns muss kausal für die Tatbestandsverwirklichung sein
Handeln des Hintermanns kann auch Tatveranlassung oder Förderungshandlung sein, die sich äußerlich als Beihilfehandlung darstellt
=> Bsp.: T überredet den 5-jährigen K, einen Ball aus dem Garten des O zu holen, der ihm dort versehentlich hingefallen sei, da er selbst nicht über den Zaun klettern könne. Tatsächlich gehört der Ball O.
T ist wegen Diebstahl in mittelbarer Täterschaft gem. § 242 I StGB strafbar
K befand sich in einem Tatbestandsirrtum und war wegen seines Alters nicht schuldfähig
Kausaler Tatbeitrag des T: „Überredung“ des K
=> Bsp.: Der kurzsichtige A glaubt einen Bock gesehen zu haben und bittet T, der ihn begleitet, ihm das Gewehr zu geben. T erkennt, dass es sich bei dem Bock tatsächlich um den O handelt, gibt dem A aber dennoch das Gewehr.
A ist nicht gem. § 212 StGB strafbar => hat keinen Vorsatz
T hat sich gem. § 212 I StGB in mittelbarer Täterschaft strafbar gemacht
Kausaler Tatbeitrag des T: Reichen des Gewehrs
=> P.: Kann eine mittelbare Täterschaft auch durch Unterlassen begangen werden?
e.A.: Mittelbare Täterschaft (+), wenn jemand entgegen einer Garantenpflicht eine strafbare Handlung des Werkzeugs nicht verhindert
a.A.: In diesen Fällen handelt es sich um einen Fall unmittelbarer Täterschaft durch Unterlassen
Nichthinderung der Tat eines Werkzeugs löst die volle Garantenpflicht aus
=> Allgemein
Mittelbare Täterschaft dient der Zurechnung fremder Handlungen
Mittelbare Täterschaft scheidet aus, wenn der Täter sich eines tierischen oder mechanischen Werkzeugs bedient
= Strafbarkeitsdefekt beim Vordermann
Strafbarkeitsdefekt kann auf Ebene des obj. oder subj. TB, der Rechtswidrigkeit oder der Schuld bestehen
=> Wann (+)?
Materiell-objektive Theorie (Lehre): Tatherrschaft des mittelbaren Täters leitet sich allein aus der durch Wertungsgesichtspunkten ermittelten Unterlegenheit des Werkzeugs ab
Subjektive Theorie (Rspr.): Fordert zusätzlich eine faktische Beherrschung des Geschehens durch den Hintermann, welche unter Berücksichtigung aller Umstände festzustellen ist.
Alte Rspr.: Mittelbarer Täter ist, wer Täter sein will
Unabhängig von der Qualität des Verursachungsbeitrags
h.L./neue Rspr.: Werkzeugtheorie
Das Verhalten des Hintermanns ist als mittelbare Täterschaft zu werten, wenn sich der Hintermann einen Strafbarkeitsdefekt oder wesentliche Willensmängel beim Vordermann zu nutze macht und das Geschehen kraft überlegenen Wissens oder Wollens steuert.
= Vordermann lediglich Werkzeug des Hintermanns
=> Vss.
Tatherrschaftsmangel beim Werkzeug
Herrschaft des Hintermanns kraft
Überlegenen Wissens oder
Überlegenen Willens (Willensherrschaft)
Bewusstsein der Tatherrschaft seitens des Hintermanns
= Vordermann handelt nicht „vollständig“
Handelt nicht tatbestandsmäßig
Handelt nicht rechtswidrig oder
Handelt nicht schuldhaft
Insb. Bei der durch einen Dritten veranlassten Selbstschädigung
=> Fall: T und W wollen gemeinsam aus dem Leben scheiden. W trinkt Gift, T dagegen nur einen harmlosen Saft, da er die anhängliche W loswerden wollte.
P.: Werkzeug und Opfer sind personengleich
Anstiftung bleibt regelmäßig straflos, weil es a einer mit Strafe bedrohten Haupttat fehlt => wenn die Selbstschädigung auf einem freiverantwortlichen Willensentschluss beruht
Wenn das Werkzeug unfrei gehandelt hat: Fremddelikt in mittelbarer Täterschaft (+)
=> P.: Wann liegt ein freiverantwortlichen Willensentschluss vor?
Exkulpationslösung (teilw. Lit.): Stellt darauf ab, ob der Betroffene unter sonst gleichbleibenden Umständen strafbar wäre, wenn er nicht sich selbst, sondern einen Dritten geschädigt hätte
Somit: Betroffener handelt handelt unfrei, wenn er über den selbstschädigenden Charakter seines Handelns getäuscht wird, § 16 I 1 StGB
Betroffener handelt unfrei, wenn er bei der Selbstschädigung schuldunfähig ist (§ 3 JGG, §§ 19, 20 StGB)
Betroffener handelt unfrei, wenn er in einer Notstandslage handelt (§ 35 StGB)
Einwilligungslösung: Ist eine rechtfertigende Einwilligung des Werkzeugs nicht möglich, handelt es unfrei.
z.B. weil die Einwilligungsfähigkeit fehlt
z.B. weil der freie Entschluss fehlt
(+): Maßstab der Freiverantwortlichkeit muss Regeln entsprechen, die für ein selbstschädigendes Verhalten gelten
h.M.: Schließt rechtfertigende Einwilligung nur bei „rechtsgutsbezogenen Fehlvorstellungen“ aus
a.A.: Abstellen auf dem Maßstab des § 216 StGB => schon wesentliche Motivirrtümer schließen die Ernstlichkeit des Tötungsverlangens aus
Rspr.: Beurteilt das Vorliegen von Tatherrschaft nach den Gesamtumständen des Einzelfalls
Wenn weder ein Fall des § 20 StGB noch ein Fall des § 35 StGB vorliegt, sondern eine Täuschung, hängt die Abgrenzung von strafloser Teilnahme am Suizid und strafbarer Tötung in mittelbarer Täterschaft von der Art und Tragweite des Irrtums ab
Wenn der Täter eine Tatsache verschleiert, die bewusst eine Ursache für den eigenen Tod des Opfers setzt, Täter kraft überlegenen Wissens
z.B. Hintermann spiegelt vor, er würde sich selbst auch umbringen
=> Str.: Qualifikationslos-doloses Werkzeug
Fall, dass ein Amtsträger einen Nichtamtsträger benutzt, um ein Amtsträgerdelikt zu begehen (z.B.)
h.M.: Handelt sich um einen Fall der mittelbaren Täterschaft unter Benutzung eines qualifikationslos-doloses Werkzeugs
Arg.: Strafbarkeitsdefizit des Nicht-Amtsträgers und die vorhandene Subjektsqualität des Amtsträgers ergibt die überlegene Stellung des Amtraträgers
a.A.: Verneint Figur des qualifikationslos-dolosen Werkzeugs
Aber: § 348 StGB sei ein Pflichtdelikt, wonach jeder Tatbeitrag des Sonderpflichtigen unabhängig von einer Tatherrschaft zur Begründung einer unmittelbaren Täterschaft reicht
=> Werkzeug unterliegt Vorsatzmangel
Wer das Werkzeug in einen den Vorsatz ausschließenden Tatbestandsirrtum (§ 16 I 1 StGB) versetzt oder einen vorhandenen Irrtum ausnutzt, handelt mit überlegenem Wissen und daher als mittelbarer Täter.
P.: Absichtslos-doloses Werkzeug
= Werkzeug, das zwar vorsätzlich, aber ohne die zusätzlich erforderliche Absicht handelt (sonstige subjektive TB-Merkmale bei Delikten mit überschießender Innentendenz.
e.A.: Werkzeugqualität beim Vordermann (-)
Arg.: Tatherrschaftsmangel müsse unabhängig von den Besonderheiten des einzelnen TB bestimmbar sein => Fehlen der erforderlichen überschießenden Innentendenz ist eine tatbestandliche Besonderheit, die nicht mit einzubeziehen sei, wenn es um die Bestimmung der Tatherrschaft geht
Tatherrschaftsmangel nur (+), wenn die Entscheidungsmacht des Vordermanns im tatsächlichen Sinne eingeschränkt ist
a.A.: Werkzeugqualität beim Vordermann (+)
Arg.: Tatherrschaft ist nicht rein tatsächlich, sondern abhängig von normativen Gesichtspunkten zu bestimmten (= juristisches Tatherrschaftsverständnis)
Fehlende Verantwortlichkeit im strafrechtlichen Sinne reicht aus, um einen Mangel an der Tatherrschaft zu begründen
Bsp.: T bittet W, den Schirm des O zu holen. W weiß, dass es sich um den Schirm des O handelt, geht jedoch davon aus, dass T ihn sich nur borgen wolle.
W macht sich nicht gem. § 242 StGB strafbar, da er nicht mit Zueignungsabsicht handelt
Strafbarkeit des T gem. §§ 242 I, 25 I Alt. 2 StGB?
Handelt nicht rechtswidrig
Strafbarkeitsmangel besteht, wenn das Werkzeug obj. oder subj. rechtmäßig handelt.
Tatherrschaft wird dadurch begründet, dass das Werkzeug aufgrund der bestehenden Rechtsvorschriften so handeln darf, wie es der bösgläubige Hintermann bezweckt.
Mittelbare Täterschaft ist möglich
=> Bsp.: T zeigt O wegen Mordes an. Polizist W nimmt O daraufhin fest.
Freiheitsberaubung des O durch W ist gem. §§ 127 II, 112 StPO wegen dringenden Tatverdachts gerechtfertigt
T hat sich der Freiheitsberaubung in mittelbarer Täterschaft gem. § 239 StGB strafbar gemacht
Eine wahre Anzeige begründet keine mittelbare Täterschaft
Auch wenn sie aus üblen Motiven heraus erfolgt => Anzeigender handelt rechtmäßig
=> Bsp.: Hintermann schafft absichtlich eine Notwehrlage i.S.d. § 32 StGB
Vss. für die mittelbare Täterschaft ist, dass der Hintermann bereits die Notwehrlage durch ein Werkzeug herbeigeführt hat
Dann hat der Hintermann sowohl über Angreifer als auch über den Verteidiger Tatherrschaft => der Verteidiger wird durch einen vom Hintermann provozierten Angriff in eine Lage versetzt, die ihm keine andere Wahl lässt, als sich zu verteidigen
Angreifer hat nur dann eine ggü. dem Hintermann unterlegene Stellung, wenn er einen relevanten Tatherrschaftsmangel aufweist
Bei einem schuldunfähigen Kind z.B. (+)
h.M.: Arglistige Verursachung eines Motivirrtums reicht nicht aus
Wenn das Werkzeug schuldunfähig ist oder aufgrund eines Irrtums schuldlos handelt
Schuldunfähigkeit
(+), wenn die Vss. des §§ 19, 20 StGB bzw. §§ 1 II, 3 S. 1 JGG vorliegen
=> P.: Abgrenzung zwischen mittelbarer Täterschaft und Anstiftung
Anstiftung erfordert wegen der limitierten Akzessorietät nur eine vorsätzliche und rechtswidrige, aber keine schuldhafte Haupttat
Genau prüfen, ob Tatherrschaft des Hintermanns oder lediglich Anstifterhandlung und -vorsatz vorliegen
Handlungsherrschaft des Werkzeugs muss für die Annahme mittelbarer Täterschaft von der Willens- oder Wissensherrschaft des Hintermanns überlagert sein
Mittelbare Täterschaft jedenfalls dann (+), wenn der Hintermann die Schuldunfähigkeit des Werkzeugs absichtlich herbeiführt, um diesen Zustand des Werkzeugs zur Tat zu nutzen
Mittelbare Täterschaft (+), wenn der Hintermann die Schuldunfähigkeit des Werkzeugs kennt und diesen Zustand bewusst zur Begehung einer Straftat ausnutzt
Wenn das Werkzeug trotz seiner fehlenden Verantwortlichkeit einen eigenen Willensentschluss fassen kann: Anstiftung
Nach § 29 StGB kommt es bei der Bestrafung des Anstifters nicht auf die Schuld des Angestifteten, sondern auf die eigene Schuld an
=> Nach § 35 I StGB entschuldigt
Wer einen anderen absichtlich in eine Notstandslage i.S.d. § 35 StGB bringt, aus der dieser sich nur durch die vom Hintermann bezweckte Straftat befreien kann: mittelbare Täterschaft
Wenn der Hintermann die Notstandslage bereits vorfindet und den Notstandstäter nur anweist oder fördert, ohne die Lage zu Lasten des Opfers zu verändern: Beihilfe oder Anstiftung.
Bsp.: T und W fahren in einem Auto. Als T den O erblickt, hält er dem fahrenden W eine Pistole an den Kopf und zwingt ihn, den O anzufahren.
W ist hier gem. § 35 I StGB strafbar
T hat sich wegen Körperverletzung in mittelbarer Täterschaft strafbar gemacht
=> Bei einem unvermeidbaren Verbotsirrtum gem. § 17 S. 1 StGB
Tatherrschaft des Hintermanns (+), wenn dieser den Irrtum absichtlich herbeiführt oder einen vorhandenen Irrtum ausnutzt
. Strafbarkeit des Hintermanns als mittelbarer Täter
=> Bei einem Erlaubnistatbestandsirrtum
h.M.: Bei einem Erlaubnistatbestandsirrtum ist § 16 I StGB analog anzuwenden
Tatherrschaft des Hintermanns (+), wenn er den Irrtum absichtlich herbeiführt oder einen bereits vorhandenen Irrtum ausnutzt
Bsp.: T sagt W, dass er das Fahrrad des O weiterverarbeiten könnte. Tatsächlich hat O aber nicht eingewilligt.
Somit: W geht von einem SV aus, bei dessen vorliegen er aufgrund einer Einwilligung des O gerechtfertigt wäre => Erlaubnistatbestandsirrtum (+)
h.M.: Erlaubnistatbestandsirrtum ist nicht im Gesetz geregelt => schließt die Regelungslücke, indem sie nach der sog. Eingeschränkten rechtsfolgenverweisenden Schuldtheorie gem. § 16 I 1 StGB auf Schuldebene die Vorsatzschuld verneint
Somit: W hat sich nicht gem. § 303 StGB strafbar gemacht
T ist strafbar wegen Sachbeschädigung in mittelbarer Täterschaft gem. §§ 303 I, 25 I Alt. 2 StGB
=> P.: Irrtumsfälle
Nicht jeder vom Hintermann ausgelöst Motivirrtum reicht aus
Es muss sich um Irrtumsfälle handeln, in welchen sich eindeutig die physisch-reale Tatherrschaft des Hintermanns realisiert und sich dieser als Zentralfigur des Gesamtgeschehens darstellt
=> P.: Gradueller Tatbestandsirrtum
Wenn der Hintermann das volldeiktisch handelnde Werkzeug über die Bedeutung des von ihm angerichteten Schadens täuscht
z.B. über den Wert des gestohlenen Bildes
teilw. Lit.: mittelbare Täterschaft
Arg.: Der Hintermann besitze Tatherrschaft, weil nur er den wahren Handlungssinn überblicke und dem Werkzeug die Tragweite seines Verhaltens verborgen bleibt.
Vss. Für mittelbare Täterschaft aber:
Der dem Hintermann bekannte Schaden muss den Schaden, den das Werkzeug anrichten möchte, wesentlich überwiegen.
Ansonsten: Anstiftung oder Beihilfe
a.A.: Mittelbare Täterschaft (-)
Arg.: Klare Abgrenzung zum bloßen Motivirrtum nicht möglich
Deshalb: Hintermann ist als Anstifter zu bestrafen
=> P.: Vordermann handelt durch ein Unterlassen
Wertung des § 28 I StGB!
h.M.: Garantenpflichten sind besondere persönliche Merkmale
Täter kann nur der Garantenpflichtige sein
Str.: Muss der Hintermann ebenfalls garantenpflichtig sein?
e.A.: Wenn der Hintermann einen Handlungspflichtigen manipuliert, muss er nicht selbst Garant sein, schließlich handelt er als Begehungstäter
a.A.: Das stimmt nicht, wenn das einzig zurechenbare Verhalten das Unterlassen des Vortäters ist
Streit kann dahinstehen, falls der Hintermann ebenfalls eine Garantenstellung hat
z.B. aus Ingerenz
=> P.: Täter hinter dem Täter
In den Fällen „Täter hinter dem Täter“ soll ausnahmsweise neben dem volldeliktisch handelnden Vordermann auch der Hintermann als mittelbarer Täter haften
Hintermann hat somit kein rechtliches Übergewicht
Aber: Hintermann hat eine Überlegenheit an Wissen und Wollen
e.A.: Figur des „Täters hinter dem Täter“ ist abzulehnen
Es kommen nur Anstiftung, Beihilfe oder Mittäterschaft in Betracht
Grund: leitet Tatherrschaft aus der fehlenden Verantwortlichkeit des Werkzeugs ab => deshalb mittelbare Täterschaft bei einem volldeiktisch handelnden Werkzeug (-)
h.L.: Mittelbare Täterschaft (+), sofern der Hintermann den Taterfolg kraft Wisses-, Wolles- oder Organisationsherrschaft real beherrscht und „in den Händen“ hat
Fälle:
Im Rahmen organisatorischer Machtapparate (mafiaähnliche Strukturen erforderlich)
Hierarchie des Machtapparats garantiert den Vollzug des Befehls unabhängig von der Individualität des unmittelbar Handelnden
Deshalb: Annahme der Tatherrschaft des Befehlenden erscheint gerechtfertigt
Auch bei staatlichen Machtapparaten (+) => z.B. in der DDR Schießbefehl an die Soldaten an der Grenze; z.B. Anordnung der Massenvernichtung von Juden durch das NS-Regime
Bei bloßem Handeln von Banden-Mitgliedern aufgrund einer Anweisung des Banden-Chefs (-) => braucht mafiaähnliche Strukturen
a.A.: Mittäterschaft
Irrtum des Vordermanns über gesetzliche Qualifikationsmerkmale
Hervorrugen eines Error in persona beim Vordermann
Hervorrufen eines (erheblichen) Irrtums über Höhe und Umfang des Schadens
Hervorrufen eines vermeidbaren Verbotsirrtums (Katzenkönigfall)
=> P.: manipulierter error in persona vel objecto
Bsp.: T hat erfahren, dass W ihn zu einer bestimmten Zeit an einem bestimmten Ort erschießen möchte. Deshalb lockt er seinen Feind O an diesen Ort, woraufhin W ihn wie geplant mit T verwechselt und erschießt.
h.M.: Hintermann T ist mittelbarer Täter
Arg.: Tat an dem konkreten Opfer sei allein dem Hintermann anzulasten => irrelevant, dass das Werkzeug selbst durch den Irrtum nicht entlastet wird
a.A.: Nebentäterschaft
Arg.: Hintermann nutzt den fremden Verbrechensplan für seine eigenen Interessen und setzt durch sein Einwirken auf das Werkzeug einen Beitrag zum Erfolgseintritt
a.A.: Tatbeitrag des Hintermanns ist eine Anstifterhandlung
=> P.: Hintermann für beim Werkzeug einen Irrtum der ein gesetzliches Qualifikationsmerkmal herbei oder nutzt einen solchen Irrtum aus
Bsp.: T täuscht den W darüber, dass das anzuzündende Wohnhaus nicht mehr bewohnt sei.
e.A.: Mittelbare Täterschaft
Arg.: Zwischen Hintermann und Werkzeug besteht ein erhebliches Unwertgefälle, das sich in einem unterschiedlichen Strafrahmen niederschlägt und die Tat als Werk des Hintermanns darstellt
a.A.: Anstifterhandlung des Hintermanns
Der weitergehende Vorsatz des Hintermanns schlägt sich im Rahmen der Strafzumessung nieder
=> P.: Hintermann führt Irrtum über den Unrechts- und Schuldgehalt der Tat herbei
Bsp.: T veranlasst den W, ein dem O gehörendes Bild wegzuwerfen, indem er wahrheitswidrig behauptet, das Bild sei wertlos. Tatsächlich hat das Bild einen sehr hohen Wert.
e.A.: Mittelbare Täterschaft (+), wenn der Unrechtsgehalt der Tat erheblich verändert wird
a.A.: Teilnahme in Form der Anstiftung
=> P.: Hintermann führt vermeidbaren Verbotsirrtum herbei
Vermeidbarer Verbotsirrtum lässt die Schuld nicht entfallen => § 17 S. 1 StGB verlangt gerade die Unvermeidbarkeit des Verbotsirrtums
BGH: Abgrenzung von Täterschaft und Teilnahme ist eine offene Wertungsfrage
Vermeidbarkeit allein kein wirksames Abgrenzungskriterium
Auch hier fehlt dem handelnden Täter zum Zeitpunkt der Tat die Unrechtseinsicht
Somit: Beim vermeidbaren Verbotsirrtum ist auf das Kriterium der vom Täterwillen getragenen objektiven Tatherrschaft abzustellen
Vorliegen von Tatherrschaft hängt von Art und Tragweite des Irrtums und der Intensität der Einwirkung des Hintermanns ab
Mittelbarer Täter ist derjenige, welcher mithilfe eines von ihm bewusst hervorgerufenen Irrtums das Geschehen gewollt auslöst und steuert, sodass der Irrende bei wertender Betrachtung als Werkzeug anzusehen ist.
m.M.: Mittelbare Täterschaft (-)
Arg.: Nach der sog. Lehre vom Verantwortungsprinzip schließe die volle Verantwortlichkeit des Vordermanns die Tatherrschaft des Hintermanns aus
Deshalb: Anstiftung des Hintermanns
(-): Ansicht geht von der unzutreffenden Vorstellung aus, dass von mehreren an der Straftat Beteiligten nur einer allein die Tatherrschaft inne haben könne
Bsp.: Katzenkönigfall => T brachte den W durch mystische Kulthandlungen und Tricks dazu, an einen Katzenkönig zu glauben, der ein Menschenopfer in Gestalt der Frau O erfordere, da ansonsten Millionen von Menschen sterben würden. W erkennt, dass es sich dabei um einen Mord handeln würde, lässt sich aber von T überreden, da es sich um einen göttlichen Auftrag handele.
BGH: Mittelbare Täterschaft des T (+)
Bei W liegt nur ein vermeidbarer Verbotsirrtum vor
Notstandslage gem. § 35 StGB scheidet aus, da keinem der genannten Rechtsgüter eine Gefahr drohte
=> P.: Exzess des Tatmittlers
Mittelbarer Täter haftet nicht für den Exzess seines Werkzeugs
Diesbezüglich fehlt es an Vorsatz und Tatherrschaft
Aber: ggfs. Fahrlässigkeitsstrafbarkeit des Hintermanns
Aber: ggfs. Versuchsstrafbarkeit des Hintermanns im Hinblick auf die vom Täter beabsichtigte Tatbestandsverwirklichung
=> P.: Hintermann nimmt irrig an, das Werkzeug handele schuldhaft. Tatsächlich handelt das Werkzeug ohne Schuld.
h.M.: Vollendete Anstiftung zur Tat gem. § 26 StGB
Arg.: Hintermann ist hier nur mit Anstiftervorsatz tätig geworden, da er von einer vollen deliktsrechtlichen Verantwortlichkeit seines Werkzeugs ausging
Anstiftung ist auch bei einem schuldlos handelnden Täter möglich => Folge des Prinzips der limitierten Akzessorietät
a.A.: Versuchte Anstiftung nach § 30 I StGB
(-): Ist nur bei einem Verbrechen strafbar
(-): Wird dem Unrechtsgehalt der Tat nicht gerecht
=> P.: Hintermann nimmt irrig an, das Werkzeug handele schuldlos. In Wahrheit handelt das Werkzeug jedoch schuldhaft.
h.M.: Vollendete Anstiftung gem. § 26 StGB
Arg.: Objektiv gesehen liegt nur eine Anstiftung vor, subjektiv gesehene eine (versuchte) mittelbare Täterschaft
Aber: Der Anstiftervorsatz ist als Minus im Tatherrschaftsbewusstsein als die minderschwere Beteiligungsform enthalten
=> P.: Hintermann nimmt irrig an, dass sein Werkzeug ohne Zueignungsabsicht handele. Tatsächlich hat das Werkzeug Zueignungsabsicht.
=> P.: Hintermann glaubt irrtümlich, das Werkzeug handele vorsätzlich. Tatsächlich fehlt in Wahrheit der Vorsatz.
Mittelbare Täterschaft des Hintermanns (-) => fehlender Steuerungswille
Bestrafung des Hintermanns wegen vollendeter Anstiftung (-)
Vorsätzliche Haupttat i.S.d. § 26 StGB fehlt
Versuchte Anstiftung des Hintermanns nach § 30 I StGB kommt in Betracht
Greift nur bei Anstiftung zu Verbrechen
Bei versuchter Anstiftung zu einem Vergehen: Strafbarkeitslücke
Bsp.: T fordert Jäger W auf zu schießen, wobei er davon ausgeht, dass W erkannt hat, dass er auf O schießt. Tatsächlich geht W davon aus, auf einen Hirsch zu schießen.
Strafbarkeit des W gem. § 212 I StGB (-) => Vorsatz fehlt
ggfs. Fahrlässigkeitsstrafbarkeit des W
=> P.: Hintermann glaubt irrtümlich, das Werkzeug handele ohne Vorsatz. Tatsächlich handelt das Werkzeug vorsätzlich.
Mittäterschaft gem. § 25 II StGB (-) => kein gemeinsamer Tatplan
Mittelbare Täterschaft?
Werkzeug handelt vorsätzlich => Werkzeugsqualität i.d.R. (-)
Deshalb: Strafbarkeit wegen versuchter …. In mittelbarer Täterschaft (+)
Zudem Strafbarkeit wegen vollendeter Anstiftung gem. § 26 StGB?
Teilw. (+)
Arg.: Objektiv liegt eine Anstiftung vor; subjektiv hat der Täter eine mittelbare Täterschaft vor
Anstifterwille als Minus zum Täterwille => wenn Wille zur mittelbaren Täterschaft vorliegt, muss erst recht Anstifterwille gegeben sein
(-): Hintermann hat keinen Vorsatz bezüglich der vorsätzlichen Tatbegehung durch das Werkzeug => Anstiftung eher (-)
=> P.: Auswirkungen eines unbeachtlichen error in persona vel obiecto des Vordermanns auf den Hintermann
Bsp.: T überredet den geisteskranken W, den O auf seinem Spaziergang zu erschießen. Der kurzsichtige W hält den U für O und erschießt ihn.
e.A.: menschliche Werkzeug ist in diesem Fall einem rein mechanischen Werkzeug gleichzustellen
Hinsichtlich des Hintermanns handelt es sich um einen aberratio ictus
Arg.: Vorsatz des Hintermanns bezieht sich nicht auf den konkreten Erfolg
Deshalb: hinsichtlich des tatsächlich eingetretenen Erfolgs nur Strafbarkeit wegen fahrlässiger Mitverursachen => steht in Tateinheit mit dem Versuch bzgl. des angestrebten Erfolgs
a.A.: Differenzierung
Wenn der Hintermann dem Werkzeug die Individualisierung des Tatopfers bzw. Tatobjekts überlässt:
Hintermann muss sich den Auswahlfehler des Werkzeugs sowie einen error in persona viel obiecto zurechnen lassen, sofern sich die Verwechslung noch im Rahmen des nach der allg. Lebenserfahrung Vorhersehbaren hält
Wenn der Hintermann dem Werkzeug die Individualisierung des Tatopfers nicht überlässt: Aberration ictus für den Hintermann
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