= Unterschiede/Ähnlichkeiten in Eigenschaften (aller Art) zwischen sozialen Kategorien von Akteuren
==> keine Rangordnung bei horizontaler Ungleichheit! Bei vertikaler Ungleichheit schon.
-„Soziale Ungleichheit liegt dann vor, wenn Menschen aufgrund ihrer Stellung in sozialen Beziehungsgefügen von den ‚wertvollen Gütern‘ einer Gesellschaft regelmäßig mehr als andere erhalten.“ (Hradil, 2006)
-Die Verteilung von Ressourcen (Opportunitäten & Restriktionen) erfolgt nicht nach dem Zufallsprinzip, sondern entlang klar bestimmbarer sozialer Dimensionen („strukturierte soziale Ungleichheit“; Rössel, 2009).
-Beispiele ==> klar in Kategorien einordbar
o Geschlechterungleichheit in Arbeitseinkommen (z.B. gender pay gap)
o Ungleiche Bildungschancen je nach sozio-ökonomischer Herkunft
o Systemischer Rassismus
§ „Systemic racism refers to societies where social, political, economic, cultural, and even psychological rewards are partially allocated by „race.“(Eduardo Bonilla-Silva) ==> auch hier geht es irgendwo um Rewards/Belohnungen
o The Bullingdon Club (1987, Brasenose College, Oxford)
§ “For example, of the 54 Prime Ministers elected to office in Great Britain, 36 (67 percent) were educated at one of just nine elite schools. During the nine-teenth and early-twentieth centuries, this small set of Clarendon schools—consecrated as the “Great Schools” by the Clarendon Commission in 1861—were widely considered “the chief nurseries” of the British elite, defining institutions that prepared their male-only alumni (old boys) to take up positions of power across politics, law, business, culture, and the military (Honey 1977; Steedman 1987; Walford 2012). Today, the distinct characteristics of these schools remain largely unchanged and their alumni continue to exert a profound influence. For instance, the two key politicians on either side of the “Brexit” debate—David Cameron and Boris Johnson—both attended the most prestigious Clarendon school, Eton College.” (Reeves et al. 2017: 1140)
-Grundkonzepte:
o Soziale Klassen
o Stände
o Kasten
o soziale Schichten, etc.
-Klassenanalyse: Annahme: Relevanz für Handeln, Chancen und Struktur sowie Wandeln von Gesellschaften
o z.B. Konflikte und Spaltungen, Integration, innere Dynamik (was sich evtl. auch in Wahlen niederschlägt)
-1. Ständegesellschaft
o Adel dominant (obwohl es damals bspw. auch schon Klassen gab)
o Soziale Gruppierungen mit spezifischen Rechten (Privilegien) und Pflichten
o Ihr ungleicher Status ist rechtlich abgesichert
o Entscheidend für die Standeszugehörigkeit und damit für die Lebenschancen ist die soziale Herkunft (von Geburt an)
o „Mit spezifischen Rechten (Privilegien) und Pflichten ausgestattete soziale Gruppierungen, deren ungleicher sozialer Status rechtlich abgesichert ist. [...] Entscheidend für die Standeszugehörigkeit und damit für die Lebenschancen [...] ist [...] die soziale Herkunft.“ (Schäfers/Kopp 2006: 311)
o „Als ‚Stände‘ bezeichnet man Gruppierungen innerhalb einer Struktur sozialer Ungleichheit, denen Menschen in der Regel durch ‚Geburt‘ angehören, deren ungleiche Existenzbedingungen und Lebensweisen weitgehend geregelt und in ihren Abgrenzungen von anderen Ständen genau festgelegt sind.“ (Hradil 2006)
-Klassengesellschaft
o Industrielle Revolution (vor allem: 19. Jh.)
§ Einsatz von Maschinen (z.B. Dampfmaschine, Eisenbahn)
§ Verzahnung von Forschung und Produktion
§ Groß- und Massenproduktion (Fabrik), u.a.
o führt zu bzw. begünstigt:
§ großbetriebliche Produktionsweise mit entsprechender Arbeitsorganisation
§ hoher Arbeitsteilung (z.B. Fließband) und Bürokratisierung
o Der Prozess der Industrialisierung stand in enger Wechselwirkung zu elementaren gesellschaftlichen Veränderungen:
§ Aufhebung der feudalen Abhängigkeiten („Bauernbefreiung“)
§ Berufs- und Niederlassungsfreiheit / erhöhte Mobilität
§ Trennung von Arbeits- und Wohnort
§ Bevölkerungswachstum
§ Nationalstaatsbildung, u.a.
o „“Klassen“ sind Gruppierungen innerhalb der Struktur sozialer Ungleichheit, „die auf Grund ihrer Stellung innerhalb des Wirtschaftsprozesses anderen Gruppierungen über- oder unterlegen sind (z.B. wegen ihres Besitzes oder Nichtbesitzes an Produktionsmitteln oder wegen ihrer Machtposition auf dem Arbeitsmarkt), woraus ihnen bessere oder schlechtere Lebensbedingungen erwachsen.“ (Hradil 2006: 199)
o Klassenkonzept Von Karl Marx
§ „Die ökonomischen Verhältnisse haben zuerst die Masse der Bevölkerung in Arbeiter verwandelt. Die Herrschaft des Kapitals hat für diese Masse eine gemeinsame Situation ... geschaffen.“
§ „Was macht Lohnarbeiter, Kapitalisten, Grundeigentümer zu Bildnern der drei großen gesellschaftlichen Klassen?“
§ „Auf den ersten Blick die Dieselbigkeit der Revenuen und Revenuequellen.“ (Erträge und Ertragsquellen – Soziale Produktionsfunktionen)
§ „Es sind drei große gesellschaftliche Gruppen, deren Komponenten, die sie bildenden Individuen, resp. von Arbeitslohn, Profit und Grundrente, von der Verwertung ihrer Arbeitskraft, ihres Kapitals und ihres Grundeigentums leben.“
§ letztlich aber nur (immer) zwei „Klassen“: Eigentum an Produktionsmitteln oder nicht – Sklaven und Sklavenhalter, dann Knechte und Feudalherren, dann Proletarier und Kapitalisten
§ Objektive Lebensbedingungen bestimmen subjektive Wahrnehmungen („Das Sein bestimmt das Bewusstsein“).
o Grundlogik: Die Geschichte als Geschichte von Klassenkämpfen
§ Klasse an sich ==> Objektiv gleiche Lebensbedingungen /gleiche Situation
§ Klasse an und für sich ==> Menschen mit gleichen Lebensbedingungen bilden das Bewusstsein heraus, dass sie eine Klasse sind, und versuchen ihr Klasseninteresse durch kollektives Handeln zu verwirklichen
§ Objektive Lebensbedingungen bestimmen subjektive Wahrnehmungen („Das Sein bestimmt das Bewusstsein“)
§ sieht auch andere Optionen (z.B. „Wächter“, Aufstieg) und andere potentielle Interessen
§ vor allem aber: das Kollektivgutproblem! Je größer die Gruppe, desto schwieriger sich zu organisieren als Klasse/Gesellschaft (evtl. auch Interessensvielfalt, Trittbrettfahrer, spätere Teilhabe der Arbeiter) (siehe Mikrosoziologie-VL) – spätestens hieran scheitern Marx Theorien
§ daher: Abschwächung des Klassenbegriffs und der Vorstellung von „Gesellschaftsgesetzen“
==> Max Weber
o Klassenkonzept nach Weber
§ „Klassenlage“
§ die typische Chance von Akteuren 1. der Güterversorgung, 2. der äußeren Lebensstellung, 3. des inneren Lebensschicksals..“
§ „ ... aus Maß und Art der Verfügungsgewalt (oder des Fehlens solcher) über Güter oder Leistungsqualifikationen und aus der gegebenen Art ihrer Verwertbarkeit für die Erzielung von Einkommen oder Einkünften innerhalb einer gegebenen Wirtschaftsordnung ...“ ==>Soziale Produktionsfunktionen
§ Arten von Klassen: Besitzklasse (Besitzunterschiede primär für Klassenlage), Erwerbsklasse (Chancen der Marktverwertung von Gütern oder Leistungen primär für Klassenlage)
§ Gemeinsamkeit mit Marx: „Es sind nach dieser Terminologie eindeutig ökonomische Interessen, und zwar an die Existenz des ‚Markts‘ gebundene, welche die ‚Klasse‘ schaffen.“ (Stände bspw. kein wirtschaftliches Konzept)
§ Unterschied zu Marx: „Gleichwohl aber ist der Begriff ‚Klasseninteresse‘ ein vieldeutiger und zwar nicht einmal eindeutig empirischer Begriff, sobald man darunter etwas anderes versteht als: die aus der Klassenlage mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit folgende faktische Interessenrichtung eines gewissen ‚Durchschnitts‘ der ihr Unterworfenen. Bei gleicher Klassenlage und auch sonst gleichen Umständen kann nämlich die Richtung, in welcher etwa der einzelne Arbeiter seine Interessen mit Wahrscheinlichkeit verfolgen wird, höchst verschieden sein... . Eine noch so starke Differenzierung der Lebenschancen an sich gebiert ein ‚Klassenhandeln‘ (Gemeinschaftshandeln der Klassenzugehörigen) nach allen Erfahrungen keineswegs“ – Interessensvielfalt innerhalb der Klassen immer noch vorhanden, d.h. die Klasse ist laut Weber trotzdem nicht homogen ==> Weber hat aber auch später gelebt als Marx
o Entwicklungen seit Mitte des 19. Jh.:
§ Klassenstruktur wird heterogener
§ Klassengegensätze verringern sich
§ Größere Varianzen innerhalb der Klassen
§ Mittelklassen lösen sich nicht auf
§ Gewisse Durchlässigkeit und Individualisierung
§ Überlappungen, Vieldimensionalität, Abbau der „Statuskristallisation“
o „Gruppierungen von Menschen mit ähnlich vorteilhafter oder unvorteilhafter beruflicher Stellung (hinsichtlich Qualifikation, Macht, Einkommen oder Prestige) werden als ‚Schichten‘ bezeichnet.“ (Hradil, 2006: 199)
o Differenzierung & Hierarchisierung von Personen(gruppen), abhängig nach mehreren sozialen Merkmalen (Beruf, Einkommen, Bildung, Qualifikation)
§ Keine klare Rangordnung mehr, bzw. diese ist mitbestimmbar
§ Bewertung (Gewichtung?) dieser Merkmale mit sozialem Prestige und Einstufung von Individuen mit ‚gleichrangigem‘ sozialen Status in eine gesellschaftliche Rangordnung („Schichtungspyramide“)
§ Möglichkeit, durch eigene Leistung den sozialen Rang mit zu bestimmen (vs. Klassenantagonismus)
o Die Schichtung der westdeutschen Bevölkerung in den 1980er Jahren nach Geißler (1992)
§ Nach wie vor: Annahme einer vertikalen Rangordnung aber:
§ keine (einfachen) Klassen und Stände, sondern gesellschaftliche „Lagerungen“
§ neben Eigentum und Ehre nun auch Bildung und Verfügungsmacht in Organisationen
§ Weniger starke Prägekraft im Alltag als in der Klassengesellschaft
o Mehrdimensionalität sozialer Ungleichheit - Kritik an Klassen- und Schichtmodellen:
§ Konzentration auf traditionelle vertikale Dimensionen sozialer Ungleichheit – mit jung und alt aber auch eine Verbindung zur horizontaler Ungleichheit
§ Unzureichende Erfassung der Vielfalt der Mentalitäten, Lebensstile etc. innerhalb der Schichten
==> Modelle sozialer Lagen & sozialer Milieus seit den 1980er Jahren
§ „Unter Lebensstil wird ein relativ stabiles, regelmäßig wiederkehrendes Muster der alltäglichen Lebensführung verstanden – ein ‚Ensemble‘ von Wertorientierungen, Einstellungen, Deutungen, Geschmackspräferenzen, Handlungen und Interaktionen, die aufeinander bezogen sind“. (Geißler, 2008: 106; Kap. 5.3.1)
o Beispiel: Lebenssstile, aber auch Beziehungsstatus, Sexualität, Alter, Geschlecht, Hauptfarbe
==> Lebensstil = relativ stabiles, regelmäßig wiederkehrendes Muster der alltäglichen Lebensführung verstanden – ein ‚Ensemble‘ von Wertorientierungen, Einstellungen, Deutungen, Geschmackspräferenzen, Handlungen und Interaktionen, die aufeinander bezogen sind“
-Ulrich Becks Entkopplungs- und Individualisierungsthese (Ulrich Beck 1944-2015 Hauptwerk: (1986) Risikogesellschaft. Frankfurt a.M.: Suhrkamp)
o Wohlstandssteigerung in westlichen Gesellschaften nach dem Zweiten Weltkrieg:
§ Wachsender Möglichkeitsspielraum des Individuums
§ Abnahme der Prägekraft gesellschaftlicher Verhältnisse: Soziale Klasse nicht mehr determinierend für Lebensführung des Einzelnen
§ „Fahrstuhleffekt“: Relative Ungleichheiten bleiben, aber mehr Gestaltungsfreiheit
o Folgen:
§ Prozesse der Diversifizierung und Individualisierung von Lebenslagen unterlaufen hierarchische Klassenmodelle der Soziologie
§ Klasse spielt subjektiv/subkulturell eine geringere Rolle: Erosion traditioneller Sozialmilieus
o Achtung!:
§ »Individualisierung« meint [...] nicht Atomisierung, Vereinzelung, nicht Beziehungslosigkeit des freischwebenden Individuums, auch nicht Individuation, Emanzipation, Autonomie [...]
§ Vielmehr: Auflösung und Ablösung industriegesellschaftlicher Lebensformen (Klasse, Schicht, Geschlechterrolle, Familie) durch solche, in denen die Individuen ihre Biographie selbst herstellen, inszenieren, zusammenschustern müssen.
§ Individualisierung als Zumutung: Der Einzelne als „Planungsbüro“ des eigenen Lebens
§ Wachsende Ansprüche der Rationalisierung und Optimierung der Lebensführung, Zeit, Selbstverwirklichung etc.
-Pierre Bourdieus Klassen- und Feldtheorie (Pierre Bourdieu 1930-2002 Hauptwerk: (1979) La distinction. Critique sociale du jugement. Paris (dt. „Die feinen Unterschiede“))
o Differenziertere Klassentheorie als Antwort auf vielfältigere Lebensstile und Sozialstruktur
o Klassenlage definiert durch Kontrolle über Ressourcen:
§ Ökonomisches Kapital: Einkommen, Grundbesitz, u.ä.
§ Kulturelles Kapital: Bildung, Wissen und Umgang mit legitimer Kultur, Kulturgüter, u.ä. (Bedeutung der Herkunftsfamilie)
§ Soziales Kapital: Beziehungsnetze, „Ressourcen, die auf der Zugehörigkeit einer Gruppe beruhen“
§ Symbolisches Kapital: z.B. in Form von Bildungsabschlüssen, Kleidung, Stil, Verhalten, ...
§ Geht auch um soziale Abgrenzung mittels der Kapitalfaktoren
o Vertikal: Kapitalvolumen // Horizontal: Verhältnis von ökonomischem zu kulturellem Kapital
o Position prägt nicht nur Lebenschancen, sondern auch Lebensstil
o „Habitus“ (= weitgehend unbewusste Wahrnehmungs- und Handlungsschemata) als Verbindungsglied zwischen Stellung im sozialen Raum und dafür typischem Lebensstil „Habitus“ (= weitgehend unbewusste Wahrnehmungs- und Handlungsschemata) als Verbindungsglied zwischen Stellung im sozialen Raum und dafür typischem Lebensstil
==> beschwört schon altes Geld vs. neues Geld
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