Grundfrage: subjektives Erleben vs. objektive Wirklichkeit
Muss geklärt werden:
Wie kann subjektives Erleben quantifiziert werden?
Was könnte ein Messverfahren sein?
In welchen Einheiten misst man subjektives Erleben?
Wie könnte eine Transformationsgleichung aussehen f(objektive Größe) = subjektives Erleben?
Skalen: Subjektives Erleben vs. objektive Wirklichkeit
Schritt 1: Ernst Heinrich Weber
Ernst Heinrich Weber
• Erste empirische Messungen zu subjektiven Wahrnehmungen (Über den Tastsinn, 1835)
• Methoden sollen möglichst verzerrungsfrei sein
• Konzept des gerade noch wahrnehmbaren Unterschiedes
Schritt 1: Webers Experiment
Aufbau: Probanden nahmen je ein Gewicht in beide Hände Aufgabe: Sind beide Gewichte gleich oder nicht?
—-> Ziel: Bestimmung, wann ein Unterschied bemerkt wird = Unterschiedsschwelle
Schritt 1: Webers Beobachtungen
• Die Unterscheidungsfähigkeit weist Grenzen auf
• Es gibt ein konstantes Verhältnis zwischen der Unterschiedsschwelle und Intensität des Vergleichsgewichts
Schritt 2: Fechners Formalisierung
Fechner überprüfte die Messungen von Weber und überführte sie in mathematische Zusammenhänge
k variiert mit der Sinnesmodalität und der Aufgabe, z.B. Elektrischer Schock: 0,013
Gewicht: 0,020
Zwischenstand
Wahrnehmungsschwellen
Unterschiedsschwelle: markiert die Intensität, die nötig ist, um einen Reiz von einem anderen zu unterscheiden
—> Definiert Einheiten der Skala subjektiven Erlebens
————>
Absolutschwelle: die geringste Intensität eines Reizes, die zu einer berichtbaren Wahrnehmung beim Beobachter führt
—> Definiert den Nullpunkt der Skala subjektiven Erlebens
Fechner‘sche Logarithmusfunktion
Unter Einbeziehung der Weber’schen Konstante betrachtete Fechner die psychische (Empfindung) in Abhängigkeit der physikalischen Größe
Fechner‘sche Gesetz:
E = k * log (I)
E = Empfindungsstärke
k = Weber‘sche Konstante
I = Reizintensität
Schwellendefinition durch Konstanzmethode
• Versuchsleiter wählt eine feste Menge von Reizen unterschiedlicher Intensität aus
• Die Reize werden in zufälliger Reihenfolge dargeboten
• Die beobachtende Person gibt Wahrnehmungsurteil ab
—> Ergibt klassische psychometrische Funktion = Zusammenhang zwischen Reizintensität und Antwort der Versuchsperson
Beispiel: Detektionsexperiment zur Bestimmung der Absolutschwelle
Frage: Wurde ein Lichtreiz gezeigt?
Antwortmöglichkeiten : ja /nein
Beobachtung: keine Treppenfunktion (da Variabilität/Rauschen) —> Schwellendefinition: 50% der Urteile ja
Methoden der Schwellenbestimmung
-Konstanzmethode
-Grenzmethode
-Herstellungsmethode
-Adaptive Methode
Methoden der Schwellenbestimmung - Konstanzmethode
• VersuchsleiterIn wählt eine Menge von Reizen aus, die der Beobachter in zufälliger Abfolge beurteilen muss
—> ergibt psychometrische Funktion und damit Schwelle
Methoden der Schwellenbestimmung - Grenzmethode
• VersuchsleiterIn beginnt mit unterschwelligem Reiz, dessen Intensität sie/er in festen Schritten erhöht bis eine Wahrnehmung angegeben wird
• VersuchsleiterIn beginnt mit überschwelligem Reiz, Intensität wird schrittweise verringert bis keine Wahrnehmung mehr angegeben wird
—> Schwelle ergibt sich aus dem Mittelwert mehrerer auf- und absteigenden Messreihen
Methoden der Schwellenbestimmung - Herstellungsmethode
Die beobachtende Person kontrolliert selbst die Reizdarbietung. Sie verändert die Reizenergie ausgehend von einem bestimmten Niveau so lange, bis sich die Wahrnehmung ändert.
—> Ergibt psychometrische Funktion und damit Schwelle.
Methoden der Schwellenbestimmung - Adaptive Methode
Wahl des aktuell dargebotenen Reizes in Abhängigkeit von den Urteilen des Beobachters in vorangegangenen Urteilszeitpunkten.
Beispiel: Treppenverfahren (richtig – verringert; falsch - erhöht)
• Besonders effiziente Messung der Schwelle
• In der Praxis häufig eingesetztes Verfahren
Methode der direkten Größenschätzung - Generelle Idee
• Die Versuchsleitung weist einem Standardreiz einen numerischen Wert zu
• Die beobachtende Person muss einem Vergleichsreiz auf einer Ratingskala ein Wert proportional zum Vergleichswert zuordnen
Beobachtung
Manchmal andere Abhängigkeiten zwischen der Reiz- und Empfindungsstärke als von Weber/Fechner vorhergesagt
—> Neue Formalisierung der Abhängigkeiten zwischen der Reiz- und Empfindungsstärke
Stevens‘sche PotenzfunktionS
n variiert mit der Reizmodaltität
• n<1 => Verläufe, wie Fechner sie fand
• n>1 => beschreiben einen Zusammenhang, bei dem sich die Empfindungsstärke mit wachsender Reizintensität immer stärker ändert
Signaldetektionstheorie (SDT)
Annahme bislang:
Nur Reizintensität bestimmt Antwortverhalten
—> Unterschiede in den Ergebnissen psychophysischer Messungen nur auf Sensitivitätsunterschiede zwischen Personen/Situationen zurückzuführen
Problem: Annahme nicht haltbar —> Unterschiede können auch auf unterschiedliches Entscheidungsverhalten der zu testenden Personen zurückzuführen sein
Beispiel: Detektionsaufgabe (Ist ein Ton dargeboten worden?) • Ja-Sager: Will keinen Ton verpassen und sagt daher eher ja • Nein-Sager: Will möglichst wenig reagieren, sagt daher eher nein
—> SDT bietet die Methoden, Sensitivität und Entscheidungskriterium von einander unabhängig zu bestimmen
Signalentdeckungsexperiment
Aufgabe: Ist ein Ton anwesend?
Antwortoptionen: Ja vs. Nein
Verhalten Ja- und Nein-Sager
Versuchsperson: Ja-Sager
- Sagt sehr häufig ja, auch wenn kein Ton da war
—> Hohe Zahl an falschen Alarmen
Versuchsperson: Nein-Sager
- Sagt daher sehr häufig nein, auch wenn ein Ton da war
—> hohe Zahl an Auslassungen
Modellierung: 2-Stufen-Prozess (Stufe 1)
Stufe 1: Sensorischer Prozess:
Repräsentation der Information für Rauschen (kein Ton) und Signal (Ton) + Rauschen als Wahrscheinlichkeitsunktionen
—>Abstand der Verteilungen = Sensitivität d‘
Modellierung: 2-Stufen-Prozess (Stufe 2)
Stufe 2: Entscheidungsprozess:
Vergleich der Repräsentation mit internem Kriterium —> Treffer & Falsche Alarme = Entscheidungskriterium c
Receiver Operating Characteristic (ROC) Kurven
Verhältnis zwischen Treffern („Hits“, Wahrscheinlichkeit PH) und Falschen Alarmen („False Alarms“, Wahrscheinlichkeit PF) ergibt die ROC-Kurve
• Krümmung gibt die Diskriminationsfähigkeit d‘ der Versuchsperson an. • Position auf der d‘ Linie entspricht dem Kriterium c
Beispielrechnung Schritt 1
Experiment: Signalentdeckungsexperiment (auditiv)
Ablauf: 200 Durchgänge (Trials)
• 100 Durchgänge mit Ton (Signal + Rauschen)
• 100 Durchgänge ohne Ton (Rauschen)
Teilnehmende: 2 (VP1, VP2)
Beispielrechnung Schritt 2
Beispielrechnung Schritt 3
Umwandlung in Wahrscheinlichkeiten
Beispielrechnung Schritt 4
ROC Kurve: Werte eintragen
Beispielrechnung Schritt 5
Linien zeichnen
Die Werte von VP1 und VP2 liegen auf derselben ROC-Kurve
—> Sie haben die gleiche Sensitivität d‘
Liberal vs. neutral vs. konservativ
Liberal: Treffer und Falsche Alarme nehmen zu, Wahrnehmungsaktivierung richtige Zurückweisungen und Verpasser nehmen ab
Konservativ: Treffer und Falsche Alarme nehmen ab, richtige Zurückweisungen und Verpasser nehmen zu
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