1. Latente Relationen und Modellfit
Beispiel Ulmer Speed Batterie
Ein-Faktor Modell
Modellannahmen
1 g-Faktor erklärt Kommunalität aller Indikatoren
Indikatoren haben Spezifität allerdings ist diese nicht korreliert innerhalb (Aufgaben-) Gruppen
Modellbewertung
Schlechte Passung zeigt an, dass hinter den Speed-Aufgaben nicht ein unitärer Faktor steht
Drei Korrelierte Faktoren
Gruppenfaktoren erklären die (höheren) Korrelationen zwischen Indikatoren der gleichen Gruppe
Gruppenfaktoren sind korreliert und erklären somit (moderate) Korrelationen zwischen Indikatoren verschiedener Gruppen
Gute Passung zeigt an, dass das Modell mit Daten vereinbar ist
Modell mit Faktor höherer Ordnung
Ein Faktor höherer (zweiter) Ordnung erklärt die Korrelationen zwischen Gruppenfaktoren
Sämtliche Effekte des Faktors höherer Ordnung auf Indikatoren sind vollständig durch Gruppenfaktoren mediiert
Latente Regressionsmodelle
(hier: Mediation; inhaltlich nicht so sinnvoll..)
- Beide Modelle sind unsinnig, passen aber genauso gut auf Daten wie das Modell mit korrelierten Faktoren bzw. das Modell mit Faktor höherer Ordnung
Vergleich der bisherigen Modelle
Das 1-Faktor Modell erklärt Daten nicht so gut
Demnach ist nicht von einem unitären Faktor von Mental Speed auszugehen
Alle anderen Modelle passen gut und unterscheiden sich in Passung nicht untereinander
Die 3 Speed Faktoren haben jeweils die gleichen Messmodelle
Müssen darüber hinaus jeweils die gleiche Anzahl von Parametern für die latenten Relationen geschätzt werden (nämlich 3 Korrelation oder Ladungen).
Fit ermöglicht somit keine Aussage, welches Modell das „Richtige“ ist
1. Bifactor-Modelle
Modellierung hierarchischer Konstrukte
Beispiel: Quality of Life mit g-Faktor und Facetten
Nestung beider Modelle im vollen Bifactor-Modell
Das „volle Bifactor Modell“
Technisch handelt es sich um ein Mediatormodell, indem g-Faktor sowohl direkten Pfade auf die Indikatoren hat als auch indirekte über spezifischen Gruppenfaktoren
Modell ist allerdings zu komplex und nicht empirisch testbar
Beide vorangehend vorgestellten Modelle sind im „vollen Bifactor-Modell“ enthalten (also genestet) und gehen aus ihm durch Nullfixierungen von Pfaden hervor
Modell mit Faktor höherer Ordnung erhält man durch Null-Fixierung der direkten Pfade vom g-Faktor auf die Indikatoren (0)
Bifactormodell
Erhält man durch Null-Fixierung der indirekten Pfade über die Gruppenfaktoren (0)
Wenn Gruppenfaktoren nicht mehr auf g-Faktor laden, sind sie technisch orthogonal und erklären nur unabhängige Varianz in Indikatoren
Bifactor Modell
(mit vollständigen Gruppenfaktoren)
Der g-Faktor (Bifactor) hat direkte Effekte auf Indikatoren
Gruppenfaktoren (genestete Faktoren) haben direkte Effekte auf Indikatoren
Varianz in Indikatoren setzt sich zusammen aus g-Faktor, Gruppenfaktor und Fehler/Spezifität
Effekte der Gruppenfaktoren und g-Faktors sind orthogonal (unabhängig)
Gruppenfaktoren können untereinander korreliert sein
Anders als beim Modell mit Faktor höherer Ordnung können beim Bifactor-Modell alle Faktoren simultan mit einem Kriterium korreliert werden
M-1*Bifactor Modell
*Methode minus eins
Durch Entfernen eines Gruppenfaktors (hier „Mental Health“) werden dessen Items zur Referenzmethode des g-Faktors
Dies erleichtert die Interpretation des g-Faktors als „Mental Health“ Faktor
Effekte der anderen Gruppenfaktoren lassen sich dann als Moderation durch Gruppeninhalte interpretieren (also Über/Unterschätzung relativ zum Abschneiden in „Mental Health“)
M-1 Methode erleichtert außerdem statistische Identifizierbarkeit des Modells
Modellvergleich
Vergleich genesteter Modelle
Wenn Modell durch Parameter-Restriktionen aus anderen Modell hervorgeht, kann Chi-Quadrat Differenztest berechnet werden mit der Differenz der Χ2 Werte und Differenz der df der Modelle
Vergleich nicht-genesteter Modelle
Wenn Modelle zwar auf gleichen Variablen beruhen, aber ungleich in Struktur sind, können Informationsindizes berechnet werden, die jeweils Fit und Sparsamkeit ins Verhältnis setzen
Akaike Informationskriterium (AIC)
𝐴𝐼𝐶 = −2𝑙𝑛𝐿 𝜃 𝑦, 𝑀 + 2𝑘
Bayesiansches Informationskriterium (BIC)
𝐵𝐼𝐶 = −2𝑙𝑛𝐿 𝜃 𝑦, 𝑀 + 𝑘 ∙ 𝑙𝑛𝑁
Wird das Modell mit kleinstem Index bevorzugt, da gute Modelle sowohl geringe Abweichung als auch geringe Komplexität haben sollten
Dabei können Indizes auch negativ werden
Daumenregel: Different von 2,4,6,10 spricht mit kleiner, mittlerer, hoher und sehr hoher Sicherheit für das Modell mit geringerem Index
Kommt auf Kontext an
Statistischer Modellvergleich
Bei Informationskriterien AIC und BIC schneiden Modelle „3-korrelierte Faktoren“ und „Faktor höherer Ordnung“ am besten ab
Rein statistisch kann nicht entschieden werden, welches Modell von diesen beiden Modellen das besserer ist
Liegt daran, dass im aktuellen Fall identische Messmodelle erster Ordnung und gleiche Anzahl von Parametern geschätzt werden
Theoretische Überlegungen
Relationen beim Modell mit korrelierten Faktoren sind hoch und homogen, was einen g-Faktor nahelegt
Entsprechend gibt es hohe und homogene Ladungen beim Modell mit Faktor höherer Ordnung
Ladungsmuster spricht also eher für ein Facetten-Modell mit einem Faktor höherer Ordnung als für 3 korrelierte aber separierbare Faktoren
Entscheidung ist letztlich aber theoretischer Natur
1. Mediation und Moderation
Mediatormodelle
Anliegen
Test, ob ein statistischer Zusammenhang zwischen 2 Variablen (X;Y) über einen (oder mehrere) Mediatoren (M) vermittelt wird
Volle Mediation: Effekt wird komplett über Mediator „erklärt“
Partielle Mediation: Effekt wird nur teilwesie über Mediator „erklärt“
Effektstärken (R2)
Direkter Effekte: X -> Y
Indirekter Effekt: X -> M -> Y
Gesamteffekt: (X -> Y) + (X -> M -> Y)
Caveat: Interpretation
I.d.R. sind Daten rein korrelativ und wurden zu einem Messzeitpunkt erhoben
Kausalität muss aus Theorie abgeleitet werden
Im Fall der vollständigen Mediation sind kausale Richtungen X -> M -> Y und Y -> M -> X statistisch nicht unterscheidbar
Latente Mediation
Spezifikation und Passung
Interpretation
Als SEM kombiniert es CFA in Messmodellen und Regressionstechniken bei latenten Variablen
Richtung der Regressionspfade sollte theoretisch begründet sein
Fit wird weitgehend über Messmodelle bestimmt und lässt keine Rückschlüsse auf Richtung zu:
Solange latenten Variablen Relationen haben (egal in welche Richtung: A->B; A<-B; A<->B) ist Modell-Fit identisch
Interpretation der Ergebnisse
Analog wie bei Mediation mit beobachteten Scores: Größe und Signifikanz des totalen, direkten und indirekter Effekts
Moderator-Analysen
- Fragestellung
o Wird der Zusammenhang von X und Y über einen Moderator W vermittelt?
Latente Moderatoranalyse nach Little
Ausgangslage
Gibt einen latenten Prädiktor mit 3 Indikatorvariablen (x1,x2,x3)
Gibt latenten Moderator mit 3 Indikatorvariablen (w1,w2,w3)
Berechnung von Indikatoren für Interaktionsterm (Faktor) (X*W)
Werden Interaktionsterme aller möglichen Kombinationen von x-Variablen und w-Variablen berechnet:
x1*w1 ; x1*w2 ; x1*w3 ; x2*w1 ; x2*w2 ; x2*w3 ; x3*w1 ; x3*w2 ; x3*w3
Jeder der Interaktionsterme wird auf „Haupteffekt“-Variablen regrediert, um deren Überlappung zu beseitigen
Die residualisierten Interaktionsterme sind statistisch unabhängig von Haupteffekten
- Latente Moderationsanalyse
Im SEM wird latenter Interaktions-Faktor spezifiziert, der den reliablen Anteil aller Interaktionsterme erklärt
Gibt demnach 3 latente Prädiktor-Faktoren: X,W und X*W
Aufgrund der statistischen Abhängigkeiten bei den Indikatoren werden Korrelationen der Fehlerterme zwischen jeweils korrespondierenden Indikatoren zugelassen, also z.b. x2*w3 mit x2 und w3 in den jeweils anderen Messmodellen
Pfaddiagramm latente Moderator Analyse
1. Fehlersuche bei SEM
Suche nach Fehlern in Strukturmodellen
Ein-Schritt Modellierung
Mögliche Fehlerursachen
Wenn theoretisch-motiviertes Modell auf Anhieb passt und nicht weiter modifiziert werden muss
Ist eigentlich der erwünschte Fall, da rein konfirmatorisch
- Wenn theoretische Modell die Daten nicht gut beschreibt, stellt sich Frage was falsch spezifiziert wurde
o Messmodelle
o Strukturelle Relationen
Vorgehen bei der Suche nach Miss-Spezifikation
Zunächst testen, ob Messmodelle allein schon schlecht fitten, dann ggf. modifizieren
Wenn Messmodelle in Ordnung sind, dann strukturelle Relationen testen
Strukturierte Vorgehen mit 2 oder 4 Schritten:
Zwei-Schritt Modellierung
Vier-Schritt Modellierung
Schritt 1
Latente Struktur-Modell wird als Messmodell re-spezifiziert
Alle Kovarianzen werden zugelassen
Missfit kann somit nur Ursache in Messmodellen haben
Ggf. Modifikation der Messmodelle (eliminieren von Indikatoren, Zulassen von Fehlerkovarianzen oder Sekundärladungen), bis Fit akzeptabel ist
Schritt 2
Vgl. alternativer Strukturmodelle mit ursprünglichen (theoretischen) Strukturmodell als auch mit Kovarianzmodell
Ggf. zulassen weiterer Pfade, bis Passung akzeptabel ist
Anmerkung: Wenn Strukturmodell gerade identifiziert ist (=alle latenten Faktoren hängen irgendwie zusammen), entspricht der Fit dem Kovarianzmodell
Beispiel re-spezifieziertes Strukturmodell als Messmodell
Beispiel für ein gerade-identifizierten Strukturmodell
Oberen Zahlen sind nicht-standardisierte, die unteren standardisierte Schätzer (in Klammern SE)
Gestrichelten Pfade werden hier frei geschätzt, sollten nach Theorie aber null sein
Gerade-identifiziertes Modell: Alle Faktoren sind durch Relationen verbunden: Werden genauso viele Parameter geschätzt wie beim Kovarianzmodell, daher gleicher Fit
Bewertung Modellierung
1. Schritt
Durchführung einer EFA mit gleichen Schätzmethode wie beim SEM (ML,WLS,…)
Überprüfung der Anzahl der Faktoren sowie des Ladungsmusters der Indikatpren
2. Schritt
Testen eines CFA-Kovarianzmodells (analog Schritt 1 & 2-Schritt Modellierung)
Ggf. Modifikation Messmodelle
3. Schritt
Test des Strukturmodells mit gleichen Null-Relationen wie bei Schritt 2, allerdings spezifizieren einer Relation als kausalen Pfad (ggf. sukzessiv)
4. Schritt
Eliminieren von Regressionspfaden aus Strukturmodell, die nicht benötigt werden
Bewertung
Ausdifferenzierung der Zwei-Schritt Modellierung
Beides sind post-hoc Modifikationen: Finale Modell hat Status einer Hypothese
Generalisierbarkeit sollte an unabhängigen Daten überprüft werden
Diskussion „kausaler“ Modelle
Gute Modellpassung (Modell-Fit) bedeutet nicht zwingend, dass das Modell wahr ist
Oft alternative Modelle möglich, die die Kovarianzstruktur vergleichbar gut beschreiben
Sollte eine überzeugende Theorie geben, aus der die Kausalität plausibel abgleitet werden kann
Am besten ist, wenn man kausale Effekte experimentell manipuleiren kann (geht oft nicht aus ethischen Gründen)
Falls das nicht geht, ist zumindest eine zeitversetzte Messung günstig, um Richtung der Effekte zu überprüfen:
UVt1 -> AVt2
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