Definition der Selbstregulation
Selbstregulation = Fähigkeit, eigene Gedanken, Emotionen und Handlungen zielgerichtet zu steuern
Fähigkeit ist Grundvoraussetzung für Zielsetzung und -erreichung
Entwicklung v. Fähigkeiten zum eigenverantwortlichen, selbstregulierten Lernen ist neben Vermittlung von Fachwissen eine der Hauptaufgaben der Bildung und Erziehung junger Menschen
Begriffsbestimmung des Selbstregulierten Lernens
Definition
Selbstreguliertes Lernen = selbstregulierte Kompetenzen im schulischen/ universitärem Alltag
Synonyme: selbstgesteuertes, selbstorganisiertes, autonomes Lernen
wichtig, dass SuS lernen, wie neues Wissen eigenständig erlernbar ist
Drei Hauptkomponenten des selbstregulierten Lernens
1. Kognitive Komponente
Bezieht sich auf die Art und Weise, wie Informationen verarbeitet werden
Umfasst Wissen über Lernkonzepte und Strategien & die Fähigkeit, diese Strategien effektiv anzuwenden
2. Motivationale Komponente
Bezieht sich auf Aktivitäten, die das Lernen initiieren und aufrechterhalten
Wichtige Aspekte sind positive Attributionen für Erfolge und Misserfolge sowie Vertrauen in die eigene Lernfähigkeit (Selbstwirksamkeit)
3. Metakognitive Komponente
Beinhaltet Planung des Lernprozesses, Selbstbeobachtung während des Lernens, Reflexion über den Fortschritt und Anpassung des Lernverhaltens zur Erreichung der Lernziele
Modelle der Selbstregulation
Wozu gebraucht und welche Einteilung
werden benötigt, um theoretischen Hintergrund für Diagnostik und für Förderung selbstregulatorischer Kompetenzen zu bilden
Einteilung in:
Prozessmodelle: Fokus auf dynamischen und phasen-bzw. prozessorientierten Charakter der Selbstregulation (schrittweise, regelkreisähnlich)
Schichtenmodelle: betont verschiedene Regulationsebenen und darin enthaltene Komponenten
Prozessmodelle
Allgemeine Beschreibung
betonen den dynamischen und phasenbasierten Charakter der Selbstregulation
im einfachen Regelkreismodell wird Ist-Zustand mit Soll-Zustand verglichen
Feedback-Schleife meldet Ergebnis an System zurück
Übereinstimmung beider Werte = keine regulierende Aktion; Diskrepanz beider Werte = regulierende Handlungen ergriffen, bis Ist- u. Soll-Zustand übereinstimmen
Prozessmodell der Selbstreg. von Schmitz und Schmidt (2007)
-> Modell skizzieren
-> Beispiel Mia
Mia muss ein Gedicht lernen und durchläuft alle drei Phasen:
Präaktional: Zielsetzung (eine Strophe pro Tag), Planung der Lernstrategien (mehrmals lesen, dann auswendig wiederholen), Motivation (Belohnung nach Erledigung), hohes Selbstwirksamkeitserwartung
Aktional: Umsetzung der Strategien, Überprüfung der Lernumgebung, Anpassung der Lernstrategie bei Bedarf (Fremdwörter klären)
Postaktional: Bewertung des Erfolgs, Stolz auf die eigene Leistung, positiver Einfluss auf zukünftige Lernaufgaben
Schichtenmodelle der Selbstregulation
konzentrieren sich auf verschiedene Ebenen der Selbstregulation und deren Komponenten
Beispiel: Das Drei-Schichten-Modell von Boekaerts (1999), welches kognitive, metakognitive und motivationale Prozesse beschreibt
diese Prozesse beziehen sich auf drei unterschiedliche Regulationsgegenstände, dargestellt durch konzentrische Schichten:
innere Schicht (kognitive Ebene):
Ziel: Regulierung der Informationsverarbeitung, also wie Lernende mit Lerninhalten umgehen
Lernende wählen hier kognitive Primärstrategien, um eine Aufgabe zu bearbeiten (z.B. Lösungsansätze bei einer Matheaufgabe)
Mittlere Schicht (metakognitive Ebene):
Fokus: Überwachung der ausgewählten kognitiven Strategien
Anwendung metakognitiver Strategien zur Prüfung, ob Aufgabe wie geplant ausgeführt wird (z.B. Evaluierung der Effizienz einer Lernstrategie)
Äußere Schicht (motivational/volitional):
höchste Ebene der Regulation, die Aspekte wie Zielsetzung und Ressourcenkontrolle (Zeitmanagement, Lernumgebung) umfasst
Lernziele werden gesetzt und Bedingungen wie Motivation und Anstrengungsbereitschaft überprüft, um Lernen zu optimieren
Drei-Schichten-Modell von Boekaerts (1999)
-> skizzieren
Hierarchiemodell
von Landmann und Schmitz (2007)
-> Allgemeine Beschreibung
kombiniert Elemente von Schichten- und Prozessmodellen
zeigt eine hierarchische Struktur mit mehreren Regulationsebenen
Ausführungsregulation: Überwachung der Strategieausführung
Strategieregulation: Anpassung oder Wechsel der Strategie bei Bedarf
Zielregulation: Anpassung der Ziele bei Erfolgen oder Misserfolgen
Lernstrategien
Kognitive Strategien
Oberflächenstrategien: Wiederholung von Lernmaterial (z.B. Faktenlernen)
Tiefenstrategien: Organisationsstrategien und kritisches Prüfen für tiefere Wissensverankerung
Metakognitive Strategien
Kontrollstrategien zur Überprüfung der kognitiven Strategien und Überwachung des Lernprozesses (z.B. Selbstreflexion)
Ressourcenorientierte Strategien
Nutzen von Ressourcen wie Anstrengung, Aufmerksamkeit, geeignete Lernumgebung, soziale Unterstützung und verfügbare Literatur
Diagnostik der Selbstregulation
Fragebögen
Erfasste Komponenten an Fragebögen
meist Fokus auf kognitive und metakognitive Strategien
einige Fragebögen erfassen zusätzlich Strategien zur Ressourcen- und Motivationsregulation
Bekannte Fragebögen
Englischsprachig:
Motivated Strategies for Learning Questionnaire (MSLQ)
Learning and Study Strategies Inventory (LASSI)
Deutschsprachig:
Lernstrategien im Studium (LIST)
Kieler Lernstrategien-Inventar (KSI)
Vorteile
hohe Ökonomie (geringer Aufwand bei Erhebung großer Stichproben)
schnelle und einfache Methode, um selbstreguliertes Lernen zu erfassen
Kritik
Verzerrungen durch Selbstbericht
unbewusste automatisierte Lernstrategien
Nutzung und Empfehlung
trotz Einschränkungen liefern Fragebögen wertvolle Informationen, z.B. über Zielsetzungen, Lernüberwachung und Verhaltensanpassungen
Empfehlung: Kombination von Fragebögen mit anderen Erhebungsmethoden für valide Erfassung selbstregulierten Lernens
Lerntagebücher
Allgemeine Infos & Vorteile
Fokus auf aktuellen Strategieeinsatz und Zustand
Vorteile: Kontinuierliche Erfassung und Beobachtung von Lernverhalten
Beispielstudie: Tagebuchstudie (Otto 2007)
-> Tagebuchstudie (Otto 2007) in einer 4. Klasse mit Training zu selbstreguliertem Lernen
Schüler füllten vor und nach den Hausaufgaben ein Tagebuch aus
Inhalte basieren auf dem Prozessmodell von Schmitz et al. (2007)
Präaktionale Phase: Fragen zur Zielsetzung, z.B. Was willst du heute erledigen?
Aktionale/Postaktionale Phase: Fragen zum Monitoring, z.B. Habe ich meine Hausaufgaben geschafft?
Fragen zu Ressourcen: interne Ressourcen (Konzentration), externe Ressourcen (Unterstützung durch Eltern)
Ziel der Tagebuchstudien: Feststellen, ob, wann und wie sich der Einsatz von Lernstrategien durch eine Intervention verbessert
Herausforderungen
Zuverlässigkeit der Daten hängt stark von der Motivation der Teilnehmer ab
Gestaltung des Tagebuchs sollte motivierend und ansprechend für die Zielgruppe sein
Erfassung geplanter und eingesetzter Lernstrategien
Fragen können offen oder geschlossen sein
Vorteile offener Fragen:
erlaubt es Lernenden, ihr Strategierepertoire umfassend zu beschreiben
mehr Flexibilität bei der Beschreibung von Situationen und Strategien
detaillierte Einblicke durch offene Fragen
besondere Eignung für jüngere Lernende, da detaillierte Antworten unabhängig von der Lese- und Schreibfähigkeit
verzerrte Antworten durch soziale Erwünschtheit jedoch möglich
Beispiel für ein deutschsprachiges Interview (Spörer 2004)
-> Beispiel für ein deutschsprachiges Interview (Spörer, 2004):
individuelle Befragung in vertraulicher Atmosphäre
Ablauf in vier Bestandteile:
1. Einführung und Erklärung des Interviewprozesses
2. Vorstellung von Lernsituationen (z.B. Hausaufgaben in Deutsch) und Erfragen des üblichen Vorgehens
3. Schriftliche Dokumentation der Antworten ohne Bewertung
4. Bewertung der Strategien auf einer vierstufigen Skala (z.B. von „sehr selten“ bis „immer“)
Beobachtungsverfahren
Besonders geeignet für jüngere Kinder
Vorteile: Erfassung nicht verbalisierbarer Strategien
Beispiel CHILD-Checkliste (CINDLE-Projekt)
-> CHILD-Checklist (CINDLE-Projekt) = Instrument für Erzieher zur Bewertung des "independent learning" bei Kindern
22 Items, die auf einer vierstufigen Skala bewertet werden
erfasst emotionale, prosoziale, kognitive und motivationale Selbstregulation
Ergänzung durch Kommentare möglich
Ansätze schulischer Förderung
Einführung in Thema
nicht alle Schüler werden zu kompetenten selbstregulierten Lernenden
Gründe: fehlende Praxis, keine richtige Anleitung
große Anzahl von Interventionen zur Förderung selbstregulierten Lernens entwickelt
Zielgruppen: Schülerinnen und Schüler, Studierende, Erwachsene
Studien (z. B. Stöger und Ziegler, 2010) zeigen: Selbstregulationstrainings sind unabhängig von kognitiven Voraussetzungen wirksam
Modell von Schunk (2001)
erklärt, wie Lehrerinnen und Lehrer selbstreguliertes Lernen durch gezielte Unterstützung fördern können
Fokus auf Vermittlung von Lernstrategien, Feedback und Motivation
Förderprogramme
Beispiele: Training von Selbstregulationsfähigkeiten durch spezielle Programme und Schulungen, die auf den Ausbau von Metakognition und Selbstwirksamkeit abzielen
Ziel ist es, Lernende zu unterstützen, ihre eigenen Lernprozesse besser zu verstehen und zu steuern
Lehrerfeedback und Selbstregulation
effektives Feedback fördert die Selbstregulation, indem es Schülerinnen und Schülern hilft, ihre Fortschritte zu überwachen und anzupassen
wichtig ist Feedback, das spezifisch, konstruktiv und zeitnah ist
Studie von Zimmermann und Matinez-Pons (1986)
Hintergrund
Bedeutung der Selbstregulation für schulischen und beruflichen Erfolg
internationale Studien zeigen Defizite bei selbstreguliertem Lernen bei deutschen Schülern (TIMSS, PISA)
Studie
Ziel des Trainings
Verbesserung der Selbstregulationskompetenz von Schülern der achten Klasse
Durchführung eines sechswöchigen Programms
längsschnittliche und prozessuale Evaluation des Programms
Integration eines Lerntagebuchs zur Unterstützung des Transfers auf den Alltag
Theoretisches Modell
basierend auf dem prozessualen Selbstregulationsmodell von Schmitz
Integration von Zimmerman’s Modell, Kühl’s Handlungsphasenmodell und Schmitz & Wiese’s Lernprozessmodell
Fokussierung auf State-Komponenten des Modells
Phasen des Modells
Präaktionale & Aktinionale Phase
Präaktionale Phase: Zielsetzung und Planung
Einfluss von emotionalen und motivationalen Zuständen auf die nächste Phase
Methodik
sechswöchiges Training mit spezifischen Inhalten und Aktivitäten
Nutzung des Lerntagebuchs für Reflexion und Alltagsübertragung
Evaluation des Trainingsprogramms zur Messung der Effektivität
Stichprobe
249 Schüler der achten Klasse aus drei Gymnasien
zufällige Zuteilung der Schüler zu Trainingsbedingungen
Ergebnisse
positive Effekte auf Selbstregulationskompetenz und mathematische Problemlösekompetenz
besondere Wirksamkeit des Lerntagebuchs
prozessanalytische Tests zeigen steigende Trends in relevanten Selbstregulationsvariablen
Diskussion
Effekte des Trainings:
Selbstregulationskompetenz konnte durch das Training gefördert werden
Kombination von Selbstregulationsstrategien mit fachspezifischen Inhalten (mathematische Problemlösestrategien) zeigte die besten Ergebnisse
Integration des Trainings in den regulären Unterricht und Lehrerbildung empfohlen
frühzeitige Förderung der Selbstregulation in der Schule ist wichtig, möglicherweise auch Einbeziehung der Eltern
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