1.
Musterlösung:
Compliance bezeichnet die Gesamtheit aller Maßnahmen, die das regelkonforme
Verhalten eines Unternehmens, seiner Organisationsmitglieder und seiner Mitarbeiter
auf alle gesetzlichen Ge- und Verbote begründen. Darüber hinaus soll die Übereinstimmung
des unternehmerischen Geschäftsgebarens mit allen gesellschaftlichen
Richtlinien und Wertvorstellungen gewährleistet werden.
Ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen muss
angemessene Grundsätze aufstellen, Mittel vorhalten und Verfahren einrichten, die darauf ausgerichtet sind, sicherzustellen, dass das Unternehmen selbst und seine Mitarbeiter den Verpflichtungen dieses Gesetzes nachkommen, wobei insbesondere eine dauerhafte und wirksame Compliance-Funktion einzurichten ist, die ihre Aufgaben unabhängig wahrnehmen kann;
angemessene Vorkehrungen treffen, um die Kontinuität und Regelmäßigkeit der Wertpapierdienstleistungen und Wertpapiernebendienstleistungen zu gewährleisten;
auf Dauer wirksame Vorkehrungen für angemessene Maßnahmen treffen, um Interessenkonflikte bei der Erbringung von Wertpapierdienstleistungen oder Wertpapiernebendienstleistungen zwischen ihm selbst einschließlich seiner Mitarbeiter und der mit ihm direkt oder indirekt durch Kontrolle verbundenen Personen und Unternehmen und seinen Kunden oder zwischen seinen Kunden zu erkennen und eine Beeinträchtigung der Kundeninteressen zu vermeiden;
Grundsätze oder Ziele, die den Umsatz, das Volumen, oder den Ertrag der im Rahmen der Anlageberatung empfohlenen Geschäfte unmittelbar oder mittelbar betreffen (Vertriebsvorgaben) derart ausgestalten, umsetzen und überwachen, dass Kundeninteressen nicht beeinträchtigt werden;
wirksame und transparente Verfahren für die angemessene und unverzügliche
Bearbeitung von Beschwerden durch Privatkunden vorhalten und jede Beschwerde sowie die zu ihrer Abhilfe getroffenen Maßnahmen dokumentieren;
sicherstellen, dass die Geschäftsleitung und gegebenenfalls das Aufsichtsorgan in angemessenen Zeitabständen, zumindest einmal jährlich, Berichte der mit der Compliance-Funktion betrauten Mitarbeiter über die Angemessenheit und Wirksamkeit der Grundsätze, Mittel und Verfahren erhalten, die insbesondere angeben, ob zur Behebung von Verstößen des Wertpapierdienstleistungsunternehmens oder seiner Mitarbeiter gegen Verpflichtungen oder zur Beseitigung des Risikos eines solchen Verstoßes geeignete Maßnahmen ergriffen wurden;
die Angemessenheit und Wirksamkeit der getroffenen organisatorischen Maßnahmen überwachen und regelmäßig bewerten sowie die erforderlichen Maßnahmen zur Beseitigung von Unzulänglichkeiten ergreifen.
2.
An den Nachwirkungen der Finanzkrise von 2007 ist deutlich geworden, dass
Marktmanipulationen das Leben von Millionen Menschen massiv beeinträchtigen
können. Z.B. der Libor-Skandal, bei dem es um eine schwerwiegende Manipulation
eines Referenzwerts ging, hat gezeigt, dass die damit zusammenhängenden
Probleme und Lücken das Vertrauen in die Märkte massiv erschüttern und zu erheblichen
Verlusten der Anleger und Verzerrungen der Realwirtschaft führen können.
Da es in der Union bisher keine gemeinsamen Regelungen über strafrechtliche
Sanktionen bei Marktmissbrauch gab, ist es den Tätern möglich gewesen,
Vorteile aus dem Bestehen weniger strenger Regelungen in einigen Mitgliedstaaten
zu ziehen. Die Einführung strafrechtlicher Sanktionen in allen Mitgliedstaaten
bei zumindest schweren Verstößen im Bereich des Marktmissbrauchs ist daher
für die wirksame Umsetzung der Unionspolitik zur Bekämpfung des Marktmissbrauchs
von wesentlicher Bedeutung.
3.
3.1
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