Buffl

Anwaltsklausur (Beklagter)

SP
by Sebastian P.

Zweckmäßigkeit: Welche Möglichkeiten bestehen bei einer vollumfänglich begründeten Klage?

Zuförderst: Kostenfrage


Alternative 1: Kostenverlagerung auf den Kläger nach § 93 ZPO

„Anerkenntnis unter Verwahrung gegen die Kostenlast“ regelmäßig (–), weil Mandant vorprozessual Ansprüche zurückgewiesen hat; Anerkenntnis aber (+), wenn Mandant nur Verteidigungsbereitschaft angezeigt hat, nicht aber Klageabweisungsantrag angekündigt hat


Alternative 2: Klage anerkennen (§ 307 ZPO) ohne Verwahrung gegen die Kostenlast

Dreifache Gerichtsgebühr ermäßigt sich auf eine Gerichtsgebühr (Nr. 1211), Anwälte erhalten aber weiterhin 1,3 Verfahrens- und 1,2 Terminsgebühr


Alternative 3: Versäumnisurteil gegen den Mandanten ergehen lassen

Wäre auch nach Verteidigungsanzeige noch möglich, da widerruflich; Keine Ermäßigung der Gerichtsgebühr, aber Klägeranwalt erhält nur 1,3 Verfahrens- und eine 0,5 Terminsgebühr; Beklagtenanwalt erhält eine 0,8 Verfahrensgebühr (Nr. 3101 Nr. 1), ggf. nur 0,5–1,0 Beratungsgebühr (Nr. 2100): Regelmäßig günstiger


Alternative 4: Erfüllung Klage mit Kosten

Erfüllung von Hauptsache, Zinsen sowie alle Anwalts- und Gerichtskosten des Klägers und außergerichtlich beim Kläger anregen, die Klage zurückzunehmen.Vorteil: Ermäßigung der Gerichtsgebühren von drei auf eine (Nr. 1211 Nr. 1), Anwaltsgebühren entstehen aber (mir nicht ganz klar, wieso das besser sein soll)


Alternative 5: Erfüllung Klage ohne Kosten

Erfüllung Hauptsache und Zinsen sowie Anregung der Abgabe einer klägerischen Erledigungserklärung mit antizipiertem Anschluss an diese durch Mandanten (kein Anwaltszwang [§ 91a Abs. 1 S. 1, § 78 Abs. 3 ZPO]). Mandant kann zudem gegenüber Gericht Kostenübernahme erklären und Beschluss ohne mündliche Verhandlung anregen (§ 128 Abs. 4 ZPO). Ermäßigung der Gerichtsgebühr auf 1,0 (Nr. 1211 Nr. 4), keine Terminsgebühr

Zweckmäßigkeit: Eigene Ansprüche des Mandanten


Wie ist zweckmäßigerweise vorzugehen, wenn nicht gleichartige Ansprüche vorliegen und die Voraussetzungen von §§ 273, 323 BGB erfüllt sind?

Ausgangssituation: Aufrechnung (–); es verbleiben nur Zurückbehaltungsrecht und Widerklage


Voraussetzungen von §§ 273, 320 BGB (+): Geltendmachung führt zu Zug-um-Zug-Verurteilung (§ 274 BGB)

  1. Klägerischer Anspruch (+): Anerkennung „unter der Maßgabe, dass eine Zug-um-Zug-Verurteilung erfolgt“ (beschränktes Anerkenntnis). Dies macht aber nur Sinn, wenn Kostenfolge von § 93 ZPO zugunsten des Mandanten greift, was häufig zu bejahen ist, weil Mandant vorprozessual nur zur unbedingten Leistung aufgefordert wurde

  2. Klägerischer Anspruch (+), aber Kostenfolge § 93 ZPO nicht zugunsten Mandant greift: Klageabweisung, Sachverhalt kurz unstreitig stellen (ohne anzuerkennen) und Zurückbehaltungsrecht geltend machen und Widerklage erheben (siehe unten); Vorteil: Kein Anerkenntnisurteil des Klägers, welches ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar wäre; Erfüllung in der Hauptsache wäre nicht sinnvoll, weil man dann Zurückbehaltungsrecht nur per Widerklage einen Titel bekäme, nicht aber den Anspruch des Klägers in einem Titel einschränken kann

  3. Einwendungen gegen klägerischen Anspruch möglich: Zurückbehaltungsrecht nur hilfsweise für den Fall, dass Klage begründet ist.

  4. Zusätzliche Frage: Neben Zurückbehaltungsrecht auch Widerklage sinnvoll? Grundsatz: Sinnvoll, weil

    • (1) nur Widerklage einen Titel über den eigenen Anspruch verschafft,

    • (2) prozessökonomisch vorteilhaft wegen schneller Erledigung in einem Verfahren und

    • (3) Kostenvorteile (wegen Gebührendegression Reduzierung der Kosten).

    • Beachte: Widerklage sollte nur hilfsweise und Zug-um-Zug gegen klägerischen Anspruch für den Fall gestellt werden, dass das Zurückbehaltungsrecht besteht. Ansonsten wäre die Widerklage unbegründet, falls das ZRB besteht.


Zweckmäßigkeit: Eigene Ansprüche des Mandanten


Wie ist zweckmäßigerweise vorzugehen, wenn gleichartige Geldansprüche vorliegen?

Ausgangssituation: Zurückbehaltungsrecht (–), weil Aufrechnung vorrangig. Es verbleiben nur Aufrechnung und Widerklage.


  1. Aufrechnung (–) (z. B. präkludiert oder durch Vereinbarung ausgeschlossen oder Klageforderung nicht begründet): nur Widerklage erheben

  2. Aufrechnung (+) und Klageforderung ist sicher unbegründet: Widerklage

  3. Aufrechnung (+) und Klageforderung sicher begründet:

    • Primäraufrechnung (ohne Anerkennung der Klageforderung), hilfsweise Widerklage über einen überschießenden Betrag (Bedingung: Abweisung der Klage wegen Bestehens der Gegenforderung). Eine Widerklage anstelle der Primäraufrechnung wäre nicht zweckmäßig, weil dann Mandant das Vollstreckungsrisiko trüge und der Gebührenstreitwert sich erhöhte.

    • Gegenforderung geringer als Klageforderung: Diskutieren, ob bezüglich der verbleibenden Klageforderung Anerkenntnis erteilt werden sollte

  4. Klageforderung angreifbar (Standardfall)

    • Klageabweisung und hilfsweise Aufrechnung mit eigener Forderung (Bedingung: Klageforderung besteht), zusätzlich hilfsweise Widerklage mit Gegenforderung (Bedingung: Klageforderung besteht nicht)

    • Vorteil: Dadurch ist sichergestellt, dass in jedem Fall der eigene Anspruch in den Prozess eingeführt wird: Entweder bei Klageabweisung durch Widerklage oder bei erfolgreicher Klage durch Hilfsaufrechnung

    • Sofern Gegenforderung > Klageforderung, ist zusätzlich über den überschießenden Betrag Widerklage zu erheben (wohl nicht hilfsweise)


Praktischer Teil: Antragsformulierung


Wie sind die wichtigesten Anträge zu formulieren?

1. Klageabweisungsantrag

„die Klage abzuweisen.“


2. (Hilfs-)Widerklage

„die Klage abzuweisen.

Darüber hinaus erhebe ich gegen den Kläger Widerklage,

und werde [hilfsweise] widerklagend beantragen,

[eingerückt] den Kläger zu verurteilen, […]“


3. Hilfsaufrechnung und Hilfswiderklage plus unbedingte Widerklage über den überschießenden Betrag

Darüber hinaus erhebe ich gegen den Kläger Widerklage und werde widerklagend beantragen,

[eingerückt] den Kläger zu verurteilen, an den Beklagten […] EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit der Widerklage zu zahlen,

hilfsweise den Kläger zu verurteilen,

[eingerückt] an den Beklagten weitere […] EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit der Widerklage zu zahlen.

Hinweis: Ganz ist es mir nicht klar, aber die Hilfsaufrechnung taucht in den Anträgen nicht. Der erste Antrag müsste der unbedingte Antrag über den überschießenden Betrag sein


4. Negative Feststellungsklage

„die Klage abzuweisen.

Darüber hinaus erhebe ich gegen den Kläger Widerklage,

und werde widerklagend beantragen,

[eingerückt] festzustellen, dass dem Kläger über den Klageanspruch hinaus keine weiteren Forderungen gegen den Beklagten aus dem Mietvertrag zwischen den Parteien vom […] zustehen.“


5. Einspruch gegen ein Versäumnisurteil

„lege ich namens und in Vollmacht des Beklagten gegen das Versäumnisurteil vom […], dem Beklagten zugestellt am […], Einspruch ein. Im Termin werde ich beantragen,

[eingerückt) das Versäumnisurteil vom […] aufzuheben und die Klage abzuweisen.“


6. Einspruch gegen einen Vollstreckungsbescheid

„lege ich namens und in Vollmacht des Beklagten gegen den Vollstreckungsbescheid vom […], dem Beklagten zugestellt am […], Az. […], Einspruch ein. Im Termin werde ich beantragen,

[eingerückt) den Vollstreckungsbescheid vom […] aufzuheben und die Klage abzuweisen.“


7. Einspruch gegen ein Versäumnisurteil und Wiedereinsetzung

„lege ich namens und in Vollmacht des Beklagten gegen das Versäumnisurteil vom […], dem Beklagten zugestellt am […], Einspruch ein.

Ich beantrage, dem Beklagten wegen Versäumung der Einspruchsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.

Im Termin werde ich beantragen,

[eingerückt) das Versäumnisurteil vom […] aufzuheben und die Klage abzuweisen.“


8. Teilweises Anerkenntnis

„Namens und in Vollmacht des Beklagten wird unter Verwahrung gegen die Kostenlast der Klageanspruch in Höhe von 2.000 EUR anerkannt.

Im Übrigen werde ich beantragen,

[eingerückt] die Klage abzuweisen.


9. Teilweises Anerkenntnis bei Einrede der Beklagten

„wird der Klageanspruch unter Verwahrung gegen die Kostenlast der Klageanspruch in Höhe von 2.000 EUR mit der Maßgabe anerkannt, dass der Beklagte nur Zug-um-Zug gegen Beseitigung folgender Mängel am PKW […] verurteilt wird: [Mängelaufzählung]

Im Übrigen werde ich beantragen,

[eingerückt] die Klage abzuweisen.

Zudem beantrage ich gegen den Kläger Hilfswiderklage und werden hilfsweise widerklagend beantragen,

den Kläger zu verurteilen, folgende Mängel am PKW […] Zug-um-Zug gegen Zahlung von 2.000 € zu beseitigen: [Mängelaufzählung]

10. Widerspruch gegen vorbehaltlose Verurteilung im Urkundenprozess

„widerspricht der Beklagte dem Anspruch des Klägers. Der Beklagte will seine Recht erst im Nachverfahren geltend machen und beantragt daher,

[eingerückt] den Beklagte nur unter Vorbehalt der Wahrung seiner Rechte im Nachverfahren zu verurteilen.“

11. Widerspruch gegen vorbehaltlose Verurteilung im Urkundenprozess und Anerkenntnis

„widerspricht der Beklagte dem Anspruch des Klägers. Der Beklagte will seine Recht erst im Nachverfahren geltend machen und erkennt daher den Klageanspruch unter Vorbehalt seiner Rechte im Nachverfahren an.“

12. Schriftsatz des Beklagten im Nachverfahren nach dem Urkundenprozess

„ist dem Beklagten im Urteil vom […] die Ausführung seiner Rechte im Nachverfahren vorbehalten wurde. Der Beklagte führt hiermit das Nachverfahren durch und beantragt insoweit Termin zur mündlichen Verhandlung anzuberaumen.

Ich werde namens und in Vollmacht des Beklagten in der mündlichen Verhandlung den Antrag stellen, das Vorbehaltsurteil des […] vom […] aufzuheben und die Klage abzuweisen.“

13. Antrag nach §§ 707, 719 ZPO

„Es wird beantragt, die Zwangsvollstreckung aus dem […] des […] vom […] ohne Sicherheitsleistung hilfsweise gegen Sicherheitsleistung, vorläufig einzustellen.“

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Sebastian P.

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