Wie ist der Prüfungspunkt der RWK zu behandeln, wenn kein Hinweis auf das Vorliegen eines Rechtfertigungsgrundes gegeben ist?
Der Täter handelte tatbestandsmäßig. Tatbestandsmäßiges Handeln indiziert die Rechtswidrigkeit. Mithin handelte T rechtswidrig.
Durch was wird das Erfolgsunrecht kompensiert?
Das Erfolgsunrecht einer Tat (= objektiver Teil eines vollendeten erfolgsqualifizierten Delikts; also die objektiv feststellbare RG-Verletzung) wird vom Vorliegen der obj. Vs. eines Rechtfertigungsgrundes kompensiert.
Durch was wird das subjektive Handlungsunrecht ausgeglichen?
Das subjektive Handlungsunrecht (=subjektives Auflehnen gegen die Rechtsordnung, also der diesbezügliche Vorsatz) wird durch die subjektiven Voraussetzungen des Rechtfertigungsgrundes aufgehoben.
Wie sind Tatbestand - RWK - Schuld voneinander abzugrenzne?
TB -> Gesetzgeber umschreibt ein Verhalten, dass generell strafwürdig- und bedürftig ist.
RWK -> Tatbestandsmäßigkeit indiziert RWK
Rechtfertigung = Ausnahmefall, in welcher der Handelnde von der Strafe ausgenommens ein soll. Maßgeblich ist die Situation.
Schuld -> Ist individuell, weshalb es nicht auf die Situation, sondern auf die Person ankommet (vgl. § 28 StGB).
Inwiefern wirkt sich die Unkenntnis des Täters über die rechtfertigende Situation auf einen Rechtfertigungstatbestand aus?
T ist in Unkenntnis über die objektive Rechtfertigungslage (gegenwärtiger rechtswidriger Angriff, etc.). Uneinigkeit besteht über die daraus resultierende Folge für die Rechtfertigung des T.
e.A.: Entbehrlichkeit der subjektiven Rechtfertigungselementes
Vollendungslösung -> Der T verwirklicht den Tatbestand objektiv und subjektiv. Danach ist T aus dem vollendeten Delikt zu bestrafen.
Versuchslöung -> Wenn der Täter objektiv gerechtfertigt einen Straftatbestand erfüllt, liegt objektiv nichts Missbilligenswertes vor, so dass der zum tatbestandsmäßigen Unrecht gehörende Erfolgsunrecht entfällt. Übrig bleibt der subjektive Handlungsunwert, weshalb der Täter wegen Versuchs zu bestrafen ist. (Fehlt ein objektives TBM - Versuch, somit einschlägig).
Wo ist das Fehlen des subjektiven Rechtfertigungselementes zu thematisieren?
Die Disskussion ist im subjektiven TB des Rechtfertigungselementes zu prüfen.
Auf welchen Grundgedanken basiert das Notwehrrecht?
individualrechtliches Schutzprinzip -> niemand muss eine rechtswidrige Verletzung seiner RG durch einen Angreifer hinnehmen muss.
Rechtsbewährungsprinzip -> Der das Notwehrrecht Aussübende tritt für den Bestand der Rechtsordnung ein, indem er Recht gegen Unrecht verteidigt.
-> Beide Prinzipien sind bei Streitfragen zur Argumentation hinzuzuziehen.
Prüfungsaufbau Notwehr § 32 StGB
I. Notwehrlage (1.-3. gibt Wortlaut wieder)
Angriff
Gegenwärtigkeit
Rechtswidrigkeit
II. Notwehrhandlung
Gegen den Angreifer
Erforderlichkeit (Wortlaut)
III. Gebotenheit
III. Notwehrwille (str.)
Definition Angriff
Unter einem Angriff ist jedes menschliche Verhalten zu verstehen, das ein rechtlich geschütztes Individualinteresse bedroht oder verletzt.
Was erfordert die Angriffshandlung?
Der Angriff muss Handlungsqualität haben, d.h. der Täter muss mit Handlungswillen gehandelt haben.
Bsp.:
T haut den O im Schlaf.
Bergsteiger B fällt von der Klippe auf eine andere Wandergruppe.
Der Angriff wird von einem Tier durchgeführt - was ist zu beachten?
P: Ein Angriff setzt ein menschliches Verhalten voraus. Ein Tier ist kein Mensch.
Tier greift Mensch aus freien Stücken an -> Angriff (-)
Tier dient dem Angreifer als Angriffsmittel -> Angriff (+)
Bsp.: Mensch hetzt Hund auf Opfer
Welcher Rechtfertigungsgrund wäre einschlägig, wenn ein Tier einen Menschen aus freien Stücken angreift?
§ 228 StGB - Zivilrechtlicher Notstand
Welche Rechtsgüter unterliegen dem Schutz des § 32 StGB?
Notwehrfähig sind grundsätzlich nur Individualrechtsgüter.
Leib und Leben
Besitz
Eigentum
Freiheit
Hausrecht
Willensfreiheit (vgl. Scheinwaffen-Fall)
Welche Rechtsgüter sind unterliegen nicht dem Schutz des § 32 StGB
Nicht notwehrfähig sind Rechtsgüter der Allgemeinheit.
Aus welcher Perspektive ist das Vorliegen eines Angriffs zu beurteilen?
Ob ein Angriff vorliegt ist nachträglich, also aus einer ex-post-Perspektive zu beurteilen.
Liegt ein Angriff vor, wenn das Handeln des Täters objektiv ein Individualrechtsgut nicht bedroht oder verletzt?
Es würde sich um einen sog. Scheinangriff handeln. Aufgrund der objektiven Beurteilung des Angriffs aus einer ex-post-Position heraus müsste ein Angriff verneint werden.
Bsp. wäre ein untauglicher Versuch.
Inwiefern wird der das Notwehrrecht ausübende geschützt, wenn es sich um einen Scheinangriff handelt, dessen Untauglichkeit er nicht hätte erkennen können?
Zugunsten des sein Notwehrrecht Aussübenden würde der ETBI greifen.
Handelt es sich um einen Scheinangriff, wenn der Täter eine Scheinwaffe nutzt?
Nutzt der Täter eine Scheinwaffe, liegt objektiv betrachtet kein Angriff auf das Leben oder Leib des Opfers, dennoch ein solcher auf dessen Willensfreiheit vor.
Wann ist ein Angriff gegenwärtig?
Ein Angriff ist gegenwärtig, wenn er unmittelbar bevorsteht, gerade stattfindet oder noch fortdauert.
Wann ist ein Angriff unmittelbar bevorstehend?
Ein Angriff ist unmittelbar bevorstehend, wenn das Verhalten unmittelbar in eine Verletzung umschlagen kann.
Täter greift nach Schusswaffe
Täter geht auf Opfer zu
Als nicht gegenwärtige Angriffe werden künftig drohende Angriffe erfasst:
Eine Gruppe Männer versammelt sich auf einem Parkplatz, um später ein Bordell zu überfallen
Eine Frau tötet den schlafenden Familientyrannen
Wie lange dauert ein Angriff fort?
Der Angriff daurt fort, bis die Gefahr abgewendet oder die Rechtsgutverletzung endgültig eingetreten ist.
Es ist auf die andauernde Rechtsgutverletzung abzustellen.
Durchgehende Beileidigungen
Dauerdelikte wie §§ 123, 239 StGB
Vermögensdelikte -> bis zur Sicherung der Beute. Hiervon ist bis zum Stadium der Beendigung der Tat auszugehen. (Diebstahl -> bis Opfer den Täter aus den Augen verloren hat).
Wann ist ein Angriff rechtswidrig?
Ein Angriff ist rechtswidrig, solange er nicht von einem Rechtfertigungsgrund gedeckt ist.
Mögliche Befugnisse des Angreifers können sich ableiten aus:
Einwilligung
Aggresivnotstand (§ 904 BGB) bei Beschädigung eines fremden Gegenstandes
§ 127 StPO - Festnahmerecht
§ 229 BGB - Wegnahme einer Sache bei Ausübung des Selbsthilferechts
Gegen wen muss sich die Notwehrhandlung richten?
§ 32 StGB rechtfertigt stets nur die Verteidigung gegen den Angreifer. Mithin beschränkt die rechtfertigende Wirkung des § 32 StGB auf Angriffe gegen den Angreifer, bzw. dessen Rechtsgüter.
Der Täter nutzt und beschädigt im Rahmen der Notwehrhandlung eine fremde Sache. Welches Delikt ist betroffen und inwiefern kann ein solches verhalten gerechtfertigt sein?
Wer eine fremde Sache beschädigt, kann sich der Sachbeschädigung gem. § 303 I StGB strafbar machen.
-> Bei Nutzung einer fremden Sache zur Notwehr prüfen, ob dies von einer Strafnorm umfasst ist.
Die Beschädigung einer fremden Sache, welche kein Rechtsgut des Angreifers ist, kann nicht durch § 32 StGB prüfen, da eine Notwehrhandlung sich stets gegen den Angreifer richten muss. Es würde an einer Notwehrhandlung fehlen.
-> Dennoch muss dies angesprochen werden.
Denkbar ist § 904 BGB - Aggresivnotstand: Täter wehrt eine gegenwärtige Gefahr durch Eingriffe in fremdes Eigentum ab.
Welcher Rechtfertigungsgrund könnte einschlägig sein, wenn es sich um einen künftigen, also keinen unmittelbaren Angriff, handelt?
Denkbar ist eine Rechtfertigung über § 34 StGB. § 34 StGB umfasst u.a. die sog. Dauergehfar, also ein Zustand, bei dem die Gefahr jederzeit, also auch alsbald, in einen Schaden umschlagn kann, auch wenn die Möglichkeit offenbleibt, dass der Schadenseintritt noch einige Zeit auf sich warten lässt.
Wann liegt eine taugliche Notwehrhandlung vor (OS-Notwehrhandlung)?
Die Handlung müsste zur Abwehr eines Angriff erforderlich sein.
Wann ist eine Notwehrhandlung erforderlich?
Erforderlich ist die Handlung, die geeignet und zugleich das mildeste aller zur Verfügung stehender Mittel ist.
Wann ist eine Notwehrhandlung geeignet?
Geeignet ist sie, wenn sie den Angriff endgültig beenden oder
zumindest erschweren kann.
Wann setzt der Täter das mildeste effektivste Mittel ein?
Das mildeste Mittel ist das für den Angreifer am wenigsten gefährliche.
Stellt die Flucht bzw. das Ausweichen, sofern die Möglichkeit besteht, stets das mildeste Mittel dar?
Eine Flucht bzw. das Ausweichen gehören nicht zu den mildesten Mitteln, denn das Recht braucht dem Unrecht nicht zu weichen.
Vielmehr ist es dem Notwehrübenden erlaubt, den Angriff im Wege der sog. Trutzwehr niederzuschlagen.
Inwiefern findet der Grundsatz, dass die Flucht bzw. das Ausweichen nicht das mildeste Mittel ist, seine Grenzen?
Im Rahmen der Gebotenheitsprüfung kann es zu einer Einschränkung dieses Grundsatzes kommen.
Kann der Einsatz eines lebensgefährlichen Mittels (Waffe, Wekrzeug) das mildeste Mittel sein?
U.u. kann der Einsatz einer gefährlichen Waffe das mildeste Mittel sein. Hierbei ist jedoch eine bestimmte Abfolge des Waffeneinsatzes zu beachten: (1) Androhen - (2) Einsatz gegen weniger sensible Körperregionen - (3) tödlicher Einsatz.
Gilt die Regel der Abfolge beim Einsatz lebensgefährlicher Mittel ausnahmslos?
Nein. Der Angegriffene muss auf weniger gefährliche Verteidigungsmittel nur zurückgreifen, wenn deren Abwehrwirkung unzweifelhaft ist und ihm genügend Zeit zur Abschätzung der Lage zur Verfügung steht.
-> Danach bedarf es einer Androhung nur, wenn sie unter den konkreten Umständen eine so hohe Erfolgsaussicht hat, dass dem Angegriffenen das Risiko eines Fehlschlags und der damit verbundenen Verkürzung seiner Verteidigungsmöglichkeiten zugemutet werden kann.
Darf derjenige ein lebensgefährliches Mittel zur Abwehr einsetzen, der aufgrund körperlicher Stärke und seiner Fähigkeiten einen Angriff ohne Anwendung des Mittels stoppen kann?
Nein 🙅♂️ -> Sofern dem Notwehrübenden genug Zeit zur Erkenntnis bleibt, dass seine Fähigkeiten zu einer endgültigen Abwehr ausreichen, muss er sich auf eine körperliche Auseinandersetzung einlassen, da eine lebensgefährliches Mittel nicht das mildeste wäre.
Aus welcher Perspektive ist das Maß der Erforderlichkeit zu bestimmen?
Das Maß der erforderlichen Abwehr ist aus der ex-post-Perspektive zu bestimmen, und zwar nac dem objektiven Urteil eines sorgfältig beobachtenden Dritten, der sich in der Tatsituation des Angegriffenen befindet und ggfs. über Sonderiwssen verfügt.
Ist eine Notwehrhandlung erforderlich, wenn staatliche Hilfe zur Verfügung steht?
Es kommt drauf an.
-> Steht effektive staatliche Hilfe zur Verfügung, ist die Notwehr gegenüber dem staatlichen Schutz subsidiär und demnach nicht erforderlich.
D.h., steht polizeilich Hilfe zur Verfügung oder kann diese ohne besonderes Risiko herbeigerufen werden, liegt ein effektiver staatlicher Schutz vor.
Ist eine Notwehrhandlung erforderlich, wenn private Hilfe zur Verfügung steht?
Bei gegebener privater Hilfe kann eine Notwehrhandlung nur dann nicht erforderlich sein, wenn der Notwehrübende diese angeboten bekommt und ablehnt.
Ein Angegriffener muss sich idR jedoch nicht auf Hilfeersuchen gegenüber Dritten verweisen lassen.
Wann ist eine Notwehrhandlung geboten?
Die Notwehrhandlung müsste zur Abwehr des Angriffs geboten sein. Dies wäre insb. dann nicht der Fall, wenn das Notwehrrecht aus sozialehtischen Gründen einzuschränken wäre. Aufgrund dessen, dass das Notwehrrecht auf dem Schutz- und Rechtsbewähungsprinzip fußt, kann eine Restrikition nur erfolgen, wenn diese Grundsätz es gebieten. Das könnte der Fall sein, wenn - Fallkonstellation nennen.
Wann könnte eine Einschränkung aufgrund sozialehtischer Gründe vorliegen?
Eine Einschränkung des Notwehrrechts aufgrund sozialehtischer Gründe könnte geboten sein, da - hier Fallkonstellation nennen -
Krasses Missverhältnis zwischen angegriffenem Rechtsgut und Verteidigungshandlung -> völlige Diproportionalität
Angriffe von schuldlos Handelnden (Kinder, Geisteskranke, Volltrunkende) und erkennbar Irrenden
Angriffe im Rahmen von engen persönlichen (Garanten-) Beziehungen
Schuldhafte Provokation der Notwehrlage
Wie hat der Notwehrübende zu Handeln, wenn eine der Gebotenheitskonstellationen vorliegt?
Bei Vorliegen einer der Fallkonstellationen darf der Täter nicht sofort zur aggressiveren Trutzwehr schreiten. Geboten ist ein abgestuftes Abwehrverhalten: (1) Ausweichen - (2) Schutzwehr - (3) Trutzwehr.
Prüfungsaufbau rechtfertigender Notstand, § 34 StGB.
1) Objektives Rechtfertigungselemnt
a) Notstandslage
aa) Gefahr für irgendein RG
bb) Gegenwärtigkeit der Gefahr
b) Notstandshadlung
aa) Eingriff in ein anderes RG durch die begangene Tat
bb) Erforderlichkeit der Notstandshandlung
Eignung
Einsatz des mildesten effektivsten Mittel
c) Interessenabwägung (Rangfolge innerhalb § 34 StGB)
d) Angemessenheit des Mittels
2) Subj. Rechtfertigungselement - str.
Welche RG sind notstandsfähig?
Im Gegensatz zu § 32 StGB sind jegliche RG von § 34 StGB umfasst. Hierfür spricht die Formulierung -> “oder ein anderes RG”.
Mithin sind nicht nur Individualrechtsgüter sonder auch RG der Allgemeinheit umfasst.
Wann liegt eine Gefahr i.S.v. § 34 StGB vor?
Unter einer Gefahr ist ein Zustand zu verstehen, in dem aufgrund tatsächlicher Umstände bei natürlicher Weiterentwicklung des Geschehens die Wahrscheinlichkeit des Eintritts eines schädigenden Ereignisses besteht.
Aus welcher Perspektive ist das Vorliegen einer Gefahr zu beurteilen?
Ob eine Gefahr vorliegt ist aus einer objektiv-nachträglichen Prognose zu bestimmen.
-> Zur Beurteilung des Vorliegens einer Gefahr muss man sich in die Handlungsperspektive ex-ante und in die Rolle eines sachverständigen Beurteilers versetzen.
Wann ist eine Gefahr gegenwärtig i.S.d. § 34 StGB?
Gegenwärtig ist die Gefahr, wenn aus der ex-ante Perspektive anzunehmen ist, dass bei natürlicher Weiterentwicklung der Dinge der Eintritt des Schadens sicher oder höchst wahrscheinlich ist.
Liegt eine Gefahr i.S.v. § 34 StGB vor, wenn nicht sicher ist, wann der Schaden eintritt?
Problem der Dauergefahr.
Eine Gefahr i.S.v. § 34 StGB ist auch gegeben, wenn die Gefahr jederzeit in einen Schaden umschlagen kann, auch wenn die Möglichkeit offenbleibt, dass der Schadenseintritt noch einige Zeit auf sich warten lässt.
Was ist im Rahmen der Notstandshandlung zu prüfen?
Zu prüfen ist, ob die Tat, deren Rechtfertigung geprüft wird, erforderlich ist, d.h., zur Gefahrenabwehr geeignet ist und das relativ mildeste Mittel darstellt -> “nicht anders abwendbar”
Im Hinblick zu § 32 StGB liegt ein wesentlich Unterschied darin, dass innerhalb § 34 StGB Ausweichmöglichkeiten wahrgenommen werden müssen.
-> Tötung eines Familientyrannen erst dann als mildestes Mittel denkbar, wenn ausreichend versucht wurde, staatliche Hilfe zu beanspruchen.
Wann ist eine Notstandshandlung zur Gefahrenabwehr geeignet?
Geeignet ist die Notstandshandlung, wenn sie zumindest eine geringe Rettungschance verspricht.
Wann ist eine Notstandshandlung das relativ mildeste Mittel?
Es handelt sich um das relativ mildeste Mittel, wenn es die Gefar beseitigt, ohne in der Zwischenzeit die Gefährdung des Täters (Notstandsübender) zu erhöhen oder nur hinauszuschieben.
Worin liegt der signifikanteste Unterschied zwischen der Erforderlichkeit bei § 32 StGB und § 34 StGB?
§§ 32, 34 StGB fordern gleichermaßen die Eignung der Abwehrhandlung.
Differenzen bestehen in der Frage nach dem relativ mildesten Mittel.
Während das Notwehrrecht auf dem Rechtbewährungsprinzip fußt, geht es bei § 34 StGB vielmehr darum, die Grenzen festzulegen, innerhalb derer in rechtlich geschützte Interessen eines Dritten eingegriffen werden kann.
Zudem besteht innerhalb des § 34 StGB der Vorrang der staatlichen Hilfe. Im Regelfall hat der Täter iRd § 34 StGB mehr Zeit zur Abwendung der Gefahr als der Notwehrrechtübende. Demnach müssen Ausweichmöglichkeiten und staatliche Hilfe vorrangig in Anspruch genommen werden.
Interessenabwägung des § 34 StGB in der Klausur
Das geschützte Interesse müsste das beeinträchtigte Interesse wesentlich überwiegen.
Klare Gegenüberstellung von Erhaltungsgut und Eingriffsgut.
Abwägung der RG nach ihrem abstrakten Rangverhältnis
Abwägung der RG nach der drohenden Gefahr
Ausmaß der drohenden Gefahr
Bei sich gegenüberstehenden Sachwerten: Abwägung nach Ausmaß der drohenden Gefahr
Bei Körperverletzungen ist die Schwere der Verletzung heranzuziehen.
Weitere Abwägungsfaktoten
Schuldhafte Herbeiführung der Notstandslage
Gefahrtragungspflicht
Defensivnotstand
Anhand welcher Merkmale bestimmt sich der abstrakte Rang eines RG?
Stellung innerhalb des § 34 StGB (Leben vor Eigentum, etc.)
Ausmaß der Strafandrohung bei Verletzung eines der RG (§ 303 StGB im Gegensatz zu § 212 StGB)
Anhand welcher Merkmale erfolgt die Abwägung nach dem Grad der drohenden Gefahr?
Es bestehen mehrere Abstufungsmöglichkeiten innerhalb des Gefahrengrads:
Ein eindeutiges Übergewicht besteht, wenn auf der Erhaltungsseite eine konkrete Gefärdung eines RG und auf der Eingriffsseite eine abstrakte Gefahr steht.
Bsp.: ein Betrunkener fährt einen lebensgefährlich verletzten ins Krankenhaus.
Ausmaß der drohenden Rechtsgutverletzung - was ist zu beachten?
Bei sich gegenüberstehenden Sachwerten:
Eine Abwägung kann anhand des Werteverhältnisses erfolgen, sodass die Sache mit dem höheren Wert schützenswerter ist.
Bei Sachwert und körperliche Unversehrtheit:
eine geringe Beeinträchtigung der körperlichen Unversehrtheit kann hinzunehmen sein, wenn der drohende Sachschaden verhältnismäßig hoch ist.
Bei Leib gegen Leib:
eine erhebliche KV überwiegt einer geringen KV
Bei Leben gegen Leben:
Sind die Rechtsgutträger nicht identisch, darf eine Abwägung Leben gegen Leben weder in qualitativer (krank gegen gesund; alt gegen jung) noch in quantitativer (ein Leben gegen viele) getroffen werden.
-> Ein wesentliches überwiegen kann nicht festgestellt werden, sodass § 34 StGB scheitert.
Ist § 34 StGB auch anzuwenden, wenn die widerstreitenden Interessen demselben Rechtsgutträger zustehen?
Was ist bei Leben gegen Leben zu beachten?
§ 34 StGB findet auch Anwendung, wenn die widerstreitenden Interessen demselben Rechtsgutträger zustehen.
Handelt es sich um das RG des Lebens kann eine Abwägung zwischen den Interessen erfolgen. Entscheidungskriterium ist sodann der Grad der drohenden Gefahr.
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