Wie eng muss i.R.d. objektiven Zurechnung der Erfolg mit dem Risiko der Täterhandlung verknüpft sein?/ Beseitigungsfälle
Teilweise:
Teilweise wird darauf abgestellt, dass sich das Risiko der Ersthandlung nicht mehr verwirklicht, wenn der Erfolg durch einen neuen eigenständigen Teilakt eintritt.
Diese Lösung ist aber abzulehnen, weil sie den Zurechnungszusammenhang zu stark verengt. Wenn man nur noch auf die Gefahren abstellt, die dem jeweils vom Täter gewählten Mittel anhaften, honoriert man den Täter dafür, dass der Tod auf irgendeine andere als die ursprünglich geplante Art und Weise eingetreten ist. Diese Verengung findet weder im Wortlaut des § 212 noch in seinem Normzweck Anhaltspunkte. § 212 schützt vor jeder beliebigen Todesherbeiführung und nicht vor bestimmten Tötungsarten.
a.A.:
Man kann stattdessen den Gefahrenzusammenhang zwischen Ersthandlung und Erfolg schon dann bejahen, wenn bei der vermeintlich tödlichen Ersthandlung ein Täterplan vorlag, der die den Erfolg bewirkende Zweithandlung mitumfasst hatte. Denn ein solcher Plan birgt dann auch die rechtlich missbilligte Gefahr in sich, dass der Täter den Tod des Opfers annimmt und dieser erst durch die Beseitigungshandlung bewirkt wird.
Auch dieser Ansatz ist jedoch abzulehnen. Er privilegiert den sorglosen Täter nur dafür, dass er glaubt, sein Ziel schon mit der ersten Hanldung erreichen zu können.
w.A.:
Nach der wohl verbreitetsten Ansicht ist das Argument für die Bejahung des Zurechnungszusammenhanges, dass die Ersthandlung, grds. erfolgstauglich sein muss. Die Beseitigungshandlung den Erfolgseintritt sozusagen nur beschleunigt. Die Beschleunigungshandlung eines Erfolges schafft aber kein eigenständiges Risiko. Aber auch sonst ist in den “Beseitigungsfällen” zu berücksichtigen, dass medizinische Laien bewusstlose Opfer nicht selten für tot halten und durch Anschlusshandlungen, die für das Opfer gefährlich sind, ihre Verantwortlichkeit verdecken wollen. Es liegt daher nicht außerhalb jeglicher Lebenserfahrung, dass das Opfer durch die Beseitigungshandlung zu Tode kommt. Insoweit ist auch das Risiko, durch di Anschlusshandlung getötet zu werden, noch ein solches, dass durch die Ersthandlung geschaffen worden ist.
Ist der Zurechnungszusammenhang in Fällen der Selbstgefährdung eines Retters gegeben, weil der Erfolg ausschließlich in den Verantwortungsbereich des sich selbst gefährdenden Retters fällt und somit außerhalb des Schutzzweckes der verletzten Sorgfaltsanforderung liegt?
Grundsatz nach allgemeiner Ansicht:
Wer bei einem anderen eine eigenverantwortlich gewollte und verwirklichte Selbstverletzung oder -gefährdung veranlasst oder fördert, macht sich nicht ohne weiteres strafbar, wenn sich das mit der Selbstgefährdung bewusst eingegangene Risiko realisiert. Seine Strafbarkeit beginn erst dort, wo er kraft überlegenen Wissens das Risiko besser erfasst als der sich selbst Gefährdende.
Fraglich ist, ob bei Unfällen eines freiwilligen Retters eine Relativierung dieses Zurechnungsausschlusses geboten ist:
e.A.:
Grundlage der Zurechnung von erfolgsvermittelnden Zweithandlungen ist das Verantwortungsprinzip. Es besagt zum einen, dass man für seine eigenen rechtswidrigen Taten einzustehen hat, zum anderen aber auch, dass man grds. nicht für das Verhalten anderer einstehen muss, soweit das Gesetz die Verantwortung hierauf nicht ausdehnt. Selbst, wenn also das Verhalten des Veranlassers geeignet ist, andere zu motivieren, sich in gefährliche Rettungssituationen zu begeben, wird dies nicht ausreichen, dem Ersttäter die Verantwortung dafür aufzubürden.
h.M.:
Einer Einschränkung des Grundsatzes der Straffreiheit wegen bewusster Selbstgefährdung des Opfers bedarf es insbesondere dann, wenn der Täter durch seine deliktische Handlung die naheliegende Möglichkeit einer bewussten Selbstgefährdung dadurch schaff, dass er ohne Mitwirkung und ohne Einverständnis des Opfers eine erhebliche Gefahr für ein Rechtsgut des Opfers oder ihm nahestehender Personen begründet und damit für dieses ein einsichtiges Motiv für gefährliche Rettungsmaßnahmen schafft. Es ist sachgerecht, diese sich in solchen Situationen selbst gefährdenden Personen in den Schutzbereich strafrechtlicher Vorschriften einzubeziehen. Ebenso wie dem Täter bei Gelingen der Rettungshandlungen die Erfolgsabwendung zugute kommt, hat er im Fall des Misserfolges dafür einzustehen, dass sich der Retter selbst verletzt. Etwas anderes mag gelten, wenn es sich um einen von vorneherein sinnlosen oder mit offensichtlich unverhältnismäßigen Wagnissen verbundenen Rettungsversuch handelt.
Wie ist positives Tun vom Unterlassen abzugrenzen?
Der Handelnde stößt durch positiven Energieeinsatz einen Kausalverlauf an, während der Unterlassende es gerade unterlässt, durch Einsetzen von Energie auf das Kausalgeschehen einzuwirken.
Die Abgrenzung von Tun und Unterlassen ist eine Wertungsfrage. Entscheidend ist, ob der soziale Handlungssinn oder der Schewrpunkt der Vorwerfbarkeit im aktiven Tun oder in bloßer Untätigkeit liegt. Als Richtlinie gilt, dass das Schwergewicht meist bei der Handlung liegt. Ist eine Unterlassungskomponente - wie bei Fahrlässigkeitstaten wegen des Unterlassens von Sorgfaltsvorkehrungen - wesensnotwendiger Bestandteil eines Delikts, so ändert dies nichts am aktiven Begehungscharakter der Verhaltensweise, sondern ist dieser immanent.
Mit welcher Wahrscheinlichkeit muss die hinzugedachte Rettungshandlung den Erfolgseintritt beim unechten Unterlassungsdelikt verhindern?
sog. Vermeidbarkeitstheorie, d.h. bei Vornahme der Rettungshandlung wäre der Erfolgseintritt mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit vermieden worden; bei Zweifeln hinsichtlich der Vermeidbarkeit greift der “in dubio”-Satz.
-> Wortlaut des Gesetzes, kein Verstoß gegen “in dubio …”, echte Unterlassungsdelikte sind regelmäßig Erfolgsdelikte, der Grad der zu prüfenden Wahrscheinlichkeit kann nicht geringer sein, als beim aktiven Tun (Entsprechensklausel in § 13 I).
sog. Risikoverringerungstheorie, d.h. bei Vornahme der hinzuzudenkenden Rettungshandlung das Risiko des Erfolgseintritts (messbar) verringert worden
-> oftmals gerechtere Ergebnisse, das Unterlassen als solches und die Garantenstellung stehen fest (insoweit bestehen auch keine Zweifel)
Wann ist bei einem mehraktigem Geschehen oder bei zeitlichem Auseinanderfallen von Handlung(en) und Erfolg der Versuch fehlgeschlagen/ unbeendet/ beendet?
Einzelaktstheorie (z.T. Lit.):
Nach der sog. Einzelaktstheorie liegt ein Fehlschlag immer schon dann vor, wenn der Täter erkennt, dass ein von ihm bereits eingesetzte erfolgstaugliche Handlung missglückt ist. Das Abstandnehmen von weiteren “neuen” Handlungen privilegiert den Täter dann nicht mehr; ein Rücktritt scheidet aus.
Argumente: Keine Besserstellung von Tätern, die mehrere Tatmittel bei sich führen und damit keine Privilegierung des “kriminelleren” Täters; gerechtere Ergebnisse.
Unbeendet ist ein Versuch danach, wenn der Täter einen Einzelakt begangen hat, der ihm bei der Ausführung noch nicht zur Erfolgsherbeiführung geeignet erscheint.
Beendet ist der Versuch dagegen schon dann, wenn der Täter bei Vornahme des Einzelakts zwar den Erfolgseintritt für möglich, aber immer noch durch Gegenaktivität für verhinderbar hält.
Gesamtbetrachtungslehre (Rspr., h.L.):
Nach der herrschenden Gesamtbetrachtungslehre liegt ein Fehlschlag erst dann vor, wenn der Täter erkennt oder irrig annimmt, dass er im unmittelbaren Fortgang des Geschehens ohne eine zetiliche Zäsur (=natürliche Handlungseinheit) den Erfolg mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln nicht mehr erreichen kann. Maßgeblich für die Vorstellung des Täters ist dabei der Zeitpunkt des sog. Rücktrittshorizonts, d.h. der Zeitpunkt des endgültigen nicht weiter Handelns. Diese Vorstellung kann nochmal korrigiert werden, wenn der Täter einen Irrtum erkennt, bevor der Zeitrahmen einer “natürlichen Handlungseinheit” abgelaufen ist (sog. Korrektur des Rücktrittshorizonts).
Ein solcher Fehlschlag liegt indes nur dann vor, wenn der Täter erkennt, dass er den jeweiligen Tatbestand “jetzt und hier” nicht mehr erfüllen kann. Die bloße Sinnlosigkeit subjektiv noch möglichen Weiterhandeln begründet keinen Fehlschlag.
Das mögliche Weiterhandeln ist nicht auf die bereits eingesetzten Tatmittel beschränkt. Ein etwaiger Wechsel der Tatmittel begründet also für sich gesehen keine Zäsur des Versuchsgeschehens.
Auch Veränderungen des Vorstellungsbildes des Täters sind bei fortbestehendem zeitlichem Zusammenhang unschädlich. So kann ein Rücktrittshorizont erstmals entstehen, wenn der Täter zunächst Tatvollendung angenommen hat und unmittelbar danach erkennt, dass der Erfolg doch noch nicht eingetreten ist, aber noch herbeigeführt werden könnte.
Argumente: Ein einheitliches Geschehen wird nicht unnatürlich in Einzelaktsversuche aufgespalten, die im Falle der Vollendung des Delikts auch nicht als einzelne Versuche gewertet worden wären. Der Wortlaut von § 24 I spricht von Tataufgabe (= § 11 I Nr. 5). Gegen die Einzelaktstheorie (und damit für die h.M.) spricht zudem, dass sie den Sinn und Zweck des Rücktritts (Opferschutz!) nur unzureichend berücksichtigt und dem Täter die “goldene Brücke” zurück auf den Boden der Rechtsordnung vorzeitig versperrt. Sie ist im schlimmsten Fall eine “Anstiftung zur Tatvollendung”.
Ergibt sich in Fällen enger Verwandtschaft die Garantenstellung allein aus der Angehörigenstellung oder müssen weitere Umstände hinzutreten, insbes. bei Geschwistern oder Eheleuten?
Rechtspflichtentheorie:
Die Garantenstellung von engen Verwandten ergibt sich in aller Regel ohne das Hinzutreten weiterer Umstände. Der Familienverband, die durch Blutsbande miteinander verbundene Familie, ist von Natur aus auf den gegenseitigen Beistand seiner bzw. ihrer Mitglieder angelegt. Bei Ehegatten untereinander ergibt sich dies ohne Rücksicht auf das tatsächliche Bestehen einer Lebensgemeinschaft bereits aus § 1353 I 2 BGB. Unter Geschwistern gilt nichts anders.
-> Ermöglicht jederzeit eine klare Bestimmung der Garantenstellung aus natürlicher Verbundenheit. Sie lässt allerding die unterschiedlichen Arten des familiären Miteinanders oder eben “Auseinanders” außer Acht, was angesichts der Vielzahl denkbarer und heutzutage praktizierter Formen des Zusammenlebens eine überkommene formalistische Betrachtungsweise ist.
Die Garantenstellung unter Geschwistern ergibt sich nicht allein aus der Blutverwandtschaft, die unter Eheleuten findet ihre Grundlage nicht in § 1353 BGB. Maßgeblich ist vielmehr das Bestehen eines gegenseitigen Vertrauens- und Abhängigkeitsverhältnisses der Geschwister oder Ehegatten im Hinblick auf den Schutz der bedrohten Rechtsgüter. Daran fehlt es in der Regel bereits bei tatsächlichem Getrenntleben der betroffenen Personen.
Rechtsprechung (BGH):
Eheleute: Ihren Ausgangspunkt muss die Beantwortung der Frage strafrechtlicher Schutzpflichten unter Eheleuten bei § 1353 BGB nehmen. (…) Es dürfen aber auch bei diesem Ansatz die gesetzlichen Regelungen, aus denen sich eine Beschränkung der Pflicht zur ehelichen Lebensgemeinschaft ergeben, nicht außer Betracht bleiben. Danach endet die strafrechtliche Beistandspflicht, wenn sich ein Ehegatte vom anderen in der ernsthaften Absicht getrennt hat, die eheliche Lebensgemeinschaft nicht wiederherzustellen. Das entspricht den Regelungen in § 1353 II und § 1565 I BGB.
Geschwister: Die Beziehungen von Mitgliedern einer Familie untereinander unterliegen wie auch die Familie selbst ungeachtet des besonderen Schutzes durch die Verfassung im Wandel der Zeiten einer dynamischen Beurteilung durch die Rechtsgemeinschaft. Nur ein Abstellen auf das Bestehen einer tatsächlichen Obhutsbeziehung gewährleistet, dass das Risiko einer Bestrafung für den Normadressaten noch voraussehbar ist.
Ist die Garantenstellung ein besonderes persönliches Merkmal i.S.d. § 28 I?
e.A. (für Überwachungsgaranten):
Die Garantenstellung ist kein besonderes persnliches Merkmal, weil ihre Funktion ausschließlich in der Festlegung des potentiellen Täterkreises liegt. Außerdem soll das geringere Unterlassungsunrecht dem Begehungsunrecht angeglichen werden. Dafür besteht bei einem sich aktiv beteiligenden Nichtgaranten kein Raum.
Garantenpflichten sind in gleicher Weise personenbezogen wie etwa die Amtsträgereigenschaft oder die Vermögenbetreuungspflicht, für die die Anwendung des § 28 I ebenfalls anerkannt ist.
Stellungnahme:
Unterlassungsdelikte sind wie Amtsdelikte Sondertatbestände. Hierbei ist die Sondereigenschaft regelmäßig auf eine besondere Vertrauensbeziehung gestützt. Das zeigt sich vor allem bei der Amtsträgereigenschaft, die einerseits bei Sonderdelikten die Täterqulität auslöst und andererseits im Rahmen unechter Unterlassungsdelikte eine Handlungspflicht begründen kann. Warum in einem Fall § 28 I anwendbar, im anderen dagegen nicht anwendbar sein soll, ist nicht ersichtlich. Es sollte daher der h.M. gefolgt werden.
Wann ist die Zurechnung wegen Unvermeidbarkeit, wegen eines hypothetischen rechtmäßigen Alternativverhaltens ausgeschlossen?
herrschende Vermeidbarkeitstheorie:
Besteht schon die nicht fern liegende Möglichkeit, dass derselbe Erfolg auch in der hypothetischen Situation pflichtgemäßen Täterverhaltens eingetreten wäre, so ist nach dem Grundsatz in dubio pro reo freizusprechen.
Die Prüfung hat (erst) mit dem Eintritt der konkreten kritischen Lage einzusetzen, die unmittelbar zu dem schädlichen Erfolg geführt hat.
Hinwegzudenken und durch das der Pflichtwidrigkeit korrespondierende verkehrsgerechte Verhalten zu ersetzen ist nur der dem Täter vorgeworfene Tatumstand; darüber hinaus darf von der Situation nichts weggelassen, ihr nicht hinzugedacht und an ihr nicht verändert werden.
Derselbe Erfolg müsste dann zur gleichen Zeit aufgrund eines Umstandes eingetreten sein, der bereits unmittelbar mit der Tatsituation angelegt war, wie etwa Fehlverhalten des Opfers oder andere, nicht willentlich beherrschbare Umstände.
Sind mehrere Fahrlässigkeitstäter gleichermaßen für den Erfolg in der Weise ursächlich geworden, dass bei Hinwegdenken jedes einzelnen für sich gesehen derselbe Erfolg wegen der Pflichtwidrigkeit des jeweils anderen eingetreten wäre, wird der Strafbarkeitsausschluss wegen rechtmäßigen Alternativverhaltens nur dann zugelassen, wenn derselbe Erfolg bei pflichtgemäßem Verhalten aller Beteiligten in derselben Weise eingetreten wäre.
Risikoerhöhungslehre:
Hat der Täter durch seinen Pflichtverstoß keine erhöhte Gefahr für das verletzte Rechtsgut geschaffen, die sich in dem späteren Erfolg niedergeschlagen hat, so ist der Zurechnungszusammenhang ausgeschlossen. Anderenfalls würde der Täter nur für den Pflichtverstoß als solchen bestraft.
Hat der Täter aber durch seinen Sorgfaltsverstoß das Risiko des Erfolgseintritts messbar erhöht, so zeigt sich im Erfolg auch die Auswirkung dieser Risikosteigerung.
Innerhalb der Risikoerhöhungslehre ist die Frage umstritten, wie zu entscheiden ist, wenn nur möglich, aber nicht sicher ist, ob der Täter das Risiko erhöht hat.
Wenn offen bleibt, ob das pflichtwidrige Verhalten tatsächlich zu einem das erlaubte Maß übersteigenden Gefährdungserfolg geführt hat, wenn also ein für diese Feststellung erforderlicher Umstand nicht zweifelfrei aufgeklärt werden kann, greift der Grundsatz in dubio pro reo ein (enge Risikoerhöhungslehre).
Da die Rechtsordnung keine Veranlassung hat, auch ein Verhalten zu tolerieren, das nur möglicherweise die bei Einhaltung der Sorgfaltsvorschriften gegebenen Risiken überschreitet, ist die Erfolgszurechnung selbst dann gegeben, wenn der Sorgfaltsverstoß zwar nicht mit Sicherheit, aber doch wahrscheinlichoder möglicherweise eine Gefahrsteigerung für das Opfer ausgelöst hat (weite Risikoerhöhungslehre)
Gegen die Risikoerhöhungslehre spricht schon prinzipiell, dass sie die fahrlässigen Verletzungsdelikte entgegen dem Gesetzeswortlaut “durch Fahrlässigkeit” in Gefährdungsdelikte umdeutet, weil statt des erforderlichen inneren Zusammenhanges zwischen der Fahrlässigkeit und dem Erfolg nur noch eine Handlung mit Gefährdungspotenzial ausreicht. Damit wird aus dem “durch Fahrlässigkeit” unter Überschreitung der Wortlautgrenze nur noch ein “mit Fahrlässigkeit”. Zusätzlich verstößt die weite Risikoerhöhungslehre gegen den Grundsatz in dubio pro reo, weil sie einen -ohnehin nur noch zum Risikofaktor verkümmerten Tatumstand aus der für alle strafbegründenden - Tatumstände bestehenden prozessualen Nachweispflciht ausklammert. Insofern geht die Lehre noch einen Schritt weiter und reduziert das fahrlässige Erfolgsdelikt zu einem nur noch abstrakten Gefährdungsdelikt.
Mithin ist der Vermeidbarkeitstheorie zu folgen.
Wie werden die Beteiligung durch aktives Tun (§§ 26, 27) und die Mittäterschaft gem. § 25 II voneinander abgegrenzt?
Lit.:
In der Literatur wird heute ganz überwiegend die materiell-objektive Theorie vertreten, nach der die Täterschaft von der Tatherrschaft abhängt. Tatherrschaft bedeutet hiernach das steuernde In-den-Händen-Halten des Geschehensablaufs. Täter ist, wer die Tatbestandserfüllung nach seinem Willen hemmen oder ablaufen lassen kann. Hinsichtlich der Voraussetzungen für das Vorliegen der Tatherrsc haft gibt es wieder unterschiedliche Auffassungen.
z.T.: wird die Tatherrschaft als Herrschaft über die Ausführung der tatbestandsmäßigen Handlung aufgefasst. Hiernach ist Täter nur, wer aufgrund seiner Anwesenheit am Tatort oder der Verbindung zu dem tatbestandsmäßig Handelnden die Möglichkeit hat, das tatbestandsmäßige Geschehen in planvoll lenkender Weise mitbestimmen zu können. Danach schließen die Abwesenheit vom Tatort oder der Umstand, dass die objektiven Tatbeiträge nur im Vorbereitungsstadium der Tat geleistet wurden, eine Täterschaft aus.
Überweigend wird in der Lit.: die Tatherrschaft jedoch in wertender Betrachtung der Rollenverteilung der Beteiligten je nach ihrer Funktion im Gesamtgeschehen bestimmt. Hiernach können auch der bei der Tat Abwesende und der, der nur vorbereitende Beiträge geleistet hat, als Täter angesehen werden, wenn seine Tatbeiträge das Geschehen im Wesentlichen vorgezeichnet haben und aufgrund des bestimmenden Einflusses des Beteiligtendie begangene Tat letztlich als sein Werk erscheint.
Rspr.:
Die Rechtsprechnung vertritt demgegenüber eine modifizierte subjektive Theorie, deren Kern darin besteht, dass der Wille des Beteiligten über die Täterschaft bestimmt. Modifiziert ist dieser Standpunkt gegenüber der früher vom RG vertretenen rein subjektiven Theorie dadurch, dass auch nach der Rechtsprechung ein objektiver Tatbeitrag Voraussetzung ist, der sich jedoch auf eine bloße Unterstützungshandlung beschränken und auch im Vorbereitungsstadium der Tat geleistet worden sein kann. Entscheidend ist jedoch, dass der Beteiligte Täterwillen hat, weil er die Tat als eigene will, und nicht nur mit Teilnehmerwillen handelt. Ob dies der Fall ist, soll sich im Wege einer wertenden Betrachtung nach den Umständen des Einzelfalls, namentlich
dem Umfang der Tatbeteiligung,
dem Grad des Eigeninteresses an dem Taterfolg,
der Tatherrschaft oder
dem Willen zu ihr richten.
Im Ergebnis bedeutet dies allerding, dass bei Bejahung der objektiven Tatherrschaft immer auch der Täterwille indiziert ist. Aufbautechnisch sollte daher immer mit der h.L. begonnen werden; ein Streitentscheid ist in diesen Fällen dann nicht erforderlich. Wird allerdings die Tatherrschaft abgelehnt, so kann die Rechtsprechnung nach den verbleibenden subjektiven Kriterien gleichwohl noch zur Bejahung der Täterschaft kommen.
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