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Strafrecht AT Streitstände

AL
by Ann-kathrin L.

Nach welchen Kriterien wird die mittäterschaftliche Begehung gewertet?

Teile der Lit.: Tatausführungsherrschaft (=enge Tatherrschaftslehre) (objektive Kriterien)

Erforderlich ist ein In-den-Händen-Halten der Tatbestandsverwirklichung dergestalt, dass eine Anwesenheit am Tatort (oder Mitgestaltung durch Funk) und eine Mitwirkung bei der unmittelbaren Tatausführung (Tatausführungsherrschaft) gegeben ist. Mittäter ist also, wer während der eigentlichen Tatausführung wesentliche Tatbeiträge erbringt und auf diese Weise das “Ob” und “Wie” der Tat mitbeherrscht.

-> klare Abgrenzbarkeit

h.Lit., mat.-obj. Theorie: funktionelle Tatherrschaft (= weite Tatherrschaftslehre)

Erforderlich ist ein objektiver Beitrag der gestaltenden Einfluss auf das “Ob” und “Wie” der Tatbestandsverwirklichung begründet, wobei dieser Tatbeitrag auch im Vorbereitungsstadium liegen kann. Zu klären ist die Wertungsfrage, ob der Beitrag für das konkrete Geschehen als “wesentlich” angesehen werden kann. Ein derart wesentlicher Beitrag für das eine Funktionseinheit bildende Ganze begründet die “funktionelle Tatherrschaft”.

Mittäter ist also, wer als “Zentralgestalt oder Schlüsselfigur” des Geschehens die planvoll lenkende oder mitgestaltende Tatherrschaft besitzt, die Tatbestandsverwirklichung somit nach seinem Willen hemmen oder ablaufen lassen kann. Teilnehmer ist, wer ohne eigene Tatherrschaft als “Randfigur” des realen Geschehens die Begehung der Tat veranlasst oder sonst wie fördert. Insoweit unterscheidet sich die funktionale Tatherrschaft nicht von dem Kriterium der Tatausführungsherrschaft.

Anders als bei der Tatausführungsherrschaft braucht der Beitrag aber nicht unbedingt ein Tatbestandsmerkmal zu erfüllen und muss auch nicht Ausdruck der Herrschaft gerade über die Tatbestandsverwirklichung sein. Es genügt, wenn er ein Teilstück der gemeinschaftlich beschlossenen, eine Sinneinheit bildenden Tatausführung in dem Sinne ist, dass er im Rahmen des arbeitsteiligen Zusammenwirkens den Tatablauf - sei es auch nur durch Planung und Organisation - mitgestaltet und dadurch eine durchgängige Abhängigkeit der Beteiligten untereinander begründet.

-> die erste Auffassung versagt bie bestimmten Delikten die eine unmittelbare Tatausführung so nicht vorsehen (z.B. §§ 263a, 202a); ortabwesende aber gleichwohl wichtige Personen (“Bandenchef”) können nicht sachgerecht erfasst werden; die letzte Ansicht führt zu einer im Gesetz nicht geregelten Versubjektivierung der Täterschaft

Rspr., subj. Theorie:

Erforderlich ist der Täterwille, d.h. der Täter muss die Tat “als eigene” wollen. Sofern der objektive Beitrag nicht völlig untergeordnet ist, reichen hier als Kriterien auch das subjektive Interesse am Taterfolge oder der subjektive Wille zur Tatherrschaft aus. Nach Auffassung der Rechtsprechung wird der Täterwille aber auch indiziert, wenn objektive Tatherrschaft bereits festgestellt worden ist.

Objektive Voraussetzung der Mittäterschaft ist dann auf der Grundlage gemeinsamen Wollens lediglich ein die Tatbestandsverwirklichung fördernder Beitrag. Hat ein an der Tat Beteiligter einen solchen Beitrag geleistet, so ist er als Mittäter anzusehen, wenn er die Tat als eigene wollte, er also mit “animus auctoris” handelte.

Die innerliche Willensrichtung muss beim Mittäter so beschaffen sein, dass sie seinen Tatbeitrag nicht als bloße Förderung fremden Tuns, sondern als Teil der Tätigkeit aller und dementsprechend die Handlungen der anderen als Ergänzung seines eigenen Tatanteils erscheinen lässt, Ob das der Fall ist, ist eine Frage, die aufgrund aller Umstände, die von der Vorstellung des Beteiligten umfasst werden, in wertender Betrachtung zu beantworten ist. Wesentliche Anhaltspunkte für ein Handeln mit Täterwillen sind der Grad des eigenen Interesses am Erfolge, der Umfang der Tatbeteiligung und die Tatherrschaft oder wenigstens der Wille der Tatherrschaft.

-> gelegentlich gerechtere Ergebnisse, gelegentlich bei versubjektivierten Tatbeständen (z.B. bei Absichtsdelikten wie § 242) vom Gesetz vorgesehen.

(Mittäterschaft): Haben Verursachungsbeiträge, die nicht während der eigentlichen Tatausführung, sondern nur im Vorbereitungsstadium einer Tat geleistet worden sind, überhaupt die Eignung eine Mittäterschaft zu begründen?

Tatausführungsherrschaft:

Da Täterschaft Tatbestandsverwirklichung ist, kann auch Mittäterschaft nur Mitherrschaft bei Verwirklichung der Tatbestandshandlung, d.h. bei der Ausführung selbst sein. Mitwirkungsakte und Verbrechensverabredungen im Vorbereitungsstadium reichen dann ebenso wenig wie die Nichtverhinderung des Erfolges oder die fortwirkende psychische Bestärkung des Tatentschlusses. Entscheidend ist der mitgestaltende Anteil in den Geschehensausschnitt der Tatbestandsverwirklichung selbst. Danach genügt die bloße Verabredung und daraus resultierende subjektive Einschätzung erhöhter Sicherheit nicht, wenn dann das in § 25 II aufgestellte Merkmal der “gemeinsamen Begehung” mit dem Plan der Begehung gleichgestellt wird. Mithin gilt die Formel: Wer in der Ausführungsphase nichts tut, gestaltet auch die Tatausführung nicht mit.

funktionale Tatherrschaft (h.L.):

Auch ein Tatbeitrag im Vorbereitungsstadium kann danach die Mittäterschaft begründen. Das “Minus” bei der realen Tatausführung muss dann aber durch das Gewicht des Tatbeitrages für die Tatverwirklichung und durch die Stellung des Beteiligten in der Organisation ausgeglichen werden. Wer einen Tatbeitrag vor der eigentlichen Tatausführung leistet, ist in der Regel nur Teilnehmer an einer fremden Tat. Anders ist es nur dann, wenn die Beiträge im Vorbereitungsstadium so wesentlich sind, dass der Beteiligte dadurch Herrschaft über das Gesamtgeschehen erlangt.

subjektive Täterwillentheorie:

Lässt man für die Mittäterschaft jeden Kausalbeitrag genügen, sofern dieser mit Täterwillen erbracht wurde (so die ältere Rspr.) reichen Tatbeiträge im Vorbereitungsstadium ohne Weiteres für ein mittäterschaftliches Handeln aus. Es spielt für die Mittäterschaft keine Rolle, ob sich Tatbeiträge eines Beteiligten auf eine Vorbereitungs- oder Unterstützungshandlung beschränken oder nur auf dem Wege psychischer Einwirkung geleistet werden.

Stellungnahme:

Für das Kriterum der Tatausführungsherrschaft spricht sicherlich die klare Abgrenzung zwischen Täterschaft und Teilnahme. Der Umfang der Beteiligung am eigentlichen Kerngeschehen der Tat lässt sich regelmäßig leicht feststellen und bewerten. Unbillig ist jedoch ,dass der bei der eigentlichen Tatausführung ortabwesende Organisator nie als Mittäter bestraft werden kann. Er wird damit zu einer nur akzessorisch haftenden Randfigur, obwohl die Tatausführung entscheidend von seinem Willen abhängt. Schließlich ist zu bemängeln, dass bei einer Vielzahl der heutigen Delikte zur Bekämpfung von Computer- und Wirtschaftskriminalität eine Mitherrschaft zum Zeitpunkt der Tatbestandsverwirklichung gerade nicht in Betracht kommt. Gleichzeitiges Handeln mehrerer schließt manche Norm geradezu aus (vgl. z.B. § 263a I, 269 I). Das Kriterium der Tatausführungsherrschaft ist damit als zu eng abzulehnen.

Wann ist der Tatansatzzeitpunkt bei mittäterschaftlicher Begehungsweise gegeben?

Teilweise:

Teilweise werden die sog. Einzellösungen vertreten. Danach soll der Versuchsbeginn für jeden Mittäter individuell bestimmt werden, wobei die Einzelheiten innerhalb dieser Meinungsgruppe wiederum umstritten sind.

  • Von manchen wird schon ein unbeendeter Versuch angenommen, wenn der Mittäter den nach dem Tatplan letzten Teilakt seines Beitrags, sei es auch nur im Vorbereitungsstadium, geleistet hat.

  • Andere sehen den Versuchsbeginn des einzelnen Mittäters darin, dass er unmittelbar zur Leistung seines, nach dem Tatplan vorgesehenen, Tatbeitrags ansetzt und damit Tatherrschaft begründet wobei

  • teilweise verlangt wird, dass der Tatbeitrag für die Vollendung des Delikts unwesentlich ist.

  • Wieder andere fordern, jeder Mittäter müsse einen Tatbeitrag im Ausführungsstadium leisten, wodurch erst seine Tatherrschaft begründet werde.

h.M.:

Mit der h.M. bestimmt sich der Tatansatz nach der sog. Gesamtlösung. Danach wird für alle Mittäter die Grenze zum Versuchsbeginn überschritten, wenn einer von ihnen im Rahmen des gemeinsamen Tatplans unmittelbar zur Tatbestandsverwirklichung, d.h. ohne wesentliche Zwischenakte ansetzt.

Dieser Vorsatz entfällt nicht allein dadurch, dass sich ein Beteiligter innerlich von der Tat lossagt und dies gegenüber den übrigen Beteiligten zum Ausdruck bringt. Dies würde im Widerspruch zu § 24 II stehen, der zusätzlich noch eine Tatverhinderung verlangt, In Anbetracht dieser Wertung kann die Bestrafung als Mittäter nicht allein daran scheitern, dass der Beteiligte die Tat bei Eintritt in das Versuchsstadium nicht mehr will, wenn er weiß oder billigend in Kauf nimmt, dass die Tat mit seinen fortwirkenden Tatbeiträgen ausgeführt wird.

Stellungnahme:

Gegen die verschiedenen Varianten der sog. Einzellösung spricht aber, dass für den zeitlich später seinen Tatbeitrag leistenden Mittäter, täterschaftliches Unrecht erst mit Erbringung seines eigenen Tatbeitrags beginnt und er vorher lediglich wegen psychischer Beihilfe verantwortlich gemacht werden kann. Zudem läge ein Tatansatz unabhängig von der konkreten Rechtsgutgefährung vor, was dem Unmittelbarkeitserfordernis des § 22 widerspricht. Schließlich ist eine Einzellösung bei Mittäterschaft ein Widerspruch in sich: Wenn auf Tatbestandsebene Handlungen und Erfolge den jeweiligen Mittätern wie eigen zugerechnet werden, so kann nicht beim Tatansatzzeitpunkt, also dem Beginn der jeweiligen Handlungen anders verfahren werden.

Wenn z.B. eine Filialleiterin sieht, wie der Firmentresor ausgeräumt wird und nicht einschreitet, bzw. die Täter gewähren lässt, in Hoffnung auf spätere Beuteteilung, ist sie dann Mittäterin durch Unterlassen pder nur eine Randfigur des Geschehens die gem. § 27 wegen Beihilfe zu bestrafen ist?

e.A.:

So wird vertreten, dass die Unterlassungsdelikte als Pflichtdelikte einzuordnen seien, bei denen nicht wie bei den meisten Begehungsdelikten zwischen Täterschaft und Teilnahme nach der äußeren Art des Tatbeitrages differenziert werden könne. Täter ist danach vielmehr, sofern der Tatbestand überhaupt durch Unterlassen verwirklich werden kann, jeder der die außerstrafrechtliche Sonderpflicht (also die Erfolgsabwendungspflicht) verletzt, deren Innehabung Voraussetzung der Tatbestandserfüllung ist. Der Vater, der sein Kind nicht vor dem Tode bewahre, obwohl ihm dies möglich und zuzumuten sei, sei also unabhängig von innerer Einstellung und Tatherrschaft als Täter eines Totschlages durch Unterlassen zu bestrafen, einerlei, ob das Kind von einem anderen umgebracht wurde oder als Opfer eines Unfalls in hilfsbedürftige Lage gerate.

a.A.:

Die Beteiligung durch Unterlassen kann aber auch differenzierend nach der Art der Garantenstellung bewertet werden. Zu unterscheiden ist dann zwischen dem grundsätzlich als Täter anzusehenden Beschützergaranten und dem Überwachungsgaranten, dessen Unterlassung regelmäßig nur zur Strafbarkeit wegen Beihilfe führt. Diese Unterscheidung ergibt sich daraus, dass Beschützergaranten dem durch die Tat berletzten Rechtsgut näher stehen als Überwachergaranten.

h.L.:

Nach der (herrschenden) Tatherrschaftslehre richtet sich auch im Unterlassensbereich die Unterscheidung zwischen Täterschaft und Teilnahme danach, wer das Geschehen (mit-)beherrscht hat. Demnach ist der untätig bleibende Garant gegenüber dem Begehungstäter nur dann als Gehilfe anzusehen, wenn bei dem Haupttäter die maßgebliche Entschließung zur Tatausführung und Tatherrschaft liegt. Zweifelhaft ist allerdings, wie die Tatherrschaft eines Unterlassungstäters überhaupt bestimmt werden kann. Stellt man darauf ab, dass die Person die Tat verhindern konnte, so hatte sie Tatherrschaft über das Geschehen. Diese Betrachtung verkennt jedoch, dass die Möglichkeit zur Erfolgsabwendung im Rahmen der Kausalitätsprüfung schon Voraussetzung für die Bestrafung als Unterlassungstäter ist. Vorzugswürdig erscheint es daher, nur dann von Tatherrschaft des Unterlassungstäters auszugehen, wenn der Begehungstäter seine Tatherrschaft verliert oder dem unterlassenden Garanten aus anderen Gründen eine deliktsspezifische Überlegenheit zukommt.

Rechtsprechung:

Auch bei Unterlassungstaten kann man (mit der Rechtsprechung) darauf abstellen, ob der Unterlassende Täter- oder Teilnehmerwillen hatte. Demnach ist durch Wertung zu ermitteln, ob die innere Haltung des Unterlassenden insbesondere wegen dessen Interesses am abzuwendenden Taterfolg als Ausdruck eines sich die Tat des Anderen zueigen machenden Täterwillens aufzufassen ist oder ob seine innere Einstellung davon geprägt ist, dass er sich dem Handelnden unterordnet und das Geschehen ohne inner Beteiligung und ohne Interesse am drohenden Erfolg im Sinne bloßen Gehilfenwillens lediglich ablaufen lässt.

Stellungnahme:

Die Lehre von den Pflichtdelikten ist abzulehnen, da sie für Garanten die Möglichkeit einer Beihilfe schlechthin ausschließt. Die nach Garantenstellungen differenzierende Meinung ist abzulehnen, weil Inhalt und Richtung als entweder Beschützergarantie oder Überwachungsgarantie nicht eindeutig zu begrenzen sind. Der (Beschützer)Garant wäre im Übrigen schlechter gestellt als ein aktiv Handelnder, bei dem immer auch die Möglichkeit bloßer Beihilfe bliebe.

Die Rspr.-Ansicht ist abzulehnen, weil das Abstellen allein auf ein Interesse am Taterfolg kein ausreichendes Kriterium zur Begründung der Täterschaft ist, wie sich am Vergleich des Anstifters (der regelmäßig ein hohes Tatinteresse hat, sonst würde er nicht anstiften …) zum Unterlassungstäter zeigt. Im Übrigen wäre bei konsequenter Anwendung der subjektiven Theorie dem Einlassungsgeschick des Täters Tür und Tor geöffnet, was die Rechtsprechung selbst schon zur Korrektur ihres Ansatzes veranlasst hat.

Damit bleibt im Ergebnis die Tatherrschaftslehre - wenn auch nicht in allen Punkten überzeugend - als einziger Ansatz vertretbar. Zwar wird Tatherrschaft des Unterlassungsgaranten nur in seltenen Fällen anzunehmen sein, da dieser das Geschehen der aktiv Handelnden nur in Ausnahmen in den Händen halten wird. Gleichwohl bleiben im Ergebnis sowohl Beihilfe durch Unterlassen als auch eine (Mit)Täterschaft des Unterlassungstäters möglich, was allein der Entsprechensklausel in § 13 und der prinzipiellen Gleichwertigkeit von aktivem Tun und Unterlassen (vgl. § 8) entspricht.

Wo liegt der Versuchsbeginn bei abgeschlossenem Täterhandeln?

e.A.: Gefährdungsformel

Nach einer Auffassung beginnt der Versuch erst im Zeitpunkt der konkreten Gefährdung des Rechtsguts auf der Grundlage des Täterplans. Dies würde auch in den Fällen gelten, in denen der Täter nach Abschluss seiner Tätigkeit auf eine “Erfolgsautomatik” baut. Maßgeblich wäre, dass nach der Ablaufvorstellung des Täters, die unmittelbare Phase vor Verwirklichung des Erfolges erreicht ist.

a.A.: sog. Entlassungsformel

Die sog. Entlassungsformel argumentiert: Wer zur Tatbestandsverwirklichung alles seinerseits Erforderliche getan hat, also Strafbefreiung nur noch durch Rücktritt nach § 24 I 1, 2. Alt. erlangen kann, muss sich - unabhäängig vom Eintritt einer tatplangemäßen Gefährdung - bereits in der Phase des Versuchs befinden. Dies gilt jedenfalls von dem Moment an, in dem der Täter den weiteren Geschehensablauf bewusst aus der Hand gegeben hat.

w.A.: eingeschränkte Entlassungstheorie

Nach einem einschränkenden Verständnis der Entlassungstheorie beginnt der Versuch, wenn der Täter zur Erfolgsherbeiführung alles seinerseits Erforderliche getan hat, sofern die Gefärdung des Tatobjekts auf der Grundlage des Täterplans zeitnah, also innerhalb eines überschaubaren Zeitraums, eintreten soll und wenn für den Täter gewiss ist, dass der Taterfolg aufgrund des eingeplanten Ablaufs eintreten werde.

Stellungnahme:

Die uneingeschränkte Anwendung der zuerst genannten Gefährdungsformel für die Fälle abgeschlossenen Täterhandeln ist abzulehnen. Sie führt dazu, dass die vom Täter einkalkulierte Zeitphase seines Versuchsbeginn hinauszögert, obwohl es hierauf wegen des von selbst eintretenden Taterfolges nicht mehr ankommt. Ob man stattdessen allein auf das Verlassen des Tatorts abstellt (so die Entlassungsformel) oder zusätzlich noch Zeitnähe und Gewissheit des Taterfolges verlangt (so die eingeschränkte Entlassungsformel), ist unerheblich, weil auch im letzteren Fall der Taterfolg jedenfalls zeitnah eintreten sollte.

Kann im Falle des absichtslos handelnden Tatnächsten, das “subjektive Plus” des Hintermannes ausreichen um von einer die mittelbare Täterschaft begründenden Tatherrschaft sprechen zu können?

e.A.:

In den Fällen, in denen die Tatausführung durch ein absichtsloses Werkzeug ausgeführt wird (z.B. der Wegnehmende beim Diebstahl hat nicht die Absicht, die Sache sich zuzueignen), ist die Tatherrschaft normativ aufzufassen. Die Straftat kann von dem Tatmittler ohne die Mitwirkung des Hintermannes gar nicht begangen werden, ein strafrechtlich erhebliches Geschehen entsteht überhaupt erst dadurch, dass dieser die vom Gesetzgeber geforderte Absicht oder Eigenschaft mitbringt. Der rechtlich beherrschende Einfluss des Hintermannes ist somit für die Täterschaft entscheidend. Es muss regelmäßig allerdings noch hinzukommen, dass der Hintermann den Handelnden zur Tat aufgefordert hat, also kausal für dessen Handlung geworden ist.

a.A.:

Die Lehre von der normativen Tatherrschaft ist abzulehnen. Mittelbare Täterschaft durch Einsatz eines absichtslos-dolosen Werkzeugs scheidet aus; denn die Veranlassung der Tat eines verantwortlich Handelnden begründet wegen ihre bloßen Anstiftungscharakters ebensowenig eine Herrschaft des Hintermannes wie die Zueignungsabischt als inneres Faktum keine äußere Macht verleiht.

Stellungnahme:

Gegen die zweitgenannte Ansicht sprechen ihre schuldinadäquaten Ergebnisse, weil danach sogar der Entwendungsakt mit Raubmitteln, aber ohne Zueignungsabsicht, als Vermögensdelikt straflos bliebe; ebenso in dem Fall in dem es nicht zu einer Weitergabe der Sache gekommen ist. § 25 I, 2. Alt. zwingt nicht dazu, die mittelbare Täterschaft als tatsächliches Über/Unterordnungsverhältnis zu begreifen; sie kann auch als rein juristisch-dogmatischer Rangunterschied aufgefasst werden, und dieser Rangunterschied kann durch Vorhandensein zusätzlicher subjektiver Deliktsmerkmale ausgelöst sein, die beim agierenden Vordermann nicht verwirklicht sind.

Kann eine mittelbare Täterschaft im Falle des “Täters hinter dem Täter” vorliegen, wenn also der Tatnächste voll deliktisch (ohne Strafbarkeitsmangel) handelt und es sich um den Fall eines “kriminellen Befehlsempfängers” der in eine Befehlshierarchie einer Gruppe Krimineller eingeglieder ist handelt?

e.A.:

Die Tatherrschaft des Tatveranlassers endet dort, wo der Vordermann für sein Verhalten strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden kann. Die Rechtsfigur des Täters hinter dem Täter ist abzulehnen. In Fällen von Befehlshierarchien kann stattdessen Mittäterschaft vorliegen.

h.M.:

Handelt jemand irrtumsfrei und uneingeschränkt schuldfähig, so ist sein Hintermann regelmäßig nicht mittelbarer Täter. Es gibt aber Fallgruppen, bei denen trotz eines uneingeschränkt verantwortlich handelnden Tatmittlers der Beitrag des Hintermannes nahezu automatisch zu der von diesem Hintermann erstrebten Tatbestandsverwirklichung führt. Dies kann vorliegen, wenn der Hintermann durch Organisationsstrukturen bestimmte Rahmenbedingungen ausnutzt, innerhalb derer sein Tatbeitrag regelhafte Abläufe auslöst. Derartige Rahmenbedingungen mit regelhaften Abläufen kommen insbesondere bei staatlichen, unternehmerischen oder geschäftsähnlichen Organisationsstrukturen und bei Befehlshierarchien in Betracht. Handelt in einem solchen Fall der Hintermann in Kenntnis dieser Umstände, nutzt er insbesondere auch dei unbedingte Bereitschaft des unmittelbar Handelnden, den Tatbestand zu erfüllen, aus und will der Hintermann den Erfolg als Ergebnis seines eigenen Handelns, ist er Täter in der Form mittelbarer Täterschaft. Eine so verstandene mittelbare Täterschaft wird nicht nur beim Missbrauch staatlicher Machtbefugnisse, sondern auch in Fällen mafiaähnlich organisierten Verbrechens in Betracht kommen, bei denen der räumliche, zeitliche und hierarchische Abstand zwischen der für die Befehle verantwortlichen Organisationsspitze und den unmittelbar Handelnden gegen arbeitsteilige Mittäterschaft spricht. Auch das Problem der Verantwortlichkeit beim Betrieb wirtschaftliche Unternehmen lässt sich so lösen. Darüber hinaus kommt eine so verstandene mittelbare Täterschaft auch in Betracht in Fällen, in denen der Täter bewusst einen rechtswidrig handelnden Staatsapparat für die Verfolgung eigener Ziele ausnutzt.

Stellungnahme:

Das Verantwortungsprinzip reicht für solche Fälle nicht aus, um die Überlegenheit des Hintermannes durch Innehabung der Befehlshierarchie angemessens zu bewerten. Tatherrschaft kann auch durch Organisationsherrschaft vermittelt werden. Warum übrigens eine gleichrangige Mittäterschaft anzunehmen sein soll, bleibt unerfindlich, da auch insoweit Tatherrschaft verlangt wird und die durch § 25 II implizierte Gleichrangigkeit der Beteiligten nicht gegeben ist. Die sich dann noch anbietende Möglichkeit einer Beihilfe wird wiederum der Stellung des Organisationsherrn nicht gerecht.

Fall: A will X durch B verprügeln lassen, X lockt A in eine Falle, wodurch B den A mit X verwechselt und A verprügelt. Ist X wegen Körperverletzung in mittelbarer Täterschaft durch B strafbar?

e.A. (-):

Diejenigen, die die mittelbare Täterschaft dort enden lassen, wo die Verantwortung des Vordermannes beginnt, lehnen mittelbare Täterschaft hier ab.

  • Teilweise wird in solchen Fällen Anstiftung angenommen, weil der Hintermann duch seine Manipulation wie ein Anstifter auf den Willen des Tatentschlossenen eingewirkt habe. Dies ist aber bei dogmatisch sauberer Betrachtung abzulehnen, weil Anstiftung kommunikativen Kontakt voraussetzt und bloße Sachverhaltsmanipulation dem Wesen der Anstiftung nicht entspricht. Zudem war das “Werkzeug” ja bereits zur Verletzung eines anderen entschlossen.

  • Zum Teil wird bei Hervorrufen eines error in persona des Ausführenden Nebentäterschaft angenommen. Dies ist aber abzulehnen, weil hierbei vernachlässigt wird, dass nicht die Verursachung als solche schon für die Täterschaft ausreicht und dass Handlungen anderer nur unter den Voraussetzungen des § 25 zur Zurechnung wie bei eigenem Verhalten führen können.

a.A. (+):

Für die Befürworter der Täterschaft hinter dem Täter leigt ein tatherrschaftsbegründender Irrtum über den konkreten Handlungssinn vor.

Die mittelbare Täterschaft beruht hier nicht auf einer Tatveränderung von Unrecht und Schuld durch den Hintermann, sondern darauf, dass die Qualität des tatbestandlichen Unrechts durch die Personenverwechslung eine andere wird. Denn wenn auch der error in persona den unmittelbar Handelnden nicht entlastet, muss die Bewirkung der Rechtsverletzung an einem sonder ungefährdeten anderen Menschen den arglistigen Manipulator belasten.

Stellungnahme:

Dieser Auffassung ist meist nicht zu folgen, weil beim gesteuerten Identitätsirrtum nicht nur der voll verantwortliche Vordermann zum Werkzeug gemacht wird, sondern darüber hinaus auch noch das Opfer, da zu einer tatbestandslosen und unvorsätzlichen Selbstschädigung veranlasst wird.

Die Täterschaft würde fplglich strenggenommen sogar über zwei Werkzeuge vermittelt.

Kann eine bloße Raterteilung (“denk mal über einen Einbruch nach”) den Anforderungen des “Bestimmens” i.S.d. § 26 genügen?

m.M.:

Wenn man mit einer Mindermeinung in der Literatur eine Aufforderung i.S.e. sog. Unrechtspakts zwischen Anstifter und Täter verlangt, dann ist bei dem bloßen Rat “denk mal über einen Einbruch nach” eine Anstiftung zu verneinen. Das bloße Informieren einer Gelegenheit, das Erteilen eines Rates (“Tipp”) oder einer Auskunft sind nach dieser Auffassung nicht “bestimmen” i.S.d. § 26. Zu verlangen sei eine konkrete Aufforderung, mit der der Anstifter ein konkretes Handlungsprogramm verwirklicht sehen will. Erforderlich soll auch sein, dass der Angestiftete dies für sich als verbindlich anerkennt.

vorherrschende Auffassung:

Nach vorherrschender Auffassung bedarf es indessen eines derartigen “Pakts” nicht. Erforderlich - aber auch ausreichend - soll ein kommunikativer Akt zwischen dem Anstifter und dem Täter sein, an dessen Ende der Tatentschluss kausal gefasst wird.

w.A.:

Noch weitergehend wird zum Teil jede Schaffung eines Tatanreizes als ausreichende Anstiftungshandlung angesehen.

Stellungnahme:

Für die These vom “Unrechtspakt” sprechen zunächst die dann strengeren Anforderungen, die die Nähe zur Mittäterschaft verdeutlichen und die Bestrafung “gleich einem Täter” rechtfertigen. Auch der Wortlaut “bestimmen” deutet mehr auf eine verbindliche Weisung des Anstifters als auf einen beliebigen Akt der Kommunikation hin.

Dem ist indessen entgegenzuhalten, dass bei Vorliegen eines Unrechtspakts die Abgrenzung zur Mittäterschaft kaum noch möglich ist. Zudem ist “bestimmen” vom Wortlaut eine einseitige Einwirkung, was dem Begriff des “Pakts” oder auch “Verbrechensvertrages” entgegensteht. Hinzu kommt, dass in § 20 II 3. Mod. mit der Verabredung zum Verbrechen ein “Pakt” ausdrücklich geregelt wird, so dass sich eine dahingehende “Uminterpretation” des Begriffs “bestimmen” verbietet.

Beihilfe, § 27: Ergeben sich Einschränkungen für die Strafbarkeit aus Beihilfe bei sog. berufstypischen Handlungen (z.B. Schlosser verkauft Verbrecher Werkzeug zum Türöffnen)?

e.A.:

Strafbarkeitsbeschränkungen für berufstypische Handlungen sind nicht anzuerkennen. Wer durch eine Handlung vorsätzlich die Straftat eines Anderen fördert, ist strafbar, unabhängig davon, ob die Mitwirkung beruflich bedingt ist oder nicht.

objektiv-restriktive Theorien:

Objektiv-restriktive Theorien verneinen bei berufstypischen Handlungen die Schaffung eines rechtlich missbilligten Risikos aus dem Gesichtspunkt der Sozialadäquanz und damit die objektive Zurechnung.

  • e.A.: Aus diesem Gesichtspunkt sind generell Beihilfehandlungen auszuschließen.

  • a.A.: Solange mit der Handlung keine Taten gefördert werden, die im Katalog des § 138 genannt sind oder bei denen eine Hilfeleistungspflicht nach § 323 c ausgelöst wäre, scheidet eine Beihilfe bei berufstypsichen Handlungen aus.

  • w.A.: Zu fragen ist, ob der äußerlich berufsbezogene Mitwirkungsbeitrag einen ausschließlich “deliktischen Sinnbezug” aufweist (dann Beihilfestrafbarkeit) oder auch ohne den Deliktsplan noch sinnvoll sein kann (dann Straflosigkeit).

subjektiv-restriktive Theorien:

Maßgeblich ist, ob der Betreffende zusätzlich Tatförderungswillen hat. Dieser fehlt im Normalfall der Berufsausübung.

gemischte Theorien:

  • e.A.: Soweit der Gesetzgeber bestimmte berufstypische Handlungen, die die Gefahr der Ausnutzung zu Straftaten in sich bergen, reglementiert hat, ist Beihilfe auch durch solche Verhaltensweisen möglich, wenn sie den Reglementierungen widersprechen. Soweit Sonderregelungen fehlen, ist die berufliche Tätigkeit von der Freiheit der Berufsausübung gem. Art. 12 I GG legitimiert und straffrei. Die Grenze zur Strafbarkeit wird er bei positivem Wissen einer Straftatförderung überschritten.

  • Rspr.: Zielt das Handeln des Haupttäters ausschließlich darauf ab eine strafbare Handlung zu begehen und weiß dies der Hilfeleistende, so ist sein Tatbeitrag als Beihilfe zu werten. Weiß der Hilfeleistende dagegen nicht, wie der von ihm geleistete Beitrag vom Haupttäter verwendet wird, hält er es lediglich für möglich, dass sein Tun zur Begehung einer Straftat genutzt wird, so ist sein Handeln regelmäßig noch nicht als strafbare Beihilfehandlung zu beurteilen, es sei denn, dass das von ihm erkannte Risiko strafbaren Verhaltens des von ihm Unterstützten derartig hoch war, dass er sich mit seiner Hilfeleistung die Förderung eines erkennbar tatgeneigten Täters angelegen sein ließ.

Welche Auswirkungen hat es, wenn bei der Notwehr das subjektive Rechtsfertigungselement fehlt?

z.T.:

Erkennt man die Notwendigkeit subjektiver Rechtsfertigungselemente neben objektiven Rechtfertigungsvoraussetzungen an, so kann eine rechtfertigende Wirkung auch nur dann ausgelöst sein, wenn sowohl die objektiven als auch die subjektiven Voraussetzungen eines Erlaubnissatzes erfüllt sind. Fehlt nur eines dieser Elemente, so ist die Tat rechtswidrig. Dies gilt gleichermaßen für die Vorsatztat wie auch für die Fahrlässigkeitstat.

h.M.:

Das Unrecht einer tatbestandsmäßigen Handlung umfasst sowohl das Handlungsunrecht als auch das Erfolgsunrecht. Beides wird durch eine objektiv und subjektiv gerechtfertigte Handlung beseitigt. Handelt der Täter aber nur objektiv gerechtfertigt, also ohne Rechtfertigungswillen, so wie nur das Erfolgsunrecht einer Tat eliminiert, denn der vom Täter herbeigeführte Erfolg steht letztlich im Einklang mit der Rechtsordnung. Es verbleibt lediglich das Handlungsunrecht.

  • Liegt dieses Handlungsunrecht in einer Vorsatztat, so ist der Täter, da ihm der Deliktserfolg nicht als rechtswidrig zugerechnet wird, nur nach den Regeln des Versuchs strafbar (str. ist, ob direkt oder analog §§ 22 ff.)

  • Liegt das Handlungsunrecht nur in einer bewussten oder unbewussten Sorgfaltswidrigkeit, so kommt - da es einen Versuch der Fahrlässigkeitstat nicht gibt - überhaupt keine Bestrafung in Frage.

Stellungnahme:

Es ist nicht recht einsehbar, dass der Täter, der einen erlaubten Erfolg herbeiführt, gleichwohl wegen dieser Erfolgsherbeiführung bestraft werden soll. Was strafwürdig bleibt, ist ein möglicherweise isoliert strafbares, milderes Handlungsunrecht. Die Unterscheidung zwischen Handlungs- und Erfolgsunwert ist zudem die einzige Erklärung, warum beim unvollendet gebliebenen Delikt eine Strafmilderung nach § 23 II möglich ist. Die Vergleichbarkeit zur Konstellation der Versuchsstrafbarkeit ist dogmatisch überzeugend, so dass letztgenannter Auffassung zu folgen ist.

Darf man im Rahmen des Notwehrrechts in Rechtsgüter Dritter (z.B. Eigentum) eingreifen?

z.T.:

Grundsätzlich gibt das Notwehrrecht nur ein Recht zum Eingriff in Rechtsgüter des Angreifers, nicht aber Dritter und unbeteiligter Personen. Hiervon ist aber vor allem dann eine Ausnahme zu machen, wenn sich der Angreifer fremder Werkzeuge oder Sache als Mittel für den Angriff bedient oder sie bei dem Angriff benutzt. Anderenfalls könnten die bei den Notstandsregeln notwendigen Güterabwägung den Verteidiger in Extremfällen (Verteidigung geringwertiger Sachen) dazu zwingen, auf seine Verteidigung zu verzichten.

h.M.:

Ein Drittwirkung der Notwehrregeln ist generell abzulehnen. Namentlich das Eigentum des unbeteiligten Dritten ist nicht deshalb weniger schützenswert, weil es für einen rechtswidrigen Angriff missbraucht worden ist.

Stellungnahme:

Der ersten Ansicht ist zuzugeben, dass eine Aufspaltung der Rechtfertigung bei ein und derselben Handlung schwer möglich erscheint und die Interessen des Notwehr Übenden im Einzelfall zu weit einschränkt. Dem ist allerdings entgegenzuhalten, dass das Notwehrrecht auf dem Rechtsbewährungsprinzip beruht. Derjenige, der durch sein Verhalten die Rechtsordnung verlassen hat, verwirkt den Rechtsgüterschutz. Das ist bei einem unbeteiligten Dritten, den keine Verantwortung für den Missbrauch seinen Eigentums trifft, nicht der Fall. Es kommt hinzu, dass der Gesetzgeber für den Fall des Eingriffs in Rechtsgüter Dritter Normen geschaffen hat (§§ 228, 904 BGB, § 34 StGB), deren einschränkende Voraussetzungen bei Anwendng des § 32 umgangen würden.

Welche Auswirkungen hat eine “einverständliche Fremdgefährdung”?

-> Gefährdung geht zwar von einem anderen als dem Opfer aus, der Gefährdende setzt sich diesem aber in Kenntnis des Risikos und der Tragweite aus

z.T.:

Teilweise wird vertreten, die “einverständliche Fremdgefährdung” in einem solchen Fall genauso zu behandeln wie die eigenverantwortliche Selbstgefährdung. Dies sei jedenfalls dann der Fall, wenn der sich Gefährdende für das gemeinsame Tun dieselbe Verantwortung trage wie der Gefährdende.

h.M.:

Die überwiegende Auffassung lehnt diese Gleichstellung ab. Die Annahme eines Tatbestandsausschlusses führe zur Umgehung der Zulässigkeitsvoraussetzungen der rechtfertigenden Einwilligung und damit zu einem Widerspruch zu dem sich aus den §§ 216, 228 ergebenden Wertungen.

Nach dieser Ansicht kann die “einverständliche Fremdgefährdung” allenfalls auf Rechtfertigungsebene als rechtfertigende Einwilligung Bedeutung erlangen.

Stellungnahme:

Einer Gleichstellung von Fremd- und Selbstgefährdung ist allenfalls dann zuzustimmen, wenn die Tatherrschaft zwischen Täter und Opfer untrennbar geteilt ist und beide völlig gleichwertig das Risiko beherrschen. Wären alle Fälle, in denen das Opfer in irgendeiner Weise am Gesamtgeschehen mitwirkt, als einverständliche Fremdgefährdung straflos, müssten auch die meisten Tötungen auf Verlangen wegen einverständlicher Fremdgefährdung straflos sein, weil hier das Opfer die Tat typischerweise durch duldende Mitwirkung zumindest mitbeherrscht. Dies widersrpäche aber der Wertentscheidung des Gesetzgebers, auch solche Fälle im Gegensatz zur Suizidförderung nach § 216 unter Strafe zu stellen. Hinzu kommt, dass die vom Gesetz vorgesehene Möglichkeit einer Einwilligung auf Rechtfertigungsebene regelmäßig nicht mehr zur Anwendung käme und damit auch die dort vorgesehenen einschränkenden Voraussetzungen (vgl. § 228) umgangen würden.

Hat die hypothetische Einwilligung rechtfertigende Wirkung?

Teil d. Lit.:

Ein Teil der Literatur verneint die rechtfertigende Wirkung. Würde man im Nachhinein die Fiktion des Willens ohne Willensmängel zulassen, komme das einer Aufforderung an die Ärzte gleich, die vollständige Aufklärung zu unterlassen und sich später auf die hypothetische Einwilligung zu berufen. Zudem sei ex post nicht sicher zu klären, ob das Opfer wirklich in Kenntnis aller Umstände eingewilligt hätte. Dies sei dann eher wahrscheinlich, wenn die Behandlungsmaßnahme geglückt sei, hingegen unwahrscheinlich, wenn der Patient nicht mit dem Ergebnis der Behandlung einverstanden sei.

a.A.:

Nach anderer Auffassung der Literatur handelt es sich bei der hypothetischen Einwilligung um ein eigenständiges Rechtsinstitut, das strukturell der Berücksichtigung rechtmäßigen Alternativverhaltens entspreche. Bei Vorliegen fehle es am Pflichtwidrigkeitszusammenhang zwischen der Handlung und dem Taterfolg.

BGH:

Nach Auffassung des BGH wird ein infolge fehlerhafter Aufklärung vorhandener Willensmangel durch den hypothetischen Willen geheilt. Selbst im Zweifelsfall lässt der BGH unter Berufung auf den Grundsatz “in dubio pro reo” diese Ausnahme zur Unwirksamkeit der Einwilligung zu. Die Heilungswirkung beschränkt sich indes auf die konkret vorhandenen Willensmängel. Ist die Einwilligung aus anderen Gründen unwirksam, bleibt die Tat rechtswidrig.

Stellungnahme:

Die erstgenannte Auffassung ist abzulehnen. Das eine hypothetische Einwilligung zulässig ist, zeigt sich insbesondere durch die Neuregelung in § 630h II 2 BGB, wonach sich der Behandelnde darauf berufen kann, dass der Patient auch im Fall einer ordnungsgemäßen Aufklärung in die Maßnahme eingewilligt hätte.

eingeschränkte Schuldtheorie: Kann bei einem Erlaubnistatbestandsirrtum, der die Bestrafung wegen Vorsatztat ausschließt, noch eine teilnahmefähige, d.h. vorsätzliche Haupttat angenommen werden?

e.A.:

Die positiven Merkmale des gesetzlichen Deliktstatbestandes und das Nichtvorliegen eines rechtfertigenden Sachverhalts - die “negativen Tatbestandsmerkmale” - bilden den “Gesamt-Unrechtstatbestand”. Tatbestandsmäßigkeit und Rechtswidrigkeit werden also zu einer einheitlichen Wertungsstufe verbunden. Damit ist ein Irrtum über einen rechtfertigenden Sachverhalt ein Irrtum über ein “negatives Merkmal des Tatbestandes”. § 16 ist deshalb unmittelbar anwendbar (= Lehre von den negativen Tatbestandsmerkmalen).

Danach ist § 16 direkt anzuwenden, sodass eine teilnahmefähige Vorsatztat ausscheidet.

Stellungnahme:

Die Trennung zwischen Tatbestandsmäßigkeit und Rechtswidrigkeit hat eine qualitative Bedeutung, weil es ein Unterschied ist, ob der Täter schon nicht tatbestandsmäßig handelt (sodass ihn der Normappell des TB insgesamt nicht erreicht hat) oder ob er (in Kenntnis des für sein Handeln einschlägigen Verobtssatzes) tatbestandsmäßig handelt (und damit weiß, dass er in Rechtsgüter Dritter zunächst eingreift) und sich nur auf einen den Rechtsguteingriff gestattenden Ausnahmesatz beruft. Auch wäre es nicht zu erklären, dass der Gesetzgeber selbst in einigen Tatbeständen die “Rechtswidrigkeit” gesondert aufgenommen hat, wenn es ohnehin immer ungeschriebenes (negatives) Tatbestandsmerkmal wäre. Auch die Formulierung § 11 I Nr. 5 oder § 32 I legt nahe, dass die Rechtswidrigkeit nicht bereits Teil des Tatbestandes sein kann. Die Lehre von den negativen Tatbestandsmerkmalen verkennt all dies und ist daher abzulehnen

a.A. & dahin tendiert auch der BGH:

Tatbestand, Rechtswidrigkeit und Schuld sind selbstständige Verbrechensstufen, sodass § 16 keine direkte Aussage über den Rechtfertigungsirrtum trifft. Der Irrtum auf Rechtswidrigkeitsebene kann daher auch nicht unmittelbar den Tatbestandsvorsatz berühren. Da aber zwischen Tatbestandsirrtum und Erlaubnistatbestandsirrtum kein qualitativer Unterschied besteht, ist das Merkmal “Umstand des gesetzlichen Tatbestandes” des § 16 auf Rechtfertigungs-Umstände zu erweitern. Analog § 16 entfällt damit erst das auf Rechtswidrigkeitsebene zu ermittelnde Vorsatzunrecht.

Danach läge eine vorsätzliche Haupttat vor. Umstritten ist innerhalb dieser Meinungsgruppe aber, ob wegen analoger Anwendung des § 16 das Vorsatzunrecht mit der Wirkung entfällt, dass im Deliktsaufbau eine teilnahmefähige vorsätzliche rechtswidrige Haupttat entfällt.

  • Geht es um die Bestrafung des Teilnehmers, so liegt eine vorsätzlich rechtswidrige Haupttat i.S.d. §§ 26, 27 vor, weil diese Vorschriften nur verlangen, dass der Täter hinsichtlich der unrechtstypischen Merkmale des gesetzlichen Tatbestandes vorsätzlich gehandelt hat (sog. Unrechtstheorie).

    -> Danach könnte zwar wegen der analogen Anwendung des § 16 I 1 der Haupttäter nicht mehr aus dem entsprechenden Vorsatztatbestand bestraft werden. Für den Teilnehmer würde sich dies indessen nicht (positiv) auswirken, da es für die Teilnahme nur auf eine vorsätzliche (i.S.e. allgemeinen Tatbestandsvorsatzes) und objektiv nicht gerechtfertigte Haupttat ankäme.

  • Verneint man beim Erlaubnistatbestandsirrtum das Vorsatzunrecht, so ist eine teilnahmefähige Haupttat nicht gegeben. Die sich hieraus ergebenden geringfügigen Strafbarkeitslücken bei Sonderdelikten sind hinzunehmen.

    -> es liegt schon keine teilnahmefähige Haupttat vor

Stellungnahme:

Der Unrechtstheorie ist zunächst zuzgeben, dass sie den Irrtum über das Vorliegen von Rechtfertigungsumständen dort einordnet, wo er streng genommen dogmatisch hingehört: In den Prüfungspunkt “subjektives Rechtfertigungselement”, mithin in die Rechtswidrigkeit. sie ist gleichwohl insgesamt abzulehnen, weil diese Lehre - ähnlich der Lehre von den negativen Tatbestandsmerkmalen - den noch verlbeibenden Unterschied zwischen Tatbestands- und Erlaubnistatbestandsirrtum einebnet: Derjenige, der sich im Tatbestandsirrtum befindet, weiß nämlich schon nicht, dass er eine Strafnorm verletzt, während der im Erlaubnistatbestandsirrtum Handelnde den konkreten Normappell kennt. Strafbarkeitslücken im Bereich der Teilnahme werden zudem nur dann mit dogmatisch überzeugender Begründung vermieden, wenn man den Erlaubnistatbestandsirrtum (wie auch den Erlaubnisirrtum) zunächst grundsätzlich der Schuld zuordnet. Vorzugswürdig ist daher die h.M., nach der lediglich die Vorwerfbarkeit vorsätzlichen Verhaltens entfällt, die sog. Vorsatzschuld.

h.M.:

Im Fall eines Erlaubnistatbestandsirrtums fehlt es an dem für Vorsatzdelikte typischen Abfallen von den Wertvorstellungen der Rechtsgemeinschaft. Es besteht jedoch ein Unterschied gegenüber dem Tatbestandsirrtum, da der Täter den Tatbestand und dessen Appellfunktion kennt. Analog § 16 I 1 entfällt nur die Vorsatzschuld und die Vorsatzstrafe, sodass der Erlaubnistatbestandsirrtum lediglich in seinen Rechtsfolgen einem Tatbestandsirrtum gleichgestellt wird (= rechtsfolgenverweisende eingeschränkte Schuldtheorie).

Danach liegt eine vorsätzliche und rechtswidrige Haupttat vor. Der fehlende (Vorsatz-)Schuldvorwurf berührt wegen limitierter Akzessorietät die Teilnahmefähigkeit nicht.

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Ann-kathrin L.

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