Eigentumsverletzung
Das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb
Das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb gilt wegen des offenen Tatbestandes als sog. Rahmenrecht, bei dem eine Rechtsverletzung nicht ohne weiteres feststellbar ist un eine sonst bestehende Lücke insbesondere im gewerblichen Rechtsschutz schließen soll.
I. Anwendbarkeit
als Auffangtatbestand grds. subsidiär, d.h. unanwendbar, wenn spezielle Regelungen in UWG, GWB oder auch § 824 BGB sowie § 823 I BGB bzgl. des spezielleren Eigentums- und Besitzrechts durchgreifen.
II. haftungsbegründender Tatbestand
Erforderlich ist ein rechtswidriger und schuldhafter Eingriff in den Schutzbereich des Gewerbebetriebes/ Unternehmens.
Eingriff in den Schutzbereich
a) Schutzbereich
-> alles, was in seiner Gesamtheit den Gewerbebetrieb zur Entfaltung und Betätigung in der Wirtschaft befähigt
Gewerbe/ Unternehmen
grds.: jede planmäßige, auf gewisse Dauer angelegte, erlaubte (str.), selbstständige, zum Zwecke der Gewinnerzielung vorgenommene Tätigkeit (im HandelsR: die kein freier Beruf ist)
nach hM auch auf Freiberufler (= kein Gewerbe) anwendbar, da idR eine vergleichbare Betriebsstruktur vorhanden ist; auch bei einzelnem Sporttrainer oder Anwalt
nicht nur der Bestand des Gewerbebetriebs, sondern auch einzelne Erscheinungsformen
eingerichtet und ausgeübt
auf Dauer angelegte Organisation vorhanden,
die wirtschaftliche (nicht zwingend gewerbliche) Tätigkeit muss bereits entfaltet sein
b) Eingriff
muss betriebsbezogen, dh spezifisch gegen den betrieblichen Organismus oder die unternehmerische Entscheidungsfreiheit als solche gerichtet sein und nicht nur gegen vom Betrieb ohne weiteres ablösbare Rechte oder Rechtsgüter:
UNmittelbarer Eingriff in den Funktionszusammenhang notwendig; dh nicht nur mittelbar (zB Stromkabelfall); zu verneinen bei Veröffentlichung von Zitaten aus RA-Schreiben im Zusammenhang mit Steuerpflichten des Mandanten
muss über bloße Belästigung oder sozial übliche Behinderung hinausgehen; bejaht bei negativer Bewertung im Reiseportal, offenbar ohne Gästekontakt, verneint bei bloßer Beeinträchtigung der Erwerbsaussicht zB versehentlicher Nichteintragung ins Telefonbuch
Betreibsbezogenheit ist bei vorsätzlichem Eingriff idR zu bejahen
Rechtswidrigkeit des Eingriffs
wegen des offenen Tatbestandes wird die Rechtswidrigkeit nicht indiziert, sondern es ist eine umfassende Interessenabwägung im Eiznelfall erforderlich, um zu ermitteln, ob das Verhalten zu missbilligen ist, bzw. gegen das Gebot der Rücksichtnahme verstößt; entscheidend sind ua:
Motive und verfolgter Zweck des Schädigers
Intensität des Eingriffs
begünstigende Grundrechte
allgemeine Rechtfertigungsgründe
Verhältnismäßigkeit
die Beweislast für die Rechtswidrigkeit des Verhaltens des Schädigers trägt der Geschädigte
Verschulden keine Besonderheiten
III. haftungsausfüllender Tatbestand
es ist Schadensersatz gem. §§ 249 ff. BGB, insbesondere § 252 BGB (entgangener Gewinn) zu leisten
ggf. Unterlassung/ Beseitigung der Betriebsstörung
Verletzung des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts
Das allgemeine Persönlichkeitsrecht (APR) ist als sonstiges Recht iSe des § 823 I BGB als sog. Rahmenrecht mit offenem Tatbestand in verfassungskonformer Auslegung der Art. 1 I GG (Menschenwürde) und Art. 2 I GG (freie Entfaltung der Persönlichkeit) anerkannt.
Als Auffangtatbestand ggü. speziellen Regelungen des APR insbesondere aus §§ 22- 24 KUG oder § 11 UrhG; BDSG; § 12 oder § 824 subsidiär. soweit diese abschließende Regelungen zu dem geltend gemachten Anspruch enthalten.
II. haftungsBEGRÜNDENDER Tatbestand
Erforderlich ist ein rechtswidriger und schuldhafter Eingriff in den Schutzbereich des APR
a) natürliche Personen
Beeinträchtigung der Ehre oder des sozialen Geltungsanspruchs
das bedeutet: Schutz des nicht öffentlich gesprochenen Wortes, vertraulicher Aufzeichnungen, Schutz des Rechtes am eigenen Bild oder Namen, auch Schutz vor Sprachimitation oder Doppelgänger für ungewollte Werbung
Individual-(Sozial)sphäre -> sozialer Geltungsbereicht (schützt das Selbstbestimmungsrecht und bewahr die persönliche Eigenart des Menschen in seinen Beziehungen zur Umwelt, seinem öffentlichen, wirtschaftlichen und beruflichen Wirken)
Privatsphäre -> Schutz des persönlichen Rückzugsbereichs, zu dem andere Menschen nach der sozialen Anschauung nur mit Zustimmung des Betroffenen Zugang haben z.B. häuslicher oder Familienkreis und sonstiges privates Leben
Intimsphäre -> Kernbereich höchstpersönlicher Lebensgestaltung, zB inner Gefühl-/ Gedankenwelt: vertrauliche Briefe, Tagebuchaufzeichnungen …
b) juristische Personen/ Personenvereinigungen, Gemeinschaften, Parteien
nur beschränkter Wirkungskreis, soweit sozialer Geltungsanspruch betroffen ist, der durch ihr Wesen als Zweckschöpfung des Rechts ihrer satzungsmäßigen Funktionen und ihrer sozialen Wertgeltung beschränkt wird (allg. Handlungsfreiheit, insb. wirtschaftl./ politische Betätigungsfreiheit); bie juristischen Personen des öR nur über § 823 II BGB
Unternehmens-Persönlichkeitsrecht (Art. 2 I i.V.m. Art. 19 III GG, Art. 8 I EMR): Hotelbewertung ohne Gästekontakt
c) nach dem Tode: postmortaler Persönlichkeitsschutz (hM)
Träger des APR aus Art. 2 I, 1 I GG sind nur lebende Personen, es erlischt mit dessen Tod. Aber weiterhin Achtungsanspruch aus Art. 1 I GG zum Schutz des Verstorbenen vor grober Herabwürdigung und Erniedrigung sowie der sittliche, personale und soziale Geltungsbereich; Geltendmachung durch nahe Angehörige.
Da es sich um ein Rahmenrecht mit offenem Tatbestand handelt, wird die Rechtswidrigkeit durch den Eingriff in den Schutzbereich nicht automatisch indiziert. Zur Feststellung des erlaubten Rahmens ist die Rechtswidrigkeit des Handelns iRe Interessenabwägung im Einzelfall zu ermitteln.
auf Seiten des Verletzten:
welche Sphäre ist betroffen
Veranlassung durch Verletzten
Grundrechtsbeeinträchtigung (Art. 2 I, Art. 1 I GG)
auf Seiten des Handelnden:
Art und Weise des Eingriffs, eingesetztes Medium (Internet)
Motive, Zweck des Eingriffs (ggf. Machtkritik ggü. Politikern)
Grundrechtsausübung insbesondere Meinungs-/ Presse-/ Kunstfreiheit
berechtigte Interessen gem. § 193 StGB
notwendig ist ein vertretbares Verhältnis, zwischen dem erstrebten Zweck sowie Form, Art und Ausmaß des Eingriffs
sachbezogene Kritik darf auch scharf, schonungslos und ausfällig sein
aber Rechtswidrigkeit OHNE Interessenabwägung bei Formalbeleidigung, Angriff auf die Menschenwürde, Schmähkritik = Äußerung ohne nachvollziehbaren Bezug zu sachlicher Auseinandersetzung, sondern grundlose Verächtlichmachung
Verschulden
III. haftungsAUSFÜLLENDER Tatbestand (= Rechtsfolge)
materielle Schäden nach §§ 249 ff. BGB
Rückgängigmachung von Äußerungen
Werturteile
grds. (-), da kein Zwang zum Widerruf persönlicher Ansichten (arg. ex Art. 5 GG), uU Anspruch auf Veröffentlichung des der Unterlassungsklage stattgebenden Urteils bzw. Veröffentlichung einer abgegebenen Unterlassungserklärung
Tatsachenbehauptungen
grds. Widerruf (eingeschränkter Widerruf, wenn Tatsache nicht erweislich unwahr, aner auch nicht erweislich wahr ist)
Ausgleichsanspruch für immateriellen Schaden UNMITTELBAR aus § 823 I aufgrund verfassungskonformer Auslegung Art. 1 und 2 GG AUSNAHMSWEISE, wenn
besonders schwere Verletzung + Beeinträchtigung nicht anders ausgeglichen werden kann (zB Gegendarstellung/ Widerruf etc.)
Beachte: Geldentschädigungsanspruch erst vererbbar, ab Rechtskraft des Urteils
Sonstige Recht i.S.v. § 823
Zurechenbarkeit des Verhaltens: Unterlassen und Verstoß gegen eine VSP
Anwendungsbereich:
alle Fälle, bei denen eine Rechtspflicht zum Handeln besteht, sodass ein Unterlassen dem aktiven Tun gleichsteht
systematische Einordnung:
nach hM auf Tatbestandsebene im Bereich der haftungsbegründenden Kausalität
I. Rechtspflicht zum Handeln (Garantenpflicht/VSP9
Beschützergarant:
Rechtsgutbezogen aufgrund:
natürlicher Verbundenheit
tatsächlicher Gewährübernahme
von Rechtsgründen
Überwachungsgarant:
Gefahrenquellenbezogen aufgrund:
Pflicht aus vorangegangenem Tun (Ingerenz) (gefährliches Tun in der Öffentlichkeit)
Pflicht wegen Sachbeherrschung (Zustandshaftung)
allgemeine Verkehrssicherungspflicht
allgemeine Verkehrssicherungspflicht (VSP):
Wer eine Gefahrenquelle geschaffen hat, muss alle notwendigen und zumutbaren Vorkehrungen treffen, um Schäden anderer zu vermeiden. Kann sich ergeben aus: Verkehrsöffnung; Beherrschung einer Gefahrenquelle; aus Produzentenhaftung als herstellerspezifische Verkehrssicherungspflicht, dh Beachtung von Konstruktions-, Fabrikations-, Instruktions- und Produktbeobachtungspflichten.
II. Geltung auch ggü. dem Anspruchssteller (Schutzbereich)
wenn Anspruchsteller befugtermaßen mit der Gefahrenquelle in Berührung gekommen ist
Garantenquelle/ VSP gilt ggü. allen
Gefahrenquelle wurde ggü. der Allgemeinheit eröffnet, zB Feuerwerk, Ammoniak in Limoflasche
nicht bei Begebung in drohende Eigengefährdung
Garantenpflicht/ VSP nur ggü. bestimmten berechtigten Personen
wenn Anspruchsgegner in seinem Herrschaftsbereich berechtigterweise den eine besondere Gefahr eröffnenden Verkehr auf bestimmte Personen beschränken durfte und beschränkt hat
wenn Anspruchsteller unbefugt mit der Gefahrenquelle in Berührung gekommen ist
grds. keine Garantenpflicht/ VSP, wenn nicht zum Verkehr zugelassene Personen unberechtigt mit der Gefahrenquelle in Berührung kommen (zB abgesperrter Bereich)
ausnahmsweise auch ggü. Unbefugten:
wenn erfahrungsgemäß mit dem Fehlverhalten Dritter zu rechnen ist
insbesondere bei Kindern, da deren Unerfahrenheit, Neugier, Spieltrieb und Bewegungsdrang zu berücksichtigen sind
III. Verstoß gegen Garantenpflicht/ VSP
Anspruchsgegner ist primär einstandspflichtig
wenn der Anspruchsgegner - unter Berücksichtigung der Rücksichtnahme, die der Verkehr ggü. der Schutzsphäre fordern und erwarten darf - das zumutbare und erforderliche Verhalten unterlassen hat:
Erforderlichkeit: was nach Grad der Gefahr und Erkennbarkeit nach für den Bereich herrschender Verkehrsauffassung für erforderlich gehalten werden durfte
Zumutbarkeit: abhängig von Verhältnismäßigkeit des Aufwandes zu Grad und Erkennbarkeit der Gefahr
Verstoß ist für den eingetretenen Verletzungserfolg ursächlich, wenn
das hinzugedachte pflichtgemäße Handeln den Erfolgseintritt mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit verhindert hätte (Äquivalenz) bzw.
Vornahme der Handlung als typischerweise geeignete Bedingung für Nichteintritt anzunehmen ist (Adäquanz).
bei Übertragung der Garantenpflicht/ VSP auf einen Dritten
bedarf klarer Absprache, die die Sicherung der Gefahrenquelle garantiert (Übernehmender zuverlässig/ geeignet?)
Übertragung führt zu Kontroll- und Überwachungspflicht ggü. dem Übertragenden, die eine eigene VSP des Übertragenden begründet
bei Verstoß gegen VSP durch Übernehmer haftet der
Übernehmer selbst gem. § 823 I BGB wegen Verletzung der Garantenpflicht/ VSP
Übertragender bei einem eigenen Verstoß gegen Auswahl-, Kontroll- oder Aufsichtspflicht aus §§ 823 I; 831 BGB
Mehrheit von Schädigern, § 830 BGB
Keine bloße Zurechnungsnorm, sondern eine eigene Anspruchsgrundlage. Sie regelt zum einen Mittäterschaft (§ 830 I 1 BGB) und Teilnahme (§ 830 II BGB) und zum anderen die Verantwortlichkeit bei Beteiligung von Alternativ- und Kumulativtätern (§ 830 I 2 BGB). Da der konkrete zivilrechtliche Nachweis des Schadensanteils eines jeden Mittäters/ Teilnehmers oft nicht geführt werden kann, ordnet § 830 I 1, II die Gesamtverantwortlichkeit jedes Mittäters/ Beteiligten an. Das Risiko der Haftungsverteilung verlagert sich so gem. §§ 840, 426 ins Innenverhältnis der Täter.
§ 830 I 1 und II BGB = (Mit-)Täter und Teilnehmer
I. haftungsbegründender Tatbestand
unerlaubte Handlung
alle Delikte iSd §§ 823 ff., bei vorsätzlicher Tatbegehung (Täterschaft und Teilnahme setzen ebenso Vorsatz voraus).
nicht (analog) bei Gefährdungstatbeständen, weil es an der Verknüpfung der wechselseitigen Tatbeiträge über das Vorsatzerfordernis fehlt.
Jedem der Täter/Teilnehmer werden die Folgen des vorsätzlich gemeinsam begangenen Delikts zugerechnet.
Mittäterschaft oder Teilnahme (grds. wie im StrafR, dh §§ 25 II- 27 StGB)
gemeinschaftliche Begehung (Abs. 1 S. 1) = Mittäterschaft, dh bewusstes und gewolltes Zusammenwirken zur Herbeiführung des Erfolges.
Anstifter und Gehilfen (Abs. 2) = Teilnahme, dh vorsätzliche Unterstützung einer vorsätzlichen (str.) fremden Tat
Notwendig sind einheitlich für Täterschaft und Teilnahme: subjektiv “neben der Kenntnis der Tatumstände wenigstens in groben Zügen den jeweiligen Willen des Einzelnen, die Tat gemeinschaftlich mit anderen auszuführen oder zu fördern” und objektiv “eine Beteiligung an der Ausführung der Tat, die in irgendeiner Form deren Begehung fördert und für diese relevant ist.”
Rechtswidrigkeit ist für jeden Anspruchsgegner gesondert festzustellen und richtet sich nach allgemeinen Regeln.
ist für jeden Anspruchsgegner gesondert festzustellen und richtet sich nach allg. Regeln
Verschuldensunfähigkeit schaden nicht, falls § 829: (+)
II. haftungsausfüllender Tatbestand
jeder der Mittäter, Teilnehmer haftet für den gesamten Schaden (ohne Entlastung wie bei § 830 I 2)
Schadensersatz, es gelten die allg. Grundsätze (§§ 249 ff.)
gesamtschuldnerische Haftung gem. § 840
§ 830 I 2 BGB = Beteiligte
Ein Schädiger soll sich nicht durch den Tatbeitrag eines anderen Schädigers entlasten können (Urheberzweifel = alternativer Kausalität). Der Geschädigte soll nicht das Beweisproblem haben, welcher Tatbeitrag welchen Anteil am Schaden hat (Anteilszweifel = kumulativer Kausalität).
Unerlaubte Handlung
gilt für alle Delikte iSd §§ 823 ff., die abgesehen von den bstehenden Kausalitätszweifeln iÜ voll verwirklicht sind.
Gilt auch für Gefährdungstatbestände im BGB und analog auch für Gefährdungstatbestände außerhalb des BGB insb. § 7 StVG und vertraglicher SEA wg. Schutzpflichtverletzung gem. §§ 280, 241 II
Mehrere Beteiligte
mehrere: Mindestens zwei verantwortliche Täter - die nicht als Mittäter, Gehilfe oder Anstifter zusammengewirkt haben, da dann Tatbeitragszurechnung bereits über § 830 I 1, II BGB -, wobei der Verletzte (bei Selbstschädigung) ebensowenig zählt, wie der gerechtfertigt oder schuldunfähig Handelnde (sofern nicht § 829 BGB eingreift).
Beteiligte: Zwei verantwortliche Schädiger sind nur Beteiligte, wenn ein Zusammenhang zwischen den Handelnden besteht. Nach hM (+), wenn die Handlungen nach Anschauung des praktischen Lebens einen zusammenhängenden Vorgang bilden. So insbesondere bei Gleichartigkeit der Gefährdung, bei räumlichem und zeitlichem Zusammenhang (Verkehrsanschauung).
Urheber- oder Anteilszweifel
Urheberzweifel: gewiss ist: mindestens einer der Beteiligten hat die Rechtsverletzung verursacht; ungewiss ist, welcher es war. Merke: § 830 I 2 BGB gilt nicht, wenn feststeht, dass ein Beteiligter sicher verantwortlich ist, bei den anderen aber nur die Möglichkeit der Verantwortlichkeit besteht. § 830 I 2 BGB daher nicht anwendbar, wenn das Gericht den Umfang der haftungsausfüllenden Kausalität ggf. durch gerichtliche “Schätzung” bestimmen kann. Nach hM scheidet ein Anspruch über § 830 I 2 BGB auch dann aus, wenn das Verhalten Mehrerer bzw. eines Schädigers mit einer möglicherweise zufälligen Schadensursache oder möglichen Selbstschädigung des Opfers zusammenfällt.
Anteilszweifel: Jeder Beteiligte hat selbstständig den Schadensfall verursacht; unklar ist der jeweilige Schadensanteil.
Rechtswidrigkeit und Verschulden
Fehlt bei einem Beteiligten das Verschulden - Ausnahme von § 829 BGB - oder liegt ein RFG, entfällt die Haftung aller Beteiligten iSv § 830 I 2 BGB.
jeder Beteiligte haftet für den gesamten Schaden, aber Entlastung bei Gegenbeweis mangelnder Kausalität möglich
Schadensersatz, es gelten die allgemeinen Grundsätze (§§ 249 ff. BGB) mit gesamtschuldnerischer Haftung § 840 BGB.
Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch, § 1004 BGB (analog)
Der Gesetzgeber hat in § 1004 I BGB für den Eigentümer einen sog. negatorischen Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch geregelt: Danach kann der Eigentümer vom Störer (Handlungs- oder Zustandsstörer) die Beseitigung der Störungsursache und die Unterlassung weiterer Beeinträchtigungen verlangen. Der Anspruch ist allerding gemäß § 1004 II BGB bei einer Duldungspflicht des Eigentümers ausgeschlossen. Ein solcher Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch steht gemäß § 862 BGB auch dem Besitzer zu.
Für andere Rechtspositionen, die durch §§ 823 ff. BGB geschützt werden, sind keine speziellen Beseitigungs- und Unterlassungsansprüche geregelt. Der Schutz der §§ 823 ff. BGB ist jedoch unvollständig, da sie den Betroffenen nur schützen, wenn bereits ein Schaden bei ihm eingetreten ist, Schutz vor drohenden Schäden oder Beseitigung einer andauernden Störung gewähren sie nicht. Diese Lücke im Rechtsschutzsystem schließt die hM durch eine analoge Anwendung des § 1004 BGB auf alle deliktisch geschützten Rechte und Rechtsgüter - sog. quasinegatorischer Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch.
Schadensausgleichung
I. Voraussetzungen der §§ 823 ff. BGB (“haftungsbegründender Tatbestand”)
II. Rechtsfolge (“haftungsausfüllender Tatbestand”)
Schadensfeststellung
Schaden = unfreiwillige Einbuße, die jemand an seinen rechtlich geschützten Rechtsgütern erleidet (Unterscheide: Vermögens- und Nichtvermögensschaden)
nach der sog. Differenzmethode
Vergleich des tatsächlichen, schadensbelasteten Zustandes mit dem hypothetischen schadensfreien Zustand
Normative Schadenskorrekturen wie bspw. Vorteilsanrechnung und bei Vorhaltekosten nach hM: obwohl freiwillige Aufwendungen ersatzfähig, soweit vorweggenommene Schadensminderungskosten (keine Reduzierung, wenn Geschädigter auch Schadensersatzanspruch ggü. Dritten hat)
Grds. kein Ersatz von Drittschäden (Ausnahme: DSL, VSD, §§ 844 f.)
Schadenszurechnung = haftungsAUSFÜLLENDE Kausalität
Äquivalenz, dh Rechts(gut)verletzung muss conditio sine qua non für Schaden sein
Adäquanz, dh Rechts(gut)verletzung muss generell geeignet sein, Schaden herbeizuführen; Schaden darf also nicht außerhalb jeglicher Lebenswahrscheinlichkeit liegen
Zurechnungskorrektur
Lehre vom Schutzzweck der Norm
Dient die verletzte Norm gerade dem Schutz vor der betreffenden Schadensposition? Dieses Begrenzungskriterium betrifft iRd haftungsausfüllenden Kausalität hauptsächlich die Abgrenzung zwischen dem spezifischen durch die Schädigung geschaffenen Risiko und dem allg. Lebensrisiko
bei Vorliegen einer Reserveursache (=hypothetische Kausalität)
Reserveursache war bereits vor Schadenseintritt gesetzt (“Anlagefälle”): Ersatz nur des “Verfrühungsschadens”
Reserveursache tritt erst nach dem Schadensereignis auf: nach hM Differenzierung
bie unmittelbaren Objektschäden unbeachtlich, dh der Erstschädiger wird nicht entlastet
bei mittelbaren Vermögensfolgeschäden (zB entgangener Gewinn, Rente) beachtlich, dh Entschädiger haftet nur bis zu dem Zeitpunkt des Eintritts der Reserveursache
bei rechtmäßigem Alternativverhalten
hL: grds. beachtlich, dh Schädiger wird wegen des fehlerhaften Verhaltens entlastet
BGH: Schutzzweck der jeweils verletzten Norm entscheidet über Erheblichkeit
(+) bei Inseratskosten für Stellenanzeige, die auch bei vertragsgemäßer Kündigung des AN entstanden wären
(-), wenn Schäden durch ordnungsgemäße OP durch Arzt 1, wenn Einwilligung nur zur OP durch Arzt 2
Art des Schadensausgleiches
Grundsatz: -> Naturalrestitution, § 249 (geht der Schadenskompensation vor)
§ 249 I: Herstellung in Natur
Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes (beachte: Ausschlussgrund § 250 S. 2 Hs 2) oder nach Wahl des Geschädigten
§ 249 II 1: Zahlung des zur Naturalrestitution erforderlichen Geldbetrages
bei Verletzung einer Person oder Sachbeschädigung
unerheblich, ob zur Beseitigung materieller oder immaterieller Schäden
entweder Abrechnung Reparaturaufwand oder (so Rspr) Wiederbeschaffungsaufwand. Grenze: Wirtschaftlichkeitspostulat: “erforderlich”; Prognoserisiko fällt Schädiger zur Last
Geschädigter kann disponieren, ob er Geld tatsächlich zur Herstellung verwendet oder fiktive Schadensberechnung (auf Gutachtenbasis) wählt (Ausnahme: Personenschäden); aber kein Anspruch auf USt für Ersatzfahrzeug. Aber: (-), wenn Sache unrepariert veräußert, dann nur Ersatz des Vermögensschadens nach § 251 I Fall 1 (Ausnahme: Auto)
bei Verletzung eines Tieres, § 251 I 2: Ersatz der Behandlungskosten auch dann, wenn diese den Wert des Tieres erheblich übersteigen; Gesamtwürdigung bzgl. der Wiedergenesung des Tieres als lebendes Geschöpf
§ 250 S. 2 Hs 1: Zahlung des zur Naturalrestitution erforderlichen Geldbetrages nach Fristsetzung wenn nicht für Verletzung eines Person/ Beschädigung einer Sache (denn dann schon § 249 II 1)
Ausnahme: -> Schadenskompensation §§ 251 ff.
Ausschluss der Naturalrestitution nach § 251, wenn Naturalrestitution:
unmöglich (Abs. 1 Fall 1) -> Reparatur ist aus technischen oder tatsächlichen Gründen nicht möglich
technischer Totalschaden, dh Reparatur technisch unmöglich (Sache ist verbrannt/zerstört)
aus tatsächlichen Gründen, wenn Anspruch auf Naturalrestitution wegen Verkauf der Sache untergegangen ist
ungenügend zur Befriedigung des Gläubigers (Abs. 1 Fall 2) -> Reparatur nicht zumutbar oder verbleibender Minderwert kann neben § 249 II 1 treten oder diesen ersetzen
technischer oder merkantiler Minderwert
ggf. Abrechnung auf Neuwagenbasis sog. unechter Totalschaden, wenn erhebliche Schädigung
unverhältnismäßig (Abs. 2) -> sog. wirtschaftlicher Totalschaden
Wiederherstellung ist für einen wirtschaftlich denkenden Geschädigten unternehmerisch unvertretbar = bei Abwägung Berücksichtigung des Restitutionsinteresses des Geschädigten (bei Behandlungskosten für ein Tier bis zum dreifachen Betrag der jährlichen Kosten der Tierhaltung)
idR, wenn Reparaturkosten zzgl. merkantiler Minderwert zusammen über dem Wiederbeschaffungswert liegen
Opfergrenze von 130% bei Kfz nur im Einzelfall übertragbar
Folge: Schadenskompensation aus §§ 251, 252 aber nur, wenn Vermögensschaden (Arg. ex. § 253 I)
Wertersatz
Ersatz des Wertes, den die Sache zum Zeitpunkt der Schädigung objektiv hatte (Wiederbeschaffungswert)
(bloßes Affektionsinteresse nur ersatzfähig, wenn es kommerzialisiert ist)
Nutzungsausfall = Vermögensschaden? -> “Kommerzialisierungsgedanke”
bei gewerblich genutzten Sachen:
grds. der dadurch entgangene Gewinn, § 252
Vorhaltekosten/Reservehaltung, § 251
bei privat genutzten Sachen (kumulativ):
Wirtschaftsgut von allg. zentraler Bedeutung
Benutzer ist auf ständige Verfügbarkeit angewiesen
Sache wäre ohne Schädigung tatsächlich benutzt worden
Verdienstausfall
nicht bei Erwerb, der unter Verstoß gegen gesetzliche Verbote (zB Schwarzarbeit) erzielt worden wäre
Vertane Urlaubszeit, nur wenn Urlaubsgenuss unmittelbar oder mittelbar Gegenstand einer vertraglichen Leistung und Vertragszweck gerade auf Ermöglichung von Urlaubsfreude gerichtet ist; also kein Ersatz über deliktische Haftung
Eigene Arbeitsleistung des Geschädigten zur Behebung des Schadens (+), wenn sie Marktwert hat
Verlust geldwerter Genussmöglichkeit (zB Theaterbesuch) -> Anwendung des “Kommerzialisierungsgedankens”; Wertersatz, wenn Geschädigter Genussmöglichkeit endgültig nicht mehr wahrnehmen kann
§ 252 -> entgangener Gewinn
unabhängig von der Art des Schadensersatzes (also auch bei Naturalrestitution)
der Höhe nach, was mit Wahrscheinlichkeit als Gewinn hätte erzielt werden können (Beweiserleichterung: Schädtzung durch das Gerich gem. § 287 ZPO möglich)
nur das, was auf gesetzmäßiger Art und Weise erzielt worden wäre
§ 253 II -> Ersatz des IMmateriellen Schadens (-> Schmerzensgeld) bei Verletzung von Körper, Gesundheit, Freiheit und sexuelle Selbstbestimmung -> sowohl aus Delikt, aus Vertrag oder Gefährdungshaftung!
Haftungsbeschränkungen
§ 9 bzw. § 17 StVg als lex specialis ggü. § 254
Eigenes Mitverschulden des Geschädigten, § 254 I (beachte: setzt nach hM analog §§ 827, 828 Verschuldensfähigkeit voraus; nach BGH analog beim Handeln auf eigene Gefahr und nach ganz hM auf eine mitwirkende Sach- oder Betriebsgefahr)
Zurechnung des Mitverschuldens Dritter, § 254 II 2 iVm § 278 (Beachte: § 254 II 2 in nach hM RechtsGRUNDverweisung; ggf. aber Zurechnung über Rechtsfigur der sog. Zurechnungseinheit)
Verstoß gegen die Schadensminderungsobliegenheit, § 254 II 1
Anspruchskürzung wegen gestörten Gesamtschuldnerausgleichs
ggf. ARBEITNEHMERprivileg: innerbetrieblicher Schadensausgleich bei betrieblich veranlasster Tätigkeit; ggü. ArbKollegen § 105 SGB VII
ARBEITGEBERprivileg gem. §§ 104, 105 SGB VII; § 46 Beamtenversorgungsgesetz; § 116 VI SGB X für Haushaltsangehörige
Ersatzpflicht nach §§ 842-845 BGB
I. § 842 BGB Umfang der Ersatzpflicht bei Verletzung einer Person
Geltungsbereich: für alle gegen Personen gerichteten unerlaubten Handlungen (einschließlich §§ 833, 834, 836, 838 BGB); in Sondergesetzen der Gefährdunghaftung oftmals Sonderregelungen
Vorschrift regelt ausdrücklich, dass bei Verletzung einer Person zum Schadensersatz auch diejenigen Nachteile gehören, welche die unerlaubte Handlung für den Erwerb oder das Fortkommen des Verletzten herbeigeführt haben.
ersatzfähige Nachteile sind idR nicht realisierte Vermögensvorteile, die durch Lohn-/Gewinnausfall, Ausbleiben einer Beförderung, verhinderten Wechsel in eine lukrativere Position etc. entstehen können; danben auch Nachteile, die im Verlust von Anwartschaften auf Leistungen aus öffentlichen oder privaten Versicherungen liegen
II. § 843 BGB Ausgleich bei Minderung der Erwerbsfähigkeit oder Vermehrung der Bedürfnisse
Es gilt eine Geringfügigkeitsgrenze für Minderung von ca. 10-20%:
Abs. 1: grds. durchZahlung einer (einheitlichen) Geldrente
Rechtsnatur: Schadensersatz- und kein Unterhaltsanspruch
Höhe: maßgeblich sind die konkret erlittenen Nachteile, dh im Falle der Beeinträchtigung der Erwerbsfähigkeit Vergleich der hypothetischen Entwicklung der konkreten Verhältnisse des Verletzten ohne Schadensereignis mit der Entwicklung, die Verhältnisse nach der Verletzung während des zum Zeitpunkt der Beurteilung überschaubaren Zeitraums nehmen werden und bei Vermehrung der Bedürfnisse Berechnung danach, welche Aufwendungen infolge der Verletzung zusätzlich erforderlich sind zB für medizinische Betreuung, Heilkuren, Medikamente etc, unter engen Voraussetzungen besonderer Betreuungsaufwand der Eltern für ihr verletztes Kind
Dauer: grds. Festsetzung einer zeitlichen Grenze der Rentenverpflichtung
Berücksichtigung hypothetischer Kausalverläufe und verletzungsbedingter Vorteile, ggf. Schadensminderungspflicht bzgl. der Umverteilung/-organisation der Haushaltsführung
Bei Änderung der für die Festsetzung der Dauer oder Höhe der Rente maßgeblichen Umstände ist eine Abänderung des Rententitels gem. § 323 ZPO möglich (sog. Abänderungsklage)
Anspruch ist grds. unpfändbar, § 850b I Nr. 1 ZPO
Abs. 2: Verweis bzgl. Rente auf § 760 zur Anwendung der Vorschriften für Leibrente
Abs. 3: Kapitalabfindung ausnahmsweise bei Vorliegen eines wichtigen Grundes
Wahlrecht leigt allein beim Verletzten
Beispiele für wichtige Gründe: Möglichkeit, sich mit der Kapitalabfindung eine neue Existenz aufzubauen; Gefahr, dass Schuldner auf Dauer die Rente nicht beibringen wird (zB Absetzen ins Ausland oder drohende Insolvenz)
Abs. 4: kein Ausschluss des Ersatzanspruches durch Verpflichtung eines anderen zur Unterhaltsgewährung an Verletzten; selbst dann nicht, wenn Unterhaltspflichtiger bereits geleistet hat.
III. § 844 BGB Ersatzansprüche Dritter bei Tötung
Ausweitung der Ersatzberechtigung auf bestimmte mittelbar Geschädigte
Anwendungsbereich: für alle unerlaubten Handlungen; in Sondergesetzen der Gefährdungshaftung oftmals Sonderregelungen; grds. nicht auf vertragliche Ansprüche
Anspruch des mittelbar Geschädigten nur, wenn auch unmittelbar Verletzter einen Anspruch hätte, also bspw. nicht bei vertraglichem Haftungsausschluss ggü. dem unmittelbar Verletzten; str. bei gesetzlichem Haftungsausschluss ggü. Schädiger
der Verletzung zeitlich späterer Vergleich/Verzicht des unmittelbar Verletzten beseitigen Anspruch aus § 844 BGB nicht
Berücksichtigung eventuellen Mitverschuldens des unmittelbar Verletzten gem. § 846 BGB
Unterscheide zischen einem eigenen anspruch der Hinterbleibenen aus § 844 BGB und dem auf sie kraft Erbrechts gem. § 1922 BGB übergegangenen Anspruch des Getöteten
Merke: Bei Erwerbsobliegenheit des Dritten, erfolgt die Anrechnung fitkiver Einkünfte idR Schadensminderungspflicht nach § 254 II BGB.
Vorstehende Ausführungen gelten für § 845 BGB entsprechend!
Abs. 1: Ersatz der Beerdigungskosten
Abs. 2: Ersatz des Unterhaltsschadens
Abs. 3: Hinterbliebenengeld
IV. § 845 BGB Ersatzansprüche wegen entgangener Dienste
keine Anwendung bei Tötung eines Ehepartners, da dieser weder durch die Haushaltsführung noch durch die Mitarbeit im Beruf oder Geschäft Dienste iSd § 845 BGB erbringt, sondern Unterhaltspflichten erfüllt
unerheblich, ob der Dienstverpflichtete die Dienste tatsächlich geleistet hat, solange er dazu aber rechtlich verpflichtet war
Ersatz in Form einer Geldrente
Rente pfändbar, § 850b ZPO findet keine Anwendung
Mitverschulden, § 254 BGB
I. § 254 I BGB (Mitverschulden bei der SchadensENTSTEHUNG9
Anwendungsbereich
grds. ggü. allen Schadensersatzansprüchen
entsprechende Anwendung auf Ansprüche aus §§ 906 II 2, 1004 BGB sowie auf § 667 BGB, bei fehlgeschlagenen Weisungen im Giroverhältnis und auf § 670 BGB, soweit auf Schadensersatz gerichtet; auch bei Schadensersatz aus Verkehrsunfall bei Unfallbeteiligten ohne Kfz
aber vorrangige Regeln bei Unfall mit KfZ-Beteiligten untereinander (§ 17 III StVG) und § 9 StVG ohne Kfz
Voraussetzungen
Anspruchssteller muss den haftungsbegründenden Tatbestand mit herbeigeführt haben (adäquate Kausalität)
eigenes Verschulden des Anspruchstellers
erfordert, da es beim Mitverschulden um eine Selbstschädigung geht, einen vorwerfbaren Verstoß des Geschädigten gegen seine eigenen Interessen. Abzustellen ist auf die Außerachtlassung derjenigen Sorgfalt, die ein verständiger Mensch zur Vermeidung eigener Schäden anzuwenden pflegt. Ein Verstoß des Geschädigten gegen gesetzliche Verhaltensvorschriften ist nicht erforderlich.
Mitverschulden setzt zudem in subjektiver Hinsicht Verschuldensfähigkeit (§§ 827, 828 BGB analog) und grds. Vorsatz oder Fahrlässigkeit im Hinblick auf eigenübliche Sorgfaltspflichtverletzung voraus
Anwendung des § 254 BGB aber ebenfalls, wenn auf Seiten des Geschädigten eine Sach- oder Betriebsgefahr mitgewirkt hat
Auch der Tatbestand des sog. Handelns auf eigene Gefahr kann als schuldhafte Selbstgefährdung unter § 254 BGB fallen
Rechtsfolgen
Trifft den Geschädigten ein Mitverschulden, hängt der Umfang der Ersatzpflicht des Schädigers von einer Würdigung und Abwägung der Umstände des Einzelfalls ab (§ 287 ZPO). Zu berücksichtigende Gesichtspunkte sind:
in erster Linie das Maß der beiderseitigen Verursachung
in zweiter Linie das Maß des beiderseitigen Verschuldens
eine mitwirkende Betriebsgefahr
str., ob daneben auch weitere Umstände wie wirtschaftliche Folgen, Bestehen von Versicherungsschutz oder verwandtschaftliche Beziehungen einbezogen werden können
Abwägung kann zu einer Schadensteilung (Festsetzung/ Haftungsquote), zu einem vollen Wegfall der Ersatzpflicht zu einer vollen Haftung des Schädigers führen. Haftungsanteile von weniger als 10% werden von der Rspr. idR NICHT berücksichtigt.
Beweisfragen
Beweislast trifft den Schädier, jedoch hat der Geschädigte eine Mitwirkungspflicht an der Sachaufklärung für aus seiner Sphäre stammenden Umstände.
Beweismaßstab ist der Strengbeweis gem. § 286 ZPO; für Umfang des Mitverschuldens gilt § 287 ZPO
bei der Schadensabwägung sind nur feststehende Umstände und nicht lediglich ein gesetzlich vermutetes Verschulden zu berücksichtigen
II. § 254 II 1 BGB (Mitverschulden bei der SchadensENTWICKLUNG)
Vorschrift regelt zwei Fälle des Mitverschuldens durch Unterlassen.
Unterlassen der Warnung des Ersatzpflichtigen vor der Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens
Verstoß gegen Schadensabwendungs- oder -minderungspflicht des Geschädigten
III. § 254 II 2 BGB (mitwirkendes Verschulden Dritter
Satz 2 ist wie ein selbstständiger Abs. 3 zu lesen, der sich sowohl auf Abs. 1 als auch auf Abs. 2 bezieht!
Die Bedeutung der Verweisung auf § 278 BGB ist nicht ganz unumstritten:
ganz hM: Rechtsgrundverweisung, dh Voraussetzung für die Anwendung des § 278 BGB ist, dass zwischen Anspruchssteller und Anspruchsgegner im Zeitpunkt der Entstehung des Schadens eine vertragliche Beziehung oder eine sonstige rechtliche Sonderverbindung bestanden hat. Begründet wird dies mit dem Gleichbehandlungsargument (Spiegelbildgedanke). Der Geschädigte soll nicht strenger für Hilfspersonen haften als der Schädiger. Infolgedessen erfolgt die Zurechnung auch für das Verhalten des gesetzlichen Vertreters, weshalb sich bspw. ein Kind das Verschulden seiner Eltern zurechnen lassen muss.
Konsequenterweise gilt § 254 II 2 BGB dann auch als Rechtsgrundverweisung auf §§ 31, 831 BGB.
mM: Rechtsfolgenverweisung, dh unbedingtes Einstehen des Verletzten für Vertreter- und Gehilfenverschulden, unabhängig vom Vorliegen einer Sonderverbindung, wobei zT der gesetzliche Vertreter generell ausgenommen wird
IV. Mitverschulden und Schädigermehrheit
Bei Mittäterschaft (entsprechend bei Anstiftung und Beihilfe) ist bei der zur Ermittlung des Umfangs der Ersatzpflicht notwendigen Abwägung der Verursachungs- und Schuldbeitrag sämtlicher Mittäter dem des Geschädigten gegenüberzustellen.
Bei Nebentäterschaft ist das Mitverschulden des Geschädigten ggü. jedem der Schädiger gesondert abzuwägen (Einzelabwägung). Insgesamt müssen die Schädiger jedoch nicht mehr als den Teil des Schadens ausgleichen, der bei einer Gesamtschau des Geschehens dem Anteil der Verantwortung entpsirhct, den sie im Verhältnis zur Mitverantwortung des Geschädigten insgesamt zu tragen haben. Der Anspruch des Anspruchsstellers gegen die einzelnen Schädiger ist also durch eine Kombination von Gesamtschau und Einzelabwägung zu ermitteln
Bilden mehrere Schädiger eine sog. Haftungseinheit, ist dem Tatbeitrag des Geschädigten der der Haftungseinheit gegenüberzustellen; auf diese entfällt nur eine gemeinsame Schadensquote
Alternativtäter haften auf die geringste (hypothetische) Quote
V. § 845 BGB: Zurechnung des Mitverschuldens bei abgeleiteten Ansprüchen
Geschädigter ist nicht zugleich Verletzter, sondern leitet seinen Anspruch von der Rechts(gut)verletzung der unmittelbar verletzten Person ab
Geschädigter muss sich Mitverschulden des unmittelbar Verletzten anspruchskürzend zurechnen lassen
Gesamtschuldnerschaft, § 840 BGB
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