Buffl

Einführung

PG
by Paul G.

Beitritt und Austritt

I. Beitritt zur EU

  • Allgemein geregelt in Art. 49 EUV

    • Konkretisierung erfolgt vor allem durch Protokolle 

1. Materielle Voraussetzungen

  • Europäischer Staat

    • Begrenzt sich nicht auf den europäischen Raum in einem engeren geographischen Sinne, sondern berücksichtigt geographische, historische und kulturelle Merkmale, die die Zugehörigkeit eines Staates zu Europa prägen.

  • Achtung der Werte des Art. 2 EUV

  • Beachtung der sonstigen Kriterien (vom Europäischen Rat festgelegt)

    • sog. Kopenhagener Kriterien

  • Verfassungsstaatlichkeit

  • Binnenmarktfähigkeit

  • Integrationswilligkeit

  • Erweiterungsfähigkeit der EU

2. Verfahren

 a) Antrags- und Verhandlungsphase

  • Antrag an den Rat der europäischen Union 

  • Unterrichtung der Kommission und des Europäischen Parlaments

  • Verhandlungen über den Beitritt 

 b) Unionsinterner Beschluss über Aufnahme

  • Einstimmiger Ratsbeschluss

  • Anhörung der Kommission

  • Zustimmung des Europäischen Parlaments

 c) Abschluss des Beitrittsvertrages durch die Mitgliedstaaten

-> Aufnahme des neuen Staates, Anpassung der Verträge, institutionelle Änderungen, Übergangsregelungen, Finanzen… 


II. Austritt aus der EU

  • Allgemein geregelt in Art. 50 EUV (erstmalig im Vertrag von Lissabon geregelt)

1. Voraussetzungen

  • Mitteilung an den Europäischen Rat über die Austrittsabsicht

  • Keine Zustimmung der "Rest"-Union über Beginn des Austrittsprozesses erforderlich

  • Kann jederzeit zurückgenommen werden

2. Verfahren 

  • Verhandlungen zwischen EU und dem austrittswilligen Staat über die Austrittsbedingungen

    • Vgl. Art. 218 III AEUV

  • Abschluss eines Austrittsvertrages

    • Mitgliedstaaten nicht unmittelbar beteiligt (müssen nicht ratifizieren)

    • Vertrag regelt nur die Austritrsbedingungen und nicht das künftige Verhältnis zwischen EU und nunmehr Drittstaat

    • Austrittsvertrag muss grundsätzlich innerhalb von zwei Jahren zustandekommen

      • Die Frist kann im Einvernehmen mit dem betroffenen Mitgliedsstaat verlängert werden (Art. 50 III Hs. 2 EUV)

3. Rechtsfolgen

  • Staat wird Drittstaat im Verhältnis zur EU

  • Wurde ein Austrittsvertrag geschlossen, so gelten fortan dessen Regelungen zwischen der EU und dem Drittstaat 

  • Wurde kein Austrittsvertrag geschlossen gelten die allgemeinem völkerrechtlichen Regelungen (z.B. die der WTO im Bereich des Handels) 


Effektivität des Unionsrechts

I. Die Union als Rechtsgemeinschaft (Rechtsunion)

  • Ideel: Union beruht auf freiwilliger Verpflichtung und nicht auf militärischer Gewalt

  • Jurisitisch: Die Union…

    • … beruht auf Recht

    • … handelt in Formen des Rechts

    • … wird in der Entfaltung durch das Recht begrenzt

  • Funktionell: Gemeinsame Ziele werden duch gemeinsames Recht verwirklicht

  • Herzstück des Unionssystems: Prinzip der einheitlichen Geltung und Anwendung des Unionsrechts

II. Sicherung des Unionsrechts

1. Eigenständigkeit des Unionsrechts und unmittelbare Geltung

  • Es ist weder klassisches "Staatsrechts“ noch übliches "Völkerrecht" 

  • Unionsrecht begründet eine neue Rechtsordnung des Völkerrechts

    • Arg: Ziele der Union bringen den Mitgleidstaaten und dem Einzelnen Vorteile, Bürger:innen sählen das Parlament, Art. 267 AEUV belegt die innerstaatliche Geltung des Unionsrechts, Art. 288 AEUV weist dem Unionsrecht (in Form der Verordnung) ausdrücklich unmittelbare Geltung in den Mitgleidstaaten zu

  • Kriterien der unmittelbaren Geltung

    • hinreichende Bestimmtheit

    • unbedingte Formulierung (Geltung darf nicht von weniteren Entscheidungen abhängig sein)

    • keinen Auslegungs- oder Ermessensspielraum bieten 

2. Folgerungen

  • die Einzelnen als "Hüter" des Unionsrechts 

  • die nationalen Gerichte wenden auch EU-Recht an und entlasten damit den EuGH

  • autonome Interpretation des Unionsrechts 

  • Auslegungsmaximen des staatlichen Rechts oder des Völkerrechts sind nur bedingt anzuwenden

3. Vorrang des Unionsrechts

  • Keine generelle Kollisionsregelungen in den Verträgen

    • Ausnahme: Vorrang der EU-Verordnungen (Art. 288 I AEUV)

  • Entscheidung des EuGH (Costa-E.N.E.L-Urteil; ECLI:EU:C:1964:66)

  • Unionsrecht ist für die Union und die Mitgliedstaaten verbindlich

    • andernfalls gäbe es keine unbedingten Verpflichtungen mehr (Sinn und Zweck der Verordnung würde untergraben werden) ; nur eventuelle

 -> Vorrang des Unionsrechts vor entgegenlaufendem nationalen Recht

 -> (P) Vorrang vor Verfassungsrecht

  • Bsp.: Verstoß gegen die EU-AGG-Richtlinie bzgl. der Zulassung von Frauen in der kämpfenden Truppe der Bundeswehr 

4. Rechtswirkungen

  • Anwendungsvorrang (Vorrang nur an jenen Stellen, an denen das EU-Recht mit dem nationalen Recht kollidiert = selektiver Vorrang) 

    • Kein Geltungsvorrang (Bsp.: Bundesrecht bricht Landesrecht = allgemeiner Vorrang) 

  • Umfang: Ist von allen innerstaatlichen Stellen von Amts wegen zu beachten

5. Grenzen des Vorrangs

  • BVerfG leitet den Anwendungsvorrang aus dem nationalen Ermächtigungsgesetzes zur Eingehung der jeweiligen europäischen Verträge

    • Damit sichert sich das BVerfG eigenen Zugriff auf die mögliche Reichweite, da es prüfen kann, ob die fragliche Norm von den von der Bundesrepublik an die EU übertragenen Rechte gedeckt ist 

  • Konkrete Grenzen nach BVerfG 89, 155 

    • "Identität der (deutschen) Verfassung" (Generalklausel)

   -> Unantastbarkeit der elementaren Staatsstrukturprinzipien und wesentlichen subjektiven Rechten

  • ausbrechende Rechtsakte ("Ultra-vires-Kontrolle")

   -> Wenn eine Maßnahme eines europäischen Organs offentsichtlich über die Kompetenzen hinausgeht, die der EU übertragen wurden

  • Kritik

    • Doppelkontrolle 

      • Teile der Wissenschaft postulieren, dass ein polypolares, mehrschichtiges und den Wettbewerb förderndes System der Kontrollinstanzen zu einer Steigerung des Rechtsprechungsqualität führt. Dem wird entgegengehalten, dass es das vorrangige Ziel der Rechtsprechung sein sollte, Rechtsklarheit und -einheitlichkeit herzustellen

    •    Gefährdung des Rechtsfriedens

    • Einheit des Unionsrechts 

      • Fragmentierung der Unionsrechtsordnung durch Konkurrenz der Gerichtsbarkeiten

6. Unionsrechtskonforme Auslegung nationalen Rechts

  • Zweck: Schonende Harmonisierung der Rechtsordnungen

  • Rechtsgrundlage: Art. 4 III EUV (Gebot der loyalen Zusammenarbeit)

  • Voraussetzungen

    • Unionsrechtliche Norm

    • Widerspruch zu nationalem Recht

    • Auslegungsspielraum im nationalen Recht

  • Rechtsfolge: Anpassung des Auslegungsergebnisses an das Unionsrecht

III. Haftung der Mitgliedstaaten

  • Zweck: Ersatz von Schäden durch Verletzung von Unionsrecht

  • Rechtsgrundlage:

    • Art. 4 III EUV (Gebot der loyalen Zusammenarbeit)

    • Richerliche Rechtsfortbildung

  • Voraussetzungen:

    • Verhatlten eines Mitgliedstaates (Handeln, Dulden oder Unterlassen)

    • Hinreichend qualifizierte Verletzung dieses Rechts (Verhalten, die offenkundig die Grenzen überschreiten, die das Unionsrecht setzt) 

  • Rechtsfolge: Schadensersatz nach nationalen Grundsätzen

  

Author

Paul G.

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