Buffl

Subjektiver Tatbestand

PG
by Paul G.

Dolus eventualis (Bedingter Vorsatz)

Definition

  • Abgrenzung zut bewussten Fahrlässigkeit ist strittig

    • Billigungstheorie (h.M.)

      • Kognitiv: Der Täter muss die Möglichkeit des Erfolgseintritts erkannt haben

      • Voluntativ: Der Täter muss den Erfolgseintritt billigend in Kauf genommen haben

        • Findet sich mit dem Erfolg ab

        • Nicht jedoch, wenn er auf das Ausbleiben des Erfolges 

      • Dafür spricht, dass die Möglichkeitstheorie kein Kriterium liefert, um den bedingten V orsatz von der bewussten Fahrlässigkeit abzugrenzen. Der Ansatz der Wahrscheinlichkeitstheorie lässt sich hingegen kaum realisieren (Problem der Bestimmung der Wahrscheinlichkeiten). „Bedingter Vorsatz kann auch dann gegeben sein, wenn dem Täter der Eintritt des Erfolges unerwünscht ist. Im Rechtssinne billigt er diesen Erfolg trotzdem, wenn er, um des erstrebten Zieles willen, notfalls, d. h. sofern er anders sein Ziel nicht erreichen kann, sich auch damit abfindet, dass seine Handlung den an sich unerwünschten Erfolg herbeiführt, und ihn damit für den Fall seines Eintritts will.

      • Der bedingte Vorsatz unterscheidet sich von der bewussten Fahrlässigkeit dadurch, dass der bewusst fahrlässig handelnde Täter darauf vertraut, der als möglich vorausgesehene Erfolg werde nicht eintreten, und deshalb die Gefahr in Kauf nimmt, während der bedingt vorsätzlich handelnde Täter sie um deswillen in Kauf nimmt, weil er, wenn er sein Ziel nicht anders erreichen kann, es auch durch das unerwünschte Mittel erreichen will.“

    • Hemmschwellentheorie (bei Tötungsdelikten zu berücksichtigen)

      • Bei der Begehung von Tötungsdelikten kann grundsätzlich von einer höheren Hemmschwelle ausgegangen werden. 

      • Möglichkeit, dass der Täter die Gefahr der Tötung nicht erkannte oder jedenfalls daruf vertraut hat, dass diese nicht eintritt, ist in Betracht zu ziehen

      • An die Bejahung der billigenden Inkaufnahme sind höhere Anforderungen zu stellen

      • Zu berücksichtigende Umstände

        • Eigengefährdung

        • affektive oder substanztive Beeinflussung 

        • Lebensrettungsaktivitäten nach der Tatbegehung

    • Möglichkeitstheorie (a.A.)

      • Es reicht aus, dass der Täter die Eintrittsmöglichkeit kannte und danach handelte.

      • Dagegen spricht, dass keine Abgrenzung zum bewusst fahrlässigen Handeln möglich ist.

Absolute Grenze zur bewussten Fahrlässigkeit

  • Bedingter Vorsatz ist immer dann anzunehmen, wenn nach allgemeiner Lebenserfahrung anzunehmen ist, dass die Tathandlung den für möglich gehaltenen Erfolg erreichen muss. 

  • Bsp.: T legt O eine Pistole auf die Brust, denkt sich "wird schon gut gehen" und drückt ab. Nach allgemeiner Lebenserfahrung ist anzunehmen, dass dieser Schuss tötlich ist. Der Vorsatz kann nicht entfallen.


Tatbestandsirrtum - error facti (§ 16 StGB)

Definition

Wer bei Begehung der Tat einen Umstand nicht kennt, der zum gesetzlichen Tatbestand gehört, handelt nicht vorsätzlich. 

Voraussetzungen

  • Täter kennt bei Begehung der Tat einen tatsächlichen Umstand nicht, der zum gesetzlichen Tatbestand gehört

  • Der Täter muss den Tatbestand nicht exakt jurisitisch erfassen. Es reicht laienhafte Tatbestandskenntnis 

Rechtsfolgen:

  • Die Vorsatzstrafbarkeit entfällt

  • Die Strafbarkeit aus einem Fahrlässigkeitsdelikt bleibt indes gem. § 16 I 1 StGB unberührt

Fallgruppen

Error in Obiecto (Irrtum über das Tatobjekt)

Beispiel: Jägerin J denkt irrigerweise, dass das von ihr anvisierte und getroffene Zielobjekt ein Hirsch sei, obwohl es sich um den Landstreicher O handelt.

Abgrenzung

  • Verbotsirrtum (§ 17 StGB)

    • Im Gegensatz zum Tatbestandsirrtum, erfasst der Täter alle tatbestandlichen Handlungen, glaubt jedoch irrtumsbedingt, sein Verhalten sei nicht vom Straftatbestand erfasst.

      • Täter kennt die Verbotsnorm nicht

      • Täter hält die Verbotsnorm für ungültig

      • Täter legt die Norm derart falsch aus, dass er sein Verhalten als nicht erfasst ansieht

    • Vor allem: Subsumtionsirrtum

      • Tatbestandvorsatz wird bereits dann angenommen, wenn der Täter den rechtlich-sozialen Gehalt des Tatbestandmerkmals auf Basis einer Parallelwertung in der Laiensphäre erkennt. Der Mangel des präzisen Erfassens des Tatbestandsmerkmals hat mithin grundsätzlich nicht das Entfallen des Vorsatzes zur Folge.

      • Entfernt A einen Strich vom Bierdeckel, erkommt er der Haftung gem. § 267 BGB nicht mit dem Argument, er habe nicht gewusst, dass es sich bei dem markierten Bierdeckel um eine Urkunde handelt.


Aberatio Ictus (Fehlgehen der Tat)

Voraussetzungen

  • Der Täter hat ein Handlungsobjekt individualisiert, sein Angriff geht jedoch fehl und trifft versehentlich ein anderes gleichwertiges Objekt, das der Täter gar nicht verletzen wollte

    • Strikt vom dolus comulativus (Der Täter nimmt in Kauf, mit seiner Handlung mehrere Tatbestände gleichzeitig (also nebeneinander) zu verwirklichen und mithin auch mehrere Erfolge herbeizuführen)

    •  und dolus alternativus abzugrenzen (Umschreibt Sachverhalte, in denen es der Täter bei Tatbegehung für sicher hält oder ernstlich damit rechnet, einen von zwei sich prinzipiell ausschließenden Tatbeständen zu 

Konkretisierungstheorie (h.M.)

  • Im Gegensatz zur error in persona tritt der Erfolg nicht an dem Objekt ein, das der Täter individualisiert hat 

    • Entfall des Vorsatzes, da eine wesentliche Abweichung vom Kausalverlauf gegeben ist 

  • Folgen

    • Versuch hinsichtlich der konkretisierten Person

    • Fahrlässigkeit hinsichtlich der tatsächlich betroffenen Person 

Gleichwertigkeitstheorie (m.M.)

  • Der Täter habe einen Menschen töten oder verletzen wollen und dies auch getan. 

  • Die Individualisierung ist unbeachtlich.

  • Der Vorsatz bleibt bestehen

Problemfälle

  • Fehlgehen einer Notwehrhandlung

    • § 32 StGB deckt Eingriffe in Rechtsgüter Dritter nicht

    • Verurteilung wegen vollendetem Totschlags überzeugt nicht

    • Anwendung der Konkretisierungstheorie -> Zwar keine Notweg, aber Vorsatz entfällt

  • Distanzfälle (z.B. Autobombe)

    • Lösung als beachtlicher / unbeachtlicher Irrtum im Kauslverlauf denkbar

    • h.M.: Error in Persona -> Vorsatz (+)

      • Arg.(+): Kriminalpolitisch ist es angezeigt, den Vorsatz zu bejahen, da der Täter höchst gefährliche Stoffe aus der Hand gegeben hat und damit für jeden eine Gefahr geschafften hat, der sich in dessen Wirkungskreis begibt.

    • m.M.: Aberatio Ictus -> Vorsatz (-)

      • Arg. (-): Der Täter hat seinen Vorsatz auf eine bestimmte Person konretisiert und ist damit auch auch diese beschränkt.


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Paul G.

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