Stufen der Fahrlässigkeit
Unbewusste Fahrlässigkeit: Unbewusst fahrlässig handelt, wer bei einem bestimmten Tun oder Unterlassen die begotene Sorgfalt außer Acht lässt und infolgedessen den gestzlichen Tatbestand verwirklicht, ohne dies zu erkennen.
Bewusste Fahrlässigkeit: Bewuust fahrlässig handelt, wer es für möglich hält, dass er den gesetzlichen Tatbestand verwirklicht, jedoch pflichtwidrig darauf vertraut, dass er ihn nicht verwirklichen werde
Leichtfertiges Handeln: Leichfertig handelt, wer die gebotene Sorgfalt in ungewöhlich hohem Maße verletzt (Besondere Anforderung bestimmter Tatbestände)
-> Die Stufe der Fahlässigkeit ist lediglich im Rahmen der Strafzumessung zu berücksichtigen
Prüfungsaufbau
I. Tatbestandsmäßigkeit
1. Eintritt des tatbestandsmäßigen Erfolges
2. Kausalität
Bestimmung nach der "Conditio sine qua non" Formel. Ist also das Verhalten des Täters kausal für den eingetetenen Erfolg?
3. Objektive Sorgfaltspflichtverletzung bei objektiver Vorhersehbarkeit des tatbestandlichen Erfolges
Bestimmung der erforderlichen Sorgfalt anhand der fiktiven Maßstabfigur eines besonnenen und gewissenhaften Menschen in der konkreten Lage und in der sozialen Situation des Täters
Berücksichtigung konkretisierender Sorgfaltsanfoderungen durch Spezialgesetze (formelle Gesetze und Rechtsverordnungen; z.B.: StVO), Erfahrungssätze wie z.B. die allgemein annerkannten Regeln der Technik oder der ärztlichen Heilkunst, technische Regeln unterhalb der gesetzlichen Ebene (z.B. Unfallverhütungsvorschriften)
Die Befolgung von Sondernormen ist lediglich ein Anzeichen für die Verkehrssicherheit des Täterverhaltens. Die Nichtbeachtung indiziert lediglich ein fehlerhaftes Verkehrsverhalten. Mithilfe der objektiven Vorhersehbarkeit kann ein solches Indiz widerlegt werden.
Objektiv vorhersehbar ist, was die objektive Maßstabfigur unter den jeweils gegebenen Umständen aufgrund der allgemeinen Lebenserfahrung in Rechnung stellen würde. Hierbei ist jedoch schärfendes Sonderwissen zu berücksichtigen.
4. Objektive Zurechenbarkeit des Erfolges
II. Rechtwidrigkeit
III. Schuld
1. Insbesondere: Subjektive Sorgfaltspflichtverletzung bei subjektiver Vorhersehbarkeit des tatbestandlichen Erfolges
2. Sonstige Schuldausschließungs oder -minderungsgründe
Anforderungen an die anzuwendende Sorgfalt
Als gefährlich erkannte Handlungen hat der Täter zu unterlassen oder nur unter ausreichenden Sicherheitsvorkehrungen vorzunhemen
Übernahmefahrlässigkeit: Der Täter darf eine Aufgabe dann nicht übernehmen, wenn er die dafür nötigen Kenntnisse und Fähigkeiten nicht hat
Art und Maß der anzuwendenden Sorgfalt ergeben sich aus den Anforderungen, die bei einer ex ante Betrachtung der Gefahrenlage an die objektive Maßstabfigur zu stellen sind.
Sonderkönnen bleibt zumeist unbeachtet, da ansonsten riskante Handlungen, die zur Befriedigung oder Erhaltung wichtiger sozialer Interessen dienen, zu schnell als strafbar erfasst wären
Besonderheiten hinsichtlich der objektiven Zurechenbarkeit
Atypischer Kausalverlauf: Ist bereits unter dem Prüfungspunkt der objektiven Vorhersehbarkeit zu beachten, denn atypische Kausalverläufe zeichen sich gerade dadurch aus, dass sie nicht objektiv vorhersehbar sind.
Schutzzweckzusammenhang: Es ist zu fragen, welchen Schutzzweck die konkrete Fahrlässigkeitsnorm hat. Wird ein rechtlich relevantes Risiko geschaffen, das die Grundlage dafür bildet, dass dem pflichtwidrig Handelnden der konkrete Erfolg als „sein Werk“ob die verletzte Sorgfaltsnorm gerade dazu dient, Erfolge wie den eingetrenen zu verhindern. Bsp.: Autofahrer A fährt in Ortschaft O zu schnell. In Ortschaft P überfährt A den Radfahrer R obwohl er sorgfaltsgemäß am Straßenverkehr teilnimmt. Der Schutzbereich der Geschwindigkeitsbegrenzung in Ort O ist räumlich begrenzt und erstreckt sich nicht auf das Geschehen in Ortschaft P.
Pflichtwidrigkeitszusammenhang: Die Pflichtwidrigkeit des Täterverhaltens muss sich im konkreten Erfolg verwirklicht haben. Dieser Zusammenhang fehlt, wenn der missbilligte Erfolg objektiv unvermeidbar war. D. h. der Erfolg auch bei pflichtgemäßem Alternativverhalten mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit eingetreten wäre. Dabei ist nicht auf ein hypothetisches Geschehen abzustellen, sondern auf jenes, das in der konkreten Tatsituation angelegt war.
h.M.: Unvermeidbarkeitslehre - Nach dem Grundsatz "in dubio pro reo" kommt ein Freispruch des Angeklagten bereits dann in Betracht, wenn der Erfolg in gleicher Weise auch bei sorgfältigem, fehlerfreiem Verhalten möglicherweise eingetreten wäre.
m.M.: Risikoerhöhungslehre - Die objektive Zurechenbarkeit ist bereits dann zu bejahen, wenn die Wahrscheinlichkeit des Erfolgseintritts bei sorgfältigem Verhalten geringer gewesen wäre
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