Was sollte der Räuber für Beute wählen, wenn er verschiedene Beuteorganismen zur Verfügung hat?
“Konzept des optimal foraging”
Konzept optimal foraging:
Ziel des Räubers ist es, seine Energieaufnahme pro Zeitgewinn zu maximieren, während er gleichzeitig den Aufwand (die Zeit und Energie, die er für die Jagd und das Fangen aufwendet) minimiert.
=> Daher sucht Räuber die Beute aus, die ihm den besten Energiegewinn pro Zeit bietet
Beutewahl – Welche Beute sollte der Räuber wählen?
Kleinere Beute:
I.d.R. leichter zu fangen, aber Energiegewinne pro Zeit ist oft niedriger
Größere Beute:
Sorgt für sehr hohen Energiegewinn pro Zeiteinheit, aber Fangen der Beute kann schwieriger und zeitraubender sein
=> Räuber muss entscheiden, ob Energiegewinn den zusätzlichen Aufwand (mehr Zeit und Energie) wert ist
= Die größte Beute ist nicht immer die beste Wahl
Beispiel Vorlesung: Bachstelzen
Energiegewinn pro Zeit ist bei einer Beutegröße von 7 mm am optimalsten -> In Umwelt aber nicht die häufigste Beutegröße!
Nimmt der Räuber einfach jede Beute die er sieht?
Aufgrund des optimal foraging-Modells trifft er eine bewusste Entscheidung!
Der Räuber wählt bzw. Sucht die Beute bei der er mit möglichst geringem Aufwand den maximalen Energiegewinn erzielen kann.
=> Wägt ab, welche Beute das beste Verhältnis von geringem Aufwand zu hohem Nutzen bietet.
Was ist das Grenzwerttheorem (Grundidee)?
Was ist die optimale Aufenthaltsdauer + Faktoren?
Grundidee:
=> Theorem beschreibt wie lange ein Organismus an einem Futterplatz bleibt, bevor er zum neuen wechselt
=> Berechnet die optimale Aufenthaltsdauer eines Organismus an einem Futterplatz mit verklumpten Ressourcen
Verklumpte Ressourcen: Ressourcen, die in best. Bereichen konzentriert sind -> Beeren an einem Strauch, Insekten an best. Ort
Was ist die optimale Aufenthaltsdauer?
=> Zeitpunkt, die Organismus am Futterplatz verweilen sollte, um bestmöglichen Energiegewinn pro Zeiteinheit zu erzielen
=> Energiegewinn am aktuellen Futterplatz ist gleich dem durchschnittlichen Energiegewinn
Durchschittlicher Energiegewinn ist die Energie, die der Organismus langfristig pro Zeiteinheit (inkl. Suchzeit) erzielt.
Graphische Darstellung des Grenzwerttheorems.
Wie wird die optimale Aufenthaltsdauer berechnet?
X-Achse: Suchzeit + Aufenthaltsdauer am Futterplatz
Y-Achse: Energiegewinn
Tr Aufenthaltsdauer (optimal) = Zeit, die an einem einzelnen Futterplatz verbracht wird
Tt Wanderdauer (Suchzeit) = benötigte Zeit, um neuen Futterplatz aufzusuchen
g(Tr) Ertragsfunktion = Ertrag, der am Futterplatz erzielt wird
Faktoren für Berechnung der optimalen Aufenthaltsdauer:
Suchzeit = Zeit, die benötigt wird, um neuen Futterplatz zu finden
Ertrag am Futterplatz = Energiegewinn, den Organismus durch Nahrungsaufnahme am Futterplatz erzielt (nimmt mit Zeit ab, da leicht zugänglichen Ressourcen zuerst konsumiert werden)
=> Energiegewinn über Zeit wird durch Ertragskurve dargestellt (erst steil, dann abflachend)
Ursprungspunkt (Suchzeit = 0, Energiegewinn = 0) aus wird Tangente an Ertragskurve angelegt
Schnittpunkt der Tangente mit Ertragskurve -> optimale Aufenthaltsdauer
Warum sollte der Räuber nach dem optimalen Zeitpunkt den Futterplatz verlassen?
Wechsel richtige Zeit:
Sobald Energiegewinnrate (Grenzertrag) am aktuellen Futterplatz geringer wird als durchschnittliche Energiegewinnrate (repräsentiert durch Tangente)
Späterer Wechsel ungünstig:
Grenzertrag (Energiegewinnrate) fällt weiter ab -> gewinnt weniger Energie pro Zeiteinheit, als er durch einen Wechsel zu neuem Platz erreichen könnte (Futterplatz erschöpft)
Früherer Wechsel ungünstig:
Zu früher Wechsel -> nutzt nicht alle Ressourcen am Futterplatz
Suchzeit nach neuem Platz verlängert sich -> kostet mehr Zeit und verringert den durchschnittlichen Energiegewinn pro Zeiteinheit
Verlängerte Suchzeit
Verlängerter Aufenthalt
Verkürzte Suchzeit
Verkürzter Aufenthalt
Erhöhte Patchqualität
Verringerte Patchqualität
Patchqualität ist die Menge an Energie oder Ressourcen, die ein Futterplatz liefert
Erhöhte Patchqualität: Mehr Energie oder Ressourcen, der Organismus bleibt länger.
Verminderte Patchqualität: Weniger Energie oder Ressourcen, der Organismus bleibt kürzer.
Verlängerte Suchzeit: Der Organismus bleibt länger an einem Futterplatz.
Verkürzte Suchzeit: Der Organismus bleibt kürzer an einem Futterplatz, da er schnell zu einem neuen Platz wechseln kann.
Was versteht man unter Prädation?
Prädation:
Interaktion, bei der ein Organismus (Prädator) einen anderen Organismus (Beute) konsumiert oder teilweise nutzt, um Energie zu gewinnen.
=> Fast jeder Organismus ist entweder Konsument oder wird konsumiert
Echte Prädatoren = töten im Laufe ihres Lebens viele Beuteorganismen und konsumieren sie
Parasiten = verbrauchen nur Teile eines/weniger Wirte, töten diesen meist nicht
Parasitoide = legen Eier in Wirt und Larven töten diesen später (z.B. Schlupfwespen)
Räuber spielen in den meisten Systemen eine wichtige Rolle durch zwei Effekte.
1) Direkte Reduktion der Beutedichte
konsumieren ihre Beute direkt -> Populationsdichte der Beute sinkt
Der direkte Einfluss lässt sich über eine funktionelle Reaktion bestimmen
2) Indirekte Beeinflussung
Räuber wirken auch indirekt, indem sie Verhalten der Beute beeinflussen
Räubervermeidung: Beute reduziert Aktivität (z.B. weniger Nahrungssuche) -> verringert Herbivorie
Fekundität: Stress durch Räuberdruck kann Reproduktionsrate senken
Die funktionelle Reaktion ist ein Modell, das zeigt, wie sich die Konsumrate, mit der ein Räuber Beute frisst, verändert, wenn die Dichte der Beute steigt.
Was ist die funktionelle Reaktion?
Beschreibt, wie sich die Konsumrate eines Räubers (also die Anzahl der Beutetiere, die er pro Zeiteinheit frisst) ändert, wenn die Beutedichte (also die Anzahl der Beutetiere pro Flächeneinheit) variiert, unter Berücksichtigung der Angriffsrate und der Handhabungszeit.
=> Stellt Abhängigkeit der Konsumrate von der Beutedichte, der Angriffsrate und der Handhabungszeit dar
Konsumtionsrate des Räubers hängt von drei Hauptfaktoren ab:
Beutedichte = Anzahl der Beutetiere, die pro Flächeneinheit verfügbar sind
Angriffsrate (Suchrate) = Wahrscheinlichkeit, mit der Räuber Beutetier findet, was von seiner Sucheffizienz abhängt
Handhabungszeit = Zeit, die Räuber benötigt, um Beute zu fangen, töten und verzehren oder um sich auf nächsten Angriff vorzubereiten
Holling unterscheidet 3x verschiedene Typen von funktionellen Reaktionen, die zeigen, wie die Konsumrate eines Räubers von der Beutedichte abhängt.
Beschreibe sie.
Typ 1) Lineare Reaktion
Konsumrate des Räubers (die Anzahl der Beutetiere, die er pro Zeiteinheit frisst) steigt linear mit der Beutedichte (Anzahl der Beutetiere pro Flächeneinheit)
Es gibt keinen “Sättigungseffekt” - Räuber kann ungebremst Beute fressen, solange welche vorhanden ist
Einschränkungen/Handhabungszeit vernachlässigt
Typisch: filtrierende Räuber (Schwebfliegenlarven)
Typ 2) Dezelierende Reaktion
Konsumrate des Räubers steigt mit zunehmender Beutedichte, aber nicht linear -> Zunahme der Konsumrate verlangsamt sich mit steigender Beutedichte und erreicht schließlich ein Sättigungsniveau
Bei hoher Beutedichte -> Fangrate verlangsamt sich, weil Räuber mit der Verarbeitung der Beute beschäftigt ist und nicht schneller fressen kann, auch wenn mehr Beute verfügbar ist -> Sättigungsphase
Typ 3) Sigmoide Reaktion
Konsumrate des Räubers zeigt sigmoide (S-förmige) Kurve bei zunehmender Beutedichte
Niedrige Beutedichte: Räuber frisst relativ wenig Beute, da er entweder eine schlechte Sucheffizienz hat oder noch Lernprozesse durchläuft
Steigende Beutedichte: Wenn Beutedichte steigt, steigt auch Konsumrate, aber langsamer zu Beginn (Verzögerung)
Sättigungsgrenze -> Handhabungszeit schränkt auch hier die Fähigkeit des Räubers ein
Typisch: Räuber, die Lernverhalten zeigen (junge oder unerfahrene Räuber oder, die in neuen Umgebungen jagen)
In der Abbildung ist eine “Sättigung” bei Typ 1 eingezeichnet und stellt einen “modifizierten” Typ 1 dar, der über die reine Theorie hinausgeht.
Theorie Typ 1:
Ignoriert die Handhabungszeit eines Räubers
Es wird angenommen, dass der Räuber keine physiologische oder mechanische Grenze hat, wie viel Beute er pro Zeiteinheit konsumieren kann
Abbildung:
Gezeigte Sättigung spiegelt die Realität besser wider -> selbst bei sehr hoher Beutedichte wird Räuber irgendwann gesättigt sein oder Beute nicht mehr verarbeiten können
Zeigt maximale Konsumrate
Beispiele aus der Vorlesung zu den Varianten der funktionellen Reaktion.
Typ 1: Daphnien (Wasserflöhe) - häufig bei Filtrierer
Bei Daphnien ist Konsumrate direkt proportional zur Beutedichte (Algen), solange keine physiologischen Grenzen wie Sättigung auftreten
es gibt kaum Handhabungszeit, da das Filtern ein kontinuierlicher Prozess ist (Beute wird passiv gesammelt) -> kein zusätzlicher Aufwand für Suchen, Erkennen, Attackieren etc.
Typ 2: Kühe und Gras (Herbivoren)
Eine Kuh kann nur begrenzte Menge an Gras fressen, selbst wenn Gras in Überfülle vorhanden ist -> Kauen und Verdauen begrenzt Konsumrate
Häufigster Typ (Standardmodell meisten Räuber-Beute-Beziehungen) => In Natur müssen sich Räuber mit Handhabungszeit und physiologischen Begrenzungen auseinandersetzen
Typ 3) Mäuse und Insektenpopulation
Mäuse jagen Insektenpuppen
Niedrige Beutedichte der Puppen: Konsumrate gering -> Puppen nicht leicht zu finden oder Aufwand lohnt sich nicht
Hohe Dichte: Konsumrate steigt an mit Verzögerung mit Sättigungsphase
Definition von
funktioneller Response
numerischer Response
totaler Response
funktionelle Response:
Beschreibt, wie ein einzelner Räuber auf Änderungen der Beutedichte reagiert -> 3 Typen funktioneller Reaktion
numerische Response:
Beschreibt, wie sich Dichte der Räuberpopulation in Abhängigkeit von Beutedichte verändert -> durch Migration, Geburt oder Tod der Räuber (Resultat der Menge an verfügbarer Beute)
Zunahme Räuberdichte: mehr Beute verfügbar -> mehr Räuber können geboren werden oder in Gebiet einwandern
Abnahme Räuberdichte: Beute knapp -> Räuber sterben oder verlassen Gebiet
totale Response = numerisch + funktionell
Beschreibt gesamte Wirkung der Räuberpopulation auf Beutepopulation -> spiegelt sich in Mortalität der Beute wider
=> fasst zusammen, wie stark die Räuberpopulation insgesamt die Beutepopulation reduziert
Räuber-Beute-Dynamik und Lotka-Volterra-Modell => Räuber-Beute-Oszillation
Beschreibe das Modell von Lotka-Volterra, welches die Räuber-Beute-Dynamik widerspiegelt.
Grundlagen des Lotka-Volterra-Modells
Beschreibt Veränderung der Populationsdichten von Räubern und Beutetieren über die Zeit und wie sie sich gegenseitig beeinflussen
Zentrale Komponenten sind:
Beutepopulation: Veränderung durch…
Wird durch Konsumrate der Räuber reduziert
Räuberpopulation: Veränderung durch…
Hängt von Beutedichte ab, da Räuber Beute benötigen, um zu überleben und sich zu vermehren
Wird durch Effizienz der Räuber beim Fangen und Verwerten der Beute beeinflusst
Beute- und Räuberdichte beeinflussen sich gegenseitig (Wechselwirkung) => führen zu zyklischen Schwankungen (Oszillationen) in Populationsdichten -> durch Rückkopplungseffekte
zwei mathematische Darstellungen -> Linien im Diagramm:
Beuteisokline = Beschreibt den Zustand, in dem die Beutepopulation stabil bleibt
=> Beurepopulation stabil: Wachstumsrate der Beute entspricht genau der Konsumrate der Räuber
=> höhere Räuberdichte = Beutedichte nimmt ab
=> niedrige Räuberdichte = Beutedichte steigt
Räuberisokline = Beschreibt den Zustand, in dem Räuberpopulation stabil bleibt
=> Räuberpopulation stabil: Beutedichte reicht gerade so aus, um Verluste der Räuberpopulation auszugleichen
=> Beutedichte höher = Räuberpopulation wächst
=> Beutedichte niedriger = Räuberpopulation nimmt ab
Die Räuber-Beute-Oszillation folgt einem zyklischen Muster. Beschreibe es.
Hohe Beutedichte:
Beutepopulation bietet ausreichend Nahrung -> sodass Räuberpopulation zunimmt
Zunehmende Räuberdichte:
Durch höhere Anzahl von Räubern wird Beutedichte stärker reduziert
Sinkende Beutedichte:
Es gibt weniger Nahrung für Räuber, wodurch deren Population abnimmt
Geringe Räuberdichte:
Mit weniger Räubern kann sich die Beutepopulation wieder erholen, und der Zyklus beginnt von vorn
Phasenverschiebung der Oszillation
Räuberpopulation folgt der Beutepopulation mit einer Verzögerung von etwa einer Viertelphase
Warum treten Räuber-Beute-Oszillationen selten in idealisierter Form auf? (Nach Lotka-Volterra-Modell)
Räuber-Beute-Oszillationen = zyklische Schwankung der Populationsdichten von Räubern und Beute im Ökosystem
Beispiel aus der Vorlesung!
Zusätzliche reale Faktoren werden im Lotka-Volterra-Modell nicht berücksichtigt -> weicht von der theoretischen Oszillation ab -> stört regelmäßige Oszillationen
Externe Faktoren: Wetterbedingungen, Krankheiten, Habitatzerstörung -> können zu unregelmäßigen Schwankungen führen
Vielfältige Interaktionen -> in Natur oft mehr als zwei Arten die miteinander interagieren. Räuber jagen nicht immer nur eine einzige beuteart, Beutetiere werden von mehreren Räubern gejagt
Beispiel Vorlesung:
=> Schwankung der Populationsdichte von Schneehasen und kanadische Luchse (nach Pelzrückgang)
=> Deuten auf eine Räuber-Beute-Oszillation hin
=> Es gibt aber noch andere Zusammenhänge, die betrachtet werden müssen:
Schneehühner auch Beute der Luchse -> können Populationsschwankungen der Hasen abpuffern
Verfügbarkeit von Winterfutter für Hasen hat auch Auswirkung auf Populationsdichte
Last changed8 days ago