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Altklausur

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by Florian S.

Wann liegt nach dem Gesetzeswortlaut Zahlungsunfähigkeit vor? Nach der Rechtsprechung des BGH können sowohl in zeitlicher Hinsicht als auch der Höhe nach kleineren Deckungslücken vorliegen, ohne dass dies zu einer Zahlungsunfähigkeit führen muss. Erläutern Sie dies anhand der Stufen/Schritte der Zahlungsunfähigkeitsprüfung.

Gesetzeswortlaut: Zahlungsunfähigkeit liegt vor, wenn ein Schuldner fällige Zahlungspflichten nicht erfüllen kann und dies auch nicht in absehbarer Zeit möglich ist.

  1. BGH-Rechtsprechung:

    • Deckungslücke ≤ 10 %: Vorübergehend tolerierbar, wenn sie innerhalb von 3 Wochen geschlossen wird (Zahlungsstockung).

    • Deckungslücke > 10 %: Zahlungsunfähigkeit, sofern keine fristgerechte Schließung möglich ist.

Stufe 1: Bestandsaufnahme

  • Identifikation aller fälligen Verbindlichkeiten (Fälligkeit, Mahnstufen).

  • Gegenüberstellung dieser Verbindlichkeiten mit den vorhandenen Zahlungsmitteln (Barmittel, liquide Mittel).

Stufe 2: Ermittlung der Deckungslücke

  • Berechnung der Deckungslücke: Deckungslücke =Fällige Verbindlichkeiten−Verfügbare ZahlungsmittelDeckungslücke=Fällige Verbindlichkeiten−Verfügbare Zahlungsmittel

  • Feststellung, ob die Deckungslücke ≤ 5 %, 5–10 % oder > 10 % beträgt.

Stufe 3: Prognose zur Schließung der Deckungslücke

  • Beurteilung der Frist zur Schließung der Deckungslücke:

    • Ist die Deckungslücke ≤ 10 % und kann sie innerhalb von 3 Wochen geschlossen werden? → Zahlungsstockung.

    • Kann die Lücke nicht geschlossen werden, insbesondere bei einer Überschreitung von 10 % der Verbindlichkeiten? → Zahlungsunfähigkeit.


Bitte beschreiben Sie kurz die Unterschiede zwischen den Insolvenzeröffnungsgründen (i) Zahlungsunfähigkeit, (ii) drohende Zahlungsunfähigkeit und (iii) Überschuldung; nehmen Sie insbesondere dazue. f. g. Stellung,

(a) bei welchen der Eröffnungsgründen eine Pflicht zur Insolvenzantragstellung besteht und bei welchen nicht und

(b) welche Eröffnungsgründe für die Einleitung eines sog. Schutzschirmverfahrensnach § 207d InsO tauglich sind und welche nicht.

  1. Zahlungsunfähigkeit (§ 17 InsO):

    • Definition: Schuldner kann fällige Zahlungspflichten nicht erfüllen und wird dies auch in absehbarer Zeit nicht können.

    • Merkmal: Akuter Liquiditätsmangel (>10 % Deckungslücke ohne Schließung innerhalb von 3 Wochen).

    • Antragspflicht: Ja, Antragspflicht innerhalb von 3 Wochen (§ 15a InsO).

    • Schutzschirmverfahren: Nicht tauglich, da keine Sanierungsvorbereitung möglich ist.

  2. Drohende Zahlungsunfähigkeit (§ 18 InsO):

    • Definition: Schuldner wird voraussichtlich fällige Zahlungspflichten nicht zum Zeitpunkt der Fälligkeit erfüllen können.

    • Merkmal: Prognostizierter Liquiditätsengpass (innerhalb von 24 Monaten).

    • Antragspflicht: Nein, Antrag freiwillig durch den Schuldner möglich.

    • Schutzschirmverfahren: Tauglich, da präventiver Charakter und Sanierungsabsicht möglich sind.

  3. Überschuldung (§ 19 InsO):

    • Definition: Verbindlichkeiten übersteigen das Vermögen (nach Liquidationswerten), und die Fortführung des Unternehmens ist nicht überwiegend wahrscheinlich.

    • Merkmal: Kombination aus rechnerischer Überschuldung und negativer Fortbestehensprognose.

    • Antragspflicht: Ja, Antragspflicht bei Überschuldung ohne Fortbestehensprognose.

    • Schutzschirmverfahren: Nicht tauglich, da das Verfahren keine akute Sanierungsvorbereitung mehr ermöglicht.

Stellungnahme zu (a) und (b)

(a) Pflicht zur Insolvenzantragstellung

  • Ja, Antragspflicht: Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung.

  • Nein, keine Antragspflicht: Drohende Zahlungsunfähigkeit.

(b) Tauglichkeit für Schutzschirmverfahren (§ 270d InsO)

  • Tauglich: Drohende Zahlungsunfähigkeit, da es präventiven Charakter hat und Sanierungsmaßnahmen vorbereitet werden können.

  • Nicht tauglich: Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung, da sie akute Insolvenzgründe darstellen, die keine Schutzfrist für Sanierungsmaßnahmen mehr erlauben.


Maßnahmen zur Beseitigung der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung (8 Punkte)

a. Eine Gesellschaft A weist in der Überschuldungsbilanz eine rechnerische Überschuldung von EUR 1 Mio. aus. Die Gesellschaft ist mit Gesellschafterdarlehen in Höhe von TEUR 300 und TEUR 700 finanziert. Nennen Sie (stichpunktartig) Möglichkeiten, die rechnerische Überschuldung zu beseitigen.

b. Die Gesellschaft A hat nach Aufstellung einer Liquiditätsbilanz festgestellt, dass sie 95% der zum Stichtag fälligen Verbindlichkeiten bezahlen kann. Allerdings ist zum Stichtag bereits erkennbar, dass innerhalb von drei Wochen Verbindlichkeiten (i) gegenüber Lieferanten und (ii) dem Gesellschafter in einer solchen Höhe fällig werden, dass nur noch 70% der dann bestehenden fälligen Verbindlichkeiten bezahlt werden können. Nennen Sie (stichpunktartig) Möglichkeiten wie die Gesellschaft A ihre Liquiditätsbilanz verbessern und die Deckungslücke verkleinern kann

Debt-Equity-Swap: Kapitalerhöhung durch Gläubiger Forderung als Sacheinlage in Unternehmen eingebracht

Forderungsverzicht: Die Gesellschafter verzichten auf die Darlehensforderung und somit entfällt das 1 Mio. Verbindlichkeiten somit hat das Unternehmen weniger Verbindlichkeiten und somit ist es nicht mehr Überschuldet – geht ins Eigenkapital über


  1. Erhöhung der liquiden Mittel:

    • Aufnahme kurzfristiger Kredite oder Überbrückungskredite.

    • Verkauf oder Verwertung nicht betriebsnotwendiger Vermögensgegenstände.

    • Einbringung von Kapital durch Gesellschafter (z. B. Nachschüsse, Darlehen).

    • Vorzeitige Einziehung offener Forderungen (z. B. durch Factoring).

  2. Reduzierung der Verbindlichkeiten:

    • Verhandlung von Stundungen mit Gläubigern (z. B. Lieferanten, Gesellschaftern).

    • Vereinbarung von Ratenzahlungen oder Moratorien.

    • Forderungsverzicht durch Gesellschafter.

  3. Optimierung der Zahlungsflüsse:

    • Priorisierung betriebsnotwendiger Zahlungen, z. B. für Lieferanten, um den Geschäftsbetrieb aufrechtzuerhalten.

    • Verzögerung von Zahlungen, soweit rechtlich zulässig, insbesondere gegenüber Gesellschaftern.


Erläutern Sie jeweils die wesentlichen Themen der Nachfolgehaftung nach § 1409 ABGB und § 38 UGB. Worin liegen die wesentlichen Unterschiede zwischen diesen beiden Bestimmungen?

§1409 ABGB

Schützt Gläubiger des Veräußerers gegen Entzug ihres Haftungsfonds

Übernahme de Unternehmens muss rechtsgeschäftlicher Art sein (keine Gültigkeit Verpachtung) →setzt Übertragung von sachrechtlichen Vorschriften voraus Veräußerer und Erwerber haften zu ungeteilten Hand

Haftung Erwerber: gilt zu unternehmensbezogenen Schulden die er kannte/kennen musste zum Zeitpunkt der Übergabe

→ leichte Fahrlässigkeit des Erwerbers genügt für die Haftung

Haftung des Erwerbers entfällt, wenn er Kaufpreis im Auftrag des Veräußerers oder Veräußerer selbst zur Gläubigerbefriedigung verwendet. Reicht Kaufpreis nicht aus, so ist das Zuvorkommen entscheidend.

§38 UGB

Es genügt die Fortführung eines unter Lebenden erworbenen Unternehmens

Erwerber haftet nicht bloß für die im Geschäftsbetrieb begründeten Verbindlichkeiten sondern er übernimmt die zum Zeitpunkt des Übergangs bestehenden unternehmensbezogenen Rechtsverhältnisse des Veräußerers (bis dahin entstandene Rechte /Verbindlichkeiten)

Es steht im aber ein Recht zu binnen 3 Monaten eine Widerspruch einzulegen, das Vertragsverhältnis besteht aber weiter Haftung des Erwerbers kann dadurch ausgeschlossen werden, dass sie vertraglich bei Unternehmensübergang im Firmenbuch abbedungen wird.

!! Haftung bei Erwerb im Weg der Zwangsvollstreckung oder Insolvenzverfahren wird ausgeschlossen!

Wesentliche Unterschiede:

  • §38 dispositiv mit Publizitätsakt §1409 zwingend und unbeschränkt

  • §1409 betraglich beschränkt / §38 nicht


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Florian S.

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