Wer sind die Empfänger von Restrukturierungskonzepten?
Unternehmen
Eigentümer/Aufsichtsrat
Management
Mitarbeiter
Betriebsrat/Gewerkschaft
Banken
Kreditversicherer
Lieferanten
Wirtschaftsprüfer
Gesetzliche Dokumentation (Sanierungskonzept)
Wodurch wird die Erstellung meist ausgelöst?
Wirtschaftsprüfer:
„Going concern“
DE & AT: Bei der Bewertung ist von der Fortführung des/der Unternehmens(tätigkeit) auszugehen, solange/sofern dem nicht tatsächliche oder rechtliche Gründe/Gegebenheiten entgegenstehen.
Überschuldung
DE: Keine dezidierte Erläuterungspflicht im Gesetz. Erfordernis durch §252 (1) Z2 HGB „rechtliche Gegebenheiten“
AT: Im Anhang ist zu erläutern, ob eine Überschuldung im Sinne des Insolvenzrechts vorliegt.
DE: Überschuldung liegt vor, wenn das Vermögen des Schuldners die bestehenden Verbindlichkeiten nicht mehr deckt, es sei denn, die Fortführung des Unternehmens ist nach den Umständen überwiegend wahrscheinlich…
AT: Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens…findet…auch bei Überschuldung statt. OGH: Nicht jedoch, wenn diese Unterbilanz durch den Ertragswert, das ist also durch eine geschätzte zukünftige positive Entwicklung, ausgeglichen werden kann.
Woraus entwickeln sich Standards?
Einzige Externe Parteien, die zur Einschätzung gesetzlich verpflichtet sind:
Ex ante: Wirtschaftsprüfer
Fortführungsprognose
Insolvenzrechtliche Beurteilung
Ex post: Judikative Urteile zur insolvenzrechtlichen Überschuldung
AT: Grundsatzurteil: Fortbestehensprognose heilt Überschuldung
AT: Präzisierung Inhalt:
Sorgfältige Analyse von Verlustursachen
Finanzierungsplan
Zukunftsaussichten inkl. Sanierungsmaßnahmen
Wie wird eine Krise, Reorganisation, Restrukturierung oder Sanierung definiert?
Krise
Die Gesellschaft befindet sich in der Krise, wenn sie
zahlungsunfähig oder
überschuldet ist oder
die Eigenmittelquote der Gesellschaft weniger als 8% und die fiktive Schuldentilgungsdauer mehr als 15 Jahr betragen, es sei denn, die Gesellschaft bedarf nicht der Reorganisation.
Reorganisation
Reorganisation ist eine nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen durchgeführte Maßnahme zur Verbesserung der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage eines im Bestand gefährdeten Unternehmens, die dessen nachhaltige Weiterführung ermöglicht.
Restrukturierung
Unter Restrukturierung fallen Maßnahmen, die auf die Restrukturierung des Unternehmens des Schuldners abzielen und zu denen die Änderung der Zusammensetzung der Bedingungen oder der Struktur der Vermögenswerte und Verbindlichkeiten gehört, etwa der Verlauf von Vermögenswerten sowie alle erforderlichen operativen Maßnahmen.
Sanierung
Wird in Gesetzen erwähnt, jedoch nicht definiert.
Was ist eine Restrukturierung?
Umfasst sämtliche Maßnahmen, die
eine Änderung der Aufbau- und Ablauforganisation,
eine Neuregelung der Kapitalstruktur und/oder
eine Optimierung des Portfolios zum Ziel haben.
Restrukturierung ist auch in der Krise möglich, setzt diese jedoch nicht voraus. Restrukturierung dient daher als Oberbegriff, Sanierung ist eine Sonderform der Restrukturierung.
Was ist der Unterschied zwischen Zahlungsunwilligkeit, Zahlungsstockung, drohenede Zahlungsunfähigkeit, Zahlungsunfähigkeit?
Zahlungsunwilligkeit (z.B. wegen bestrittener Forderungen) aber auch eine Zahlungsstockung stellt keinen Insolvenzeröffnungstatbestand dar.
Zahlungsstockung —> Vorübergehender Liquiditätsengpass:
DE: max. 10% Unterdeckung oder 100% Deckung innerhalb von 3 Wochen
AT: max. 5% Unterdeckung oder 100% Deckung innerhalb von 3 Monaten
Drohende Zahlungsunfähigkeit
Wahlrechte in den modernen Insolvenzordnungen (§18 InsO DE, §167 IO AT)
Ein Verfahren kann auch bei drohender Zahlungsunfähigkeit eröffnet werden (Wahlrecht)
Antrag des Schuldners notwendig
Nicht auf Gläubigerantrag möglich
ZahlungsunfähigkeitA:
bedeutet, dass fällige Verbindlichkeiten nicht mehr bezahlt werden können
ist insbesondere anzunehmen, wenn Schuldner seine Zahlungen einstellt
ist von Gläubiger zu bemerken (bekommt ein Geld mehr) → Gläubigerantrag möglich
setzt nicht voraus, dass Gläubiger andrängen (zur Zahlung auffordern)
ist nicht durch die Zahlung einzelner Gläubiger oder teilweise Befriedigung behebbar
Zahlungsstockung vs. Zahlungsunfähigkeit:
DE: max. 10% Unterdeckung oder Deckung innerhalb von 3 Wochen
AT: max. 5% Unterdeckung oder Deckung innerhalb von 3 Monaten
➔ Darüber hinaus nur bei an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit (DE & AT)
Detailfragen zur Zahlungsunfähigkeit:
Wann sind Schulden fällig?
Müssen die Gläubiger andrängen?
Sind auch Schulden zu berücksichtigen, die ich nicht zahlen will?
Wie kann die Wiederherstellung der Zahlungsfähigkeit dokumentiert werden?
Grundsätzlich kann die Fälligkeit gemäß Rechnung (OP-Liste) verwendet werden
OGH gesteht darüber hinaus „branchenübliche Stundungen“ zu
Nein, dies ist bereits im Gesetzt festgehalten: „Auch der Umstand, dass der Schuldner einzelne Forderungen ganz oder teilweise befriedigt hat oder noch befriedigen kann, begründet nicht die Annahme, dass er zahlungsfähig ist“
Für die Beurteilung der Zahlungsfähigkeit ist grundsätzlich die Fälligkeit heranzuziehen
Bei stichhaltiger Begründung ist wohl eine Sistierung anzunehmen
Eine Zahlungsunwilligkeit ist kein Insolvenzeröffnungsgrund
Durch eine (kurzfristige, detaillierte) Liquiditätsplanung, wobei
Spätestens nach 3 Monaten keine Überfälligkeiten bestehen
„hohe Wahrscheinlichkeit“ notwendig Achtung: höherer Maßstab als bei Fortbestehensprognose
Was ist die 2-stufige Prüfung der Zahlungsunfähigkeit?
2-stufige Prüfung:
Statische Zahlungsunfähigkeit (aktuell vorhandenen liquide Mittel decken die aktuell fälligen Verbindlichkeiten)
Dynamische Zahlungsunfähigkeit (Liquiditätsrechnung, ob bzw. wann 100% der fälligen Schulden gedeckt werden können)
Was ist Überschuldung in Österreich und was in Deutschland?
Österreich (§67 IO)
Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen juristischer Personen findet auch bei Überschuldung statt.
Die auf die Zahlungsfähigkeit sich beziehenden Vorschriften des Bundesgesetzes gelten in diesen Fällen sinngemäß auch für die Überschuldung.
Bei der Prüfung, ob rechnerische Überschuldung vorliegt, sind Verbindlichkeiten – auch solche aus Eigenkapital ersetzenden Leistungen – dann nicht zu berücksichtigen, wenn der Gläubiger erklärt, dass er Befriedigung erst nach Beseitigung eines negativen Eigenkapitals oder im Fall der Liquidation nach Befriedigung aller Gläubiger begehrt und, dass wegen dieser Verbindlichkeiten kein Insolvenzverfahren eröffnet zu werden braucht. (→ qualifiziert nachrangige Verbindlichkeiten)
Deutschland (§19 InsO)
Bei einer juristischen Person ist auch die Überschuldung Eröffnungsgrund.
Überschuldung liegt vor, wenn das Vermögen des Schuldners die bestehenden Verbindlichkeiten nicht mehr deckt, es sei denn, die Fortführung des Unternehmens in den nächsten 12 Monaten ist nach den Umständen überwiegend wahrscheinlich. Forderungen auf Rückgewähr von Gesellschafterdarlehen oder aus Rechtshandlungen, die einem solchen Darlehen wirtschaftlichen entsprechen, für die gemäß § 39 Abs. 2 zwischen Gläubiger und Schuldner der Nachrang im Insolvenzverfahren hinter den in § 39 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 bezeichneten Forderungen vereinbart worden ist, sind nicht bei den Verbindlichkeiten nach Satz 1 zu berücksichtigen. (→ qualifizierter Rangrücktritt)
Was ist Vermögen?
Wie wird das Vermögen bewertet?
Was sind Schulden?
Welche Besonderheiten bzw. Ausnahmen gibt es?
Je nach Ansatz werden unterschiedliche Vorgehensweisen gewählt:
Die rechnerische Überschuldung stellt auf den Liquidationswert, also jenen Wert, der durch (kurzfristige) Veräußerung erzielt werden kann, ab
Die dynamische Überschuldung stellt auf einen „Value in Use“, also den zukünftigen Zahlungsflüssen ab.
Beide Ansätze (statisch/dynamisch) nehmen bei der Bewertung eine Liquidationssicht ein, wobei zwischen Veräu0erung des Vermögens (Liquidationswert) und der Benützung des Vermögens im Rahmen der ordentlichen Geschäftstätigkeit (Fortbestehensprognose) unterschieden wird.
Die österreichische Rechtsprechung verwendet den Begriff „Schulden“ anstelle des buchhalterisch geprägten Begriffs der „Verbindlichkeiten“.
In der Liquidationsbilanz zählen all jene Auszahlungen, die bis zur endgültigen (rechtskräftigen) Liquidation getätigt werden müssen dazu
Die Fortbestehensprognose unterstellt eine Refinanzierungs-Fiktion
Schulden, für welche ein qualifizierter Rangrücktritt ausgesprochen wurde, sind in der Liquidationsbilanz nicht (in der Fortbestehensprognose jedoch mit vollem Wert) zu berücksichtigen
Bilanzierungs- und Bewertungsverbote sind in einer liquiditätsorientierten Sichtweise irrelevant (bei Vermögen und Schulden)
Was ist die rechnerische Überschuldung?
= Vermögen (Aktiva) < Schulden (→ negatives EK in der Bilanz)
Rechnerische Überschuldung besteht, wenn das nach Liquidationswerten zu bewertende Vermögen zur Befriedigung im Liquidationsfall unzureichend ist.
DE (§19 (2) InsO: „Überschuldung liegt vor, wenn das Vermögen des Schuldners die bestehenden Verbindlichkeiten nicht mehr deckt, es sei denn, die Fortführung des Unternehmens ist nach den Umständen überwiegend wahrscheinlich.
Die rechnerische Überschuldung ist
Zu Liquidationswerten bewertet (nicht zu konkursmäßigen Zerschlagungswerten)
Und immer zeitpunktbezogen,
Dokumentiert jedoch nicht:
Zahlungsunfähigkeit (alternativer Insolvenzeröffnungsgrund) bzw.
„Going Concern“ (Bilanz-Bewertung)
Beide Einschätzungen sind gesondert nötig
Was ist die Sanierungsfähigkeit?
Bezeichnet (im positiven Fall) die dauerhafte Überlebensfähigkeit eines Unternehmens
Deutscher Bundesgerichtshof: Wenn „die Finanzkraft der Gesellschaft mittelfristig zur Fortführung des Unternehmens ausreicht“
Die Bedeutung der Sanierungsfähigkeit wird
In der Phase der Grobanalyse getroffen
Auf Basis des Sanierungskonzepts validiert
Die Sanierungsfähigkeit ist unter anderem auch von der Einschätzung der Sanierungswürdigkeit durch einzelne Stakeholder abhängig
Was ist eine Fortbestehensprognose (DE), Sanierungskonzept (DE) und Fortbestehensprognose (AT)?
Fortbestehensprognose (DE):
„…das qualitativ, wertende Gesamturteil über die Lebensfähigkeit des Unternehmens in der vorhersehbaren Zukunft“
Sanierungskonzept (DE):
„Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung wird neben einer positiven insolvenzrechtlichen Fortbestehensprognose eine durchgreifende Sanierung gefordert, das heißt die Wiederherstellung der Rentabilität der unternehmerischen Tätigkeit,…“
Fortbestehensprognose (AT):
„…im Ergebnis eine begründete Aussage darüber treffen, ob das Unternehmen in Zukunft mit überwiegender Wahrscheinlichkeit seine geschäftlichen Aktivitäten unter Einhaltung seiner Zahlungsverpflichtungen fortführen kann.“
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