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Sachenrecht Wissen

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by Ann-kathrin L.

Grundprinzipien des Sachenrechts - “PASTA”

Publizität

Die sachenrechtliche Zuordnung muss grds. für jedermann offenkundig sein. Publititätsträger sind im beweglichen Sachrecht der Besitz und im Grundstücksrecht die Eintragung ins Grundbuch.

Besitz - § 854 BGB

  • Übertragungsfunktion, §§ 929, 1032, 1205 BGB. Der Besitzwechsel bildet neben der Eintragung den zweiten Teil des Tatbestandes der rechtsgeschäftlichen Übertragung von Sachenrechten.

  • Vermutungsfunktion, § 1106 BGB. Der Besitz begründet die (prozessual bedeutsame) Vermutung für die tatsächliche Rechtsinhaberschaft. Der Besitzer einer Sache gilt als deren Eigentümer.

  • Gutglaubensfunktion, §§ 932 ff BGB. Der Besitz bildet den Rechtsschein der Rechtsinhaberschaft und ermöglicht so den Erwerb vom Nichtberechtigten.

Grundbucheintrag - §§ 2, 3 GBO

Das Grundbuch (“Buchbesitz”) ist der Publititätsträger der Liegenschaftsrechte mit denselben Funktionen wie oben, §§ 873, 925, 891, 892 f. BGB.

Absolutheit

Die Geltung einer sachenrechtlichen Zuordnung ist ggü. jedermann verbindlich; Sachenrecht wirken absolut. In Bezug auf die Person des Rechtsinhabers sind die Sachenrechte ebenso absolut.

Spezialität

Dingliche Rechte sind nur genau definiert an der einzelnen Sache möglich. Die dingliche Einigung unterliegt mithin einem weit strengeren Bestimmtheitserfordernis (Wirksamkeitshindernis) als das Verpflichtungsgeschäft.

Typisierung

Typenzwang (numerus clausus der Sachenrechte)

Dingliche Rechte sind in ihrer Typenzahl begrenzt. Sie können ausschließlich im Rahmen der gesetzlich vorgesehenen Tatbestände begründet, übertragen oder aufgehoben werden.

Typenfixierung

Die privatautonome Rechtsgestaltung bzgl. des Rechtsinhaltes ist ebenso zugunsten des Rechtsverkehrs eingeschränkt. Den Parteien verbleibt statt der Gestaltungsfreiheit in Form der Vertragsfreiheit nur die Abschlussfreiheit.

Abstraktion

Trennungsprinzip

Das Verpflichtungsgeschäft begründet Rechtspflichten. Das Verfügungsgeschäft hingegen bewirkt die unmittelbare Rechtsänderung. Beide Geschäfte sind nach der Systematik des BGB strikt zu trennen.

Abstraktionsprinzip

Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäft sind in ihrem Bestand voneinander unabhängig.

Ausnahmen vom Abstraktionsprinzip

  • Fehleridentität

  • Bedingungszusammenhang

  • Geschäftseinheit: § 139 BGB (str., tendenziell abzulehnen)

Besitz - §§ 854-872 BGB

Funktionen des Besitzes

Schutz:

  • possessorischer Besitzschutz (§§ 859 ff BGB)

  • petitiorischer Schutz durch die § 1007 I und § 1007 II BGB

  • deliktischer Schutz durch die § 823 I; § 823 II iVm § 858 BGB

  • bereicherungsrechtlicher Schutz durch § 812 I 1 Fall 1 oder 2 BGB

Kontinuität:

  • § 566 BGB - Veräußerung bricht nicht Miete (gesetzlicher Vertragseintritt)

  • § 986 II BGB - Das Besitzrecht gilt auch ggü. den Rechtsnachfolger

  • § 268 I 2 BGB - Ablösungsrecht bei drohender Zwangsvollstreckung

Publizität:

  • Übergabeerfordernis bei Rechtsübertragung, §§ 929 S. 1, 1032, 1205 BGB

  • Eigentumsaufgabe erfordert Besitzverlust, § 959 BGB

  • Besitz lässt Eigentum vermuten, § 1006 BGB

  • Besitz dient als Rechtsscheinträger, §§ 932 ff. 1032, 1207 BGB

  • Beistz legitimiert bei Leistung an den Nichtberechtigten, § 851 BGB.

Unmittelbarer Besitz - § 854 I und II BGB

Unmittelbarer Besitz ist gegeben, wenn jemand die tatsächliche Sachherrschaft von gewisser Dauer mit einem Besitzwillen über eine Sache ausübt. Wann die tatsächliche Sachherrschaft ausgeübt wird, richtet sich nach den Anschauungen des Rechtsverkehrs. Der Erwerb des unmittelbaren Besitzes erfolgt nach § 854 I BGB und § 857 BGB.

Tatbestand:

  • kein Besitzer ist der Besitzdiener (§ 855 BGB)

  • Besitz ist nur an Sachen und abgrenzbaren Sachteilen möglich.

Besitzerwerb:

  1. originär § 854 I BGB:

    Originärer Besitzerwerb ohne den Willen des Vorbesitzers setzt voraus:

    1. Erlangung der tatsächlichen Sachherrschaft

    2. Maßstab ist die Verkehrsauffassung

    3. Nach hM ist darüber hinaus ein Besitzbegründungswille erforderlich, wobei ein natürlicher, genereller (dh nicht konkretisierter) Wille zur Sachherrschaft genügt

    4. kein Fall von Besitzdienerschaft (§ 855 BGB)

  2. abgeleitet § 854 I BGB:

    Nicht ausdrücklich geregelt, aber häufig (§§ 929 S. 1, 1205 I 1 BGB), ist der einverständliche, sog. abgeleitete Beistzwechsel. Zu den obigen Voraussetzungen bedarf es zusätzlich der Übergabe als bloßen Realakt (kein Rechtsgeschäft). Sie ist vollendet, wenn der Übertragende die Sachherrschaft vollständig verloren hat.

  3. bloße Einigung § 854 II BGB

    Besitzerlangung ausnahmsweise auch ohne Erlangung der tatsächlichen Sachherrschaft. Voraussetzungen:

    1. Besitz des Veräußerers

    2. Einigung. Sie ist Rechtsgeschäft (§§ 145 ff BGB) und bezieht sich allein auf den Besitz, auch wenn sie ggf. gleichzeitig mit der dinglichen Einigung iSd § 929 S. 2 BGB erfolgt.

    3. Möglichkeit des Erwerbers, sich allein, ohne eine weitere Gestattung des Veräußerers, die Sache zu verschaffen.

  4. § 857 BGB:

    Mit dem Tod geht der (mittel- bzw. unmittelbare) Besitz auf die Erben über.

Beendigung § 856 BGB

  • Aufgabe der tatsächlichen Gewalt - § 856 I Fall 1 BGB: willentlich und äußerlich erkennbar

  • sonstiger Besitzverlust - § 856 I Fall 2 BGB: ohne oder gegen den Willen des Besitzers -> Abhandenkommen

  • Vorübergehende Verhinderung - § 856 II BGB: unschädlich

Rechtsfolgen

  • insb. possessorischer und petitorischer Schutz des Besitzers

  • Kontinuitätswirkungen

  • Publitzitätswirkungen

Mittelbarer Besitz § 868 BGB

Mittelbarer Besitz liegt vor, wenn eine Person die tatsächliche Sachherrschaft für sich durch einen Besitzmittler (unmittelbaren Besitzer) aufgrund eines Besitzmittlungsverhältnisses ausüben lässt, § 868 BGB. Auch der mittelbare Besitz ist eine wirkliche gegenwärtige Sachherrschaft, die durch die Person des unmittelbaren Besitzers gewährleistet wird (“vergeistigte Sachherrschaft”). Der mittelbare Besitz ist dem unmittelbaren grds. gleichgestellt.

Tatbestand:

  1. unmittelbarer Fremdbesitz des Besitzmittlers

    Der Besitzmittler muss unmittelbaren Besitz iSd § 854 BGB haben. Dabei darf kein Fall des Eigenbesitzes (§ 872 BGB) vorliegen. Stattdessen muss der (unmittelbare) Besitzmittler den mittelbaren Besitzer als Oberbesitzer anerkennen.

  2. Besitzmittlungsverhältnis - § 868 BGB (constitutum possessorium)

  3. Herausgabeanspruch des mittelbaren Besitzers

    Der Herausgabeanspruch muss nicht unmittelbar aus dem BMV folgen (hM). Es genügt, dass überhaupt ein Anspruch besteht.

Erwerb:

  1. Ersterwerb

    Der Ersterwerb erfolgt durch die Entstehung des BMV aus Gesetz, Hoheitsakt oder Vertrag. Möglich sind auch:

    • Antizipiertes Besitzkonstitut: Das BMV wird vereinbart, bevor der Besitzmittler unmittelbaren Besitz erhält.

    • Insichkonstitut: Der Besitzmittler schafft durch erkennbares Selbstkontrahieren (§ 181 BGB) ein BMV. Eigenbesitz wird zum Fremdbesitz. Ein späterer Eigentumsübergang wird somit erleichtert.

    • Unwirksames BMV: Da die hm den mittelbaren Besitz als “vergeistigte Sachherrschaft” bezeichnet, sind Rechtsmängel des BMV unschädlich. Es genügt das ernstliche Wollen des Unterbesitzers. Argumente: Friedensschutzwirkung des Besitzes; Schutzbedürftigkeit des Oberbesitzes, § 869 BGB.

  2. Zweiterwerb:

    Der Zweiterwerb des mittelbaren Besitzes erfolgt durch Abtretung (§ 398 BGB) des Herausgabeanspruches auch ohne Mitteilung an den Beistzmittler. Wichtig ist der Zweiterwerb insbesondere für den Eigentumsübergang gem. §§ 931, 934 Fall 1 BGB.

Mehrstufigkeit:

Es können bzgl. einer Sache mehrere Hierarchien iSe Ober-/Unterordnungsverhältnisses bestehen, § 871 BGB.

Verlust:

Drei Varianten: Beistzverlust bei unmittelbarem Besitzer; erkennbare Aufgabe des Fremdbesitzerwillens; Entfallen des Herausgabeanspruchs des Oberbesitzers.

Rechtsfolgen:

  • Über § 869 BGB gelten zunächst die possessorischen Besitzschutzansprüche aus §§ 861, 862 BGB.

  • Ob darüber hinaus dem mittelbaren Besitzer auch die Gewaltrechte aus § 859 BGB zustehen (Besitzkehr, Besitzwehr), ist umstritten.

Sonstige Besitzformen - § 865, 866, 872 BGB

Allein- und Mitbesitz:

  • Alleinbesitz (nicht ausdrücklich gesetzlich geregelt)

    Regelfall; Alleinbesitz ist die Sachherrschaft unter Ausschluss anderer Personen

  • Mitbesitz - § 866 BGB

    Mitbesitz ist die gemeinschaftlich ausgeübte Sachherrschaft. Unterschieden werden:

    • Einfacher Mitbesitz. Die Sache ist jedem allein zugänglich (zB gemeinsamer Fahrstuhl/Garten)

    • Qualifizierter Mitbesitz. Die Sache ist nur gemeinschaftlich zugänglich (zB Bankschließfach mit zwei verschiedenen Schlüsseln)

    Im Innenverhältnis ist Besitzschutz nur möglich, wenn der Sachgebrauch gant genommen wird (§ 866 BGB). Geht es nur um Gebrauchsgrenzen gelten die §§ 859 ff. BGB nicht.

    Im Außenverhältnis hat der Mitbesitzer die Besitzschutzrechte gegen Dritte wie jeder andere Besitzer. Die Vermutungswirkung des § 1006 BGB zielt auf Bruchteilsweigentum (§ 741 BGB). Bei der Übertragung von Alleinbesitz (§ 929 S. 1 BGB) müssen alle zusammenwirken.

Eigen- und Fremdbesitz (Besitzfarben):

  • Eigenbesitzer iSd § 872 BGB ist derjenige, der eine Sache als ihm gehörig besitzt (animus domini)

  • Fremdbesitzer ist derjenige, der eine Sache für einen anderen besitzt.

Unterschieden wird einzig nach dem Willen des Sachherrschers (animus).

Teilbesitz (§ 865 BGB)

Alleinbesitz an Sachteilen.

Nebenbesitz (Konstruktion iRd § 934 BGB)

Quotenbesitz (iSv ideelen Bruchteilen § 741 BGB) gibt es nicht

Erbenbesitz (§ 857 BGB)

Besitzen für andere - Zurechnung

Besitzdiener § 855 BGB:

Voraussetzungen:

  1. Bestehen eines sozialen Abhängigkeits-/Weisungsverhältnisses (Gesetz/Vertrag->wichtig tatsächliche funktionale Unterordnung)

  2. Ausübung der Sachherrschaft iRd Weisungsverhältnisses (objektive Lage nicht subjektive Einstellung ist maßgeblich)

  3. Erkennbarkeit der Unterordnung (hM)

Quasi-Besitzdiener (bei nicht sozial abhängiger Person mit Einwilligung des Beistzers aus Gefälligkeit)

Rechtsfolgen:

  • Der Besitzdiener ist kein Besitzer, für ihn gilt die Eigentumsvermutung gem. § 1006 BGB nicht. Außerdem keine Übertragungsbefugnis!

  • Gem. § 860 BGB stehen dem Besitzdiener die Gewaltrechte iSd § 859 BGB zu (jedoch nicht gegen den Besitzer (Innenverhältnis))

Sonderproblem - Bösgläubigkeitszurechnung im EBV (§§ 987 ff. BGB)

Umstritten ist im Rahmen einer Haftung aus EBV, ob dem unwissenden Besitzer die Bösgläubigkeit seines Besitzdieners schadet. Während Minderansichten entweder § 278 BGB analog oder § 831 BGB analog anwenden (Arg.: bei dem Anspruch aus §§ 989, 990 BGB handelt es sich um einen deliktsähnlichen Tatbestand), nimmt die hM zu Recht eine Zurechnung nach § 166 BGB analog vor (Arg.: eine der Stellvertretung vergleichbare Situation).

Stellvertretung:

Erwerb des unmittelbaren Besitzes:

IRd Erwerbs des unmittelbaren Besitzes ist eine Stellvertretung grds. ausgeschlossen -> Ausnahme: Besitzdiener oder § 854 II BGB

Erwer des mittelbaren Besitzes (§ 868 BGB):

  • Ersterwerb - § 868 BGB: Anwendung von §§ 164 ff. BGB unzweifelhaft möglich

  • Zweiterwerb - §§ 398, 870 BGB: Stellvertretung möglich

Geheißperson/ Geheißerwerb:

Hier wirkt iRd Übergabe auf Seiten des Veräußerers bzw. des Erwerbers eine sog. Geheißperson mit, die den Besitz an der Sache innehat bzw. erlangt, ohne dem Veräußerer bzw. Erwerber den Besitz zu mitteln oder dessen Besitzdiener zu sein. Fügt sich diese Hilfsperson wie “geheißen” in den fremden Übereignungstatbestand ein, ist sie Übergabehilfsperson.

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Ann-kathrin L.

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