Der possessorische Herausgabeanspruch aus § 861 I BGB
§ 861 BGB gewährt einen Herausgabeanspruch als Folge der Entziehung des Besitzes einer beweglichen Sache oder eines Grundstückes. Anknüpfungspunkt ist allein die Verübung verbotener Eigenmacht iSd § 858 BGB. Auf ein Recht zum Besitz des Anspruchstellers kommt es nicht an.
Anspruchsberechtigt
Der unmittelbare (§ 854 BGB) sowie der mittelbare Besitzer (vgl. §§ 868, 869 BGB), nicht jedoch der Besitzdiener.
Besitzentzug
Verlust der (allgeinigen) Sachherrschaft. Eine Neubesitzbegründung durch den Störer ist nicht erforderlich (Entzug durch Wegwerfen).
durch verbotene Eigenmacht (§ 858 I BGB)
Dh ohne Willen (keine Zustimmung im Zeitpunkt des Eingriffs) des Besitzers und ohne gesetzliche Gestattung (objektiv widerrechtlich).
-> § 861 BGB gilt auch ggü. Geisteskranken und Kindern
fehlerhafter Besitz beim Anspruchsgegner
Fehlerhaftigkeit des Besitzes kann sich ergeben aus:
Verbotener Eigenmacht des Anspruchsgegners - § 858 II 1 BGB
Erbe des fehlerhaft Besitzenden - § 858 II 2 Fall 1 BGB
Kenntnis fremder verbotener Eigenmacht - § 858 II 2 Fall 2 BGB
kein Ausschluss (§ 861 II BGB)
Fehlerhafter Besitz ggü. dem Anspruchsgegner - § 861 II BGB
Fehlerhafter Besitz ggü. dem Rechtsvorgänger des Anspruchsgegners
Jahresfrist zwischen den Besitzwechseln
kein Erlöschen nach § 864 BGB
Ablauf eines Jahres - §§ 864 I, 186 ff. BGB
Rechtskräftiges Urteil zum Behaltendürfen - § 864 II BGB
Entscheidungsreife, petitorische Widerklage - § 864 II BGB analog
keine Einreden nach § 863 BGB
Einwand des Rechtsmissbrauchs, § 242 BGB
Petitorische Widerklage:
Strittig ist, ob der gem. § 861 BGB Beklagte sich mit einer petitorischen Widerklage wehren kann:
hM: Widerklage möglich
Ähnlich wie bei § 864 II BGB steht der Besitz letztlich dem Widerkläger zu. Es ist prozessökonomisch, die Parteiinteressen in einem Prozess zu verbinden. Der Richter kann ein Teilurteil nach § 301 ZPO erlassen.
MA: Widerklage scheidet aus
Das possessorische Verfahren ist Ausdruck des Gewaltmonopols des Staates und sichert den öffentlichen Frieden. Eigenmächtige Rechtsdurchsetzung soll ohne umfassende Klärugn der Rechtslage sofort sanktioniert werden.
Rechtsfolge
Bzgl. der Rechtsfolge wird § 861 BGB als “§ 985 BGB des Besitzers” bezeichnet. Der Vorbesitzer kann Einräumung des Besitzes verlangen.
Der possessorische Besitzstörungsanspruch aus § 862 I S. 1 und 2 BGB
Die Vorschrift enthält zwei eigenständige Anspruchsgrundlagen. Nach § 862 I 1 BGB kann Beseitigung einer gegenwärtigen Störung verlangt werden; § 862 I 2 BGB gewährt einen Unterlassungsanspruch zur Verhinderung künftig zu erwartender Besitzstörung.
Unmittelbarer sowie mittelbarer Besitzer, jedoch nicht der Besitzdiener.
Besitzstörung
Besitzstörung - § 862 I 1 BGB (Beseitigungsanspruch)
Besitzstörung ist jeder Eingriff in die Ausübung der Sachherrschaft, der nicht Besitzentzug ist. Als Störung kommt jedes Tun oder Unterlassen (bei Rechtspflicht zum Handeln) des Anspruchsgegners in Betracht.
Bevorstehende Besitzstörung - § 862 I 2 BGB (Unterlassungsanspruch)
Es müssen Indizien feststellbar sein, die eine bevorstehende Störung als wahrscheinlich bzw. ernstlich zu besorgen erscheinen lassen. Die Wiederholungsgefahr muss objektiv vorliegen (auch Erstbegehungsgefahr erfasst).
verbotene Eigenmacht
ohne Willen des Besitzers - § 858 I Hs. 1 BGB
ohne gesetzliche Gestattung - § 858 I Hs. 2 BGB (Beachte insbes. Immissionschutzrecht (kann Ausgleichsansprüche auslösen zB § 906 BGB)
Störer
Störer ist derjenige, aufgrund dessen Willen ein beeinträchtigender Zustand besteht oder von dessen Willen die Beseitigung abhängig ist. Dies kann auch ein Dritter sein, wenn er Auftraggeber der Handlungen ist oder Einwirkungen eines anderen, die er hindern konnte, duldet.
kein Ausschluss
§ 862 II BGB - Jahresfrist
Duldungspflichten - § 906 BGB - § 14 BlmSchuG
§ 863 BGB - keine petitorischen Einwendungen
kein Erlöschen - § 864 BGB
Beseitigungsanspruch - § 862 I S. 1 BGB
Unterlassungsanspruch - § 862 I S. 2 BGB
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