Die Kaufleute
§ 1 HGB Ist-Kaufmann
Ist Kaufmann nach § 1 HGB ist diejenige Person, die ein Handelsgewerbe betreibt (vgl. § 1 I HGB). Handelsgewerbe ist jeder Gewerbebetrieb, der nach Art und Umfang kaufmännischer Einrichtungen bedarf, wobei der Gesetzgeber letzteres als Vermutung geregelt hat (vgl. § 1 II HGB).
Dazu muss ein Gewerbebetrieb vorliegen, dh die Tätigkeit muss sein:
nach außen erkennbar,
rechtlich (nicht notwendigerweise wirtschaftlich) selbstständig;
planmäßig auf gewisse Dauer angelegt;
zum Zwecke der Gewinnerzielung bzw. vordringender Auffassung; zumindest entgeltliche Tätigkeit am Markt;
idR erlaubt (str., nach wohl hM keine Besserstellung des rechtswidrig Handelnden gewollt);
als negative Voraussetzung: kein freier Beruf oder wissenschaftliche bzw. künstlerische Tätigkeit; anders jetzt für die OHG bei Eintragung, § 107 I 2 HGB
Der Gewerbebetrieb muss nach Art und Umfang kaufmännischer Einrichtungen erfordern (vgl. § 1 II HGB). Das sind diejenigen Einrichtungen, die erforderlich sind, um den Gewerbebetrieb übersichtlich und zuverlässig abwickeln zu können.
a) Die gesetzliche Vermutung des § 1 II HGB spricht für das Vorliegen eines Handelsgewerbes (“es sei denn”). Liegt ein Gewerbebetrieb vor, ist danach nur im Zweifelsfall zu überprüfen, ob es sich um ein Handelsgewerbe handelt. Dies ist der Fall, wenn im Sachverhalt Zweifel bestehen, ob kuafmännische Einrichtungen erforderlich sind, insbes., wenn sich eine Partei darauf beruft, dass kein Handelsgewerbe vorliegt. Für das Nichtvorliegen des Handelsgewerbes ist die Partei dann hierfr darlegungs- und beweispflichtig.
b) Bei positiver Feststellung ist eine Einzelfallbetrachtung erforderlich:
Art:
Vielfalt der Erzeugnisse/ Leistungen/ Geschäftsbeziehungen
Kreditinanspruchnahme/-gewährung
Teilnahme am Wechselverkehr
lokale oder weiträumige, ggf. internationale Tätigkeit
umfangreiche Werbung
größere Lagerhaltung
Umfang:
Umsatzvolumen (aber nicht allein entscheidend, keine feste Höhe)
Anlage-/Umlaufvermögen
Anzahl der Beschäftigten
Schichtbetrieb
Größe des Geschäftslokals
Anzahl der Betriebsstätten, Filialen
Ob kaufmännische Einrichtungen erforderlich sind, um das Handelsgeschäft übersichtlich und zuverlässig führen zu können, bestimmt sich nach den Gesamtumständen des Einzelfalles. Fehlt es daran nach Art oder Umfang, liegt lediglich ein Kleingewerbe vor.
Wer Betreiber des Handelsgewerbes ist, wird unterschiedlich beurteilt:
Teilweise: derjenige, in dessen Namen (Firma) das Handelsgeschäft ausgeübt wird
Teilweise: wer aus den im Unternehmen geschlossenen Geschäften berechtigt und verpflichtet wird
Unterschied: Ein Gesellschafter einer OHG verbürgt sich mündlich, nach der zutreffenden Auffassung gilt er selbst als Kaufmann, so dass gem. § 350 HGB Formfreiheit gilt.
Für den Ist-Kaufmann gilt gem. § 29 HGB eine Eintragungspflicht; die Eintragung ist aber nur deklaratorischer Natur. Der Kaufmann kann nach § 14 HGB iVm § 388 ff. FamFG mit Zwangsgeld zur Eintragung angehalten werden.
§ 2 HGB Kann-Kaufmann
Der Kleingewerbetreibende kann sich dem HandelsR unterwerfen. Dies gilt für Einzelpersonen gem. § 2 HGB und gem. § 107 I HGB für den Zusammenschluss mehrerer Personen durch Eintragung als kleingewerbetreibende OHG (auch für Freiberufler-OHG möglich).
Betreiben eines gewerblichen Unternehmens
Notwendig ist das Vorliegen eines Gewerbebetriebes. Das Unternehmen erreicht aber nicht die Schwelle des kaufmännischen Geschäftsbetriebes iSv § 1 II HGB, bedarf als nach Art oder Umfang kaufmännischer Einrichtungen nicht (=Kleingewerbe).
Eintragung im Handelsregister
Es besteht keine Eintragungspflicht, sondern nur eine Eintragungsmöglichkeit. Der Kleingewerbetreibende hat als das Wahlrecht; die Eintragung ist dann konstitutiver Natur.
Umstr. ist im Hinblick auf das Wahlrecht, ob § 2 HGB dann auch gilt, wenn ein nach § 1 HGB ins Handelsregister eingetragener Ist-Kaufmann auf den Status eines Kleingewerbetreibenden herabsinkt.
Teilw. wird bereits im Eintragungsantrag nach § 1 HGB ein konkludenter Antrag nach § 2 HGB gesehen.
Andere sehen die Ausübung des Wahlrechts in dem Unterlassen des Löschungsantrags nach Herabsinken auf das Kleingewerbe.
Zutreffend scheint, § 2 HGB zu verneinen, da es an einer bewussten Ausübung des Wahlrechts fehlt. Denn der Antrag nach § 1 HGB ist nur deklaratorisch, der nach § 2 HGB aber konstitutiv und hat daher nicht nur einen anderen rechtlichen Inhalt, sondern auch eine andere Rechtsqualität. In dem Unterlassen der Löschung einen Antrag zu sehen, ist mit dem Normzweck von § 2 HGB nicht vereinbar, den Kleingewerbetreibenden zu schützen.
Löschung
Führt zum Verlust der Kaufmannseigenschaft nach wohl hM unabhängig davon, ob Antrag nach § 2 S. 3 HGB gestellt wurde. Verlust der Kaufmannseigenschaft auch durch Betriebseinstellung oder Umstellung auf freiberufliche Tätigkeit (=kein Gewerbe mehr). Antrag kann jederzeit gestellt werden, ist jedoch abzulehnen, wenn zwischenzeitlich kaufmännisches Handelsgewerbe vorliegt (§ 2 S. 3 iVm § 1 II HGB).
§ 3 HGB Kann-Kaufmann
Nach herrschender Ansicht betreiben Land- und Forstwirte ein Gewerbe, sind aber gem. § 3 I HGB ausdrücklich von § 1 HGB ausgenommen, so dass nicht die Vermutung des § 1 II HGB gelten kann und sie damit nicht Ist-Kaufleute sind. Da die Anwendung von § 2 HGB nicht ausgenommen ist, können sie sich gem. § 3 II iVm § 2 HGB aber eintragen lassen.
Betrieb eines land- oder forstwirtschaftlichen Unternehmens oder Nebengewerbes
Landwirtschaft: Ausnutzung des Bodens mit dem Ziel der Erzeugung und Verwertung pflanzlicher oder tierischer Rohstoffe.
Forstwirtschaft: wirtschaftliche Nutzung von Wäldern durch planmäßiges Auf- und Abforsten; zielt idR auf Holzgewinnung (inkl. Baumschulen)
Mischbetriebe: umfasst dasselbe Unternehmen mehrere Betriebe teils land-/forstwirtschaftlicher, teils anderer Art, ist entscheidend, was bei Gesamtbetrachtung den Betrieb prägt.
Nebengewerbe: selbstständiges Unternehmen neben dem land-/forstwirtschaftlichen Gewerbe, wobei beide Unternehmen so miteinander verbunden sind, dass das Nebengewerbe vom Hauptgewerbe abhängig ist und beide von demselben Unternehmer geführt werden; nicht bloße Mischbetriebe zB Hofladen; Weinverkauf
Nach Art und Umfang ist Einrichtung eines kaufmännsichen Betriebes erforderlich (§ 3 II iVm § 2 S. 1 HGB).
Eintragung in das Handelsregister
Es besteht keine Eintragungspflicht, sondern nur die Eintragungsmöglichkeit, so dass die Eintragung konstitutiver Natur ist.
Kein freies Wahlrecht wie bei § 2 S. 3 HGB, sondern nur, wenn keine kaufmännische Einrichtung mehr erforderlich ist (§ 3 II aE HGB).
§ 5 HGB Kaufmann kraft Eintragung (Fiktivkaufmann)
Regelt die Kaufmannseigenschaft kraft Eintragung. Das Handelsregister genießt öffentlichen Glauben, aber ohne rechtliche Richtigkeitsvermutung. Jedoch gelten die im Handelsregister eingetragenen Gewerbetreibenden unwiderlegbar als Kaufleute iSv § 1 HGB. Eine ggf. falsche Eintragung wirkt somit praktisch konstitutiv. Das Handelsregister kann und muss (auf Antrag oder von Amts wegen) eine als unrichtig erkannte Eintragung löschen.
Allein die Tatsache der Eintragung der Firma in das Handelsregister ist entscheidend, auf Bekanntmachung kommt es nicht an (vgl. aber § 15 I HGB). Während vereinzelnd § 5 HGB wegen § 2 HGB als bedeutungslos angesehen wird, findet § 5 HGB nach hA, dann Anwendung, wenn Betrieb des Ist-Kaufmannes nach Eintragung zu Kleingewerbe herabsinkt oder Eintragung ganz oder aufgrund Anmeldung eines Dritten erfolgte. Ob die Firma (firmenrechtlich) zulässig ist, ist irrelevant.
Gewerbebetrieb
Der (zwingend vorliegende) Gewerbebetrieb der Person oder der Gesellschaft muss tatsächlich noch betrieben werden. Während nach hM ein freier Beruf wegen des Wortlautes nicht ausreicht, lässt die aA jedes Unternehmen ausreichen.
Weitere Voraussetzungen wie Zurechenbarkeit/ Schutzbedürftigkeit/ Kausalität sind nicht notwendig.
Wirkung
Eintragung betrifft die objektive Rechtslage und ist daher - bei entsprechendem Parteivortrag - von Amts wegen im Prozess zu berücksichtigen. § 5 HGB gilt für und gegen alle, und damit auch zugunsten des Eingetragenen gegenüber Dritten, ohne Rücksicht auf Gut- und Bösgläubigkeit und ob sich der Dritte darauf beruft.
a) Einwendungsauschluss:
Eingetragener kann nicht geltend machen, sein Gewerbebetrieb bedürfe keiner kaufmännsichen Einrichtung und seidaher kein Handelsgewerbe oder die Eintragung sei ohne Antrag oder ohne Anmeldung erfolgt.
b) KEIN Auschluss sonstiger Einwendungen:
dh Geltendmachung, überhaupt kein Gewerbe (mehr) zu betreiben oder Geschäft sei mangels Geschäftsfähigkeit nichtig, ist möglich.
§ 6 HGB Handelsgesellschaften + Formkaufleute
Zur Vereinfachung für den Handelsverkehr macht § 6 I HGB das Handelsrecht auch für die Handelsgesellschaften anwendbar. Des Weiteren enthält § 6 II HGB (wohl überflüssigerweise) die Klarstellung, dass bestimmte (wirtschaftliche) Vereine unabhängig vom Gegenstand des Unternehmens allein aufgrund der Gesellschaftsform Kaufleute sind (Formkaufleute).
Gesellschaftsform
Abs. 1: Handelsgesellschaften sind die OHG und die KG (§§105, 161 HGB); (und GmbH & Co KG); aufgrund gesetzlicher Anordnung auch Kapitalgesellschaften: GmbH (§ 13 III GmbHG); AG (§ 3 I AktG); KGaA (§ 278 III iVm § 3 I AktG), dt. EWIV; SE
Abs. 2: stellt klar, dass Formkaufleute (bestimmte) Vereine auch dann sind, wenn sie kein (Handels-)Gewerbe betreiben; GmbH; AG; KGaA; eG; dt. EWIV; SE; nicht aber Vor-GmbH
Eintragung
Soweit für das Entstehen der Gesellschaft die Handelsregistereintragung erforderlich ist, mit dieser, ohne dass es einer zusätzlichen Eintragung als Kaufmann bedarf, da gesetzlicher Autnomatismus.
Im Übrigen reicht die bloße Gesellschaftsform (vgl. § 123 I 2 HGB für die OHG, die durch Aufnahme der Geschäfte auch ohne Handelsregistereintragung nach außen wirksam wird).
Scheinkaufmann
Nach dem Rechtsgedanken des § 5 HGB bzw. § 242 BGB muss sich auch der Nichtkaufmann unter Umständen wie ein solcher behandeln lassen. Dies gilt dann, wenn er nicht schon nach §§ 106 HGB Kaufmann ist oder sich gem. § 15 HGB so behandeln lassen muss (Subsidiarität).
Rechtsschein der Kaufmannseigenschaft (=Handelsgewerbe) zurechenbar gesetzt: durch Auftreten im Rechtsverkehr oder durch Unterlassen, unabhängig von Verschulden und auch bei Irrtum, aber nicht bei Geschäftsunfähigkeit/ beschränkter Geschäftsfähigkeit.
Dritter ist schutzbedürftig (gutgläubig), dh hatte keine Kenntnis oder bzw. die maßgebenden Umstände waren nicht evident; es besteht grds. keine Nachforschungspflicht.
Handeln im Vertrauen auf Rechtsschein (konkrete Kausalität), dh Dritter muss Rechtsschein im Zeitpunkt des Handelns kennen und im Vertrauen darauf gehandelt haben.
Wirkung: Rechtsschein wirkt nur für und nicht gegen den gutgläubigen Dritten, der ein Wahlrecht hat, ob er sich auf die Kaufmannseigenschaft des anderen berufen will.
Die Firma, §§ 17-37a HGB
Firmengrundsätze
Die Firma ist der (Handels-)Name des Kaufmannes, unter dem er seine Geschäfte betreibt und die Unterschrift abgibt, § 17 I HGB. Die Firma kann neben dem bürgerlichen Namen geführt, aber nicht isoliert veräußert werden (§ 23 HGB). Die firmenrechtlichen Vorschriften gelten über § 6 HGB auch für die Handelsgesellschaften, den insoweit gleichgestellten Kapitalgesellschaften und grds. auch für den Namen eienr im Gesellschaftsregister eingetragenen GbR. Die prozessuale Wirkung ergibt sich aus, § 17 II HGB, wonach der Kaufmann unter seiner Firma aktiv und passiv parteifähig ist. Partei des Rechtsstreits ist aber immer der Kaufmann selbst, dh der tatsächliche Unternehmensträger, denn die Firma ist nur der Name des Handelsgeschäfts. Das Firmenrecht unterliegt gewissen Grundsätzen:
Firmenunterscheidbarkeit:
Das Merkmal dient der Unternehmenspublizität und damit dem Schutz des Geschäftsverkehrs. Sie regelt die Grundanforderungen an eine Firma:
Eignung zur Kennzeichnung und (dadurch) Unterscheidungskraft, § 18 I HGB
Die Eignung zur Kennzeichnung bedeutet, dass die Frima überhaupt als Name für ein Unternehmen dienen kann (“abstrakte Namensfähigkeit”). Unterscheidungskraft besitzt die Firma, wenn sie ihrer Art nach, das Unternehmen von anderen unterscheiden und auf diese Weise individualisieren kann. Die Grenze zur Unterscheidbarkeit ist fließend. Entscheidend ist die hinreichende Eigenart, sodass der Verkehr den gewählten Namen als Hinweis auf das Unternehmen verstehen lässt; anders bei bloßer sog. “Etablissementbezeichnung” oder markenähnlichen Produktnamen.
Einzelheiten
Die Firma muss für die Namensfähigkeit als Firmenkern auch einer zumindest iSd Artikulierbarkeit aussprechbaren Buchstabenfolge bestehen, kann aber mit anderen Zeichen (zB Punkt, Komma etc.) kombiniert werden. Möglich sind:
Personenfirma: Eigenname des Kaufmanns
Sachfirma: Angabe des Unternehmensgegenstandes als Firmenbestandteil
“Phantasie”- Worte, wenn sie zur Individualisierung ausreichen
Die notwendige Unterscheidbarkeit kann sich aufgrund ursprünglicher Unterscheidungskraft (Aus,: allg. Freihaltebedürfnis) oder durch Verkehrsgeltung ergeben.
keine Verwechslungsgefahr, § 30 HGB
Der Normzweck verlangt die deutliche Unterscheidbarkeit aller Firmen an demselben Ort oder der Gemeinde bereits in das HReg, GenReg,GesellschaftsReg, PartGG-Reg., oder VereinsReg. eingetragenen Firmen einerlei welcher Branche. Dies dient dem Verkehrsschutz vor Verwechslung und ist daher nicht durch einen Inhaber einer älteren Firma verzichtbar.
Firmenwahrheit § 18 II HGB
Verbot irreführender Zusätze
Das Verbot bezieht sich grds. auf alle Angaben über geschäftliche Verhältnisse (und nicht nur auf Firmenzusätze), aber nur wenn die Angaben für die angesprochenen Verkehrskreise wesentlich sind. Entscheidend ist, die Eignung zur Irreführung.
Die Firmen aller (auch der Einzel-)Kaufleute bedürfen eines Rechtsformzusatzes.
Überprüfung/Durchsetzung der Firmenwahrheit
Das örtliche Registergericht kann bzgl. der Einhaltung der Firmenwahrheit vorgehen. Möglich ist auch eine Unterlassungsklage durch Dritte (§§ 37 II, 18 II HGB).
Firmenbeständigkeit §§ 21-24 HGB
Der Grundsatz der Firmenbeständigkeit fürht zur Durchbrechung des Grundsatzes der Firmenwahrheit. Sie führt zur Beibehaltung der bisherigen Firma, auch wenn diese aufgrund einer Veränderung unrichtig geworden ist.
Bei der Weiterführung der bisherigen Firma ist idR die zumindest konkludente Einwilligung des bisherigen Inhabers erforderlich. Beachte: Eine isolierte Veräußerung der Firma ist nicht möglich, sondern nur zusammen mit Handelsgeschäft selbst, § 23 HGB.
Firmeneinheit
Nach dem Grundsatz der Firmeneinheit darf ein Kaufmann zur Vermeidung von Täuschungen grds. - für einen Unternehmer - nur eine Firma führen. Ausnahmsweise sind verschiedene Firmen möglich, wenn er mehrere selbstständige voneinander getrennte Unternehmen betreibt oder ein weiteres Handelsgeschäft erwirbt, das er - organisatorisch von dem anderen Unternehmen getrennt (sonst nur eine Firma zulässig) - unter der bisherigen fortführt.
Zweigniederlassungen (Filialen) können unter einer eigenen Firma geführt werden, wenn sie mit einer gewissen organisatorischen und wirtschaftlichen Selbstständigkeit ausgestattet sind (und sich dadurch von bloßen unselbstständigen Geschäftsstellen unterscheiden).
Firmenöffentlichkeit
Der Grundsatz der Firmenöffentlichkeit bedeutet die Kundgabe der Firma ggü. der Öffentlichkeit. Dazu dient die Eintragungspflicht im HReg (§ 29 HGB). Des Weiteren bedarf es (zumindest) der Angabe auf Geschäftsbriefen von Firma, Rechtsformzusatz, Ort der Niederlassung, Registergericht und HReg.-Nummer.
Firmenfortführung gem. § 25 HGB
Die Vorschrift des § 25 HGB ordnet unter bestimmten Umständen einerseits die Haftung des rechtsgeschäftlichen Erwerbers eines Handelsgeschäftes für Geschäftsverbindlichkeiten des Veräußerers an (§ 25 I 1 HGB), wobei ihm zugleich die Möglichkeit eines Haftungsausschlusses eingeräumt wird (§ 25 II HGB). Andererseits regelt § 25 I 2 HGB, dass die in dem vom Erwerber fortgeführten Handelsgeschäft begründeten Forderungen als auf diesen übergegangen gelten, soweit sie nicht ohnehin aufgrund vertraglicher Vereinbarung oder von Gesetzes wegen auf ihn übergegangen sind.
Haftung des Erwerber für Altverbindlichkeiten, § 25 I 1 HGB
Die Norm ist selber keine eigene Anspruchgrundlage, sondern diese ist die materiell rechtliche Norm (zB § 433 II BGB iVm § 25 I 1 HGB).
Voraussetzungen:
kaufmännsiches Handelsgeschäft, §§ 1 ff. HGB
Veräußerer muss zum Veräußerungszeitpunkt ein Handelsgewerbe iSv § 1 HGB betreiben oder bei einem Kleingewerbe §§ 2, 3, 5 HGB unterliegen; Scheinkaufmannseigenschaft genügt; iÜ nach hM keine analoge Anwendung auf Nichtkaufleute.
rechtsgeschäftlicher Erwerb unter Lebenden (Abgrenzung zu § 27 HGB)
Fortführung des Handelsgeschäftes unter der bisherigen Firma
a) Forführung des Handelsgeschäfts
Entscheident ist, dass das Unternehmen im Kern durch den Neuinhaber fortgeführt wird; die Nichtübernahme oder Fortführung einzelner Teilbereiche ist daher unschädlich.
b) Fortführung unter der bisherigen Firma
Maßgeblich ist das firmenmäßige nicht bloß das werbliche Auftreten am Markt.
keine abweichende Vereinbarung (=Haftungsausschluss), § 25 II HGB
Der Erwerber und Veräußerer können die Haftung für die Verbindlichkeiten durch eine abweichende Vereinbarung ausschließen.
a) Vereinbarung über einen Haftungsausschluss zwischen Erwerber und Veräußerer
b) Verlautbarung der Vereinbarung durch HRegEintragung und Bekanntmachung oder Mitteilungdurch Veräußerer/ Erwerber an Gläubiger (unverzüglich)
Rechtsfolge:
Die Rechtsfolgeder Geschäfts- und Firmenfortführung ist nicht ganz unumstritten:
Teilweise wird von einem bloßen Übergehen der Hauptverbindlichkeiten auf den Erwerber und teilweise von einer dispositiven Vertragsüberleitung kraft Gesetzes ausgegangen. Nach h.M. erfolgt ein gesetzlicher Schuldbeitritt. Dies erbit sich als automatische Folgeaufgrund des Vorliegend der obigen Voraussetzungen und des Umstandes, dass der Altinhaber weiterhaftet (vgl. § 26 HGB). Für die hM spricht der Wortlaut, der lediglich die zusätzliche Haftung des Erwerbers anordnet.
Umfang der Haftung des Erwerbers
Der Erwerber haftet für alle im Betrieb begründeten Verbindlichkeiten
a) Verbindlichkeiten
Dies sind alle, die mit dem Geschäftsbetrieb in so enger innerer Verbindung stehen, dass sie als dessen Folge erscheinen. Der Rechtsgrund der Verbindlichkeit ist unerheblich, dh nicht nur vertragliche Verpflichtungen, sondern auch deliktische oder bereicherungsrechtliche Ansprüche, sofern sie im Zusammenhang mit dem Geschäftsbetrieb entstanden sind. Dies gilt auch für Steuerschulden (§ 75 AO) oder (wettbewerbsrechtliche) Unterlassungsansprüche.
b) im Geschäftsbetrieb begründet
Die Haftung erstreckt sich auf die Altverbindlichkeiten des Veräußerers:
Erfasst werden Verbindlichkeiten, deren Entstehungszeitpunkt zur Zeit des Veräußerers begründet wurde; unschädlich ist, ob sie fällig, bedingt oder betagt sind. Gleichgestellt sind die bei Errichtung oder Erwerb des Handelsgeschäftes begründeten Verbindlichkeiten.
Nicht erfasst werden die nur gegen den Veräußerer persönlich gerichteten Verbindlichkeiten, deren Entstehungszeitpunkt zur Zeit des Veräußerers begründet wurde; unschädlich ist, ob sie fällig, bedingt oder betragt sind. Gleichgestellt sind die bei Einrichtung oder Erwerb des Handelsgeschäftes begründeten Verbindlichkeiten.
Haftungsmasse
Der Erwerber haftet mit seinem ganzen Vermögen, nicht nur mit dem des erworbenen Unternehmens.
Erwerber hat alle Einreden gegen den Gläubiger, die auch dem Veräußerer zustehen;
Erwerber hat eigene Einreden, die ihm als Gesamtschuldner des Veräußerers zustehen (§§ 422 ff. BGB): Aufrechnen darf er nur, wo auch die Forderung auf ihn übergegangen ist; auf eine vom Veräußerer erklärte Aufrechnung kann er sich berufen (§ 422 I BGB);
Ein Urteil gegen den Veräußerer bindet den Erwerber nur, wenn es bereits rechtskräftig ist, sonst verbleibt es bei § 425 II BGB ohne Rechtsnachfolge nach § 325 ZPO;
Eine vollstreckbare Ausfertigung des Titels gegen den Veräußerer kann nach § 729 II ZPO auch gegen den Erwerber erteilt werden; mangels Rechtsnachfolge gilt nicht § 727 ZPO.
Haftung des Veräußerers § 26 HGB
Der Veräußerer haftet neben dem Erwerber als Gesamtschuldner für die Altverbindlichkeiten weiter, da er die Verbindlichkeit persönlich begründet hat.
Enthaftung des Veräußerers gem. § 26 HGB, wenn Forderung nicht innerhalb von fünf Jahren fällig und Gläubiger die Forderung nicht innerhalb von fünf Jahren seit Eintragung des Austritt gerichtlich geltend gemacht;
Schuldanerkenntnis des Erwerbers berührt die Haftung des Veräußerers nicht;
für Neuverbindlichkeiten haftet Veräußerer grds, nicht, es sei denn, es besteht ein besonderer Haftungsgrund zB wenn Geschäftsübergang noch nicht in das HReg eingetragen und bekanntgemacht worden ist (§ 15 I iVm § 31 HGB) oder auf Grund von Rechtsschein, so uU wenn bei ständiger Geschäftsbeziehung der Inhaberwechsel dem (Neu-)Gläubiger nicht mitgeteilt wurde;
Gläubiger kann Veräußerer aus Haftung entlassen;
je nach Ausgestaltung des Innenverhältnisses kann Veräußerer vom Erwerber einen Anspruch auf Freistellung oder Rückgriff haben.
Die im Handelgeschäft begründeten Forderungen, § 25 I 2 HGB
Voraussetzungen § 25 I 2 HGB:
Wurde zwischen Veräußerer und Erwerber keine Abtretungsvereinbarung getroffen, kann sich ein Schuldnerschutz aus § 25 I 2 HGB ergeben, der bzgl. der Voraussetzungen mit § 25 I 1 HGB nahezu identisch ist (mit Ausnahme der notwendigen Einwilligung in die Firmenfortführung)
rechtsgeschäftlicher Erwerb eines Handelsgeschäftes unter Lebenden
Einwilligung des bisherigen Inhabers/seiner Erben in die Fortführung der Firma
Im Gegensatz zur Haftung erforderlich, da der Veräußerer wegen § 25 I 2 HGB eventuell seinen Anspruch gegen seinen Schuldner verliert und damit (anders als bei § 25 I 1 HGB) in das schutzwürdige Interesse des Veräußerers eingegriffen wird.
Einwilligung wie nach § 22 HGB, muss aber bei § 25 I 2 HGB nicht ausdrücklich erfolgen, sondern ist auch durch stillschweigende Duldung der Firmenfortführung möglich;
unwirksame Einwilligung genügt nicht.
kein unverzüglicher Ausschluss gem. § 25 II HGB
Ob die Kenntniserlangung von einem Dritten ausreicht, wird z.T. mit der dann fehlenden Schutzbedürftigkeit des Schuldners bejaht, nach h.M. wegen des ausdrücklichen Wortlauts des § 25 I 2 HGB (anders als bei § 407 BGB) und sonst bestehender Rechtsunsicherheit verneint.
trotz Vereinbarung und Verlautbarung nach § 25 II HGB kommt ein Rechtsscheinschutz (entgegen § 15 II 1 HGB) entsprechend § 25 I 2 HGB in Betracht, wenn der Erwerber die Firma ohne Nachfolgezusatz fortführt und der Schuldner im Vertrauen darauf (ohne Registereinsicht) an den Erwerber zahlt (str.)
Vereinzelt wird in § 25 I 2 HGB ein echter Forderungsübergang (cassio legis) gesehen.
Nach allgemeiner Ansicht findet keine cassio legis statt, sondern es besteht nach einer Ansicht eine gesetzliche Fiktion bzgl. des Forderungsübergangs bzw. nach wohl h.A. eine - nur unter den Voraussetzungen des § 25 II HGB - widerlegbare Vermutung, bzgl. eines Forderungsübergangs. Dafür spricht der Wortlaut von § 25 I 2 HGB (die Forderungen “gelten als übergegangen”) und der Schutzcharakter der Vorschrift zugunsten der Schuldner und nicht der Gläubiger.
I. Reichweite
Diese ist vergleichbar mit der des § 25 I 1 HGB, nur dass es sich hier auf die im Betrieb des Veräußerers begründeten Altforderungen erstreckt. Zu beachten ist, dass es sich um eine Schuldnerschutzvorschrift handelt, diese also nicht zu seinen Lasten gilt.
Forderung
es gelten die Ausführungen zu § 25 I 1 HGB bzgl. der Firmenfortführung
Übertragbarkeit der Forderung: Unabhängig davon, ob man § 25 I 2 HGB als Fiktion einer Abtretung oder eine cassio legis sieht, kann diese nicht weitergehen als eine wirklich erfolgte Abtretung. Dh die Forderung muss überhaupt übertragbar sein und es dürfen keine besonderen Formerfordernisse bestehen, und die Abtretung darf nicht von der (nicht vorliegenden) Zustimmung Dritter abhängig sein. Es würde sonst der jeweilige (Form-)Zweck verfehlt (Wahrung der Abtretungsvorschriften).
Beachte: Übertragbarkeit der Forderung (-), bei Abtretungsverbot, § 399 BGB, (beachte aber § 354a HGB) oder bei unverpfändbaren Forderungen, § 400 BGB.
im Betrieb des Veräußerers begründet
Es muss sich um eine Altforderung handeln:
es gelten die Ausführungen zu 3 25 I 1 HGB
bei unternehmensbezogenen Dauerschuldverhältnissen soll dies nach einer Ansicht nur für bereits entstandene Teilansprüche, während andere § 25 I 2 HGB (außer bei persönlich geprägten Rechtsverhältnissen) auf das ganze Rechtsverhältnis ausdehnen.
II. Umfang
Obwohl (nach hM) keine echte Abtretung stattgefunden hat, kann der Schuldner mit befreiender Wirkung an den Erwerber leisten (§ 25 I 2 HGB iVm §§ 362, 404 BGB). In diesem Fall hat der Veräußerer idR einen Ausgleichanspruch im Innenverhältnis gem. § 816 II BGB oder ggf. auch dem zugrunde liegenden Veräußerungsvertrag.
§ 25 I 2 HGB gilt aber nicht im Verhältnis zu Gläubigern des Veräußerers pder des Erwerbers, vielmehr kommt es nach hM dann auf die wahre Berechtigung an.
III. Inanspruchnahme des Schuldners
Ob der Schuldner ein Wahlrecht hat und - mangels tatsächlichem Forderungsübergang - auch an den wahren Forderungsinhaber (den Veräußerer) leisten kann, ist umstritten.
Nimmt der Erwerber den Schuldner in Anspruch, kommt nach h.M. § 25 I 2 HGB nicht zugunsten des Erwerbers zur Anwendung, da es sich um eine reine Schuldnerschutzvorschrift handelt. Soweit die Parteien nicht nach § 25 II HGB verfahren sind, kann der Schuldner aber schuldbefreiend an den Alt- oder Neuinhaber zahlen.
Nach a.A. (echte cassio legis bzw. Fiktion) kann der Schuldner nur noch an den Erwerber zahlen, da wegen § 25 I 2 HGB nur noch dieser zur Geltendmachung der Forderung berechtigt ist.
Nimmt der Veräußerer den Schuldner auf Zahlung in Anspruch und beruft sich dieser bei seiner Zahlungsverweigerung auf § 25 I 2 HGB, ist nach einer Auffassung dessen Wirkung durch den Veräußerer insoweit widerlegbar, als er dem Schuldner die fehlende Übertragung der Forderung nachweist (positive Kenntnis, des Schuldners, dass kein Forderungsübergang stattgefunden hat). Nach wohl vorherrschender Auffassung kann dagegen die gesetzliche Vermutung des § 25 I 2 HGB nur unter den Voraussetzungen des § 25 II HGB beseitigt werden, dh durch den Nachweis durch den Veräußerer bzgl. einer entgegenstehenden Vereinbarung mit dem Erwerber und deren Verlautbarung.
Haftung aufgrund besonderem Verpflichtungsgrund, § 25 III HGB
Liegen die voraussetzungen für eine Haftung nach § 25 I 1 HGB nicht vor, weil etwa keine Fortführung der alten Firma oder des Handelsgeschäftes erfolgte, haftet der Erwerber dennoch, aber nur dann, wenn ein besonderer vertraglicher oder gesetzlicher Verpflichtungsgrund vorliegt. § 25 III HGB hat damit praktisch nur klarstellende Bedeutung, da ein anderer - materiell-rechtlicher - Haftungsgrund gegeben sein muss.
handelsübliche Bekanntmachung
Die real selten vorkommende beispielhaft genannte Bekanntmachung ist nicht in rechtstechnischem Sinne von § 10 HGB zu verstehen, sondern meint jede Kundmachung in handelsüblicher Form. Die Kundmachung muss vom Erwerber ausgehen und ist vom Innenverhältnis zwischen Erwerber und Veräußerer losgelöst.
sonstiger Verpflichtungsgrund
Als sonstige Verpflichtungsgründe, die - unabhängig von § 25 I 1 HGB - eine Haftung auslösen können, kommen in Betracht:
vertragliche Schuldübernahme als befreiende Schuldübernahme (§§ 414 ff. BGB) oder als Schuldbeitritt;
Geschäftsübernahme, ohne dass eine unmittelbare Schuldübernahme vorliegen muss
Firmenfortführung gem. § 27 HGB
Neben der u.U. auf den Nachlass beschränkten erbrechtlichen Haftung kommt eine uU ubeschränkte Haftung des Erben unter den bes. handelsrechtlichen Voraussetzungen in Frage. Der Erbe eines einzelkaufmännsichen Handelsgeschäftes haftet nach § 27 I HGB für die Geschäftschulden des Erblassers bei Fortführung des Geschäftes unter der alten Firma vorbehaltlich eines Haftungsausschlusses nach § 27 III HGB, entsprechend § 25 HGB mit seinem ganzen Vermögen. Auch hierfür ist immer eine materiell-rechtliche Anspruchsgrundlage erforderlich iVm § 27 I HGB.
Haftung des Erben für Altverbindlichkeiten, § 27 I HGB
Voraussetzungen des § 27 I HGB:
Wegen des Verweises in § 27 I HGB auf den § 25 HGB sind die Voraussetzungen im Wesentlichen identisch, mit der Abweichung, dass es sich um einen Erwerb kraft Erbfolge handeln muss.
kaufmännisches Handelsgeschäft, §§ 1 HGB
Eine analoge Anwendung auf Nichtkaufleute scheidet nach ganz hM aus.
Erwerb kraft Erbfolge
tatsächliche Fortführung unter der bisherigen Firma
a) Fortführung des Handelsgeschäfts
Notwendig, aber auch ausreichend ist - wie bei § 25 HGB, dass das Unternehmen im Kern durch den neuen Inhaber/Erben fortgeführt wird. Der Miterbe, der vor der Fortführung aus der Miterbengemeinschaft ausscheidet, haftet nicht.
nach hM notwendig, aufgrund der systematischen Stellung des § 27 HGB als firmenrechtlicher Vorschrift; Regelung enthält danach einen Rechtsgrundverweis
Firmenfortführung wie bei § 25 HGB, dh des Kerns, mit oder ohne Nachfolgezusatz
die unmittelbare Firmenänderung nach Erbschaftsanfall oder Veräußerung des Geschäftes ohne Firma lassen die handelsrechtliche Haftung entfallen
keine Einstellung nach § 27 II HGB (Enthaftung nach Bedenkzeit)
a) Einstellung
unstreitig, wenn Aufgabe von Geschäft und Firma
Differenzierung bei Veräußerung des Handelsgeschäfts
Einstellung (-), wenn Veräußerung mit der Firma, da sich Erbe den wirtschaftlichen Wert der Firma zunutze macht.
Einstellung (+), wenn Veräußerung ohne Firma
Einstellung streitg, wenn das Handelsgeschäft samt Firma zunächst weitergeführt, aber lediglich die Firma (innerhalb von drei Monaten) nachträglich geändert wird:
z.T.: (-)
da die Regelung vom Wortlaut eine Einstellung der unternehmerischen Tätigkeit selbst verlangt
z.T. (vordringlich): (+)
da durch die nachträgliche Firmenänderung der Anknüpfungspunkt der Haftung (Beibehaltung der Firma) beseitigt wird (systematische Stellung bei Firmenvorschriften)
b) innerhalb von drei Monaten
§ 27 II 1 HGB: Einstellung grds. innerhalb von 3 Monaten ab Kenntnis des Anfalls der Erbschaft
§ 27 II 2 HGB: Fristbeginn gehemmt iVm § 210 BGB bei nicht vollgeschäftsfähigem Erben ohne gesetzlichen Vertreter, bis entweder ein solcher bestellt oder der minderjährige Erbe volljährig geworden ist (beachte auch die Enthaftungsmöglichkeit gem. § 1629a I, IV BGB);
§ 27 II 3 HGB: Fristende gehemmt, solange erbrechtliche Ausschlagungsfrist nach § 1944 BGB noch nicht abgelaufen (zwar nur sechs Wochen, aber erst ab Kenntnis auch vom Berufungsgrund und uU Verkündung der Verfügung von Todes wegen, § 1944 II BGB).
kein Haftungsausschluss, nach § 27 I HGB iVm § 25 II oder III HGB
nach a.A. unzulässig, da die Interessenlage bei der Übernahme aufgrund Erbgangs eine ganz andere sei als bei der Übernahme eines Handelsgeschäftes unter Lebenden.
nach h.M.: durch einseitige Erklärung und Verlautbarung iSv § 25 III HGB möglich, da § 27 I HGB komplett auf § 25 HGB verweist und Gläubiger nicht schutzwürdig sind, da Erbe immer noch mindestens mit dem Nachlass für die Verbindlichkeiten haftet.
Die Rechtsfolge ergibt sich über § 27 I HGB wie bei § 25 I HGB.
Haftung des Erben für die betriebsbezogenen Altverbindlichkeiten des Erblassers unbeschränkt und unbeschränkbar persönlich, dh ohne die erbrechtlichen Beschränkungsmöglichkeiten.
Haftung für die vom Erben begründeten Neuverbindlichkeiten
fortführender Vorerbe haftet nach § 27 I 1 HGB
fortführender Nacherbe haftet auch für die vom Vorerben begründeten Verbindlichkeiten, auch wenn diese nicht auf ordnungsgemäßer Nachlassverwaltung beruhen; es sei denn, das Handelsgeschäft gehörte bei Nacherbenfall nicht mehr zum Nachlass;
Miterben haften aus §§ 27 I, 25 I HGB iVm § 2058 BGB, aber ohne §§ 2059, 2060 BGB.
Eintritt in ein Handelsgeschäft gem. § 28 HGB
Betreibt eine Einzelperson ein kaufmännisches Handelsgewerb (Einzelkaufmann), entsteht durch das Hinzukommen einer weiteren Person eine Handelsgesellschaft. Ist die Haftung des Eintretenden auf seine Einlage (Haftsumme) beschränkt, wird er Kommanditist und es entsteht eine KG; ist sie nicht beschränkt, entsteht eine OHG. Im Gegensatz zu der §§ 25, 27 HGB scheidet also der bisherige Inhaber nicht aus, sondern bringt sein Handelsgeschäft in die neu entstehende Gesellschaft ein.
Haftung des Eintretenden für Altverbindlichkeiten, § 28 I 1 HGB
Voraussetzungen § 28 I 1 HGB:
Geschäft eines Einzelkaufmanns, §§ 1 ff. HGB
bisheriger Alleininhaber muss zum Zeitpunkt des Eintritts Kaufmann sein, also kaufmännisches Handelsgewerbe betreiben;
fehlende HReg-Eintragung ist bei Ist-Kaufmann nach § 1 HGB unschädlich
bisher war streitig, ob für die durch den Eintritt in das Geschäft eines Kleingewerbetreibenden entstehende GbR § 28 HGB analog gilt:
wohl überwiegend (+),
jetzt (-), da sich der Gesetzgeber in § 707b Nr. 1 und § 721a BGB bewusst gegen die Anwendung von § 28 HGB entschieden hat.
Eintritt als persönlich haftender Gesellschafter oder Kommanditist
Wortlaut der Norm ist missverständlich, da es den Eintritt in das Geschäft eines Einzelkaufmanns rechtlich nicht gibt; gemeint ist die Gründung einer Gesellschaft (OHG/KG oder GbR) unter Einbringung des Handelsgeschäfts.
a) Gründung der Gesellschaft
als OHG bei unbeschränkter Gesellschafterhaftung oder als KG durch Aufnahme eines Kommanditisten mit beschränkter Haftung nach § 171 HGB erfolgen
Gesellschaftsvertrag muss nach hM nicht wirksam sein, da nach Invollzugsetzung der Gesellschaft die Grundsätze der “fehlerhaften Gesellschaft” gelten;
bei Eintritt/ Einbringung in bereits bestehende Personengesellschaft ergibt sich die Haftung nur nach § 127 bzw. § 173 HGB.
b) Einbringung des Handelsgeschäftes in die neue Gesellschaft
Einbringung entspricht dem Erwerb eines Handelsgeschäftes iSv § 25 HGB, dh tatsächlicher Übergang vom bisherigen Inhaber auf die neue Gesellschaft ist maßgeblich;
Einbringung kann durch dingliche Übertragung des Gesellschaftsvermögens oder auch in Form eines Nutzungs- oder Pachtvertrages erfolgen.
KEINE analoge Anwendung, wenn Kaufmann mit Handelsgeschäft in BESTEHENDE OHG/KG eintritt
Fortführung des Handelsgeschäfts
entscheidend ist die tatsächliche Fortführung des Handelsgeschäfts durch die neue Gesellschaft selbst;
der Firmenfortführung bedarf es nach dem eindeutigen Wortlaut für die Haftung nach § 28 HGB nicht, da in diesem Fall durch den alten Inhaber, der weiterhin an dem Geschäft beteiligt ist, ein ausreichendes Bindeglied zwischen neuem und altem Inhaber existiert.
kein unverzüglicher Haftungsausschluss gem. § 28 II HGB
so wie bei § 25 HGB, mit der Besonderheit, dass eine Vereinbarung über einen Haftungsausschluss zwischen Altinhaber und (neuer) Gesellschaft geschlossen werden muss;
BEACHTE: Bei Eintritt in eine bestehende Gesellschaft (dann aber § 28 HGB nicht anwendbar), ist abweichende Vereinbarung NICHT zulässig (§ 127 S. 2 HGB bzw. § 173 II HGB).
Die Rechtsfolgen bei § 28 I 1 HGB sind im Wesentlichen mit denen des § 25 I 1 HGB identisch.
im Betrieb des bisherigen Inhabers begründete Verbindlichkeiten
die nunmehr bestehende Gesellschaft haftet für die betriebsbezogenen Altverbindlichkeiten des früheren Inhabers;
daneben haften die persönlich haftenden Gesellschafter der neuen OHG gem. § 126 S. 1 HGB oder KG unbeschränkt (iVm § 161 II HGB).
der EINTRETENDE Kommanditist haftet grds. nur beschränkt auf die Einlage (Haftsumme) gem, § 171 I HGB;
der FRÜHERE Inhaber haftet daneben (selbstverständlich, dh ohne dass es besonders angeordnet ist) als bisheriger Schuldner gesamtschuldnerisch weiter unbeschränkt, da er die Verbindlichkeit persönlich begründet hat; nach Ablauf von fünf Jahren kann jedoch eine Enthaftung gem. § 26 HGB eintreten;
wählt der bisherige Einzelkaufmann die Stellung als Kommanditist haftet er für die Altverbindlichkeiten weiterhin (bis zu fünf Jahren) unbeschränkt persönlich (wie ein Komplementär), während er für die NEUverbindlichkeiten als Kommanditist haftet; für den Fristbeginn gilt die Eintragung der neuen Gesellschaft in das HReg, vgl. § 28 III HGB.
Titelumschreibung
Ein bereits vorliegender, gegen den bisherigen Einzelkaufmann gerichteter rechtskräftiger Titel kann analog § 729 II ZPO gegen die Gesellschaft - wegen § 129 IV HGB aber nicht gegen die persönlich haftenden Gesellschafter - umgeschrieben werden.
Die im Handelsgeschäft begründeten Forderungen, § 28 I 2 HGB
Voraussetzungen § 28 I 2 HGB:
Die voraussetzungen sind mit denen von § 28 I 1 HGB weitestgehend identisch. Dh § 28 I 2 HGB wird nur dann vorliegen, wenn auch § 28 I 1 HGB gegeben ist.
b) Einbringung des Handelsgeschäftes
Die Rechtsfolge ist wie bei § 25 I 2 HGB nicht ganz unumstritten:
Während vereinzelt ein echter Forderungsübergang angenommen wird, findet nach allgemeiner Ansicht keine cassio legis statt, sonder greift eine gesetzliche Fiktion bzgl. des Forderungsübergangs bzw. eine nur unter den Voraussetzungen des § 28 II HGB widerlegbare Vermutung. Dafür spricht auch hier der Wortlaut von § 28 I 2 HGB (die Forderungen “gelten als übergegangen”).
Die Rechtsfolge umfasst die im Betrieb des bisherigen Inhabers begründeten Forderungen. Insoweit ergeben sich keine Besonderheiten.
Rechtsschein des Handelregister gemäß § 15 HGB
und sonstige Rechtsscheintatbestände
P1: In welchem Verhältnis steht § 15 I HGB zu § 5 HGB?
§ 5 HGB ist wegen der geringeren Tatbestandsvoraussetzungen (Gutgläubigkeit des Dritten nicht relevant) und der engeren Rechtsfolgen (Wirkung für und gegen alle) vorrangig zu prüfen. Anwendungbereich des § 15 I HGB:
ein im Handelsregister eingetragener Kaufmann gibt sein Gewerbe auf (mangels Gewerbe gilt § 5 HGB nicht)
Eingetragene Personenhandelgesellschaften, die ihren Gewerbebetrieb einstellen und damit automatisch zu einer GbR werden
P2: Kann sich der Dritte auch (bzgl. einer Tatsache) teils auf § 15 I HGB und teils auf die wahre Rechtslage berufen?
Das Handelsregister kann nur in seiner Gesamtheit gewürdigt werden, sodass derjenige, der sich bezüglich einer Tatsache auf das Handelsregister berufe, entsprechend dem Gesamtinhalt des Registers behandeln lassen müsse.
h.M./BGH: (+) sog. Rosinentheorie
§ 15 I HGB gibt dem gutgläubigen Dritten ein Wahlrecht, ob er sich die tatsächliche Lage oder auf § 15 I HGB berufen will. Dieses Wahlrecht kann auch nur teilweise ausgeübt werden, da § 15 I HGB nur zum Vorteil des Dritten und nicht zu seinen Lasten wirke und zudem die negative Publizität einer positiven Bezugnahme auf den Registerinhalt entgegenstehe, Dafür spricht, dass gerade kein Einblick in das Handelsregister erforderlich ist, um sich auf § 15 I HGB berufen zu können.
P3: Was ist eine eintragungspflichtige Tatsache iSd § 15?
Im Rahmen des § 15 HGB ist zwischen eintragungspflichtigen und bloß eintragungsfähigen Tatsachen zu unterscheiden, da für letztere allenfalls (str.) die Publizitätswirkungen des § 15 II HGB gelten. EintragungsPFLICHTIG sind solche Umstände, die qua Gesetzes eingetragen werden MÜSSEN oder besondere Bedeutung haben (Immobilienklausel § 49 II HGB: besondere Ermächtigung; Befreiung von § 181 BGB). EintragungsFÄHIGE Tatsachen können eingetragen werden, müssen es aber nicht. Umstritten ist, ob sich § 15 HGB auf ALLE Arten eintragungspflichtiger Tatsachen erstreckt:
keine Anwendung auf konstitutiv wirkende Eintragungen, da das Gesetz für diese Tatsachen idR nur die Eintragung und nicht die Bekanntmachung fordere und diese Gesetzestechnik unterlaufen würde, wenn sich der Eintragende ggü. einen gutgläubigen Dritten auf die bereits eingetragene Rechtsänderung erst nach einer Bekanntmachung berufen könne
keine Anwendung auf Primärtatsachen (zB Erteilung einer Prokura, Eintritt eines Gesellschafters), sondern nur auf Sekundärtatsachen, die eine Änderung der gesetzlichen oder rechtsgeschäftlich vorgegebenen Rechtslage bewirken (Widerruf der Prokura; Ausscheiden eines Gesellschafters). Sonst würde der Unterschied zwischen konstitutiv und deklaratorisch wirkenden Eintragungen verwischt
h.M.: (+)
Gesetzeswortlaut kennt keine Einschränkungen hinsichtlich vorgenannter Tatsachen; Unterscheidung wäre auch kaum konsequent einzuhalten und würde dem gesetzgeberischen Ziel, Rechtssicherheit zu verschaffen, zuwiderlaufen
P4: Gilt § 15 I HGB auch im Falle der sog. sekundären Unrichtigkeit?
Das Problem der sekundären Unrichtigkeit stellt sich, wenn schon die gebotene Voreintragung der Tatsache, deren Veränderung einzutragen war, fehlt, so dass das Handelregister nunmehr wieder mit der Wirklichkeit übereinstimmt.
a.A.: (-)
weil bei fehlender Voreintragung durch das Unterbleiben der Sekundäreintragung kein Rechtsschein erzeugt werde; es reiche für den Verkehrsschutz daher eine Haftung nach allgemeinen Rechtsscheingrundsätzen aus.
da der Dritte auch anderweitig Kenntnis von der voreintragungspflichtigen Tatsache Kenntnis erlangt haben kann und dieser Vertrauenstatbestand nur durch einen entsprechenden Gegeneintrag beseitigt werden soll; außerdem würde derjenige schlechter gestellt, der den Eintragungspflichtigen jedenfalls teilweise nachkommt; zudem ist die allgemeine Rechtsscheinhaftung nicht sachgerecht, da schon fahrlässige Unkenntnis schadet und konkrete Kausalität erforderlich ist.
Gegenausnahme: Die voreinzutragende Tatsache ist ein rein interner Vorgang geblieben, ein schutzwürdiges Vertrauen Dritter also schlechthin ausgeschlossen.
P5: Muss der Vertrauenstatbestand für das Handeln des Dritten ursächlich gewesen sein?
h.M.:
Es genügt, dass der Dritte abstrakt vom Nichtbestehen der eintragungspflichtigen Tatsache ausgeht und die Annahme - also nicht die fehlende Eintragung (!) - ursächlich für seine Entscheidung ist (abstrakte Kausalität); dh keine Kenntnis vom Registerinhalt notwendig
z.T.:
konkrete Kausalität notwendig, wobei dem Vertrauenden allerdings der Beweis des ersten Anscheins zugutekommen soll
jegliche Kausalität entbehrlich
P6: Was ist unter der Unrichtigkeit der Eintragung iSv § 15 III HGB zu verstehen?
bisher z.T.:
unrichtig eingetragen ist eine Tatsache nur, wenn die Handelsregistereintragung von deren Bekanntmachung abweicht. Diese Auffassung dürfte sich ab 01.08.2022 überholt haben, da technisch die Bekanntmachung durch Zugriff auf die eingetragene Tatsache erfolgt.
Unrichtige Eintragung dann, wenn die Eintragung von der TATSÄCHLICHEN Sachlage abweicht.
P7: Ist § 15 III HGB analog auf den Fall der richtigen Eintragung eienr bloß fehlerhaften Bekanntmachung anzuwenden?
früher wurde dies z.T. für den in § 15 III HGB aF geregelten umgekehrten Fall (unrichtige Bekanntmachung) bejaht, da die Handelregistereintragung im Verhältnis zur Bekanntmachung den primären und verlässlichen Informationsträger darstellte und größeres Vertrauen genoss; die h.M. verneinte dies unter Hinweis auf den eindeutigen Wortlaut und des Fehlens einer notwendigen planwidrigen Regelungslücke; zudem werde § 15 III HGB zurecht durch das Veranlasserprinzip teleologisch reduziert, sodass der Anwendungsbereich des § 15 III HGB nicht noch im Wege der Analogie erweitert werden sollte.
ab 01.08.2022 dürfte sich das Problem erledigt haben, da eine Divergenz zwischen Eintragung und Bekanntmachung faktisch ausgeschlossen ist, da die Bekanntmachung durch Eröffnung der Zugriffsmöglichkeit auf die Daten der Eitnragung erfolgt. Da der Gesetzgeber davon ausgeht, dass damit eine Divergenz (zB Softwareproblem, Hacker-Angriff) eine Analogie jetzt rechtfertigen.
P8: Wann ist eine unrichtige Eintragung zurechenbar veranlasst und bedarf es dieses einschränkenden Kriteriums?
Anmerkung: Die Diskussion beruht auf § 15 III HGB aF, dürfte aber bzgl. der jetzt geregelten unrichtigen HandelsregisterEINTRAGUNG unverändert gelten.
§ 15 III HGB ist vom Wortlaut als Anwendungsfall des reinen Rechtsscheinprinzips ausgestaltet. Bei konsequenter Anwendung träfen seine Wirkungen daher auch einen an der Bekanntgabe völlig Unbeteiligten.
Ein solche Ergebnis würde zwar dem Verkehrsschutzinteresse Dritter entgegenkommen, erscheint jedoch ggü. dem Betroffenen unbillig. Die hM plädiert daher für eine Einschränkung des § 15 III HGB, wobei umstritten ist, wie dies zu erfolgen hat:
Vorschrift wirkt nur zu Lasten desjenigen, der die unrichtige Bekanntmachung zumindest mittelbar zurechenbar veranlasst hat (sog. Veranlasserprinzip); zurechenbare Veranlassung bedeutet dabei weniger als Verschulden und auch nicht Veranlassung der Fehlerhaftigkeit der Bekanntmachung. Es genügt, dass der Betroffene die unrichtige Verlautbarung irgendwie - und sei es durch eine richtige (!) Anmeldung - veranlasst hat.
Vorschrift beschränkt sich auf tatsächlich registerpflichtige Unternehmen, ihre Unternehmensträger und ihre Gesellschafter, da sie nur gegen denjenigen wirkt “in dessen Angelegenheiten” die Tatsache bekannt zu machen war und daher bedingt, dass die betroffene Person solche registerpflichtigen “Angelegenheiten” überhaupt hat (Personenkreisbeschränkung).
Rechtsverkehr ist uneingeschränkt schutzwürdig, daher konsequente Anwendung des § 15 III HGB entsprechend dem Wortlaut; Unbeteiligter kann Amtshaftungsansprüche gegen Registergericht geltend machen.
P9: Gelten § 15 I und III HGB auch zu Lasten nicht Vollgeschäftsfähiger?
§ 15 I HGB:
vorrangig Minderjährigenschutz
da es nicht darauf ankomme, warum die Angelegenheit nicht eingetragen worden ist und der Minderjährigenschutz nicht generell Vorrang vor dem Verkehrsschutz hat
§ 15 III HGB:
h.M.: (-)
§ 15 III HGB wird nach hM mit dem Gedanken der Zurechenbarkeit eingeschränkt; Zurechnung setze aber Zurechnungsfähigkeit voraus und diese müsse sich wegen der rechtsgeschäftlichen Auswirkungen der Haftung nach den Vorschriften über die Geschäftsfähigkeit richten; danach Haftung nur, wenn Anmeldung mit Zustimmung des gesetzlichen Vertreters bzw. Betreuers erfolgt ist
a.A.: (+)
Vorrang des Vertrauensschutzes
§ 15 HGB und § 1629a BGB:
Eintragung (+) Bekanntmachung falschen Geburtsdatums (=Eindruck der Volljährigkeit):
§ 15 III HGB anwendbar, da wegen der Kontrollmöglichkeit des Alters im Eintragungsverfahren, die Schutzbedürftigkeit des Geschäftsverkehrs vorrangig
a.A.:
(-), da sont eine fremdbestimmte Haftung für die während der Minderjährigkeit begründeten Verbindlichkeiten führen, die § 1629a BGB gerade vermeiden will
P10: In welchem Verhältnis steht § 15 HGB zur allgemeinen Rechtsscheinhaftung?
Die Rechtsscheinregelungen des HGB sind nicht abschließend. Über sie hinaus sind die allgemeinen Rechtsscheingrundsätze ergänzend anwendbar. Hierzu zählt insbesondere die gewohnheitsrechtlich anerkannte Lehre vom Scheinkaufmann, denn HGB das enthält keine Regelungen für Rechtsscheintatbestände außerhalb des Handelsregisters (BEACHTE aber immer: Vorrang der §§ 5, 15 HGB).
Bei fehlerhafter Rechtsformangabe im geschäftlichen Rechtsverkehr kommt eine Haftung des Vertreters analog § 179 BGB in Frage.
P11: Ist eine Rechtsscheinhaftung entgegen der zutreffenden Verlautbarung des Handelsregisters möglich?
Grundsatz (+), der allgemeine Rechtsscheintatbestand ist ggü. § 15 II HGB immer der einträumen
Grundsatz (-): Bei richtiger Eintragung kein schützenswertes Vertrauen auf eienn der Eintragung widersprechenden Rechtsschein, da sonst § 15 II HGB weitgehend unterlaufen würden.
Ausnahme (+): Vorrang des Rechtsscheins ggü. der Handelsregistereintragung, wenn Berufung auf den Registerinhalt aus besonderen Gründen des Einzelfalls rechtsmissbräuchlich ist.
Fallkonstellation:
Dem Dritten musst die Registereinsicht überflüssig erscheinen, zB bei std. Geschäftsbeziehung oder laufenden Vertragsverhandlungen
Rechtsschein wird unter Verstoß gegen erhöhte gesetzliche Publizitätsanforderungen erzeugt, die über Eintragung und Bekanntmachung hinausgehen.
Wenn der Kaufmann nach der Eintragung einen Rechtsschein erzeugt, der im Widerspruch zur Registerlage steht.
Die Hilfsleute der Kaufleute im Überblick
Die Vertretung der Kaufleute
Prokura
Handlungsvollmacht
Ladenangestellte
Prokura gem. §§ 48-53 HGB
Allgemeines
Bei der Prokura handelt es sich um eine rechtsgeschäftlich erteilte Vertretungsmacht mit gesetzlich geregeltem Umfang. Damit sind die §§ 164 ff. BGB grds. anwendbar. Wie bei jeder Stellvertretung müssen auch hier die allgemeinen Voraussetzungen für eine Stellvertretung erfüllt sein. Demnach muss deren Anwendbarkeit und Zulässigkeit ebenso bejaht werden können, wie die Abgabe einer eigenen Willenserklärung im fremden Namen. Bei der Prokura handelt es sich um die Vollmacht mit dem größten Umfang qua Gesetzes.
Erteilung
durch wen?
Kaufleute iSv § 1 ff. HGB
Handelsgesellschaften (vgl. § 48 I iVm § 6 HGB) diese vertreten durch ihre Vertretungsberechtigten
Kaufleute kraft Eintragung (§ 5 HGB)
Rechtsscheinkaufleute im Verhältnis zu gutgläubigen Dritten ist dann auch der Kleingewerbetreibende an die Prokura gebunden
an wen?
nur an NATÜRLICHE Personen, die nicht zugleich Prinzipal (Kaufmann) bzw. Organ sind.
Dies können (auch) sein:
Kommanditist, da er nach § 170 HGB nur von der ORGANSCHAFTLICHEN Vertretung ausgeschlossen ist
stiller Gesellschafter, da grds. von der Vertretung der Gesellschaft ausgeschlossen (vgl. §§ 230 ff. HGB)
ein persönlich haftender Gesellschafter, der von der organschaftlichen Vertretung der Gesellschaft ausgeschlossen ist (vgl. § 124 I HGB)
Dies können NICHT sein:
eine juristische oder (teil-)rechtsfähige Personengesellschaft selbst
der Prinzipal, ein persönlich haftender Gesellschafter, der organschaftlicher Vertreter ist; Geschäftsführer einer GmbH/Vorstand(smitglied) einer AG, da keine Selbstvertretung möglich; z.T. ist aus diesem Grunde auch unechte Gesamtprokura (Prokurist darf nur MIT KM handeltn) unzulässig, aA sieht darin keine Selbstvertretung, sondern zulässige Bindung des Prokuristen an KM
wie?
stets persönlich und ausdrücklich (§ 48 I HGB)
Die Verwendung des Wortes “Prokura” ist nicht notwendig, es muss sich aber deren Erteilung zweifelsfrei ergeben
nach den Grundsätzen der §§ 164 ff. BGB
mündlich oder schriftlich
ggü. dem Prokuristen, einem Dritten (Außenvollmacht, §§ 167 I, 170 BGB) oder der Allgemeinheit
eine rechtsgeschäftliche Duldungsprokura gibt es nicht
Erteilung ist eintragungspflichtige Tatsache, mit nur deklaratorischer Wirkung (§ 53 I HGB); nur eingetragen schriftliche Überprüfung durch HReg, ob Erteilung wirksam, § 7 HGB
Umdeutung möglich?
Bei nicht wirksam (ausrücklich) erteilter Prokura kommt Umdeutung gem. § 140 BGB in Handlungsvollmacht (§ 54 HGB) oder BGB-Vollmacht (§ 167 BGB) in Betracht.
Umfang?
grds. für alle Geschäfte, die der Betrieb IRGENDeines Handelsgewerbes mit sich bringt, § 49 I HGB
gerichtliche Geschäfte
außergerichtliche Geschäfte und Rechtshandlungen, ohne dass es auf die Branchenüblichkeit ankommt
bei einseitigen Rechtsgeschäften keine Zurückweisung nach § 174 S. 1 BGB möglich, da “Kenntnis des Empfängers” § 174 S. 2 BGB
dagegen grds. KEINE Vertretungsmacht in Bezug auf (Negativabgrenzung)
Geschäfte, die NICHT zum Betrieb eines Handelsgewerbes gehören
reine Inhaber(Prinzipal-)geschäfte
sog. Grundlagengeschäfte, auf denen die Existenz, Rechtsform und Ausgestaltung des Handelsgeschäfts aufbaut
Grundstücksgeschäfte gem. § 49 II HGB (Immobiliarklausel); nach hM auch bei Verfügungen über Grundstück, das nicht im Eigentum des Kaufmannes steht
KEINE weitergehende Beschränkung der Vertretungsmacht
GRDS.: nur mit Wirkung im Innen-, nicht aber im Außenverhältnis vgl. § 50 I und II HGB
AUSN.: bei Missbrauch der Vertretungsmacht
kollusives Zusammenwirken von Prokurist + Drittem zum Nachteil des Prinzipals (§§ 138, 826 BGB)
bewusster Missbrauch durch Prokuristen (Überschreitung der Befugnisse aus dem INNENverhältnis) und Kenntnis oder (hL: grob fahrlässige) Unkenntnis des Dritten trotz BESONDERER UMSTÄNDE
Erscheinungsformen
Bei der Prokura sind verschieden Erscheinungsformen zu unterscheiden:
Einzelprokura, § 48 I HGB
Prokura nur an eine einzelne Person
Gesamtprokura, § 48 II HGB
echte: Vertretung ist nur mit einem anderen Prokuristen gestattet
gemischt (unechte):
unproblematisch, wenn Vertretung nur mit einem Gesellschafter der Gesellschaft selbst zulässig ist (zB § 125 III HGB)
umstritten, wenn Vertretung nur mit Kaufmann selbst zulässig sein soll; z.T.: (-), da Kaufmann sich nicht selbst vertreten kann und faktisch keine Kompetenzübertragung auf den Prokuristen erfolgt; nach a.A.: (+), da keine Selbstbevollmächtigung des Kaufmannes, sondern Bindung des Prokuristen an Mitwirkung des Kaufmannes, so dass auch kein Verstoß gegen § 50 II HGB vorliegt.
Filialprokura, § 50 III HGB (Eintragung nur deklaratorischer Natur)
nur für Zweigniederlassung, wenn unter einer anderen Firma
Generalprokura: für alle Niederlassungen des Kaufmanns
Erlöschen
Das Erlöschen ist gem. § 53 II HGB eine eintragungsPFLICHTIGE Tatsache; wobei Eintragung lediglich deklaratorischer Natur ist. Das Erlöschen kann erfolgen durch:
Widerruf, § 52 I HGB
grds. jederzeit (ggü. Prokuristen oder der Öffentlichkeit) ohne Angabe von Gründen (Ausn.: Im Gesellschaftsvertrag ausbedungene Prokura des Kommanditisten, analog § 116 HGB im Innenverhältnis nur aus wichtigem grund)
Erklärung erfolgt in gleicher Weise wie die Erteilung, also formlos, idR durch Erklärung ggü. dem Prokuristen oder der Öffentlichkeit
Widerrufsberechtigung des Kaufmanns oder eines einzelnen vertretungsberechtigten Gesellschafters oder Miterben eines geerbte Handelsgeschäftes
Erlöschen des zugrundeliegenden Rechts(Dienst-)verhältnisses, § 168 S. 1 BGB
Geschäftsveräußerung, -aufgabe oder -umwandlung (in OHG oder KG) oder Verlust der Kaufmannseigenschaft; auch bei Insolvenz des Prinzipals, § 115 InsO
dauernde Geschäftsunfähigkeit des Kaufmannes (Schutz des Geschäftsverkehrs)
Tod des Prokuristen, nicht dagegen Tod des Kaufmannes, § 52 III HGB (Schutz des Rechtsverkehrs)
Handlungsvollmacht gem. §§ 54- 58 HGB
grds. wie bei der Prokura durch alle Kaufleute iSv §§ 1 ff. HGB (auch Rechtsscheinkaufleute)
die (analoge) Anwendung auf Kleingewerbetreibende wird von der h.M. bejaht, da Normzweck der Verkehrsschutz sei, der durch die Analogie gefördert werde
Erteilung auch durch Bevollmöchtigte möglich (Prokurist; anderen Handlungsbevollmächtigten)
nach h.M. NICHT nur an natürliche Personen, da anders als bei der Prokura kein besonderes Vertrauensverhältnis verlangt wird, während nach a.A. bei juristischen Personen die Fähigkeit fehlt, organisatiorisch eingegliedert aus dem Unternehmen heraus handeln zu können
Handlungsbevollmächtigter darf - wie bei der Prokura - nicht der Prinzipal (Kaufmann) selbst oder sonst schon (zB organschaftlich) zur Vertretung berechtigt sein
nicht zwingend persönlich oder ausdrücklich, dh auch konkludent oder durch Duldung
ggü. dem Handlungsbevollmächtigten, einem Dritten (Außenvollmacht, §§ 167 I, 170 BGB) oder der Allgemeinheit
Erteilung ist weder eintragungspflichtige noch eintragungsfähige Tatsache
gemäß § 140 BGB bei nicht wirksam (ausdrücklich) erteilter Prokura denkbar
Umfang
Maßgeblich für den Umfang der Vertretungsmacht ist die Bevollmächtigung durch den Geschäftsherrn. Dieser hat die Möglichkeit, den Umfang nach seinem Belieben auch mit Wirkung nach außen festzulegen. Dies folgt aus § 54 III HGB, wonach Beschränkungen der Vertretungsmacht, die über das im Gesetz genannte Maß hinausgehen, auch ggü. Dritten gelten, wenn sie diesem bekannt waren. Der gesetzlich beschriebene Umfang richtet sich grds. nach der erteilten Art der Handlungsvollmacht:
GERNERALhandlungsvollmacht:
ermächtigt zu allen Rechtsgeschäften, die der gesamt Betrieb eines DERARTIGEN Handelsgewerbes gewöhnlich mit sich bringt; aber wie bei Prokura kein Privat- und Grundlagengeschäft (zB Betriebeinstellung/Sitzverlegung/Firmenänderung)
ARThandlungsvollmacht:
gilt für alle Rechtsgeschäfte, die eine bestimmte Art von Geschäften eines derartigen Handelsgeschäftes gewöhnlich mit sich bringt
SPEZIALhandlungsvollmacht:
berechtigt zu allen Rechtsgeschäften, die das übertragene einzelne konkret bestimmte Geschäft gewöhnlich mit sich bringt
Für die jeweilige typisierte Form bestimmt § 54 HGB nach einer Ansicht den gesetzlichen Mindestumfang der jeweiligen Handlungsvollmacht und nach wohl überwiegender Ansicht eine widerlegliche gesetzliche Vermutung.
Allgemein gitl, dass die jeweilige Handlungsvollmacht nur zur Vornahme solcher Rechtsgeschäfte bevollmächtigt, die in einem derartigen Handelsgewerbe gewöhnlich vorkommen:
derartig: Beschränkung auf branchenübliche Rechtsgeschäfte
gewöhnlich: ein nicht nur selten vorkommendes Rechtsgeschäft
Negativabgrenzung, § 54 II HGB:
Grds.: aufgrund Handlungsvollmacht besteht KEINE Vertretungsmacht für Grundstückveräußerungen/-belastungen; Wechselzeichnung; Darlehensaufnahme; Prozessführung
Ausn.: besondere Erteilung, auch konkludent, aber nicht allein durch Erteilung der Generalhandlungsvollmacht
weitergehende Beschränkung der Vertretungsmacht, § 54 III HGB
GRDS.: Wirkung im Innenverhältnis und grds. auch im Außenverhältnis
ABER: Dritten ggü. nur wirksam bei Kenntnis/leicht fahrlässiger Unkenntnis (Kennenmüssen, § 122 II BGB)
prozessuale Bedeutung: Darlegungs- und Beweislast
Erteilung der Handlungsvollmacht
Hierfür gibt es keine gesetzliche Vermutung, sodass sie denjenigen trifft, der sich auf die Handlungsvollmacht beruft. Dies gilt auch hinsichtlich der unterschiedlichen Art der Handlungsvollmacht (General-, Art- oder Spezialvollmacht).
Umfang der Handlungsvollmacht
Wird ein von § 54 I und II HGB abweichender Umfang der Vertretungsmacht geltend gemacht, muss dies derjenige darlegen und beweisen, der sich darauf berufen will, dh bei Beschränkungen der Kaufmann
Gutglaubensschutz gem. § 54 III HGB
Gelingt dem Kaufmann der Nachweis, dass die von ihm erteilte Handlungsvollmacht hinter dem zurückbleibt, was § 54 I und II HGB vorsehen, muss er zusätzlich beweisen, dass der Geschäftspartner dies kannte oder kennen musste (§ 122 HGB)
dogmatische Einordnung/Prüfungsaufbau
Einerseits ist in § 54 III HGB eine Begrenzung des Rechtsscheintatbestandes zu sehen. Dann würde der Vertreter bei der nach AUßEN voll wirksamen Überschreitung der Beschränkung, als Vertreter ohne Vertretungsmacht handeln, sodass das Rechtsgeschäft zunächst schwebend unwirksam ist.
Andererseits ist darauf abzustellen, dass bei Überschreitung der lediglich INTERNEN Beschränkung die Vertretungsmacht bestand, der Vertreter sie aber ggf. missbraucht hat (“Handeln im Rahmen des rechtlichen Könnens unter Überschreitung des rechtlichen Dürfens”). Zu prüfen ist dies dann bei der Stellvertretung unter “Missbrauch der Vertretungsmacht”.
Auch bei der Handlungsvollmacht sind verschiedene Erscheinungsformen zu unterscheiden:
Einzelhandlungsvollmacht
Normalfall, sodass im Rahmen des erteilten Typs ALLEIN gehandelt werden kann; der Ladenangestellte iSv § 56 HGB, der tatsächlich bevollmächtigt worden ist, hat idR eine Arthandlungsvollmacht
Gesamthandlungsvollmacht
Ist zwar nicht gesetzlich geregelt, aber wie bei der Prokura (vgl. § 48 II HGB) möglich als
beidseitige echte: Vertretung nur zusammen mit einem anderen Handlungsbevollmächtigten
Nach wohl hM kein Fall der rechtsgeschäftlichen Beschränkung der Handlungsvollmacht iSv § 54 III HGB, sodass der Geschäftspartner, der mit einem Gesamtvertreter in der irrigen Annahme einen Vertrag schließt, der andere habe Einzelhandlungsvollmacht, nicht in seinem guten Glauben geschützt ist (Arg.: auch § 48 II HGB stellt keine Beschränkung iSv § 50 HGB dar)
halbseitig echte: Bindung an die Mitwirkung eines Einzelhandlungbevollmächtigten (umstr., da Einzelhandlungsbevollmächtigung aufgrund der Bindung eigentlich keine selbstständige Bedeutung hat und somit für eine eigentlich funktionslose Regelung kein Bedürfnis besteht)
gemischte: Bindung an die Mitwirkung eines Vertreters, der nicht Handlungsbevollmächtigter ist (zB Prokurist, organschaftlicher Vertreter)
Niederlassungsvollmacht
Begrenzung auf eine Niederlassung ist wie bei Prokura möglich, gilt aber - als rechtsgeschäftliche Einschränkung nach außen - nur unter den Voraussetzungen des § 54 III HGB.
Erlöschen:
Das Erlöschen der Handlungsvollmacht ist zwar nicht ausdrüklich im HGB geregelt, jedoch kann grds. auf das zur Prokura Gesagt zurückgegriffen werden. Die Handlungsvollmacht kann daher Erlöschen durch:
Wiederruf, § 168 S. 2 BGB
Erlöschen des zugrunde liegenden Rechts(Dienst-)verhältnisses, § 168 S. 1 BGB
Geschäftsveräußerung, -aufgabe oder -umwandlung
Entfallen der Personenverschiedenheit von Kaufmann und Handlungsbevollmächtigten
dauernde Geschäftsunfähigkeit des Kaufmannes oder des Handlungsbevollmächtigten (Schutz des Geschäftsverkehrs)
Erwerb organschaftlicher Vertretung oder Bestellung zum Prokuristen
Tod des Handlungsbevollmächtigten selbst; bei Tod des Geschäftsinhabers bleibt dagegen die Handlungsvollmacht nur IM ZWEIFEL (bei Prokura immer, § 52 III HGB) bestehen
Anfechtung der Handlungsvollmacht wegen Irrtums über ihren Umfang kommt nicht in Betracht, da der Normzweck des § 54 HGB auf die Typisierung des Umfangs der Vertretungsmacht zum Schutz des Rechtsverkehrs gerichtet ist und einer anfechtung die Wertung des § 54 III HGB entgegensteht.
§§ 57, 58 HGB:
Die Vorschriften regeln die Besonderheiten für die Handlungsvollmacht:
Zeichnung durch Handlungsbevollmächtigten, § 57 HGB
Wie bei § 51 HGB für die Prokura handelt es sich um eine bloße Ordnungsvorschrift, die den Zweck hat, Verwechslungen mit der Prokura zu vermeiden, ohne dass davon die Wirksamkeit des Geschäftes beeinflusst wird:
Die Unterschrift erfolgt unter Hinweis auf die Firma des Geschäftsinhabers mit entsprechendem Vertretungszusatz. Wird das Vertretungsverhältnis nicht offengelegt, kann sich die Vertretung aus den Umständen ergeben (=unternehmensbezogenes Geschäft); ansonsten liegt ein Eigengeschäft des Vertreters vor. Der Hinweis auf eine (tatsächlich nicht erteilte) Prokura kann ggf. für und gegen den Geschäftsinhaber und den Handlungsbevollmächtigten selbst gelten.
(Un-)Übertragbarkeit, § 58 HGB
Handlungsvollmacht ist - anders als die Prokura - allerdings nur mit Zustimmung des Geschäftsinhabers (§§ 182 ff. BGB) übertragbar; Zustimmung kann auch durch Prokuristen erfolgen. Übertragung führt zur Auswechslung des Bevollmächtigten (Vollsubstitution).
Erteilung einer Untervollmacht wird zwar nach h.M. nicht unmittelbar von § 58 HGB erfasst, soll wegen des Schutzzweckes aber - jedenfalls mit Zustimmung des Kaufmannes - möglich sein, da es dann quasi wie die Erteilung durch den Kaufmann selbst ist.
Ladenangestellte gem. § 56 HGB (gesetzliche Anscheinsvollmacht)
Voraussetzungen
Tätigkeit im Laden oder offenem Warenlager des Ladeninhabers
a) Ladeninhaber:
Kaufmannseigenschaft nicht ausdrücklich genannt, aber aus systematischer Stellung ersichtlich; auf Kleingewebe nach wohl h.M.: analoge Anwendung; bei beschränkt geschäftsfähigem Inhaber nur, wenn Tätigkeit von §§ 106 ff. BGB gedeckt
b) Laden oder offenes Warenlager:
jede dem PUBLIKUMSVERKEHR zugängliche Verkaufsstätte (Laden) bzw. jede Stätte, die zur Lagerung von Waren dient und dem Publikum für Geschäftsabschlüsse zugänglich ist (offenes Warenlager); weder auf Dauer bestimmt noch feste Niederlassung erforderlich
Tätigkeit als kaufmännischer Angestellte/r
(+), wer (über § 59 HGB hinaus = Handlungsgehilfe) zumindest beschränkt geschäftsfähig ist (vgl. § 165 HGB) und MIT Wissen und Wollen des Prinzipals im Laden/ offenen Warenlager mit dem Publikum zu Verkaufszwecken verkehrt, ohne dass hierfür ein (wirksamer) Dienstvertrag erforderlich ist (zB auch bei Familienmitgliedern, Freunden etc.) oder dies den Schwerpunkt der tätigkeit bildet
(-), wer zwar angestellt ist, aber OHNE Wissen und Wollen des Prinizpals zu Verkaufszwecken tätig wird; dann ist jedoch eine allgemeine Anscheinsvollmacht denkbar
örtlicher Zusammenhang zwischen Laden und Geschäftsabschluss
zumindest Anbahnung des Geschäftes muss im Laden/offenen Warenlager erfolgt sein
Gutgläubigkeit des Dritten analog § 54 III HGB, § 173 BGB
leicht fahrlässige Unkenntnis schadet bereits (§ 122 II BGB), aber grds. keine Nachforschungspflicht
Umfang der Vollmacht
Verkäufe ist untechnisch zu verstehen und umfasst neben dem Verpflichtungs- auch das Verfügungsgeschäft (Übereignung), die Vermittlung des Verkaufs, den Abschluss eines Werk- oder Werklieferungsvertrages und damit nach wohl h.M. alle Absatzgeschäfte (ob auch Versicherungsvertrag, str.)
Empfangnahme
insbesondere von Zahlungen (Ausnahme: erkennbares Bestehen einer gesonderten Kasse) sowie Sachen/Willenserklärung; gleichgestellt sind Entgegennahmen von Mängelrügen, str. bei Umtausch
keine - auch nicht analoge - Anwendung für den Einkauf
im Rahmen eines für den Laden/ das Warenlager gewöhnlichen Geschäftes
bedeutet Üblichkeit nach Branche, Ladentyp und Geschäft
weitere Beschränkungen
Diese sind zwar im Innenverhältnis möglich, aber im Außenverhältnis nur wirksam, bei Kenntnis oder leicht fahrlässiger Unkenntnis des Dritten (analog § 54 III HGB), ohne dass bei Zweifeln eine Nachforschungspflicht des Dritten besteht
prozessuales/ Darlegungs- und Beweislast
Der DRITTE der sich auf die Vollmacht beruft, muss nur die Voraussetzungen des § 56 HGB darlegen/beweisen
Dem UNTERNEHMENSTRÄGER trifft die Darlegungs-/Beweislast für das Fehlen der Vollmacht und die Bösgläubigkeit des Dritten
Die Handelsgeschäfte gem. §§ 343-372 HGB
Handelsgeschäfte
Handelsgeschäfte sind alle Geschäfte eines Kaufmannes, die zum Betreib seines Handelsgeschäftes gehören, § 343 I HGB. Maßgebliche Merkmale sind die Kaufmannseigenschaft und die Zugehörigkeit des Geschäfts zum Betrieb des Handelsgewerbes, wobei die Betriebszugehörigkeit widerlegbar gesetzlich vermutet wird, § 344 HGB. Dass ein Kaufmann im Zusammenhang mit Handelsgeschäften unerlaubte Handlungen begehen kann, macht diese und die aus ihnen resultierenden gesetzlichen Schuldverhältnisse nicht selbst zu Handelsgeschäften.
Für die Handelsgeschäfte gelten ggü. dem allgemeinen Privatrecht Besonderheiten insbesondere in Bezug auf das Zustandekommen von Verträgen, die Berücksichtigung von Handelsbräuchen bei der Auslegung und der inhatlichen Ausgestaltung der Rechtsbeziehungen, bei der die Geschäftserfahrenheit der Beteiligten und die Schnelllebigkeit des Handelsverkehrs eine besondere Rolle spielt
Schweigen
Bei dem Zustandekommen von Handelsgeschäften ergeben sich Besonderheiten in Hinblick darauf, dass das Schweigen im Rechtsverkehr grds. ein rechtliches Nullum bedeutet. Etwas anderes gilt hier jedoch im Hinblick auf § 362 HGB sowie das Schweigen auf ein kaufmännsiches Bestätigungsschreiben.
Schweigen auf Angebot zur Geschäftsbesorgung - § 362 HGB
Die Vorschrift dient der Verkehrssicherheit. Sie normiert Verkehrserwartungen, wonach Kaufleute gebunden sind, die ihre Geschäftsbereitschaft erklären, ein ihnen zugehendes Angebot anzunehmen, wenn sie es nicht rechtzeitig ablehnen. Damit geht die vorschrift über § 663 BGB hinaus, der gem. §§ 280 I, 311 II, 241 II BGB nur einen Schadensersatzanspruch bzgl. des Vertrauensschaden gibt. Erforderlich sind:
Gewerbebetrieb des Kaufmannes (auch Rechtsschein) bringt Besorgung von Geschäften für andere mit sich (=jede selbstständige Tätigkeit wirtschaftlicher Art für einen anderen und in dessen Interesse)
Geschäftsverbindung zwischen Kaufmann und Antragendem (der nicht Kaufmann sein muss)
antragendes Geschäft (das bestimmt genug sein muss) gehört zu den üblichen Geschäften des Gewerbebetriebs des Kaufmanns oder Kaufmann hat sich dem Dritten (auch mehreren) ggü. zur Erbringung eines Geschäftes (der nun angetragenen Art) anerboten
keine unverzügliche Ablehnung iSv § 121 BGB
Rechtsfolge
Gem. § 362 I HGB gilt das Schweigen als Annahme, sodass der Vertrag wie angetragen zustandegekommen ist (nach hM zwar Anfechtung möglich, aber nicht, weil man sich über die Bedeutung des Schweigens geirrt hat). Die Wirkung tritt aufgrund der Fiktion zu Lasten, aber auch zugunsten des Schweigenden ein, sodass kein Wahlrecht des Antragenden besteht.
Gem. § 362 II HGB gelten Schadensabwendungspflicht bzgl. mitgesandter Waren für den Fall des Nichtzustandekommens des Vertrages. Bei verderblicher Ware ist der Kaufmann berechtigt, nicht aber verpflichtet, nach §§ 677, 683 BGB einen Notverkauf vorzunehmen. Keine Schadensabwendungspflicht (mehr), wenn keine Kostendeckung besteht (§ 273 BGB, § 369 HGB).
Schweigen auf ein kaufmännsiches Bestätigungsschreiben § 242 BGB (analog § 362 HGB; § 346 HGB)
Die Herleitung erfolgt nach wohl hM aus Verkehrsschutzgesichtspunkten gem. § 242 BGB (zT auch analog § 362 HGB oder Handelsbrauch gem. § 346 HGB). Erforderlich sind:
persönlicher Anwendungsbereich
Grds. auf Kaufleute, nach wohl hM aber auch auf diejenigen, die wie Kaufleute in größerem Maße am Geschäftsverkehr teilnehmen (ggf. Kleingewerbetreibende, Freiberufler)
Vorliegen eines echten kaufmännischen Bestätigungsschreibens
Vertragsverhandlungen/Bestätigung des aus Sicht des Absenders vermeintlichen Vertragsschlusses/Zugang alsbald nach Vertragsverhandlungen
Schutzwürdigkeit des Absenders
keine wesentlichen Abweichungen/kein arglistiges Verfälschen/keine sich kreuzenden kaufmännischen Bestätigungsschreiben/keine Gegenbestätigung
kein unverzüglicher Widerspruch iSv § 121 BGB
Rechtsfolge: je nach Einzelfall Begründungswirkung/Änderungswirkung/Beweiswirkung
Besonderheiten für die Handelsgeschäfte
Im Rahmen der Handelsgeschäfte gelten dann für deren Durchführung und Abwicklung Besonderheiten. Grds. muss derjenige, der das Handelsgeschäft tätigt, Kaufmann sein. Aus § 345 HGB ergibt sich, dass die Regeln dann für beide Seiten gelten, auch wenn die andere Seite kein Kaufmann ist. Zum Teil ergibt sich aus den gesetzlichen Regelungen, dass eine bestimmte Seite die Kaufmannseigenschaft erfüllen muss (sog. EINseitiges Handelsgeschäft). Zum Teil müssen aber auch auf beiden Seiten Kaufleute gehandelt haben (sog. beiderseitiges Handelsgeschäft).
Handelsbräuche § 346 HGB
Begriff: Handelsbräuche sind die kaufmännsichen Verkehrssitten
Anwendbarkeit
grds. nur auf Kaufleute bei beiderseitigem Handelsgeschäft oder bei Nichtkaufleuten, wenn entweder entsprechend Handelsbrauch vereinbart wurde oder ein vergleichbarer Brauch (Verkehrssitte) besteht
teilweise ausdrücklicher Hinweis auf Berücksichtigung von (bestehenden) Handelsbräuchen (vgl. §§ 359 I; 380, 393 II HGB)
im Prozess muss das Bestehen eines Handelsbrauches substantiiert vorgetragen werden
Bestehen eines Handelsbrauchs
gleichmäßige, einheitliche und freiwillige tatsächliche Übung der beteiligten Verkehrskreise (idR beschränkt auf einzelne Geschäftszweige), auch wenn diese die Geltung nicht vereinbart haben und sogar dann, wenn ihnen der Handelbrauch unbekannt war
getätigtes Handelsgeschäft fällt unter Anwendungsbereich des bestehenden Handelsbrauches
Als Rechtsfolge verdränkgt der Handelbrauch (nur) dispositives Recht:
Bedeutung für die Auslegung von Willenserklärungen, dem Zustandekommen von Verträgen, der Auslegung von Verträgen (zB bzgl. der Leistungspflichten) und bei der Ergänzung unvollständiger Vertragsabreden
keine RechtsNORMEN, da sie neben der dauernden Übung einens allgemeinen Rechtsgeltungswillen nicht voraussetzen (h.M.), aber rechtsverbindliche Wirkung zwischen den Kaufleuten
Darlegungs- und Beweislast dessen, der sich auf Handelsbrauch beruft (Beweis idR durch Gutachten der IHK, aber auch Entscheidung des Gerichts - idR gem. § 114 GVG Kammer für Handelssachen - aufgrund eigener Sachkenntnis möglich.
Gutglaubensschutz, §§ 366, 367 HGB
Die §§ 932-936, 1207 BGB schützen lediglich den guten Glauben an die Eigentümerstellung. Davon abweichend gelten die §§ 366, 367 HGB, die zum einen den Gutglaubensschutz auf die Verfügungsmacht erweitern (§ 366 HGB) und zum anderen einschränken (§ 367 HGB). Dabei bleibt auch im Falle des § 366 HGB die §§ 929 ff. BGB die Grundlage für den gutgläubigen Erwerb:
Schutz des guten Glaubens an Verfügungsmacht gem. §§ 929, 932 bzw. § 1207 BGB + § 366 I HGB
Veräußerer ist Kaufmann
es gelten die allgemeinen Grundsätze nach §§ 1 ff. HGB
nach hM keine Anwendung bei Scheinkaufmann, da der vom Scheinkaufmann veranlasste Rechtsschein nicht in die Rechtsposition des unbeteiligten Dritten (Eigentümer der Sache) eingreifen könne (insoweit auch keine Anwendung des § 15 HGB, wenn Kaufmannseigenschaft erloschen, aber noch keine Eintragung erfolgt ist)
Veräußerung/Verpfändung einer beweglichen Sache
Veräußerung/Verpfändung muss im Betrieb des Handelsgewerbes erfolgen, vgl. §§ 343, 344 HGB
Gutgläubigkeit des Erwerbers bzgl. der Verfügungsbefugnis
es gilt der Maßstab der § 932 II BGB; idR keine Nachforschungspflicht des Erwerbers (der kein Kaufmann sein muss), es sei denn Veräußerung/Verpfändung erfolgt außerhalb des gewöhnlichen oder ordnungsgemäßen Geschäftsbetriebes.
kein Abhandenkommen iSv § 935 BGB
Einschränkung des gutgläubigen Erwerbs nach § 367 HGB
Die Regelung dient der Konkretisierung der Sorgfaltsanforderungen im Rahmen der §§ 932 BGB, 366 HGB. Danach kann ein gutgläubiger Erwerb bei bestimmten abhandengekommenen Wertpapieren - trotz § 932 II BGB - ausgeschlossen sein, wenn der Verlust des Wertpapiers im Bundesanzeiger bekannt gemacht wurde.
Nach h.M. schützt § 366 HGB den guten Glauben des Erwerbers:
an die Verfügungsmacht
grds. nicht an die Vertretungsmacht, aber nach wohl h.M. - analog § 366 HGB - bei dinglichen Geschäften mit Rücksicht auf den Schutzzweck, die Sicherheit des Handelsverkehrs zu gewährleisten; nach a.A. (-), sondern nach allgemeinen Regeln (zB über Duldungs-/Anscheinsvollmacht oder § 56 HGB) zu lösen
auch bzgl. lastenfreien Erwerb (§ 366 II HGB), wodurch § 936 BGB dahingehend erweitert wird, dass auch dann lastenfreier Erwerb ermöglicht ist, wenn der Erwerber die Belastung zwar kennt, aber den Veräußerer gutgläubig für befugt hält, ohne Vorbehalt des Rechts über die Sache zu verfügen.
auch für gesetzliches Besitzpfandrecht für bestimmte Kaufmänner (§ 366 III HGB), wobei es an einer Verfügung im Rechtssinne fehlt, da das Pfandrecht kraft Gesetzes entsteht, so dass es bei § 366 III HGB auch nicht auf einen guten Glauben an die Verfügungsbefugnis ankommt, sonder ausreichend ist vielmehr der gute Glaube daran, der Nichtberechtigte dürfe die genannten Verträge abschließen.
Kaufmännsiches Zurückbehaltungsrecht, § 369 HGB
Anders als beim Zutückbehaltungsrecht nach § 273 BGB ist beim handelsrechtlichen keine Konnexität der Forderungen bzw. Identität zwischen Verwendungs- und Herausgabegegenstand erforderlich. Beachte, dass anders als im § 273 BGB im § 269 HGB der Zurückbehaltungsberechtigte als Gläubiger (des ZBR) bezeichnet wird.
fällige, klagbare, nicht einredebehaftete GELDforderung aus bedierseitigem Handelsgeschäft
bewegliche Sache oder Wertpapier (zurückhaltungstaugliche Sache) steht im Eigentum des Schuldners
mit Willen des Schuldners im Besitz des Kaufmanns gelangt
Besitzerwerb ist für Kaufmann ein Handelsgeschäft
kein Ausschluss gem. § 369 III HGB
Durch § 369 HGB werden im Handelsverkehr die Rechte im Verhältnis zu § 273 BGB erweitert:
Leistungsverweigerungsrecht ggü. Herausgabeanspruch
Einrede, die zur Verurteilung Zug um Zug führt (§ 274 BGB, Art. 2 EGHGB); ggü. Dritten, die nachträgliche das Eigentum oder dingliche Recht an der Sache erlangt haben, wirkt das Zurückbehaltungsrecht nur unter der Voraussetzung des § 369 II HGB (vgl. auch §§ 404, 986 II BGB)
pfandartiges Befriedigungsrecht, § 371 HGB, soweit vollstreckbarer Titel vorliegt (§ 373 III 1 HGB)
Absonderungsrecht in Insolvenz, § 51 I Nr. 3 InsO
Sonsitge Besonderheiten
§ 347 HGB: Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns (ergänzt § 276 II BGB); gilt zugleich für Kaufmann, gesetzliche Vertreter, Erfüllungsgehilfe
§ 348 HGB: keine Herabsetzung einer Vertragsstrafe (anders § 343 BGB)
§ 349 HGB: Ausschluss der Einrede der Vorausklage bei Bürgschaft
§ 350 HGB: Formfreiheit für Bürgschaft, Schuldversprechen, Schuldanerkenntnis durch einen Kaufmann
§§ 352, 353 HGB: gesetzlicher Zinssatz beträgt 5% mit Ausnahme des Verzugszinses, die für den Kaufmann bereits ab Fälligkeit gelten
§ 354a HGB: zwecks finanzierung für insbesondere kleine und mittlere Unternehmen ist im Rahmen eines beiderseitigen Handelsgeschätes vereinbartes Abtretungsverbot bei Geldforderungen idR unwirksam.
§ 373 HGB: Verwertungsrecht des Kaufmanns bei Annahmeverzug
§ 376 HGB: wenn FEST Leistungszeit zwischen Parteien vereinbar. Dient der klaren und raschen Abwicklung eines Fixhandelskaufs und verlangt für das Fortbestehen des Erfüllungsnapsurchs eine sofortige Anzeige des Gläubigers; i.Ü. gelten Besonderheiten bzgl. des Schadensersatzanspruches, wenn die Sache einen Markt-/Börsenpreis hat /vgl. § 376 II-IV HGB).
Rügeobliegenheit, § 377 HGB
beiderseitiger Handelskauf iSv §§ 373 ff. HGB
a) Vertragsart
Neben dem Kaufvertrag nach § 433 BGB wird auch der Tauschvertrag, § 480 BGB und ein Vertrag über die Lieferung oder herzustellender oder zu erzeugender Sachen erfasst, § 381 II HGB (beachte § 650 S. 3 BGB, der bzgl. nicht vertretbarer Sachen eine Verweisung auf die §§ 642 ff. BGB enthält)
b) Vertragsgegenstand
Waren iSv § 373 HGB = bewegliche Sachen; dh (-), bei Grundstücken, Forderungen, rechten oder sonstigen vermögenswerten Positionen; umstr., aber wohl analog (+), bei Rückabwicklung (Rückgabe von Transportmaterial oder der Kaufsache selbst)
Wertpapiere (+), aufgrund § 381 I HGB, dh alle marktgängigen Handelspapiere wie Aktien, Inhaberschuldverschreibungen, Orderpapiere
c) Vertragsparteien
Kaufmannseigenschaft: während z.T. nichtkaufmännsiche “Unternehmer” (zB Freiberufler) ausreichend sein sollen (analoge Anwendung), lehnt die h.M. dies mangels planwidriger Regelungslücke ab und verlangt ein beiderseitiges Handelsgeschäft; beim Leasing wird auf das Verhältnis zwischen Verkäufer und Leasinggeber (Käufer) abgestellt und nicht auf den Leasingnehmer
Handelsgeschäft: Handelskauf muss zum jeweiligen Handelsgeschäft der Kaufleute gehören, wobei auf §§ 343, 344 HGB zurückzugreifen ist. Handelt der Kaufmann auch privat und kollidiert § 244 HGB mit dem unionsrechtlichen Ursprung entstammenden jüngeren § 13 BGB, ist § 344 HGB richtlinienkonform auszulegen, das Verbrauchsgüterkäuft des (Einzel-)Kaufmanns nicht erfasst werden.
Ablieferung der Ware iSv § 377 I HGB
Die Ware muss dem Empfänger in der Art zugänglich gemacht werden, dass er sie auf ihre Beschaffenheit überprüfen kann und grds. vollständig in den Machtbereich des Käufers gelangen; die Nichtabholung (Holschuld) oder -entgegennahme (Bringschuld) führt zwar zum Gefahrübergang, ist grds. aber keine Ablieferung, anders beim Versendungskauf; beim Streckengeschäft erfolgt die Ablieferung an den benannten Empfänger (Kaufmann sollte für den Unternehmerregress die Untersuchung durch diesen sicherstellen, vgl. § 445a IV BGB); Nachlieferung ist als selbstständige Lieferung iSb § 377 HGB anzusehen.
Mangel
Die Ware muss einen SACHmangel haben, wobei § 434 BGB gilt (RECHTSmängel nach § 435 BGB sind nach h.M. NICHT erfasst). Mit dem Verweis in § 327u V BGB wird klargestellt, dass die Rügeobliegenheit nach § 377 HGB auch für Verträge mit digitalen Inhalten gilt.
keine Arglist des Verkäufers § 377 V HGB
durch arglistiges Verschweigen des Mangels oder des Fehlens einer zugesicherten Eigenschaft sowie durch Vorspiegelung nicht vorhandener Eigenschaften, ohne dass die Arglist kausal gewesen sein muss
Verstoß
I. Untersuchung
Zeitpunkt
grds. unverzüglich, dh soweit es nach dem gewöhnlichen Geschäftsablauf tunlich ist
objektiv zu bestimmender Maßstab
bei abgekürztem Streckengeschäft, ist unverzüglich Untersuchung durch Endabnehmer notwendig
Ort der Untersuchung
Grds. der Ort der Ablieferung, es sei denn, es ist etwas anders vereinbart
Art und Umfang der Untersuchung
Untersuchung muss auf Grund der Umstände des Einzelfalles zumutbar sein; zeitlicher + finanzieller Aufwand; eventuell Beschädigung der Sache durch Untersuchung; Erfordernis technischer Kenntnisse und Möglichkeiten; vorherige Erfahrungen
ggf. aussagekräftige - repräsentativ und sinnvoll verteilt- Stichproben ausreichend
fehlende Untersuchung ist unschädlich, wenn richtiger Mangel gerügt wurde
II. Rüge kann formfrei, muss aber inhaltlich ordnungsgemäß und rechtzeitig erfolgen
Inhalt
Mängelangabe muss inhaltlich hinreichend substantiiert nach Art und Umfang sein
grds. nach unverzüglicher Untersuchung, soweit dies nach ordnungsmäßigem Geschäftsgang tunlich ist
offener Mangel § 377 I HGB
Rüge unverzüglich nach Ablieferung
versteckter Mangel § 377 III HGB
Rüge unverzüglich, nachdem sich Mangel gezeigt hat
bei Lieferung an Dritten (Streckengeschäft) verlängert sich Rügefrist nur um Übermittlungszeitraum
Fristwahrung bei rechtzeitiger Absendung, § 377 IV HGB
Unstrittig kommt es zu einer Entlastung des Käufers vom VERZÖGERUNGSrisiko. Umstritten ist, ob die Entlastung auch für das Verlustrisiko gilt, dh die Mängelanzeige auf dem Weg zum Verkäufer verlustig geht. Während z.T. auch in diesem Fall eine Entlastung des Käufers vertreten wird, wenn der Käufer nach Erkennen des Verlustes unverzüglich rügt, verweist die h.M. darauf, dass es sich bei der Mängelanzeige um eine rechtsgeschäftsähnliche EMPFANGSBEDÜRFTIGE Erklärung handelt, für deren Zugang auch nach dem Sinn und Zweck des § 377 HGB der Absender (=Käufer) verantwortlich ist.
Gem. § 377 II HGB gilt die Ware als genehmigt, wenn die ordnungsgemäße Anzeige des Mangels unterlassen wird. Dies gilt gem. § 377 III HGB auch für die Mängel, die sich erst später zeigen. Differenzierung nach:
ordnungsgemäßer Rüge
Käufer behält Gewährleistungsanspruch
bei Quantitätsabwichung, dh bei Zuwenigliederung kann Käufer Restlieferung verlangen
nicht ordnungsgemäße Rüge
Verlust aller Ansprüche, die sich aufgrund des Mangels ergeben: Nacherfüllung, Rücktritt, Minderung, Aufwendungsersatz, MF-Schäden und sonstige Rechte (zB §§ 119, 327u, 445a BGB)
str. bei Ansprüchen aus unerlaubter Handlung:
nach h.M. sind Ansprüche aus Delikt nicht ausgeschlossen, da insoweit (wenn in der Praxis auch eher selten) echte Anspruchskonkurrenz besteht; nach a.A. erfolgt die Abgrenzung nicht nach Vertrags- und Deliktsansprüchen, sondern nach dem Sinn der Präklusion
NICHT AUSGESCHLOSSEN sind Ansprüche wegen der Verletzung von Nebenpflichten (§§ 280 I, 241 II BGB), die nicht unmittelbar mit dem Mangel zusammenhängen und die kaufrechtliche Gewährleistung nicht betreffen (zB Verpackungspflicht) oder auch Ausgleichsansprüche (zB aus § 426 BGB)
bei negativer Abweichung, dh wenn die gelieferte Sache geringwertiger ist als die vereinbarte Ware: Zahlung des vereinbarten Kaufpreises, da die Ware als genehmigt, dh ordnungsgemäß gilt
bei höherwertiger (teurerer) Ware oder Zuviellieferung, umstritten bzgl. Kaufpreis:
Kaufsache höherwertig: z.T. nur der vereinbarte Preis, es sei denn (konkludente) Vertragsanpassung; nach a.A. höherer Kaufpreis, aufgrund Sanktionsgedanke des § 377 HGB
Zuvellieferung: z.T.: nur der vereinbarte Preis, es sei denn (konkludente Vertragserweiterung), aber Verkäufer kann “das Zuviel” nach § 812 BGB kondizieren; nach a.A. auch Mehrpreis ist geschuldet
Das Kommissionsgeschäft gem. §§ 383-406 HGB
Begriff
jedes Geschäft, das ein Kaufmann im Betrieb seines Handelsgewerbes (beachte aber § 383 II HGB) im eigenen Namen für fremde Rechnung zu schließen übernimmt, in Form der VERKAUFSkommission oder EINKAUFSkommission
Arten
eigentliche Kommission, § 383 HGB (Waren oder Wertpapiere)
uneigentliche Kommission, § 406 I 1 HGB (Geschäfte anderer Art; zB Vermietung, Werbeagentur)
Gelegenheitskommission, § 406 I 2 HGB (im Rahmen seines sonstigen Handelsgewerbes)
Bei den Rechtsbeziehungen zwischen den Beteiligten ist zwischen dem Kommissionsvertrag zwischen dem Kommissionar und dem (Einkaufs- oder Verkaufs-) Kommittenten und dem Ausführungsgeschäft zu unterscheiden, dass der Kommissionär mit dem Käufer oder Verkäufer vornimmt.
Kommissionsvertrag
Der Kommissionsvertrag bezieht sich auf das Rechtsverhältnis zwischen Kommissionär + Kommittenten
entgeltliche Geschäftsbesorgung, § 675 BGB
Pflichten des Kommissionärs; §§ 384 ff. HGB
insbesondere Herausgabepflicht bzgl. des Erlangten (§ 384 II, Hs. 2 HGB iVm §§ 675, 667 BGB)
Rechte des Kommissionärs
Provisionsanspruch, § 396 I HGB
Aufwendungsersatz, § 396 II HGB iVm §§ 670, 675 BGB
gesetzliches Pfandrecht am Kommissionsgut, § 397 HGB
Selbsteintrittsrecht, § 400 I HGB
Ausführungsgeschäft
Das Ausführungsgeschäft bezieht sich auf das Geschäft zwischen dem Kommissionär und dem Dritten, von dem er (idR) eine Sache kauft oder sie diese verkauft. Die Wirksamkeit richtet sich grds. nach den entsprechenden materiellen Vorschriften (idR §§ 433 ff. BGB)
Rechtsbeziehungen bestehten grds. NUR zwischen Kommissionär und Dritten
Forderungsberechtigung des Kommittenten erst nach Forderungsabtretung (vgl. § 392 I HGB)
Ausnahme: § 392 II HGB
Fiktion des Forderungsübergangs: zugunsten des Kommittenten gilt dieser ggü. Kommissionär und dessen Gläubigern schon als Forderungsinhaber (bei Pfändung daher § 771 ZPO möglich)
Aufrechnungsrecht des Dritten ggü. Kommissionär (h.M.); Ausnahme: Arglist des Dritten
Rechtsfolge: Eigentumslage
Verkaufskommission:
Kommittent überträgt im Regelfall nur Besitz und nicht das Eigentum
wenn keine gesonderte Vereinbarung idR kein Zwischenerwerb des Kommissionärs, der als Nichtberechtigter mit Einwilligung des Berechtigten verfügt (§§ 929, 185 I BGB)
Auswirkungen bei Zwangsvollstreckung in und Insolvenz über das Vermögen des Kommissionärs:
für Kommittenten die Drittwiderspruchsklage (gem. § 771 ZPO) und das Aussonderungsrecht (vgl. § 47 InsO) möglich, da er NOCH Eigentümer ist
Einkaufskommission:
Kommissionär erwirbt grds. aufgrund dinglicher Einigung IM EIGENEN NAMEN EIGENTUM vom Dritten
Ausnahmen:
Auftreten im Namen des Kommittenten (§ 164 I 1 BGB, damit grds. keine Kommission)
Geschäft für den, den es angeht
Insichtgeschäft (§ 181 BGB) zugunsten des Kommittenten
vorweggenommene Einigung und antizipiertes Besitzkonstitut
für Kommittenzen Drittwiderspruchsklage gem. § 771 ZPO und Aussonderungsrecht § 47 InsO (-), weil er NOCH KEIN Eigentümer geworden ist; nach hM auch KEINE Anwendung des REchtsgedankens des § 392 II HGB (Fiktion des Forderungsübergangs): Es fehlt an dem für den Eigentumserwerb erforderlichen Publikationsakt.
Grundlagen der OHG gem. §§ 105 ff. HGB
Die OHG gem. § 105 HGB ist die Grundform der Personenhandelsgesellschaften. Das ergibt sich aus dem Verweis für die KG auf die OHG-Regelungen in § 161 II HGB. Aus dem Verweis in § 105 III HGB auf die Vorschriften der GbR ergibt sich wiederum, dass es sich bei der OHG um besondere Formen der GbR handelt.
Zweck
Der von einer OHG verfolgte Zweck kann sich aus § 105 I HGB oder § 107 HGB ergeben.
nach § 105 I HGB ist der unter einer gemeinsamen Firma verfolgte Zweck der OHG grds. auf den Betrieb eines Handelsgewerbes iSv § 1 II HGB gerichtet; im Unterschied zur KG darf bei keinem der Gesellschafter die Haftung beschränkt sein
nach § 107 I HGB kann der verfolgte Zweck der OHG auch gerichtet sein auf
den Betrieb eines KLEINgewerbes
die Verwaltung eigenen Vermögens
und (neu) die gemeinsame Ausübung Freier Berufe, soweit das einschlägige Berufsrecht dies zulösst
In diesen Fällen bedarf es der Eintragung der OHG in das Handelsregister.
Gesellschaftsvertrag
Die Gründung einer OHG setzt den Abschluss eines Gesellschaftsvertrages voraus, ohne dass dessen Inhalt ausdrücklich geregelt ist (§ 108 HGB). Über § 105 III HGB gelten die Regelungen der §§ 705 ff. BGB entsprechend.
Gesellschafter (wie bei GbR)
zumindest zwei (natürliche oder rechtsfähige) Personen
keine Höchstzahl der Gesellschafter
Unterbeteiligung eines Dritten an der Gesellschafterstellung des Gesellschafters möglich
bei minderjährigen Gesellschafter ist für die Gründung und dessen Beitritt die Genehmigung des FamG erforderlich, §§ 1643 I, 1852 Nr. 1, 2 BGB und ggf. ein Ergänzungspfleger notwendig, §§ 1629 II, 1824 I Nr. 1, 1809 BGB
Einigung §§ 108, 105 III HGB iVm § 705 I BGB
Einigung §§ 104, 145 ff. BGB
a) Art der Einigung
ausdrücklich oder konkludent
b) Inhalt
bzgl. Zweck
Handelsgewerbe, Kleingewerbe, Verwaltung eigenen Vermögens, ggf. freier Beruf
bzgl. Zweckförderung
da der Zweck zumeist auf den Betrieb eines Handelsgewerbes gerichtet ist, werden sich die Gsellschafter zur gemeinsamen Zweckerreichung regelmäßig zu Beiträgen (Sachleistungen oder persönlich zu erbringenden Diensten verpflichten (§ 105 III HGB iVm § 709 I BGB)
bzgl. Teilnahme am Rechtsverkehr
die OHG ist - anders als die GbR - ohne dass es einer ausdrücklichen Vereinbarung bedarf, auf die Teilnahme am Rechtsverkehr gerichtet, sei es auch nur zur Verwaltung eigenen Vermögens
bzgl. Geschäftsführung und Vertretung
die Gesellschafter können von den gesetzlichen Regelungen über die Geschäftsführung (§ 116 HGB) und Vertretung (§ 124 HGB) im Gesellschaftsvertrag abweichende Regelungen treffen.
c) Form
grds. formlos möglich, da die OHG gem. § 123 I 2 HGB auch durch die Aufnahme der Geschäfte eines Handelsgewerbes nach außen entstehen kann
ausnahmsweise Formzwang
wenn Gesellschafter sich im Gesellschaftsvertrag zur Übernahme eines formbedürftigen Rechtsgeschäftes verpflichtet
d) Form
im Innenverhältnis zwischen den Gesellschaftern entsteht bereits die OHG (unabhängig vom Gesellschaftszweck)
die Gesellschafter sind zur Einhaltung der im OHG-Vertrag übernommenen Verbindlichkeiten verpflichtet
Entstehen und Status der OHG
Die OHG ist rechtsfähig, da sie gem. § 105 II HGB Rechte erwerben und Verbindlichkeiten eingehen kann. Bzgl. des Wirksamwerdens nach außen und der Erlangung der Rechtsfähigkeit ist zu unterscheiden:
I. gem. § 123 I 1 HGB durch Eintragung in das Handelsregister
Eintragung gem. § 106 I, II HGB
es besteht gem. § 106 I HGB eine Eintragungspflicht
die Eintragung muss die in § 106 II HGB erforderten Angaben enthalten
die Anmeldung zur Eintragung sind gem. § 106 VII 1 HGB grds. von sämtlichen Gesellschaftern zu bewirken; AUSNAHME: beim Tod eines Gesellschafters (ggf. ohne die Erben) oder bloßer Änderung der Geschäftsanschrift (dann Anmeldung durch die Gesellschaft)
Statuswechsel gem. § 106 III HGB
erforderlich, wenn eine eGbR gem. § 707 BGB oder eine PartG zuvor im Gesellschafts- bzw. Partnerschaftsregister eingetragen war und bereits hierdurch Rechtsfähigkeit erlangt hat
der Statuswechsel soll nur unter den in § 106 IV, V HGB genannten Voraussetzungen erfolgen (insb. Anmeldung und Eintragung des Statuswechsels in den anderen Register)
das Handelsregister teilt dem abgebenden Gericht den Tag der neuen Eintragung mit
Eintragungsfehler
bei einer fehlerhaften Eintragung lässt dies das Wirksamwerden der OHG nach außen grds. unberührt; es gelten aus Gründen des Verkehrsschutzes die Vorschriften des § 15 HGB
II. gem. § 123 I 2 HGB durch übereinstimmende Teilnahme am Rechtsverkehr
Teilnahme am Rechtsverkehr
ERFASST wird die einvernehmliche Geschäftsaufnahme eines Handelsgewerbes oder das Heranwachsen von einem Kleingewerbe (GbR) zu einem Handelsgewerbe
NICHT ERFASST ist die Geschäftsaufnahme eines Kleingewerbes oder Freier Berufe, § 123 I 2 a.E.
für die Teilnahme kommen wie bei der GbR sämtliche rechtsgeschäftliche Handlungen in Frage, durch welche die GbR nach außen in Erscheinung tritt
mit Zustimmung aller Gesellschafter
die Zustimmung ersetzt die gem. § 123 I 1 HGB ebenfalls von allen Gesellschaftern gemeinschaftlich zu bewirkende Eintragung der GbR in das Gesellschaftsregister
im Übrigen gelten die Voraussetzungen wie bei der GbR
liegt nicht die Zustimmung sämtlicher Gesellschafter vor, handeln und haften die Geschäftsführer als Vertreter ohne Vertretungsmacht (§ 179 BGB)
III. Folge gem. § 105 II HGB
die OHG kann unter ihrer Firma (§ 17 HGB) selbst Gläubigerin/ Schuldnerin sein und jede (auch dingliche) Rechtsposition einnehmen
Träger des OHG-Vermögens ist die OHG selbst
die OHG ist aktiv und passiv parteifähig iSv § 50 ZPO
aus seinem Zwangsvollstreckungstitel gegen die OHG kann gem. § 129 I HGB die Zwangsvollstreckung nur in das OHG-Vermögen erfolgen, aber nicht in das Privatvermögen der Gesellschafter
beim Tod eines Gesellschafters wird die OHG gem. § 130 I Nr. 1, III HGB nicht aufgelöst, sondern scheidet der Gesellschafter aus der OHG aus; die OHG wird unter den Restgesellschaftern fortgeführt, falls nicht ein Nachfolgeklausel besteht
OHG-Anteil ist nur mit Zustimmung der Mitgesellschafter übertragbar (§ 105 III HGB iVm § 711 I 1 BGB)
Geschäftsführung
§ 116 HGB: grds. jeder Gesellschafter (Abs. 1) und zwar allein (Abs. 3), es sei denn, es wurde etwas anderes geregelt
§ 109 HGB: bei Grundlagengeschäften und außergewöhnlichen Geschäften (§ 116 II 1 Hs. 2 HGB) durch Beschluss/ Zustimmung aller Gesellschafter
§ 117 HGB: Wettbewerbsverbot, es sei denn die Tätigkeit ist gestattet
Gewinn und Verlust
Ermittlung erfolgt in 1. Linie aufgrund des Jahresabschlusses, §§ 120, 121 HGB
Gewinnauszahlung des Jahresgewinnes nach § 122 HGB anteilig entweder in voller Höhe oder (soweit vereinbart) durch monatliche Abschläge (Entnahmen)
Der konkrete Gewinnauszahlungsanspruch ist übertragbar bzw. pfändbar (§§ 771a S. 2 BGB, § 105 III HGB), nicht aber das Gewinnstammrecht
Eventuelle Verluste sind anteilig zu tragen, es besteht ohne vertragliche Vereinbarung aber keine Nachschusspflicht (§§ 710, BGB, 105 III HGB = Mehrbelastungsverbot)
Organe
als rechtsfähige Personenhandelsgesellschaft ist die OHG selbst nicht handlungsfähig
Teilnahme am Rechtsverkehr erfolgt über die Organe, dh die gem. § 124 HGB vertretungsberechtigten Gesellschafter (die wie ein gesetzlicher Vertreter eienr jur. Person behandelt werden, vgl. § 26 I 2 Hs. 2 BGB)
Grds. der Selbstorganschaft: Die organschaftliche Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis kann nicht (allein) auf Dritte übertragen werden; die OHG muss immer durch zumindest einen ihrer organschaftlichen Vertreter handlungsfähig sein
fehlerhafte Gesellschaft
Gerade bei der OHG, die idR durch den Betrieb eines Handelsgewerbes in erheblicherweise am Rechtsverkehr teilnimmt, kann es bei einer unwirksamen Gründung zu erheblichen Rückabwicklungsschwierigkeiten kommen. Auch hier gelten daher die Grundsätze der “fehlerhaften Gesellschaft”
nichtiger Gesellschaftsvertrag (aber natürliche Einigung)
Invollzugsetzung der OHG
keine entgegenstehenden Allgemeininteressen oder schutzbedürftige Belange einzelner Gesellschafter
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