Natürliche Stoffe vs. zugesetzte (anthropogene) Stoffe
Natürliche Stoffe -> Lebensmittelvergiftung
Zugesetzte (anthropogene) Stoffe -> Krebs
Definition: Kontaminanten
Stoffe, die aus natürlichen oder anthropogenen Quellen unbeabsichtigt in Lebensmittel gelangen
Kontaminanten - Regulierung
EG-Kontaminanten-VO
Mykotoxin-Höchstmengen-VO
Minimierungsgebot
Krebsneuerkrankungen in Deutschland
am häufigsten Darmkrebs
Rückgang der der Krebsneuerkrankungen durch vermehrte Vorsorge: Darmpolypen werden frühzeitig erkannt -> Krebsentstehung wird verhindert
Brustkrebs: Zahl der Neuerkrankungen steigt, da durch die vemehrte Vorsorge mehr Bruskrebserkrankungen diagnostiziert werden, die sonst unentdeckt geblieben werden
Natürlicher und anthropogener Beitrag zur karzinogenen Wirkung von Nahrungsmitteln
Aufnahme: ca. 500 kg Frischgewicht jährlich
Kontaminanten: Umweltkontaminanten, Prozesskontaminanten, Verpackungsmaterialien, Naturstoffe (z.B. Mykotoxine)
Rückstände (Untergruppe der Kontaminanten): Pestizide, Tierarzneimittel und Futtermittel
Überfluss!
Umweltschadstoffe als Kontaminanten in Lebensmitteln
Elemente (Cadmium, Arsen, Blei)
Persistente organische Verbindungen (POPs) (z.B. PAK, TCDD, DDT, PCB)
Radionuklide (Cs-137, Reaktorunfälle Tschernobyl 1986, Fukushima 2011)
Persistente organische Verbindungen (POPs)
Polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK)
2,3,7,8-TCDD (Tetrachlordibenzo-p-dioxin): entsteht bei Synthese chlororganischer Verbindungen
Dichloridphenyltrichlorethan (DDT): Kontaktinsektizid, seit 1974 in BRD verboten
polychlorierte Biphenyle (PCB): Hydrauliköle, Schmier- und Flammschutzmittel, seit 1989 in BRD verboten
“Umwelt-Surveys” des UBS - German Environmental Survey (GerES I-V)
Repräsentative Querschnittstudien über die Belastung der deutschen Allgemeinbevölkerung durch Schadstoffe
Erwachsene: 1985/86 (GerES I), 1990/92 (GerES II), 1997/99 (GerES III)
Kinder: 2003 (GerES IV), 2014/17 (GerES V)
Erhebung:
Erwachsene: 4820 Personen (18-69 Jahre) aus 120 Orten
Kinder: 1790 Personen (3-14 Jahre) aus 150 Orten
Ziele:
Humanbiomonitoring als Grundlage zur Ableitung von Referenzwerten
Identifizierung und Quantifizierung von Belastungspfaden
Analyse zeitlicher Trends und Erfassung regionaler Unterschiede
GerES III (1998)
PCB, HCB (Hexachlorbenzol) und DDE
vor allem bei älteren Menschen
lipophile Verbindungen -> je höher der BMI, desto höher die Belastung
DDE wurde in der DDR noch länger verwendet -> bei Menschen aus Osteuropa höher
Prozesskontaminanten - Beispiele für kazinogene Substanzen, die bei der Zubereitung von Lebensmitteln entstehen können
herterozyklische aromatische Amine (HAA)
Acrylamid
Nitrosamine
3-Monochlorpropandiol (3-MCPD)
Heterozyklische aromatische Amine (HAA)
entstehen bei der Zubereitung von Fleisch und Fisch
temperaturabhängige Reaktion von Kreatin, Aminosäuren und Zuckern (Maillard-Reaktion) und durch Proteinhydrolyse
signifikant ab > 200 Grad
>20 verschiedene Verbindungen bekannt
Metabolite bilden DNA-Addukte
Beispiele: Pyridin -> IARC: “möglicherweise humankanzerogen” (Gruppe 2B); Chinolin -> IARC: “wahrscheinlich humankanzerogen (Gruppe 2A)
im Tierexperiment: Colon-, Mamma- und Leberkarzinome
Bildung korreliert mit Temperatur, Zeit und Dauer des Kontakts mit heißen Flächen
Kräuter (Rosmarin, Salbei, Tymian) können die HAA-Bildung reduzieren (Polyphenole)
Fleisch bis 70 Mikrogramm pro kg; Brathuhn bis 480 Mikrogramm pro kg
Acrylamid - Exposition des Menschen
Produkte aus/mit Polyacrylamid: Hauptquelle ist Kosmetika (Schäumungsmittel)
Tabakrauch
Arbeitsplatz
Kunststoffherstellung
Dichtmasse, Dichtmörtel, Vergussmaterialien, Fugenkitt auf Acrylamid-Basis
2002 erstmals Nachweis von Acrylamid in Lebensmitteln
Acrylamid - Bildung
durch Maillard-Reaktion: Bräunungsreaktion zwischen reduziertem Zucker und Aminosäuren (speziell Asparagin) bei Temperatur über 150 Grad
Acrylamid - Einflussfaktoren
Asparagin- und Kohlenhydratgehalt des Lebensmittels
Wassergehalt
Erhitzungstemperatur
Dauer der Erhitzung
pH-Wert
Art des Frittier- bzw. Bratöls
Acrylamid - Toxikokinetik
schnelle Resorption, gleichmäßige Verteilung im Organismus
Ausscheidung innerhalb von Stunden
Übergang in die Muttermilch, Plazenta-gängig
metabolische Giftung, u.a. zu Glycidamid (reaktive Epoxid)
Acrylamid - Wirkungen
karzinogen (NOAEL 0,5 mg/kg KG und Tag, Ratte p.o.)
-> genotoxisch (IARC Klasse 2A “wahrscheinlich humankanzerogen”)
neurotoxisch (NOAEL 0,5 mg/kg KG und Tag, Ratte p.o.)
fertilitätsmindernd (NOAEL 2 mg/kg KG und Tag, Ratte p.o.)
Acrylamidgehalte
Empfehlung: max. 1 Mikrogramm pro kg KG
Aufnahme: 0,3-0,8 Mikrogramm pro kg KG
Aufnahme bei Kindern: bis zu 50 Mikrogramm pro kg KG
Beispiel Chips: Max. 4.080 und min. 77 Mikrogramm pro kg
-> Produkte mit hohem Gehalt werden nicht genannt -> Risikogruppe (Kinder und Jugendliche) kann diese nicht meiden
Nitrosamine - Vorkommen
in vielen Produkten (Tabak, Kosmetika, Kunststoffen, Wurstwaren, Malz)
endogene Bildung im Magen aus sekundären Aminen und Nitrit (Nitritpökelsalz, Nitratdünger, Umwandlung von Nitrat zu Nitrit im Speichel)
also auch Nitrat im Salat vom Dünger
Nitrosaminbildung wird durch Vitamin C gehemmt
NPYR (Nitrosopyrrolidin)
NDMA (Nitroso-Dimethylamin)
Nitrosamine - Karzinogenität
ca. 90% der über 300 untersuchten Nitrosamine im Tierversuch Spezies-unabhängig karzinogen
genotoxisch
metabolische Aktivierung erforderlich
positive Korrelation mit Magenkrebs
Nitrosaminbildung wird begünstigt durch
Nitrit (Salami, Schinken, Käse), Nitrat (Salat, Gemüse)
hohe Aminkonzentration (Fisch, Käse)
saures Milieu und Hitze (überbacken, braten)
Polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) - Substanzklasse
500 verschiedene Verbindungen
Leitsubstanz: Benzo(a)pyren
leichte PAK: 3-4 aromatische Ringe
schwere PAK: 5-7 aromatische Ringe
Polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) - Vorkommen und Expositionsquellen
Bestandteil fossiler Brennstoffe und deren Produkte (Steinkohlenteer, Asphalt, Diesel, Heizöl)
Produkte unvollständiger Verbrennung (bei Temperatur über 400 Grad)
Nahrungsmittel; Innenraumbelastung durch teerhaltige Parkettkleber und Kleber für Bodenbeläge (Hausstaub), Tabakrauch, …
Polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) -Toxikologie
akute Toxizität gering
PAK-Gemische sind kanzerogen (Kategorie1)
metabolische Aktivierung!
fruchtschädigend
immuntoxisch
Polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) -Schadstoff-Höchstmengen-VO für Fleischprodukte (2014)
5 Mikrogramm BaP/kg in wärmebehandeltem Fleisch und Fleischerzeugnissen
2 Mikrogramm BaP/kg in geräuchertem Fleisch und Fleischerzeugnissen
(bis 50 Mikrogramm Benzo(a)pyren in gegrilltem Fleisch!)
Durchschnittliche tägliche Aufnahme von Benzo(a)pyren aus verschiedenen Quellen
Nahrung: 235 Nanogramm
Trinkwasser: 2 Nanogramm
Luft: 20 Nanogramm
Rauchen (20 Zigaretten pro Tag): 105 Nanogramm
Passivrauchen: 40 Nanogramm
Insgesammt 300-500 Nanogramm pro Tag
PAK-Aufnahme über Nahrungsmittel
Kaffee, Tee, Kakao (ca. 600 ng/Tag)
alkoholische Getränke (ca. 413 ng/Tag)
Getreide und Getreideerzeugnisse (ca. 257 ng/Tag)
Gemüse, Nüsse und Hülsenfrüchte (ca. 194 ng/Tag)
Früchte (ca. 153 ng/Tag)
Fleisch und Fleischerzeugnisse (ca. 132 ng/Tag)
Entstehung:
beim Backen von Brot (Kruste) oder beim Toasten (starke Bräunung)
beim Räuchern von Fleischwaren (durch Verschwelung von Holz)
bei der sauren Hydrolyse (häufig HCL) von Pflanzenprotein reagieren die Lipidreste im Material mit den Chloridionen, (zum Teil hohe Gehalte in Würzsoßen -> Sojasoße)
im Tierversuch kanzerogen (nicht genotoxisch); nephrotoxisch
seit 2006 Höchstgehalt für Sojasoße 20 Mikrogramm pro kg (EU-Kontaminanten-VO 1881/2006)
TDI 0,8 Mikrogramm pro kg KG (enntsprechend 48-56 Mikrogramm pro Tag)
TDI wäre mit 100 g getoastetes Toast ausgeschöpft (ca. 4 Toast)
Vergolden statt verkohlen!
Glycidol
kanzerogen
entsteht bei der Raffination von Fetten
ist in Öl und Margarine enthalten
Regulierung zur Vermeidung von stofflicher Migration (EU)
Grundsätzlich gilt:
Von der Verpackung dark kein stofflicher Übergang auf das Lebensmittel erfolgen, es sei denn, die Stoffe sind zugelassen oder unbedenklich bzw. die Konzentration des Migranten unterschreitet ein festgesetztes Limit.
Das bedeutet:
es dürfen keine CMR-Stoffe (kanzerogen, mutagen oder reproduktionstoxisch) verwendet werden
Grenzwerte für toxikologisch bewertete Stoffe sind einzuhalten
der Grenzwert für die Globalmigration von 60 mg/kg als Summenfunktion darf nicht überschritten werden
für toxikologisch nicht bewertete Substanzen gilt ein Grenzwert von 0,01 mg pro kg
Verantwortlich für die Einhaltung der Anforderungen sind Hersteller bzw. Inverkehrbringer.
Migrationsstudien
in welchem Ausmaß gehen die in oder auf der Verpackung enthaltenen Chemikalien wie Plastikadditive, Pigmente, Drucklösemittel oder Bindersysteme in das Lebensmittel über? (Kontaktmigration bzw. Verdampfungsmigration)
Simulanzien:
wässrige Essigsäure
wässrige alkoholische Lösung
Speiseöl
Ikubation unter Standardbedingungen (z.B. 10 Tage bei 40 Grad, bei Verpackungen für Mikrowelle höhere Temperaturen)
Analytik der Zielverbindung im Simulanz
Ergebnis: spezifische Migrationswerte (specific migration levels, SML); festgesetzte Grenzwerte sind einzuhalten
Kontaminanten aus Verpackungsmaterial - Beispiel: Bisphenol A - Plastikgrundstoff
90% für Polycarbonat-Kunststoffe und Epoxidharzlacke
in Plastikflaschen, Konservenbeschichtung, Getränkedosen, CDs, Thermopapier (Kassenbons)
Freisetzung auch nutzungsabhängig, z.B. durch Erhitzen
Verbrauch in der EU: 1,2 Mio Tonnen pro Jahr
Kontaminanten aus Verpackungsmaterial - Beispiel: Bisphenol A - Toxizität
endokriner Disruptor, fortpflanzungs- und entwicklungsschädigend (östrogen wirksam, prä- und postnatale Phase besonders empfindlich)
Verhaltensänderungen
immuntoxisch, Insulinresistenz, Adipositas?
Kontaminanten aus Verpackungsmaterial - Beispiel: Bisphenol A - Risiko für den Verbraucher
immer noch umstritten (EFSA vs. UBA)
2011: Polycarbonat für Babyflaschen verboten
2015: TDI von 50 auf 4 Mikrogramm pro kg KG gesenkt (EFSA)
Migrationsgrenzwert (noch) 600 Mikrogramm pro kg Lebensmittel
Weitere Chemikalien aus Verpackungen
Mineralöle
Druckfarben
aromatische und gesättigte Mineralölkohlenwasserstoffe (C16-C24) aus Druckfarben
in Kartonverpackungen aus recyceltem Altpapier
>10 mg pro kg trockenem Lebensmittel (Reis, Backmischungen, Puddingpulver)
Toxizität kaum untersucht
Speicherung im Körper
Ablagerung und Schäden an Leber, Herzklappen und Lymphknoten (Tierexperimente)
kanzerogen?
>1000 Substanzen
großenteils ungeprüft, keine gesetzliche Regelung auf EU-Ebene
keine Daten bezüglich gesundheitlicher Bewertung
z.B. ITX (Isopropylthioxanthon) - Photoinitiator in Druckfarben
bis zum 600 Mikrogramm pro Liter in kartonverpackten Getränken
bei Recycling gelangen die Druckfarben ins Lebensmittel
MOE
margin of exposure
Dosis, die bei Nagern zu Tumoren führt
ist ein von Risikobewertern verwendetes Instrument zur Abwägung möglicher Sicherheitsbedenken in Bezug auf in Lebens- und Futtermitteln vorkommende Substanzen, die sowohl genotoxisch (d.h. sie können die DNA schädigen) als auch kanzerogenen (Krebs erzeugend) sind
Dosis, die bei Nagern zu Tumoren führt/Aufnahmedosis Mensch
MOE < 10.000 wird als gesundheitliches Risiko betratet
Rückstände (als Untergruppe der Kontaminanten)
Definition:
Restmengen von Stoffen, die vom Menschen während der Produktion von Lebensmitteln bewusst (legal oder illegal) eingesetzt werden, sofern sie lebensmittelhygienisch/toxikologisch relevant sind
sie können direkt (Persistenz) oder indirekt durch carry-over, z.B. aus Futtermitteln in Milch und Fleisch ins Lebensmittel gelangen
Beispiele: Pflanzenschutzmittel, Tierarzneitmittel, Masthilfsmittel, Futtermittelzusätze
Regulierung: Rückstands-Höchstmengen-VO (RHmV), Lebensmittel- und Futtermittelgesetz (LFG)
Diethylstilbestrol (DES)
synthetisches Steroidhormon (östrogen wirksam)
Anwendungsverbot in der BRD
in den USA früher als Masthilfsmittel (Rindfleischerzeugung, hormonelle Kastration von Hähnchen) zugelassen, heute verboten
noch 1999 wurde in der Schweiz in 7 von 26 Rindfleischproben aus den USA DES nachgewiesen (illegale Anwendung)
Antibiotika
Massentierhaltung bedeutet erhöhte Infektionsgefahr
schnellere Gewichtszunahme durch Bakterienhemmung im Darm -> Futtereinsparung
Vorgeschriebene Wartezeiten zum Abbau der Antibiotika reichen oft nicht aus -> Antibiotikarückstände in Milch, Fleisch, Eiern, Eiprodukten, Schrimps (Chloramphenicol)
Antibiotikaeinsatz in >90% der Hähnchenmastanlagen (NRW)
Nachweis Antibiotika-resistenter Keime (MRSA) in Geflügelfleisch (Resistenz auf andere Erreger übertragbar)
Folge: Resistenzprobleme beim Menschen
Jährlicher Untersuchungsumfang - tierischische Lebensmittel
Rind: jedes 250. geschlachtete Tier -> 0,4%
Schwein: jedes 2000. geschlachtete Tier -> 0,05%
Milch: eine Probe je 15000 Tonnen Jahresproduktion -> ??%
Nicht ausreichend!
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