Risikofaktoren
Psychopathologie und Komorbidität,
Suizidalität (im Umfeld),
psychische und individuelle Faktoren,
Belastungen im soz.
Umfeld)
Bei akuter Suizidgefährdung ist was gerechtfertigt?
Bei akuter Suizidgefährdung sind alle Maßnahmen um einen Vollzug des Suizids zurückzuhalten gerechtfertigt (110, Sorgeberechtigte, Ambulanzleitung und Supervisor informieren)
Pflicht zur Hilfeleistung (Garantenpflicht)
Maßnahmen sind rechtlich gedeckt („rechtfertigender Notstand"), sonst unterlassene Hilfeleistung
Stationäre Aufnahme indiziert, wenn suizidale Handlung innerhalb der nächsten Minuten, Stunden oder Tage zu erwarten ist
Hinweise auf eine hohe Suizidgefährdung:
Keine Distanzierung von Suizidgedanken möglich
Suizidversuche in der Vorgeschichte
„harte Methoden" bei früheren Suizidversuchen
Positive Familienanamnese
Suizide in der Umgebung des Patienten („Werther-Effekt")
Starke Hoffnungslosigkeit in der Untersuchung
Detaillierte Suizidpläne
Komorbidität (auch nicht-psychiatrische Erkrankungen)
Lang anhaltende Schlafstörungen
Krisenintervention bei akuter Suizidalität
Intensivierung der therapeutischen Beziehung: Würdigung der Krise, Herstellen von Rapport, Anpassung an Sprache und nonverbales Verhalten der Patient*in
Risikoabschätzung
Zeit gewinnen: Förderung von Ambivalenz und kognitiver Dissonanz
Selbstkontrolle stärken: Antisuizidpakt (ASP), Notfallplan, Zugang zum Suizidmittel begrenzen
Konfrontation: kognitive Verzerrungen, irrationale Ideen, Konflikt mit wesentlichen Zielen und Werten etc.
Klärung des weiteren Behandlungssettings
Suizid und zentrales Bestimmungsmerkmal
Tod aufgrund eines intentionalen, selbstschädigenden Verhaltens, das mit einem gewissen Maß an Absicht zu sterben assoziiert war.
Zentrales Bestimmungsmerkmal:
1.Die Person ist tot.
2.Das Verhalten der Person selbst führte zum Tod. (Dié Person muss die tödliche Handlung allerdings nicht selbst ausgeführt haben - sie muss sie lediglich selbst initiiert haben.)
3.Die Person hatte (in gewissem Ausmaß) die Absicht, ihren eigenen Tod herbeizuführen. Eine entsprechende Intention wird entweder erschlossen oder wurde explizit zum Ausdruck gebracht.
Suizidversuch und zentrales Bestimmungsmerkmal
Auf die eigene Person gerichtetes, potenziell selbstverletzendes Verhalten, das nicht zum Tod führte, aber mit einem gewissen Maß an Absicht zu sterben assoziiert war.
Zentrale Bestimmungsmerkmale:
1.Die Person hatte (in gewissem Ausmaß) die Absicht, ihren eigenen Tod herbeizuführen. Diese Absicht wird entweder erschlossen oder wurde explizit zum Ausdruck gebracht.
2.Es wurde ein Verhalten gezeigt, welches das Potenzial zur Selbstschädigung hatte bzw. von dem die Person dachte, dass es dieses Potenzial hat.
3.Eine Verletzung oder Schädigung kann, aber muss nicht eingetreten sein.
Unterbrochener Suizidversuch
Die Ausführung eines auf die eigene Person gerichteten, potenziell selbstverletzenden Verhaltens, das mit einem gewissen Maß an Absicht zu sterben assoziiert ist, wird durch eine andere Person unterbrochen/verhindert, bevor es zu einer Schädigung oder einer potenziellen Schädigung gekommen ist.
Zentrale Merkmale:
(1) Ohne die Unterbrechung wäre es zum Suizid(versuch)gekommen.
(2) Es ist zu keiner Verletzung gekommen. (In dem Moment, in dem eine erste Tablette eingenommen/ein erster Schnitt gesetzt wurde, handelt es sich um einen Suizidversuch.)
Abgebrochener Suizidversuch
Die Ausführung eines auf die eigene Person gerichteten, potenziell selbstverletzenden Verhaltens, das mit einem gewissen Maß an Absicht zu sterben assoziiert ist, wird vorbereitet. Die Person selbst stoppt ihr Verhalten jedoch, bevor es zu einer Schädigung oder einer potenziellen Schädigung gekommen ist.
Vorbereitende Handlungen bzw. vorbereitendes Verhalten
Vorbereitungen zur Durchführung eines Suizid(versuch)s.
Hierzu zählt beispielsweise das Schreiben eines Abschiedsbriefs, das Verfassen eines Testaments, der Erwerb einer Waffe bzw. das Sammeln von Medikamenten
Suizidgedanken oder Verbalisierungen derselben gelten nicht als vorbereitendes Verhalten.
3. Selbstmordphantasien (vage bis konkret, aktiv herbeigeführt bis zwanghaft)
vage bis konkret, aktiv herbeigeführt bis zwanghaft)
Risikogruppen (unabhängig von Alter):
1) Alle depressiven Patienten/innen
2) Suchterkrankte Patienten
3) Alte und vereinsamte Personen
4) Personen, die einen Suizid ankündigen
5) Personen, die durch einen Suizidversuch auffällig geworden sind
6) Patienten mit Anorexien
7) Patienten mit psychotischen Erkrankungen
8) Chronisch erkrankte Personen (insbes. mit Schmerzen)
9) Personen mit Persönlichkeitsstörungen (insbes. bei emot. instabiler Pers.-störung)
10) Personen in Haft (insbes. U-Haft)
Risikomerkmale
männlich (v. a. Männer > 70 Jahre)
männlich und 35-54 Jahre (teilweise 5-10 x höher als bei Frauen)
Ende einer Partnerschaft
Arbeitslosigkeit-Alleinlebend
Krankheit
Psychiatrische Erkrankung
Beziehungsgestaltung, Exploration
Direktes Ansprechen von Suizidgedanken
Offene, transparente, proaktive Haltung
Nach Studienlage ist es egal, ob früher oder später Suizidgedanken exploriert werden (Chu et al., 2017: The interpersonal theory of suicide. A systemic review and meta-analysis of a decade of cross-national research. Psychological Bulletin, 143, 1313-1345.)
Risikoabschätzung, Resourcen erheben
Einschätzungen, weiterer Weg offen und im Sinne des informed consens mit Patient/Familie besprechen
Spezifische Risikofaktoren bei Kindern und Jugendlichen
Suizidversuch(e) in der Vorgeschichte
nicht-suizidale Selbstverletzung
Mobbing
psychische Erkrankungen (vor allem depressive und bipolare Störungen, psychotische Störungen, PTBS, Abhängigkeitserkrankungen, Essstörungen, ADHS, Angststörungen, Störung des Sozialverhaltens, sexuelle Identitätsstörungen)
Suizide/Suizidversuche im Familien- oder Freundeskreis- Streitigkeiten
Scheidung oder Trennung der Eltern- Verlust eines Elternteils
Vorgeschichte sexuellen Missbrauchs/Misshandlungen- Schulleistungsprobleme
organische chronische Erkrankungen/ körperliche Behinderungen
Suizidmodelle (Musik, Film, Social Media)
Warnzeichen einer akuten suizidale Krise
Schulleistungsprobleme
Übererregungssymptome (Agitiertheit, Schlafstörungen, Albträume, Reizbarkeit)
Eindruck des Gefangenseins (entrapment)
Verlust kognitiver Kontrolle (pervasives Grübeln)
schwerwiegende affektive Symptome (emotionaler Schmerz, Panik, rasche Stimmungswechsel, Dissoziation)
soziale Entfremdung (Rückzug, Abscheu vor anderen, Eindruck, eine Last zu sein)
Selbstentfremdung (Selbsthass)
Hoffnungslosigkeit- drastische Zunahme der Suizidabsicht
Protektiv- und Resilienzfaktoren
soziale Unterstützung und Zugehörigkeit-
familiäre Bindung
Religiosität
Selbstwirksamkeit, Selbstwert X positive mentale Gesundheit-
positiver Attributionsstil
Eltern außen vor lassen? Schweigepflicht in der Psychotherapie?
Ab dem 14 Lebensjahr zunehmendes Selbstbestimmungsrecht. Vor Offenbarung ggü. Eltern dies transparent mit Patienten besprechen
Nein, nicht unbedingt, Eltern möglichst mit einbeziehen
Eltern können Warnsignale sehen
Können an Notfallplan mitwirken
Möglichkeit an familiärer Kommunikationsfähigkeiten zu arbeiten
Leitfaden zur Risikoabschätzung
(n. Friedrich, Teismann, 2022: Therapie-Tools, Suizidalität und Krisenintervention bei Kindern und Jugendlichen)
Aktuelle Suizidalität. Welche Fragen stellen?
Viele Leute würden in deiner Lebenssituation am Sinn des Lebens zweifeln oder es für das Beste halten, nicht mehr zu leben. Wie ist das denn bei dir?
Mit all den Schwierigkeiten, denen du gerade ausgesetzt bist, frage ich mich, ob du manchmal lebensmüde Gedanken hast?
Häufigkeit, Dauer, Intensität und Auslöser aktueller Suizidgedanken
Wie sehen diese Gedanken aus?
Wie oft denkst du daran, dir das Leben zu nehmen?
Wie lange dauern diese Gedanken normalerweise an?
An den Tagen, an denen du über einen Suizid nachdenkst, wie lange denkst du da über deinen Tod nach: 50 Prozent des Tages, 80 Prozent, 90 Prozent?
Vorstellungsbilder
Malst du dir deinen Tod in Tagträumen aus?
Hast du deinen Suizid schon mal in deiner Fantasie vollzogen? Frage nach konkreten Gedanken und Planungen-
Hast du auch darüber nachgedacht, wie, wo und wann du dich töten wirst?
Uber welche anderen Methoden, dich zu töten, hast du nachgedacht?Zugang zu tödlichen Mitteln
Hast du die notwendigen Mittel für einen Suizid zuHause?
Hast du schon überlegt, wie du an die Mittel herankommen könntest?
Vorbereitungen und Probehandlungen
Hast du deinen Suizid schon irgendwie vorbereitet? (z. B. Internet nach Suizidmethoden abgesucht, Abschiedsbrief geschrieben, persönliche Dinge oder Haustiere verschenkt) X Hast du schon mal probiert, wie es wäre, wenn du es dann wirklich tun würdest? (z. B. Suizidort aufgesucht, Seil geknüpft, Medikamentenmix erstellt)
Hast du Verabredungen getroffen, um dich mit anderen Leuten gemeinsam umzubringen?
Was genau hast du gemacht?
Entschlossenheit, Abstand zu suizidalen Impulsen
Wie stark ist deine Absicht, deinen Todeswunsch in die Tat umzusetzen?
Wo stehst du auf einer Skala von 0 bis 10, wenn 0 bedeutet, »keine Absicht, die Gedanken umzusetzen« und 10 bedeutet, »die Gedanken bei der ersten sich bietenden Gelegenheit umzusetzen«?
Furchtlosigkeit vor Schmerz, Sterben und Tod
Viele Menschen fürchten die Schmerzen, die mit einem Suizid verbunden sind, oder sie fürchten sich vor dem Sterben und Totsein
wie ist das bei dir?
Hast du schon mal irgendetwas gemacht, was dich annehmen lässt, mit den Schmerzen und der Angst zurechtkommen zu können?
Impulsivität und Selbstkontrolle
Mal angenommen, die Situation ändert sich nicht oder wird sogar noch schlimmer. Wie lange hältst du es noch aus, ohne dich zu töten?
Vielleicht gibt es einen Teil in dir, der noch Bedenkzeit will. Wie viel Zeit kannst du diesem Teil noch geben? Wie sicher bist du dir, suizidale Impulse (noch) kontrollieren zu können?
Könnte es dir passieren, dass du »aus einem Moment heraus« unmittelbar versuchst, dich selbst zu töten?
Hast du manchmal Schwierigkeiten mit impulsivem Verhalten (Alkohol- und Drogenkonsum, Schwierigkeiten, Wut zu kontrollieren, Sex mit wenig bekannten Partner*innen etc.)?
Selbstverletzungen
Hast du dir schon einmal Verletzungen zugefügt, ohne dass du dadurch sterben wolltest?
Fügst du dir derzeit Verletzungen zu?
Hinweis: Wunden/Narben an den Extremitäten ggf. zeigen lassen und bei Bedarf eine umfassende körperliche Untersuchung veranlassen. Suizid(versuch)e in der Familie und im Freundeskreis
Hat sich in deiner Familie schon mal jemand das Leben genommen oder versucht, sich das Leben zu nehmen?
Hat sich in deinem Freundes- und Bekanntenkreis, in der Schule oder im Verein schon mal jemand das Leben genommen oder versucht, sich das Leben zu nehmen?
Gegenwärtige und zukünftige Suizidalität
Wie sieht es eigentlich mit suizidalen Gedanken aus, während wir gerade miteinander reden?
Und wenn du jetzt die Praxis verlassen würdest: Was denkst du, passiert dann mit deinem Wunsch zu sterben?
Ressourcen
Gibt es eigentlich Menschen, denen du dich momentan nah fühlst? Wer weiß davon, dass du über eine Selbsttötung nachdenkst? Wie wäre das für deine Freundin / deinen Freund / deine Eltern, wenn sie das wüssten? Wie würden sie reagieren?
Hast du mit deinen Eltern über deine Suizidgedanken gesprochen? Wie haben sie reagiert?
Gibt es Zeiten oder Momente, in denen du anders über die Möglichkeit, dir das Leben zu nehmen, nachdenkst? Was geht dir dann so durch den Kopf?
Dein Leben ist ja jetzt schon länger schwierig
was hat dich bislang von einer Selbsttötung abgehalten?
Selbsteinschätzung
Wie gefährdet erlebst du dich derzeit auf einer Skala von 0 bis 10, wenn 0 bedeutet, »keine Gefahr, die Gedanken umzusetzen« und 10 bedeutet, »massive Gefahr, die Gedanken bei der ersten sich bietenden Gelegenheit umzusetzen«?
Wenn du zukünftig ernsthaft darüber nachdenken solltest, dir das Leben zu nehmen, wie zuversichtlich bist du, dass du dich von einem Suizidversuch abhalten kannst?
Was würdest du brauchen, um dich sicherer zu fühlen?Wie kann ich dich dabei am besten unterstützen?
Psychotherapie in Phase bei akuter Suizidalität
Phasenmodell:
Suizidale Krisen verstehen/Sicherheit herstellen (Ambivalenzklärung, Notfallplan, Kettenanalyse, Anspannung reduzieren)
Suizidtreiber modifizieren (Emotionsregulation, Problemlösetraining, kognitive Umstrukturierung, familiäre Kommunikation verbessern)
Rückfälle vorbeugen
Und dann von vorne wieder oben anfangen
Krisen-intervention bei Suizidalität
Im Fall von Suizidalität häufig ambivalente Einstellung -Im ersten Schritt Abklärung ob ambulant weiterhin machbar
Dann in den Stunden Interventionen einbauen:
1. Notfallplan
2. Zugang zu Suizidmethoden begrenzen (Familie mit einbeziehen) - Station?
3. Ambivalenzklärung (Gründe für und gegen Leben)
4. Management mit krisenbedingten Übererregungssymptomen
ev. Sitzungsfrequenz erhöhen, Telefonkontakte vereinbaren.
Notfallplan erstellen
Warnzeichen sammeln, möglichst kleinschrittig
Bewältigungsstrategien - alleine
Bewältigungsstrategien - mit Unterstutzung anderen
Welche Erwachsenen können kontaktiert werden?
Kontaktadressen von professionellen Hilfsstellen
Antisuizidvertrag/ Lebensvertrag
(Dorrmann, 2005: Pro und Contra von Verträgen bei Patienten in akuten suizidalen Krisen. Verhaltenstherapie, 15, 39-46.):
es geht nicht um 100 % Absicherung, sondern um Sicherheits- /Selbstwirksamkeitsvermittlung
gerne Bewältigungsstrategien mit aufnehmen und wer kontaktiert werden kann ab welchen Zeitpunkt
also fließender Übergang von Notfallplan zu Antisuizidvertrag.
Akute stationäre Einweisung
• Patient und Sorgeberechtigte in Entscheidungsprozess transparent miteinbeziehen
Rettungsdienst hinzuziehen, bei Ablehnung Hinzuziehen der Polizei
Klinik kontaktieren und Patient vorankündigen
Einweisungsschein ausfüllen
Komorbiditäten
NSSV und Adoleszentenkrise
NSSV und Borderline Persönlichkeitsstörung, BPS signifikanter Risikofaktor für Auftreten von
NNSV, nur ca 50% der Jugendlichen mit NSSV leiten unter einer BPS (Nock et al., 2006)
NSSV und Depression NSSV und Störung des Sozialverhaltens (delingentes Verhalte zweitstärkster Prädiktor für NSSV)
NSSV und Substanzkonsum
NSSV und Essstörungen, besonders Bulimia nervosa
NSSV und Suizidalität,
NSSV ist Risikofaktor für erhöhte Suizidalität
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