Definiere “Messen” in den Sozialwissenschaften.
Messen ist die Zuordnung von Zahlen zu Objekten oder Ereignissen nach bestimmten Regeln, um Eigenschaften dieser Objekte vergleichbar und analysierbar zu machen.
Wir Messen nicht Objekte, sondern Merkmale von Objekten
“Das Messen ist eine Zuordnung von Zahlen zu (Eigenschaften von) Objekten oder Ereignissen, sofern diese Zuordnung eine homomorphe Abbildung eines empirischen Relativs in ein numerisches Relativ ist”
Was ist der Ausgangspunkt einer Messung?
Ausgangspunkt der Messung ist die jeweils relevante Menge der Objekte/Merkmalsträger (z.B. eine Menge von Personen)
Erkläre den Begriff Relation, Relativ und Homomorphismus bei Messungen in den Sozialwissenschaften.
Objekte/Merkmalsträger können bezüglich ihrer Merkmale in verschiedenen Relationen zueinander stehen
Die Art der Relation kann sehr unterschiedlich sein
Die Relationen werden häufig durch Symbole gekennzeichnet
z. B. Äquivalenzrelation ~
≽ Schwache Ordnungsrelation
Relativ
Es geht um das Verhältnis zwischen einer Menge A und verschiedenen Relationen R1, ….. , Rn mit denen die art der Beziehung der Objekte untereinander charakterisiert wird.
Das Ganze Bildet ein Relationssystem (Menge und Relationen)
Relationen sind z.B.
~ Äquivalenzrelation
empirisches Relativ
wenn es um empirische Objekte geht
z.B. Studenten
Formal schreiben wir das als
{𝐴, 𝑅1, … , 𝑅𝑛}
Beispiel
A ist eine Schulklasse und R1 eine Äuivanlenzrelation ~ bezüglich Geschlecht, wäre das empirische Relativ die Relation der Schüler bezüglich ihrem Geschlecht widerspiegeln.
{𝐴,~}
numerisches Relativ
Menge A besteht nicht aus empirischen Objekten, sondern aus der Menge der reellen Zahlen ℝ, die in einer oder mehreren Relationen S1, …, Sn zueinander stehen
z.B. größe von Personen: 180, 170, 165
{ℝ, 𝑆1, … , 𝑆𝑛}
Häufige Relationen
= Gleichheitsrelation
> Größer-kleiner Relation
Beim Messen versuchen wir das empirische Relativ in das numerische Relativ abzubilden.
Dies geschiet über eine Abbildungsfunktion 𝜑()
„Abbilden“ heißt:
Wir ordnen den empirischen Objekten (z. B. Menschen) Zahlen zu, sodass die Beziehungen erhalten bleiben.
Wichtig:
Die Struktur der Beziehungen (z. B. wer ist intelligenter) soll in den Zahlen genau so wiederzufinden sein.
Homomorphismus
Wenn zwei Objekte in der Realität eine bestimmte Beziehung zueinander haben, dann sollen ihre zugeordneten Zahlen dieselbe Beziehung widerspiegeln.
𝑎 ≽ 𝑏 ⟺ 𝜑(𝑎) ≥ 𝜑(𝑏)
Die homomorphe Abbildungsfunktion 𝜑() zusammen mit einem empirischen und
numerischen Relativ bezeichnet man als Skala, die Funktionswerte (z.B. 𝜑(𝑎), 𝜑(𝑏)) als
Skalenwerte oder Messwerte.
Was ist das Reräsentationsproblem?
Ein numerisches Relativ zu finden, welches das empirische Relativ homomorph abbildet.
Was ist das Eindeutigkeitsproblem?
Die Menge der zulässigen Tranformationen innerhalb des numerischen Relativs zu benennen, welche die homomorphe Abbildung nicht verletzen.
Welche Zahlen darf ich benutzen, um eine bestimmte Eigenschaft zu messen, ohne die Bedeutung der Messung zu verfälschen?
Wenn man misst (z. B. Intelligenz, Temperatur, Zufriedenheit), kannst man die gleichen Verhältnisse mit verschiedenen Zahlen ausdrücken – aber nicht jede Umformung ist erlaubt!
Das hängt vom Skalentyp ab (nominal, ordinal, intervall, verhältnis), denn jeder erlaubt nur bestimmte Transformationen.
Beispiel: Temperatur
Celsius und Fahrenheit:
0 °C = 32 °F, 100 °C = 212 °F
Beide Skalen messen dieselbe Eigenschaft, aber mit anderen Zahlen.
→ Die Zahlen unterscheiden sich, aber die Struktur bleibt erhalten.
→ Diese Umrechnung ist eine zulässige Transformation bei einer Intervallskala.
Was ist das Bedeutsamkeitsproblem?
die mathematischen Operationen festzulegen, auf welche Weise Messwerte weiterverarbeitet werden dürfen, um zu inhaltlich sinnvolen Statistiken und Vergleichen zu gelangen (Vorlesung)
Welche Aussagen über Messwerte sind bedeutsam?
Welche mathematischen Aussagen oder Operationen behalten ihre Bedeutung, egal welche zulässige Transformation man der Skala anwendet
Beispiel: Ordinalskala (z. B. Schulnoten)
Schüler A: Note 2
Schüler B: Note 4
→ Du darfst sagen: A ist besser als B (weil 2 < 4)
→ Aber: Du darfst nicht sagen: A ist doppelt so gut wie B (das ist nicht bedeutsam)
Warum? Weil bei Ordinalskalen nur die Rangfolge eine Bedeutung hat, nicht der Abstand.
Ein anderes Beispiel: Intervallskala (Temperatur in °C)
10 °C, 20 °C, 30 °C → Differenz von 10 °C ist bedeutsam
Aber: Verhältnisse sind nicht bedeutsam → 20 °C ist nicht doppelt so warm wie 10 °C
Was ist die Nominalskala?
gehe ein auf
Repräsentation
Eindeutigkeit
Bedeutsamkeit?
klassifikatorischer Merkmalsbegriff
Von einer Nominalskala spricht man, wenn man von den Beziehungen (Relationen) zwischen den Ziffern der Mess-Skala nur die Gleichheit/Ungleichheit empirisch interpretiert werden darf.
Nur Äquivalenzrelation (gleich/ungleich)
Erlaubt sind nur alle eineindeutigen Transformationen
Jedem Element aus der Ausgangsmenge wird genau ein Element aus der Zielmenge zugeordnet. → z. B. Anna bekommt die Zahl 1, Ben bekommt die Zahl 2
Umkehrbar eindeutig: Auch umgekehrt gilt: Jedes Element in der Zielmenge gehört genau zu einem Element der Ausgangsmenge. → Wenn du die Zahl 2 siehst, weißt du eindeutig: Das war Ben
Bedeutsamkeit
Nur Aussagen über Gleichheit oder Ungleichheit sind bedeutsam.
Das heißt:
„Person A und Person B gehören zur gleichen Kategorie“ → bedeutsam
„Kategorie X ist größer/besser/häufiger als Y“ → nicht bedeutsam (solche Aussagen gehen über die Skala hinaus)
Was ist die Ordinalskala?
Komparativer Merkmalsbegriff (vergleichender Merkmalsbegriff)
Eine Ordinalskala liegt vor, wenn von den Beziehungen zwischen den Zahlen der Mess-Skala neben der Gleichheit/Ungleichheit auch die Rangordnung empirisch interpretiert werden darf.
Erlaubt sind alle streng monoton steigenden Transformatione
Du darfst die Zahlen umwandeln, solange die Reihenfolge erhalten bleibt.
„Streng monoton steigend“ bedeutet: Wenn A vor B kommt, dann muss auch f(A) < f(B) gelten.
𝑎 ≽ 𝑏 ⟺ 𝜑 𝑎 ≥ 𝜑(𝑏)
Neben Gleichheit/Ungleichheit ist auch die Rangreihe der Zahlen bedeutsam
Allgemein
Für jeden Wert lässt sich bestimmen, wie häufig er in einer Stichprobe vorkommt.
Eine Ordinalskala hat keinen absoluten Nullpunkt.
Werte einer Ordinalskala lassen sich der Größe nach ordnen
Die Bildung von Differenzen oder Quotienten ist mit den Werten einer Ordinalskala nicht sinnvoll
Eine Ordinalskala ist eindeutig bis auf streng monoton wachsende Transformationen
Eine Ordinalskala kann man sich als eine Perlenkette mit verschiebbaren Perlen vorstellen
Es ist egal wie weit die Perlen von einander entfernt sind. Es ist nur die Rangfolge der Perlen wichtig
Was ist die Intervallskala?
Gehe ein auf
Intensiver Merkmalsbegriff (Differenzbegriff)
Ein Merkmal, das nach seiner Stärke oder Intensität verstanden wird
Eine Intervallskala ist gegeben, wenn von den Beziehungen zwischen den Zahlen der Mess-Skala auch die Abstände interpretierbar sind.
z.B. Metrisches Merkmal Temperatur betrachtet in Bezug auf die Fixpunkte Gefrierpunkt und Siedepunkt des Wassers
Zuordnung von Zahlen mit Hilfe des Messinstruments Thermometer (Celsius o. Fahrenheit)
Erlaubt sind alle positiv-linearen Transformationen
f(x) = a * x + b mit a > 0
𝑎𝑏 ≽ 𝑐𝑑 ⟺ {𝜑 (𝑎) − 𝜑 (𝑏)} ≥ {𝜑 (𝑐) − 𝜑 (𝑑)} (Vorlesung)
Wenn der Unterschied zwischen zwei Objekten a und b mindestens so groß ist wie der Unterschied zwischen zwei Objekten c und d, ist die Differenz der den Objekten a und b zugeordneten Zahlen mindestens so groß, wie die Differenz der den Objekten c und d zugeordneten Zahlen
Neben der Rangreihe ist auch die Größe der Differenz zweier Werte von Bedeutung
Für jeden Wert einer Intervallskala lässt sich bestimmen, wie häufig er in einer Stichprobe vorkommt.
Eine Intervallskala hat keine sinnvoll zu interpretierenden absoluten Nullpunkt
Mit den Werten einer Intervallskala lassen sich sinnvoll Differenzen bilden.
Mit den Werten einer Intervallskala lassen sich nicht sinnvoll Quotienten bilden.
Eine Intervallskala ist eindeutig bis auf Transformationen der Form
f(x) = a + b ∙ x (mit b > 0)
Beispiel für eine zulässige Transformation bei einer Intervallskala:
Gegeben sind Temperaturwerte in Grad Celsius:
Berlin: 0
Paris: 10
Rom: 20
Nun wenden wir eine positiv lineare Transformation an der Form
f(x) = a + b * x
an, z. B.:
f(x) = 32 + 1.8 * x
Das ist die Umrechnung von Celsius in Fahrenheit. Daraus ergeben sich:
f(0) = 32
f(10) = 50
f(20) = 68
Das bedeutet:
Die Reihenfolge der Werte bleibt erhalten (Rom > Paris > Berlin).
Die Abstände bleiben gleich interpretiert (10 Grad Celsius Unterschied entsprechen 18 Grad Fahrenheit Unterschied).
Der Nullpunkt verschiebt sich (0 °C → 32 °F), was bei Intervallskalen erlaubt ist.
Aussagen über Verhältnisse (z. B. “doppelt so warm”) sind nicht sinnvoll.
Fazit: Diese Transformation ist zulässig, da sie die Struktur der Intervallskala erhält und der Form f(x) = a + b * x mit b > 0 entspricht.
Beispiel Intelligenz:
Ergebnisse eines Intelligenztests von drei Personen
| Person | IQ-Skala | z-Skala | Z-Skala | T-Skala | PISA-Skala |
|-----—---|---—--------|---—------|--—-------|-----—---|----------——--|
| A | 115 | 1.0 | 110 | 60 | 600 |
| B | 106 | 0.4 | 104 | 54 | 540 |
| C | 88 | -0.8 | 92 | 42 | 420 |
Im empirischen Objektbereich sind aufgrund des Beschreibungsmerkmals (Temperatur)
zusätzlich zu der Rangordnung zwischen den Objekten auch Aussagen über Differenzen der
Merkmalsausprägungen zwischen Objektpaaren empirisch sinnvoll (z.B. der Unterschied in
der Temperatur zwischen dem 22.10. und dem 22.7. war 2008 doppelt so groß wie 2007).
Es sind allerdings keine Aussagen über die absolute Ausprägung sinnvoll interpretierbar (z.B.
heute ist es doppelt so warm wie gestern).
Intervallskalen sind eindeutig bestimmt bis auf die Maßeinheit und die Wahl des
Skalenursprungs.
In der Psychologie werden häufig Testinstrumente und Fragebögen
entwickelt, von denen per Definition angenommen wird, dass sie
intervallskalierte Werte liefern.
Z.B. Test zur Bestimmung der subjektiven Lebensqualität.
Damit die Abstände zwischen z.B. 1 und 2 gleich groß definiert sind
Bei ordinal würde es keine Große Rolle Spielen
Was ist die Verhältnisskala?
Bedeutung
Extensiver Merkmalsbegriff
Ein extensiver Merkmalsbegriff bezeichnet ein Merkmal, das man durch Addition oder Zusammenzählen sinnvoll messen kann – es ist also mengenabhängig.
Von einer Verhältnisskala (Ratioskala) spricht man, wenn zusätzlich noch der Nullpunkt der Mess-Skala eine empirische Bedeutung hat.
Empirischer Objektbereich
Metrisches Merkmal “Nettomonatseinkommen”
0 bis … (Angabe in €, Dollar, Rubel etc)
Metrisches Merkmal “Temperatur” betrachet mit Bezug auf einen Punkt, an dem das Kostrukt Temperatur aufhört zu existieren.
0 bis … (Zuordnung von Zahlen mit Hilfe eines Temperaturmessgeräts und Angabe in Grad Kelvin)
Nullpunkt besitzt “empirische Bedeutung” d.h. dem Skalenwert (= dem Messwert) 0 entspricht in der Realität der gemessenen Merkmalsdimension der Zustand “nicht mehr existient”
Z.B. bedeutet ein Messwert “0 Grad Celsius” für das Merkmal Temperatur nicht “überhaupt keine Temperatur”. Die Kelvin Skala setzt als Skalen-Nullpunkt den physikalischen Zustand fest, an dem “keine Temperatur” (= keine Bewegungsenergie) mehr feststellbar ist (= “absoluter Nullpunkt”)
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