Welche Grundrechte gibt es?
Freiheitsrechte: sind der Grundstein für diee Unterscheidung zwischen Staat und freier Gesellschaft und damit Kern des rechtsstaatlichen Prinzips
Gleichheitsrechte: Gleichheit aller Bürger vor dem Gesetz und keine rechtliche Vormachtsstellung aufgrund von Geburt und Klasse
Soziale Gundrechte: bislang nicht in der Ferfassung verankert allerdings bestehen auf einfachgesetzlicher Ebene Ansprüche auf Sozialleistung gegenüber dem Staat
Politische Grundrechte: Teilnahme an Staatswillensbildung, etwa durch das aktive un passive Wahlrecht, Petitionsrecht
Woher stammen die Grundrechte?
Zu den wichtigsten Grundrechtsquellen zählen:
Staatsgrundgesetz von 1867
Europ#ische Menschenrechtskonvention
Gesetz zum Schutz des Hausrechts
Bundesverfassungsgesetz von 1988
Staatsvertrag von Wien
Bundesverfassungsgesetz zur Durchführung des internationalen Übereinkommens über die Beseitigung aller Formen der rassischer Diskriminierung
Bundesverfassungsgesetz über die Rechte von Kindern
Grundrechte Charta des Primärrechts der Europäischen Union
Wer sind die Grundrechtsträger?
natürliche Personen
juristische Personen: nur jene die in ihrem Wesen nach überhaupt auf juristische Personen anwendbar sind.
Bund und Länder können keine Grundrechtsträger sein
Was ist der Schutzbereich der Grundrechte?
Jedes Grundrecht hat einen bestimmten Schutzbereich. Der Schutzbereich der Grundrechte kann durch sog. “verfassungsimmanente Schranken” von vorhinein eingeschränkt sein.
Wie ist die Bindung des Gesetzgebers an die Grundrechte?
Gesetzesvorbehalt: Grundrechte binden den einfachen Gesetzgeber. Je nach Grundrecht besteht ein Ausgestaltungs-/Ausführungsvorbehalt(z. B. Vereinsfreiheit) oder ein Eingriffsvorbehalt (z. B. Eigentumsschutz). Manche Grundrechte verlangen nur eine formelle gesetzliche Grundlage (formeller Vorbehalt), andere auch bestimmte inhaltliche Bedingungen (materieller Vorbehalt, z. B. bei EMRK-Rechten).
Verhältnismäßigkeitsprüfung Selbst bei formellem Gesetzesvorbehalt darf der Gesetzgeber nicht schrankenlos eingreifen. Der VfGH verlangt, dass das Grundrecht nicht vollständig beseitigt wird (Wesensgehaltsgarantie). Eingriffe müssen ein legitimes Ziel verfolgen, geeignet, erforderlich und angemessen sein (Verhältnismäßigkeit).
Keine Bindung des Verfassungsgesetzgebers Grundrechte binden nur den einfachen Gesetzgeber. Der Verfassungsgesetzgeber kann Grundrechte ändern oder neue schaffen. Eine weitgehende Änderung könnte aber zu einer Gesamtänderung der Bundesverfassung führen und wäre daher volksabstimmungspflichtig.
Wie ist die Bindung der Vollziehung an die Grundrechte?
Verwaltung und Gerichte sind an Grundrechte gebunden.
Erkenntnisse/Beschlüsse, die Grundrechte verletzen, können beim VfGH angefochten werden.
Ohne Gesetzesvorbehalt liegt eine Grundrechtsverletzung vor, wenn:
das Erkenntnis auf ein verfassungswidriges Gesetz gestützt wird oder
kein verhältnismäßiger Eingriff vorliegt.
Mit Eingriffsvorbehalt ist ein Grundrecht verletzt, wenn:
das Erkenntnis ohne gesetzliche Grundlage erfolgt,
das Gesetz denkbar falsch angewendet wird oder
das Gesetz selbst verfassungswidrig ist (gilt auch für rechtswidrige Verordnungen).
Wie ist die Drittwirkung der Grundrechte?
Grundrechte gelten primär gegenüber dem Staat (staatgerichtet)
Drittwirkung fragt, ob Grundrechte auch zwischen Privaten wirken:
Unmittelbare Drittwirkung: direkte Bindung Privater – wird meist abgelehnt.
Mittelbare Drittwirkung: Grundrechte wirken indirekt, z. B. über zivilrechtliche Normen wie Treu und Glauben.
Nach herrschender Meinung: keine unmittelbare, aber mittelbare Drittwirkung – z. B. bei Datenschutz und Persönlichkeitsrechten im Arbeitsverhältnis.
Was ist der Gleichheitsgrundsatz?
Alle Staatsbürger sind vor dem Gesetz gleich. Diskriminierungsverbote betreffen z. B. Geschlecht, Herkunft, Religion.
EU-Recht erweitert Schutz auf Unionsbürger (Art 18 AEUV).
Gesetzgeber darf keine unsachlichen Differenzierungen treffen.
Regelungen müssen sachlich begründet und verhältnismäßig sein.
Rückwirkende Gesetze dürfen Vertrauen in bestehende Rechte nicht unangemessen verletzen.
Verordnungen/Bescheide/Erkenntnisse sind verfassungswidrig, wenn:
sie auf gleichheitswidrigen Gesetzen beruhen oder
Gleichheitsverstoß durch willkürliche Anwendung vorliegt.
Willkürverbot: Jede Form behördlicher oder gerichtlicher Willkür verletzt den Gleichheitsgrundsatz.
Kein Recht auf Gleichbehandlung im Unrecht – Ungleichbehandlung in rechtswidrigen Situationen begründet keinen Anspruch auf Gleichheit.
Was wird unter Eigentumsfreiheit – Grundrecht des Wirtschaftslebens verstanden?
Eigentum ist unverletzlich (Art 5 StGG); Eingriffe nur durch Gesetz möglich.
Menschenrecht: Jede Person kann Träger sein.
Umfasst alle vermögenswerten Privatrechte (z. B. Miet-, Pacht-, Urheberrecht).
Nicht geschützt: rein öffentlich-rechtliche Ansprüche.
Eingriffe (z. B. Entzug/Nutzungseinschränkung) sind nur zulässig:
auf gesetzlicher Grundlage
im öffentlichen Interesse
verhältnismäßig
Enteignung ist nur erlaubt, wenn:
konkreter Bedarf besteht,
geeignetes Objekt betroffen ist,
kein milderes Mittel vorhanden ist (ultima ratio).
Bei zweckverfehlender Enteignung: Anspruch auf Rückgabe.
Enteignung erfordert grundsätzlich Entschädigung.
Bei Eigentumsbeschränkung nur dann, wenn Einzelne im Vergleich zu anderen stark benachteiligt sind (Sonderopfertheorie).
EMRK und VfGH betonen Verhältnismäßigkeit – entschädigungslose Eingriffe sind kritisch.
Was ist das Recht auf Leben, das Verbot der Folter und unmenschlicher Behandlung und das Recht auf Privat- und Familienleben?
Existentiellstes Grundrecht – staatlicher Schutz vor Tötung.
Todesstrafe in Österreich verfassungsrechtlich abgeschafft (Art 85 B-VG).
Staat muss auch vor privaten Gefahren schützen (Schutzpflicht).
Absolutes Verbot – jede Form von Folter oder erniedrigender Behandlung ist verfassungswidrig.
Schutz der Menschenwürde steht im Zentrum.
Gilt sowohl gegenüber staatlichen Handlungen als auch durch private Dritte, gegen die der Staat Schutzmaßnahmen treffen muss (Gewährleistungspflicht).
Privatsphäre wird geschützt (Sexualleben, Gesundheit, Familie).
Eingriffe nur bei materiellem Gesetzesvorbehalt zulässig.
Staat muss auch Schutz vor Eingriffen Dritter gewährleisten.
Was ist die persönliche Freiheit, das Hausrecht und die Meinungsfreiheit?
Schutz vor willkürlicher Verhaftung.
Eingriffe nur in gesetzlich geregelten Fällen.
Umfasst körperliche Bewegungsfreiheit (z. B. Schutz vor Festnahme/Anhaltung).Hausrecht (Art 9 StGG, Art 8 EMRK)
Schutz vor rechtswidrigen Hausdurchsuchungen.
Nur mit richterlichem Befehl zulässig.
Betreten allein ist keine Hausdurchsuchung, aber durch Art 8 EMRK geschützt.
Freie Meinungsäußerung unterliegt dem Gesetzesvorbehalt.
Materielle Eingriffsvoraussetzungen müssen erfüllt sein.
Zensur im Vorhinein (Vorzensur) ist absolut verfassungswidrig.
Was ist die Versammlungsfreiheit und das Recht auf den gesetzlichen Richter?
Versammlungen = Zusammenkünfte mit gemeinsamer Meinungsäußerung.
Grundrecht unterliegt einem Ausführungs- und Eingriffsvorbehalt.
Einschränkungen nur zulässig, wenn sie:
gesetzlich geregelt,
und verhältnismäßig sind.
Kernbereich (z. B. Auflösung einer Versammlung): nur bei zwingender Notwendigkeit.
Randbereich (z. B. Anzeigepflicht): Anwendung der Eingriffsformel durch VfGH.
Niemand darf seinem gesetzlich zuständigen Richter entzogen werden.
Jeder hat Anspruch auf Entscheidung durch zuständige und richtig zusammengesetzte Behörde.
Verstoß liegt vor, wenn:
ein Gericht seine Zuständigkeit zu Unrecht ablehnt oder
eine Entscheidung durch nicht zuständige Stelle erfolgt.
Was sind die Aufgaben der Parlamente?
Volk wählt das Parlament → demokratische Legitimation.
Gesetze erlässt das Parlament; Verwaltung ist an diese gebunden (Legalitätsprinzip).
Bund: Zwei-Kammer-System (Nationalrat + Bundesrat), Bundesrat hat schwache Stellung.
Länder: Ein-Kammer-System (Landtage).
Gesetze:
Formeller Sinn: Vom Gesetzgeber beschlossen.
Materieller Sinn: Allgemeine Rechtsnormen; auch Verordnungen zählen dazu.
Parlamente kontrollieren umfassend, politisch, rechtlich & finanziell.
Kontrollrechte des Nationalrats:
Interpellationsrecht
Resolutionsrecht
Enquete-/Untersuchungsrecht
Misstrauensvotum
Staatsrechtliche Anklage
Aber: Kontrolle oft schwach, da Mehrheit der Regierung im Parlament.
Staatsverträge (Art 50 B-VG): Parlament muss zustimmen.
Budgethoheit (Art 51 B-VG): Nationalrat beschließt Bundesfinanzrahmengesetz + Bundesfinanzgesetz.
Enthält Bundesvoranschlag und Personalplan.
Verwaltung darf nur mit Zustimmung höhere Ausgaben tätigen.
Was sind die rechtlichen Grundlegen, die Legislaturperiode und die Wahlrechtsgrundsätze des Nationalrats?
Geregelt in Art 24 ff B-VG, Geschäftsordnung (GOG-NR) und NRWO.
183 Mitglieder, demokratisch gewählt.
Fünf Jahre, vorzeitige Auflösung durch:
Beschluss des Nationalrates,
Bundespräsidenten,
gescheiterten Absetzungsversuch des Bundespräsidenten (Art 60 Abs 6 B-VG).
Wahl durch das Bundesvolk nach:
allgemeinem Wahlrecht (alle Staatsbürger ab 16 bzw. 18 Jahren),
gleichem Wahlrecht (jede Stimme zählt gleich),
unmittelbarem Wahlrecht (direkte Wahl der Abgeordneten),
persönlichem Wahlrecht (Stimmabgabe selbst, Briefwahl möglich),
geheimem Wahlrecht (Wahlentscheidung bleibt verborgen),
Verhältniswahlrecht (Mandate je nach Stimmenanteil).
Verhältniswahlrecht:
begünstigt kleinere Parteien, fördert Koalitionen.
Wahlkreise und Regionalwahlkreise für Mandatsverteilung.
Parteien brauchen entweder ein Grundmandat oder 4 % bundesweit für Parlamentseinzug.
freies Wahlrecht: Schutz vor Beeinflussung; umfasst auch Parteienbildung.
Was ist der Bundesrat?
Zweite Kammer der Bundesgesetzgebung, gemeinsam mit dem Nationalrat.
Aufgabe: Vertretung der Länderinteressen, nicht inhaltliche Gesetzesgestaltung.
Mitglieder vom Landtag gewählt, Anzahl je nach Bevölkerungszahl; aktuell 60 Mitglieder.
Was ist die Bundesversammlung und welchen zweck verfolgt sie?
Gemeinsame Sitzung von Nationalrat und Bundesrat in besonderen Fällen:
Angelobung oder Absetzung des Bundespräsidenten,
staatsrechtliche Anklage,
Verfolgung durch Behörden,
Kriegserklärung.
Was sind die Landtage?
Gesetzgebungsorgane der Länder (kein Zwei-Kammer-System).
Wahlrecht wie beim Nationalrat, aber auf Landesbürger beschränkt.
Aufgaben: Gesetzgebung, Kontrolle der Vollziehung, Wahl der Landesregierung, Budgethoheit, ggf. Auflösung durch Bundespräsidenten (mit Zustimmung Bundesrat).
Was ist die Rechtsstellung der Abgeordneten?
1. Freies Mandat
Abgeordnete sind an keinen Auftrag gebunden (Art 56 B-VG).
Entscheidung im Interesse des Gesamtwohls – keine Weisungsbindung an Parteien (aber faktischer Klubzwang möglich).
2. Immunität
Berufliche Immunität: Schutz für Abstimmungen und parlamentarische Reden – keine straf-, zivil- oder verwaltungsrechtlichen Konsequenzen.
Außerberufliche Immunität: Schutz vor Strafverfolgung nur mit Zustimmung des Parlaments (Ausnahme: Ertappung auf frischer Tat).
Keine Zustimmung erforderlich, wenn Tat offensichtlich nicht politisch motiviert ist.
3. Inkompatibilität
Abgeordnete dürfen nicht gleichzeitig bestimmte andere Ämter oder Tätigkeiten ausüben (z. B. Bundespräsident, Rechnungshof, Gerichte).
Auch wirtschaftliche Tätigkeiten können unvereinbar sein.
4. Bezüge
Entlohnung geregelt im Bundesbezügegesetz (NR, BR) bzw. im Verfassungsgesetz über Bezügebegrenzung(Landtage).
Wie handeln Parlamente?
Gesetzesbeschlüsse: Parlamente erlassen Gesetze im formellen Sinn. Das Verfahren ist auf Bundesebene im B-VG geregelt, auf Landesebene in den jeweiligen Landesverfassungen und Geschäftsordnungen.
Schlichte Parlamentsbeschlüsse: Nicht jeder Parlamentsbeschluss ist ein Gesetz. Es gibt auch einfache Beschlüsse, z. B. zur Genehmigung von Staatsverträgen oder zur Durchführung einer Volksabstimmung über ein Gesetz.
Wie findet die Bundesgesetzgebung statt?
Was ist das Initiativrecht?
Initiativrecht (Art. 41 B-VG): Gesetzesvorschläge an den Nationalrat können auf vier Wegen eingebracht werden:
Initiativanträge durch Abgeordnete (mit Unterstützung von vier weiteren),
Ausschussanträge durch Ausschüsse des Nationalrats,
Antrag des Bundesrates oder eines Drittels seiner Mitglieder,
Regierungsvorlagen,
Volksbegehren (100.000 Stimmberechtigte oder je ein Sechstel in drei Bundesländern).
Bürgerinitiativen und Petitionen: Auch schriftliche Bürgerinitiativen (ab 500 Unterstützer:innen) können im Nationalrat behandelt werden.
Keine Bindung an Vorschläge: Der Nationalrat ist inhaltlich nicht verpflichtet, Gesetzesvorschläge – auch nicht bei erfolgreichen Volksbegehren – zu übernehmen.
Politischer Willensbildungsprozess & Ministerialentwurf: Vor einem Gesetzesantrag findet ein interner Prozess statt, in dem Ministerien Entwürfe erstellen, meist unter Einbeziehung von Verbänden, Ländern und Gemeinden (Begutachtungsverfahren). Stellungnahmen werden geprüft, der Entwurf ggf. überarbeitet und dann im Ministerrat einstimmig als Regierungsvorlage beschlossen.
Was ist das Notifikationsverfahren?
Bestimmte Gesetzesvorhaben müssen vor ihrer Verabschiedung der Europäischen Kommission zur vorbeugenden Kontrolle gemeldet werden, um neue Handelshemmnisse zu vermeiden.Vor allem technische Vorschriften sind gemäß Informationsrichtlinie an die Kommission und die Mitgliedstaaten zu notifizieren.Eine parlamentarische Beschlussfassung ist erst nach Ablauf der Anhörungsfrist zulässig.
Wann findet eine Behandlung im Nationalrat und Beschlussfassung statt?
Behandlung im Nationalrat:
Gesetzesanträge werden in drei Lesungen im Plenum behandelt.
Die inhaltliche Diskussion findet vor allem in den Ausschüssen statt.
Nach der dritten Lesung wird über den gesamten Antrag abgestimmt. Bei Zustimmung liegt ein Gesetzesbeschluss vor.
Beschlussquoren:
Einfaches Gesetz: Mindestens ein Drittel der Abgeordneten muss anwesend sein (Präsenzquorum), und die Mehrheit der abgegebenen Stimmen muss zustimmen (Konsensquorum).
Verfassungsgesetz oder Verfassungsbestimmung: Anwesenheit von mindestens der Hälfte der Abgeordneten und Zustimmung von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen. Zudem muss der Gesetzgeber das Gesetz ausdrücklich als Verfassungsgesetz bezeichnen.
Erhöhte Quoren bei einfachen Gesetzen: Für bestimmte Bereiche (z. B. Geschäftsordnung oder Schulgesetze) kann die Verfassung erhöhte Quoren vorschreiben.
Wann findet eine Behandlung im Bundesrat statt?
Allgemeine Mitwirkung des Bundesrates:
Der Nationalrat übermittelt jeden Gesetzesbeschluss an den Bundesrat.
Der Bundesrat kann:
zustimmen (kein Einspruch),
nichts tun (Frist verstreicht),
oder Einspruch erheben (innerhalb von 8 Wochen, mit Begründung).
Bei Einspruch kann der Nationalrat:
den Entwurf ändern oder
den ursprünglichen Beschluss nochmals bestätigen (Beharrungsbeschluss). Dafür ist die Anwesenheit der Hälfte der Abgeordneten und die ursprünglichen Konsensquoren nötig.
Der Bundesrat hat also nur ein suspensives Veto – er kann ein Gesetz verzögern, aber nicht dauerhaft verhindern.
Absolutes Veto in Sonderfällen:
Nur bei Gesetzen, die:
Kompetenzen der Länder beschneiden (z. B. in Verfassungsgesetzen),
Fristen für Grundsatzgesetze unangemessen festlegen,
oder die Bundesratsregelung selbst betreffen (Art. 34 und 35 B-VG).
Hier ist die Zustimmung des Bundesrates zwingend erforderlich – ohne sie kommt das Gesetz nicht zustande.
Kein Mitwirkungsrecht:
Bei bestimmten Materien, z. B. der Geschäftsordnung, Auflösung des Nationalrats, Bundesfinanzrahmengesetz oder Bundesfinanzgesetz, hat der Bundesrat weder ein Veto noch ein Mitspracherecht.
Was ist eine Volksabstimmung?
Arten der Volksabstimmung:
Obligatorische Volksabstimmung: Muss bei einer Gesamtänderung der Bundesverfassung durchgeführt werden.
Fakultative Volksabstimmung: Kann vom Parlament bei einfachen oder teiländernden Verfassungsgesetzen beschlossen werden.
Initiative zur fakultativen Volksabstimmung:
Einfache Gesetze: Der Nationalrat kann eine Volksabstimmung beschließen oder die Mehrheit seiner Mitglieder sie verlangen.
Teiländernde Verfassungsgesetze: Ein Drittel der Mitglieder des Nationalrats oder des Bundesrats kann eine Volksabstimmung verlangen.
Ergebnis:
Die Mehrheit der gültig abgegebenen Stimmen entscheidet.
Bei Ablehnung durch das Volk ist der Gesetzesbeschluss nichtig.
Bei Zustimmung wird das Verfahren mit der Beurkundung fortgesetzt.
Was ist die Beurkundung und Gegenzeichnung von Gesetzen?
Nach Art. 47 B-VG wird das verfassungsmäßige Zustandekommen eines Bundesgesetzes vom Bundespräsidenten beurkundet. Diese Beurkundung muss vom Bundeskanzler gegengezeichnet werden.
Der Bundespräsident prüft, ob die formellen verfassungsrechtlichen Voraussetzungen eingehalten wurden. Ob er auch inhaltliche Verfassungswidrigkeit prüfen darf, ist umstritten. In der Praxis wurde die Beurkundung selten verweigert – ein bekanntes Beispiel war 2008, als der Präsident wegen verfassungswidriger Rückwirkung die Beurkundung ablehnte.
Wie ist die Kundmachung von Gesetzen?
Bedeutung und Grundlage:
Gemäß Art. 48 und 49 B-VG müssen Gesetze kundgemacht werden, damit sie rechtswirksam und allgemein zugänglich sind.
Die Kundmachung erfolgt durch den Bundeskanzler im Bundesgesetzblatt (BGBl). Nur kundgemachte Gesetzesbeschlüsse gelten als gültige Gesetze.
Technische Umsetzung:
Seit 2004 erfolgt die Kundmachung elektronisch über das Rechtsinformationssystem (RIS).
Grundlage ist das Bundesgesetzblattgesetz (BGBIG).
Aufbau des Bundesgesetzblattes (BGBl):
Teil I: Gesetzesbeschlüsse und Vereinbarungen mit dem Nationalrat.
Teil II: Verordnungen der Regierung und allgemeine Entscheidungen.
Teil III: Verlautbarungen zu Staatsverträgen.
Wie folgt das In-Kraft-Treten von Bundesgesetzen?
Grundregel: Bundesgesetze treten laut Art. 49 Abs. 1 B-VG mit dem Ablauf des Tages der Kundmachung in Kraft und gelten ab diesem Zeitpunkt für das gesamte Bundesgebiet.
Abweichungen durch den Gesetzgeber:
Legisvakanz: Das Gesetz tritt zu einem späteren Zeitpunkt in Kraft, um den Betroffenen Vorbereitungszeit zu geben.
Rückwirkung: Ein Gesetz kann auch rückwirkend auf bereits abgeschlossene Sachverhalte angewendet werden. Dies ist verfassungsrechtlich nur zulässig, wenn besonders gewichtige Gründe vorliegen und keine schwerwiegenden Eingriffe erfolgen.
Grenze: Rückwirkende Strafgesetze sind nach Art. 7 Abs. 1 EMRK unzulässig.
Das Vertrauen der Rechtsunterworfenen in die bestehende Rechtslage wird vom Verfassungsgerichtshof besonders geschützt.
Wie ist die Landesgesetzgebung?
Rechtsgrundlagen: Die Landesgesetzgebung richtet sich nach Art. 97 ff B-VG, den Landesverfassungen und den Geschäftsordnungen der Landtage.
Ablauf und Elemente:
Gesetzesinitiative: Gesetzesanträge können von Regierungsmitgliedern, Ausschüssen oder direkt vom Landesvolk eingebracht werden.
Notifikation an die EU: Auch Landesgesetze müssen bei bestimmten unionsrelevanten Inhalten der EU-Kommission gemeldet werden.
Behandlung im Landtag: Ein Landesverfassungsgesetz erfordert meist die Anwesenheit der Hälfte der Mitglieder und eine Zweidrittelmehrheit. Für einfache Landesgesetze reicht häufig die einfache Mehrheit (z. B. in OÖ laut Art. 31 Oö L-VG).
Zustimmung der Bundesregierung: Ist nötig, wenn das Landesgesetz auch Bundesorgane betrifft.
Beurkundung und Gegenzeichnung: Erfolgt durch den Vorsitzenden des Landtags, die Gegenzeichnung durch den Landeshauptmann.
Kundmachung: Erfolgt im Landesgesetzblatt durch den Landeshauptmann.
In-Kraft-Treten: Wird – wie auf Bundesebene – in der Landesverfassung geregelt.
Was ist die Gerichtsbarkeit als Staatsfunktion?
Funktionen: Die Gerichtsbarkeit dient der Streitentscheidung und Strafverfolgung. Ob ein Akt der Verwaltung oder Gerichtsbarkeit zugeordnet wird, hängt vom handelnden Organ (richterlich oder verwaltungsmäßig) ab.
Gerichtsbarkeit als Teil der Vollziehung: Sie ist neben der Verwaltung ein eigener Bereich der Vollziehung, ausgeübt von Richtern und Laienrichtern. Sie ist von der Verwaltung getrennt.
Zweigliederung: Die Verfassung unterscheidet:
Ordentliche Gerichtsbarkeit (Zivil- und Strafrecht)
Gerichtsbarkeit des öffentlichen Rechts (Verwaltungsgerichte, Verwaltungsgerichtshof, Verfassungsgerichtshof)
Zuständigkeiten:
Verwaltungsgerichte: prüfen die Rechtmäßigkeit von Verwaltungsakten
Verfassungsgerichtshof: kontrolliert Verfassungswidrigkeit von Gesetzen
Ordentliche Gerichte: entscheiden über private Rechtsstreitigkeiten und Strafsachen
Oberste Instanz: Im Zivil- und Strafrecht ist der Oberste Gerichtshof die höchste Instanz. Zusätzlich existieren Sondergerichte, z. B. das Kartellgericht.
Wie ist die Organisation der Gerichte?
Ordentliche Gerichtsbarkeit:
Ist laut Art. 82 Abs. 1 B-VG ausschließlich Bundessache.
Organisation und Zuständigkeit legt der Bundesgesetzgeber fest (Art. 83 B-VG).
Das Grundrecht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter schützt die Einhaltung der Zuständigkeiten.
Als oberste Instanz fungiert der Oberste Gerichtshof (Art. 92 B-VG), darunter gibt es Oberlandesgerichte, Landesgerichte und Bezirksgerichte.
Gerichtsbarkeit des öffentlichen Rechts:
Umfasst die Verwaltungsgerichte (Art. 129 ff B-VG),
sowie als übergeordnete Instanzen den Verwaltungsgerichtshof (Art. 133 ff B-VG) und den Verfassungsgerichtshof (Art. 137 ff B-VG).
Was sind die Organe der Gerichtsbarkeit?
Richter:
Genießen drei zentrale Privilegien richterlicher Unabhängigkeit:
Weisungsfreiheit,
Unabsetzbarkeit,
Unversetzbarkeit.
Diese sollen politischen Einfluss verhindern. Richter sind nur an das Gesetz gebunden.
Die Zuteilung von Fällen erfolgt nach dem Grundsatz der festen Geschäftsverteilung.
Die Bestellung erfolgt durch den Bundespräsidenten auf Vorschlag der Bundesregierung.
Mitwirkende aus dem Volk (Laienrichter):
Dienen der demokratischen Legitimation.
Kommen etwa in Arbeits-, Sozial- oder Kartellgerichten zum Einsatz.
In der Strafgerichtsbarkeit unterscheidet man:
Geschworene, die allein über die Schuld entscheiden (bei schweren Delikten),
Schöffen, die gemeinsam mit Richtern über Schuld und Strafe urteilen (bei weniger schweren Fällen).
Staatsanwälte:
Zählen zu den Organen der ordentlichen Gerichtsbarkeit.
Sind weisungsgebunden.
Übernehmen die Ermittlungs- und Anklagefunktion in Strafverfahren.
Richterliche Hilfsorgane:
Unterstützen Richter, sind aber weisungsgebunden.
Dazu zählen:
Rechtspfleger (mit übertragenen Aufgaben),
Polizei (wenn auf richterlichen Auftrag tätig),
Weitere Kräfte wie Kanzleipersonal, Gerichtsvollzieher etc.
Was sind die verfassungsrechtlichen Grundsätze der Gerichtsbarkeit?
Legalitätsprinzip (Art. 18 Abs. 1 B-VG): Auch wenn für Gerichte nicht ausdrücklich normiert, gilt der Grundsatz der Gesetzesbindung sinngemäß – Gerichte müssen auf gesetzlicher Grundlage handeln.
Öffentlichkeit und Mündlichkeit der Verhandlung: Gerichtsverhandlungen in Zivil- und Strafsachen sollen öffentlich und mündlich sein, um Transparenz und Volkskontrolle zu gewährleisten (Art. 90 B-VG, Art. 6 EMRK).
Anklageprozess (Art. 90 Abs. 2 B-VG):
Trennung von Anklage und richterlicher Entscheidung (anders als beim Inquisitionsprinzip).
Nur die Staatsanwaltschaft darf Anklage erheben.
Keine Verfolgung ohne Anklage und Beweislast beim Ankläger.
Es gilt die Unschuldsvermutung (Art. 6 Abs. 2 EMRK).
Verbot der Todesstrafe (Art. 85 B-VG): Die Todesstrafe ist verfassungsrechtlich verboten.
Was ist die Justizverwaltung?
Die Justizverwaltung umfasst alle organisatorischen Maßnahmen zur Unterstützung richterlicher Tätigkeit, wie Personal- und Gebäudeverwaltung oder Beschaffungswesen.
Ob sie Teil der Verwaltung oder der Gerichtsbarkeit ist, hängt vom zuständigen Organ ab:
Einzelrichter handeln bei Justizverwaltungsaufgaben als weisungsgebundene Verwaltungsorgane.
Senate oder Kommissionen agieren dagegen im Rahmen der Gerichtsbarkeit und genießen dabei richterliche Unabhängigkeit.
Wie handelnd die Gerichte? (Entscheidungsformen & Verfahrensquellen)
Entscheidungsformen:
Ordentliche Gerichte fällen Urteile,
Gerichte des öffentlichen Rechts erlassen Erkenntnisse – beide sind Entscheidungen in einem Rechtsstreit oder einer Strafsache.
Zusätzlich erlassen Gerichte verfahrensrechtliche Anordnungen in Form von Beschlüssen.
Verfahrensgrundlagen:
Für ordentliche Gerichte gelten insbesondere die Zivilprozessordnung (ZPO) und die Strafprozessordnung (StPO).
Für Gerichte des öffentlichen Rechts gelten:
Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG),
Verwaltungsgerichtshofgesetz (VwGG),
Verfassungsgerichtshofgesetz (VfGG).
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