Buffl

Verwaltungsrecht AT

AQ
by Alia Q.

Welche sechs Merkmale lassen sich der Legaldefinition des Verwaltungsaktes in § 35 1 VwVfG entnehmen?

§ 35 1 VwVfG:

“Verwaltungsakt ist jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalls auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist.”


  • Hoheitliche Maßnahme

    = Behörde handelt einseitig, also im Über-Unterordnungsverhältnis zum Bürger

    Abgrenzung: Öffentlich-rechtlicher Vertrag (= Zwei Vertragsparteien stehen sich gleichgeordnet gegenüber)

  • Behörde

    = Jede Stelle, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnimmt, § 1 IV VwVfG

    Abgrenzung: Schein-VA (= Privater handelt in Form eines VA, z.B. Bürger stellt Halteverbotsschild auf)

  • Regelung

    = Liegt vor, wenn die Maßnahme auf die Setzung einer Rechtsfolge (= Ge-/Verbot, Feststellung, Begründung/Beendigung eines Rechtsverhältnisses) gerichtet ist

    Abgrenzung: Realakt (= Maßnahme, die keine Regelung hat, also ohne Rechtsfolge ist)

  • Einzelfall

    = Kein Einzelfall liegt vor, wenn die Regelung abstrakt-generell ist, die Maßnahme also einen abstrakten Sachverhalt regelt und sich an einen unbestimmten Personenkreis richtet (= RVO/Satzung)

    Abgrenzung: Rechtsverordnung/Satzung

  • Öffentlich-rechtliches Handeln

    = Die Behörde handelt öffentlich-rechtlich, wenn die Ermächtigungsgrundlage öffentlich-rechtlich ist

    Abgrenzung: Privatrechtliches Handeln

  • Außenwirkung

    = Liegt vor, wenn Rechte oder Pflichten für Personen begründet werden, die außerhalb der Verwaltung stehen

    Abgrenzung: Innerdienstliche Weisungen/Verwaltungsvorschriften


Streit: Anwendung des § 48 IV VwVfG

  1. Mit wessen Kenntnis innerhalb der Behörde fängt die Frist an zu laufen?

  2. Findet die Frist auch auf Rechtsanwendungsfehler Anwendung?

  3. Ab welchem Zeitpunkt startet die Frist?



  1. Ansicht 1:

    Irgendjemand in der Behörde

    Ansicht 2 (h.M.):

    Zuständiger Sachbearbeiter

    => Behörde steht Bürger als Ganzes gegenüber

    => Behörde als Ganzes kann gar keine Kenntnis haben, sondern nur ein bestimmter Mensch, daher ergibt es keinen Sinn, dass die Frist erst zu laufen beginnt, wenn irgendjemand innerhalb der Behörde Kenntnis hat, es muss der zuständige Sachbearbeiter sein


  2. Ansicht 1: Nein

    Ansicht 2 (h.M.): Ja

    (+) Wortlaut

    “Tatsachen” sind keine rechtliche Bewertung/Rechtsanwendung

    (+) Praktibilität

    Die Kenntnis des Sachverhaltes (Tatsachenkenntnis) und die Subsumtion unter die Tatsachen (Rechtsanwendung) sind kaum voneinander zu trennen und stellt innerhalb der Behörde einen einheitlichen Vorgang dar


    (+) Sinn und Zweck

    Würde man die Frist nicht auch auf Rechtsanwendungsfehler anwenden, wäre die Rücknahme fast grenzenlos möglich was dem Vertrauensschutz und der Rechtssicherheit des Bürgers zuwiderläuft


  3. Ansicht 1:

    Bearbeitungsfrist

    Ansicht 2 (h.M.):

    Entscheidungsfrist

    => Die Frist beginnt, wenn die Behörde Kenntnis von der Rechtswidrigkeit (alle Tatsachen, die die Rechtswidrigkeit begründen) des Ausgangs-VA hat

    => Die Frist beginnt erst, wenn die Behörde Kenntnis von der Rechtswidrigkeit (alle Tatsachen, die die Rechtswidrigkeit begründen) des Ausgangs-VA hat und zusätzlich auch alle sonstigen relevanten Tatsachen, die für die Rücknahme notwendig sind (z.B. Tatsachen bei Ermessen, Vertrauensschutz) kennt

    (+) Sinn und Zweck

    Die Frist soll den Bürger vor einer endlos möglichen Rücknahme schützen, bei einer Entscheidungsfrist kann es hingegen lange dauern, bis diese zu laufen beginnt

    -> Wahrt Rechtssicherheit und Vertrauensschutz des Bürgers

    (+) Wortlaut

    “Tatsachen, welche die Rücknahme rechtfertigen” erfasst nicht nur Rechtswidrigkeit, sondern auch Ermessen/Vertrauensschutz


    (+) Systematik

    Innerhalb § 48 VwVfG ist die zeitlich unbeschränkte Rücknahme die Regel, IV stellt eine Ausnahme dar, die dem Bürger Rechtsschutz zubilligt und dafür im Gegenzug - im Einklang mit der restlichen Systematik -behördenfreundlich auszulegen ist


    (+) Gesetzmäßigkeit der Verwaltung

    Bei einem rechtswidrigen Ausgangs-VA überwiegt die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung



Author

Alia Q.

Information

Last changed