Grundannahmen der kog. TP
Situation —> Kognition —> Reaktion
Unterschied kog. TP und Verhaltenstherapie
VT stammt aus Lerntheorien und Behaviorismus (Verhalten beobachten, was im Mensch drin passiert ist Blackbox, interessiert nicht da auch so verhlaten geändert werden kann)
Kognitive Therapie: Blackbox ist nicht egal (wie wir über eine Situation denken, beeinflusst unser Handeln)
Adaptive Kognitionen
Funktional, realitätsnah, unverzerrt, hilfreich, zielführend
Maladaptive Kognitionen
(dyfunktional) nicht realitätsgerecht, unlogisch, nicht empirisch belegbar, selbstschädigend, nicht hilfreich, nicht zielführend (<- kann individuell unterschiedlich sein, je nach Ziel)
Das kognitive Paradigma - Ellis
• Psychische Störungen entstehen auf der Basis von grundlegenden irrationalen Überzeugungen Ellis (1991)
Beispiele:
• Vorstellung, in jeder Hinsicht kompetent, leistungsfähig, erfolgreich
sein zu müssen, um sich selbst für wertvoll zu halten
• Vorstellung, es sei katastrophal, wenn Dinge nicht so sind, wie man sie gerne möchte
• Vorstellung, menschliches Unglück habe äußere Ursachen, die Menschen hätten kaum Möglichkeiten, ihre Sorgen, Probleme, Nöte selbst zu kontrollieren
Die rational-emotive Therapie (RET) nach Ellis (1957)
• Nicht die reale Umgebung ist das Problem, sondern was wir innerlich daraus machen.
• Menschliches Erleben ist durch „innere Leitsätze“ (z.B. allgemeine Einstellungen oder Zielsetzungen) geprägt.
• „Neurotisches“ oder gestörtes Verhalten ist die Folge von „irrationalen Annahmen“.
Kategorien irrationaler Annahmen (Ellis)
Absolute Forderungen
Globale negative Selbst und Fremdbewertung
Katastrophendenken
Niedrige Frustrationstoleranz (“I can’t stand this”)
—> nicht angeboren sondern erlernt durch Umwelterfahrungen
—> Dysfunktionale Gedanken müssen identifiziert werden um diese bearbeitbar zu machen und durch funktionale Gedanken zu ersetzten
„Ich muss perfekt sein.“
– „Die anderen müssen mich rücksichtsvoll behandeln.“
– „Die Lebensbedingungen müssen so beschaffen sein, wie
ich das will.“
Globale negative Selbst- und Fremdbewertungen
– „Ich bin ein Versager.“
– „Der andere ist nichts wert.“
Katastrophendenken:
– „Wenn etwas nicht nach meinen Vorstellungen geht, ist eine Katastrophe.“
– „Wenn ich einen Fehler mache, ist das ganz schrecklich.“
Niedrige Frustrationstoleranz
„Ich könnte es nicht aushalten, wenn andere mich kritisieren.“
Der therapeutische Prozess bei der RET
1. Vermittlung der Grundlagen der RET
2. Assessment des Belief-Systems (Fragen, emotionsprovozierende Methoden) (ABC-Modell, Identifikation der dysfunktionalen Gedanken)
3. Disputation „irrationaler“ Annahmen (z. B. „Sokratischer Dialog“, Disput-Techniken)
4. Wiederholten Bearbeiten zentraler Themen (reine Erkenntnis hilft nicht weiter, muss immer wieder vertieft werden)
5. Vermittlung von Strategien zur Selbsthilfe; Beendigung
Hintergrund ABC-Modell
• Gedanken und Vorstellungen beeinflussen Gefühle: Hammer- Beispiel von P. Watzalwick (2007)
• Erklärung für verschiedene Verhaltensweisen in gleichen Situationen
• Therapeut arbeitet mit dem Patienten heraus, wie Gedanken, Gefühle und Verhalten zusammenhängen
Grundannahmen kognitiver Therapie (ABC)
Situation A: Was ist eben geschehen?
Kognitionen B: Was denke ich über A? Was bedeutet das für mich? Wie finde ich das? (<- kann automatisch sein, gar nicht so bewusst)
Reaktionen C: Welches Gefühl habe ich? Spüre ich körperliche Begleiterscheinungen? Was tue ich schließlich?
ABCDE
Arten der Disputation in der RET
1. Logischer Disput
2. Empirischer Disput
Logischer Disput
• Patient wird mit logischen Widersprüchen in seinen Aussagen konfrontiert
z. B.: „Sie sagen, Sie seien nichts wert, wenn Sie nichts leisten würden. Aber vorhin haben Sie mir erzählt, Ihre Mutter sei der wertvollste Mensch für sie. Die liegt doch aber seit ihrem Schlaganfall im Bett und leistet auch nichts. Warum ist denn die trotzdem etwas wert und Sie nicht?“
Empirischer Disput
Patient wird mit Widersprüchen seiner Annahmen zur erfahrbaren Welt konfrontiert
z. B.: „Sie sagen, Sie würden nichts leisten, aber wenn ich das richtig sehe, ziehen Sie gerade zwei Kinder alleine groß und, so wie Sie das schildern, sind diese auch prächtig geraten. Was macht es Ihnen so schwer, diese Leistung anzuerkennen?“
Hedonistischer Disput
• Patient wird mit negativen Konsequenzen einer bestimmten Bewertung konfrontiert
—> Hat Symptomverhalten langfristig gesehen Nutzen oder Schädigend?
z. B.: Wohin führt es, wenn Sie von sich fordern, immer maximale Leistung bringen zu müssen? „Was bedeutet es langfristig für Ihre Gesundheit, wenn Sie so weiter machen? Wie müssten Sie die Situation sehen, damit Sie sich nicht so unter Druck setzen, dass Sie über kurz oder lang zusammenbrechen?
Therapeutische Haltung
• Sehr direktiv und aktiv
relativ hoher Redeanteil, Vorschläge, Interaktiv
• Empathie für Person, Skepsis gegenüber den Bewertungen (Beliefs)
Techniken der RET
Sokratischer Dialog (möglichst offene Fragen, auch nach grundlegenden Werten (Was ist für Sie ein gutes Leben?), auf diese kann man sich später wieder beziehen, um langfristige Ziele anzusprechen)
• Vorstellungstechniken (z.B. „Stellen sie sich bitte die gleiche schwierige Situation vor. Es geht Ihnen jedoch besser. Was ist jetz anders?“)
• Humor
• Selbstöffnung, auch Beispiele aus Therapeutenleben (vgl. Unterschied zur „Abstinenz des Psychoanalytikers“)
• Sprichwörter, Lieder, Gedichte zur „Entkrampfung“
• Risikoübungen (z.B. “shame attacking exercises“)
• Hausaufgaben und Verstärkung positiver Veränderungen
Wirksamkeit der RET
• Potentiell (sehr) wirksames Therapieverfahren
• Wissenschaftlich gut abgesichert, z. B. bei
– Angststörungen,
– Sozialer Unsicherheit
– Depression
• Evidenz für die Effektivität auch bei Kindern und Jugendlichen
Kritik an Wirksamkeit RET
Aber:
• Metaanalysen inkludieren viele Patienten mit subklinischer Symptomatik.
• Heterogene Studienpopulationen
• Kaum neuere Metaanalysen zur Wirksamkeit
• Techniken sind inzwischen Teil des Gesamtmethodenspektrums der KVT
Evidenz von kognitiven Verhaltenstherapien
Durch viele Therapiestudien und Metaanalysen belegt (siehe auch Leitlinien-Empfehlungen)
• Oft in Kombination mit behavioralen Techniken durchgeführt = Verhaltenstherapie
• z.B. bei Depression in Kombination mit Aktivitätenaufbau oder Skillstraining
• bei Angststörungen in Kombination mit Exposition
• Kombination mit VT-Techniken erschwert die Wirksamkeitseinschätzung der reinen kognitiven Therapie
Wirkmechanismus
• Widersprüchliche Befunde, ob die Veränderung der maladaptiven Bewertungen auch für den Therapieerfolg ursächlich ist
• Auch andere Therapieformen (z.B. Medikation bei mittlerer/schwerer Depression) führen zu veränderten Annahmen
selten werden interindividuelle Verläufe und veränderungen betrachtet, eher Mittelwertsunterschiede
Das kognitive Paradigma
• Angewandt wurde das kognitive Paradigma vor allem auf die beiden Störungsbereiche
• Depression (Beck, Meichenbaum)
• Angsterkrankungen (Salkowski)
Das lerntheoretische Paradigma
• S - O - R - K - C Modell (Kanfer und Saslow 1969) als Erweiterung des operanten Konditionierens von Skinner
• Verhaltensgleichung, die sowohl den Erwerb als auch die Aufrechterhaltung von Verhalten durch Lernvorgänge erklärt
• Bezieht Wechselwirkungen zwischen Person und Umwelt ein
• Analyse des Ablaufs des Verhaltens in einer konkreten Situation
• Fünf Faktoren führen dazu, dass wir (problematische) Verhaltensweisen erlernen, immer wieder anwenden und dadurch aufrechterhalten
Das SORKC-Schema
Stimulus
die Reaktion (bzw. das Verhalten) auslösende Bedingung. Unterschieden wird zwischen einer inneren und äußeren Reizsituation
Reaktion
Reaktion (bzw. Verhalten) auf den Stimulus, nachdem dieser auf der kognitiven, motorischen, vegetativen und affektiven Ebene verarbeitet wurde
—>läuft parallel auf allen Ebenen gleichzeitg ab
Organismus
die individuellen biologischen und lerngeschichtlichen Eigenschaften der Person, d.h. seine Lernerfahrungen, Automatismen, Prägungen, Eigenschaften, Einstellungen
• “O“ ist die vermittelnde Instanz, die dafür sorgt, dass aus "S"
-> "R" wird.
Kontingenz
Regelmäßigkeit des Auftretens der Konsequenz nach der Reaktion des Auftretens
-> intermettierende Verstärkung am Wirksamsten
Vorgehen bei der Verhaltensanalyse
• R: Beschreibung der Reaktion, d.h. des Problemverhaltens
– Kognitiv: begleitende Gedanken
– Emotional: begleitende Gefühle
– Physiologisch: körperliche Veränderungen
– Behavioral: das beobachtbare Verhalten in der Situation
• S: Was sind die vorausgehenden internen und externen Stimuli
C: Welche kurzfristigen und langfristigen Konsequenzen folgen auf das Problemverhalten?
• K: Wie regelmäßig tritt das Problem auf?
• O: Welche situationsübergreifenden individuellen Faktoren
steuern das Verhalten?
Wichtige Fragen:
• Welche Faktoren steuern das Problemverhalten bezüglich der Entstehung und Aufrechterhaltung?
• -> vorausgehende Bedingungen und nachfolgende
Konsequenzen:
– Negative oder positive Verstärkung / Bestrafung
– Löschung / indirekte Bestrafung
– Klassische Konditionierung
– Kognitive Steuerung durch dysfunktionale Annahmen oder
selektive Aufmerksamkeit
– Wechselseitige Interaktion mit physiologischen Prozessen
Warum ist die Erarbeitung eines gemeinsamen Störungsmodells wichtig?
• Erhöht das Selbstwirksamkeitserleben der PatientInnen
• Erleichtert Selbstreflektion und Selbstdistanzierung
• Erhöht Kompetenzerleben des Therapeuten
• Entwicklung eines gemeinsamen Behandlungsrationals
• Etablierung einer Arbeitsbeziehung
-> Entwickeln Sie gemeinsam mit ihrem Patienten ein plausibles Störungsmodell (nicht gleichzusetzen mit „wahrem Modell“) zu Beginn der Therapie
Bewertung der Paradigmen
• Vereinigung des lerntheoretischen und kognitiven Paradigmas in der Kognitiven Verhaltenstherapie (KVT)
• Aus heutiger Sicht sind diese Paradigmen zur Erklärung von Teilaspekten psychischer Störungen hilfreich, sind aber nicht hinreichend zur ursächlichen (ätiologischen) Erklärung psychischer Störungen
Beispiel:
• Das lerntheoretische und das kognitive Paradigma sind hilfreich zur Erklärung der Aufrechterhaltung der Depression (z.B. Verstärkerverlusttheorie).
Nutzen von Verhaltensanalysen in der Psychotherapie
• Verhaltensanalysen bieten die Möglichkeit, den Fall individuell zu betrachten und auch spezifische Besonderheiten und nicht zu klassifizierende Probleme abzubilden
• Eine Verhaltensanalyse sollte jedoch durch evidenzbasiertes störungsspezifisches Wissen und störungsspezifische Erklärungsmodelle ergänzt werden.
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