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Diagnostik

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by viola S.

Hauptgütekriterien diagnostischer Verfahren: O-R-V

Die Qualität psychodiagnostischer Instrumente wird im Wesentlichen an drei sogenannten Hauptgütekriterien gemessen:

  • Objektivität: Grad der Unabhängigkeit der Untersuchungsergebnisse von den Rahmenbedingungen der Untersuchung und von der Person des Untersuchers. Objektivität umfasst die drei Dimensionen der Durchführungs-, Auswertungs- und Interpretationsobjektivität. Objektivität lässt sich durch konsequente Standardisierung der Durchführung, Auswertung und Interpretation von Testverfahren erhöhen.

  • Reliabilität: Grad der Genauigkeit und Zuverlässigkeit einer Messung. Man unterscheidet z. B. Retest-Reliabilität (wiederholte Messung sollte bei Konstanz des zu messenden Merkmals zu gleichen Messwerten führen) und Interrater-Reliabilität (verschiedene Beurteiler sollten in Bezug auf dasselbe zu messende Phänomen zu übereinstimmenden Messwerten kommen). Reliabilität lässt sich durch systematische Minimierung von Messfehlern erhöhen.

  • Validität: Grad der Gültigkeit einer Messung in dem Sinne, dass die mit der Messung erzeugten Messdaten tatsächlich die zu messende Größe repräsentieren. Es lassen sich drei Arten der Validität unterscheiden:

    • Inhaltsvalidität liegt vor, wenn der Test die bestmögliche Operationalisierung des zu messenden Merkmals darstellt und dieses in all seinen Facetten abbildet und erfasst. Inhaltsvalidität lässt sich nicht objektiv messen, sondern wird durch Expertenrating ermittelt.

    • Konstruktvalidität: Messdaten von Verfahren, die dasselbe Konstrukt (z. B. Depressivität) erfassen, müssen hoch miteinander korrelieren (konvergente Validität). Messdaten von Verfahren, die verschiedene Konstrukte erfassen (z. B. Depressivität und Intelligenz), sollten nur niedrig miteinander korrelieren (diskriminante Validität).

    • Kriteriumsvalidität: Grad der Übereinstimmung von Messergebnissen mit einem empirischen, praxisrelevanten Außenkriterium (z. B. Übereinstimmung des Ergebnisses eines Assessment-Centers mit späterem beruflichen Erfolg). Wird dieses Kriterium zeitgleich erhoben, spricht man von konkurrenter Validität, liegt es in der Zukunft (wie beim Assessment-Center-Beispiel), hingegen von prognostischer Validität.


Wahrnehmungs- und Beurteilungsfehler

  • Halo-Effekt: beschreibt das Ausstrahlen bestimmter hervorstechender Merkmale auf andere Merkmale, welche von diesen jedoch unabhängig sind. Aufgrund dieses Effektes wird von bekannten Eigenschaften auf unbekannte geschlossen und generalisiert.

  • Primacy-Effekt: Die ersten aufgenommenen und verarbeiteten Informationen (z. B. während einer probatorischen Sitzung) werden stärker gewichtet als die nachfolgenden und dominieren somit den Gesamteindruck.

  • Recency-Effekt: Die letzten aufgenommenen und verarbeiteten Informationen werden stärker gewichtet als die vorhergehenden und dominieren somit den Gesamteindruck.

  • Soziale Erwünschtheit: Fragen werden nicht aufgrund der persönlichen Präferenz, sondern aufgrund vermuteter sozial akzeptabler und erwünschter Normen beantwortet.

  • Tendenz zur Mitte: Tendenz, bei mehrstufigen Antwortmöglichkeiten mittlere Werte zu wählen.

  • Tendenz zur Milde bzw. zur Härte: Tendenz, bei mehrstufigen Antwortmöglichkeiten auf Extremwerte zurückzugreifen.

  • Akquieszenz: beschreibt eine inhaltsunabhängige Zustimmungstendenz.

  • Recall-Effekt: In der Erinnerung erscheinen Dinge oftmals deutlich positiver oder negativer, als sie es während des Erlebens waren.

  • Rosenthal-Effekt oder Versuchsleiter-Effekt: Erwartungen des Versuchsleiters wirken sich in Form sich selbst erfüllender Prophezeiungen auf die Untersuchungsergebnisse aus.

  • Hawthorne-Effekt: Versuchsteilnehmende ändern ihr natürliches Verhalten allein deswegen, weil sie wissen, dass sie als Teilnehmende eines Experiment unter Beobachtung stehen (auch ohne dass der Versuchsleiter, wie im Rosenthal-Effekt, konkrete Erwartungshaltungen an sie gerichtet hat).

  • Ähnlichkeitsfehler: Eigene Eigenschaften werden automatisch auch anderen zugeschrieben.

  • Kontrasteffekt: Veränderung der Wahrnehmung (von Objekten oder Personen) in Abhängigkeit von (physikalischen oder sozialen) Umgebungsmerkmalen.


DSM-5

  • Aufgabe der Multiaxialität: Die Achsen I (klinische Störungen), II (Persönlichkeitsstörungen und geistige Behinderung) und III (körperliche Probleme) des DSM-IV werden nun innerhalb eines monoaxialen Systems abgebildet, zur Beurteilung der im DSM-IV auf den Achsen IV und V erfassten psychosozialen Probleme und des Funktionsniveaus wird nun auf andere Instrumente wie die Z-Codes der ICD-10 oder den auf der ICF (s. S. 56) beruhenden Disability Assessment Schedule der WHO (WHODAS) verwiesen.

  • Aufnahme von Schweregradcodierungen (leicht – mittel – schwer) für viele Störungskategorien.

  • Trauerreaktion ist kein Ausschlusskriterium mehr für die Vergabe einer Major Depression

  • Agoraphobie ist im DSM-5 nun als eigenständige Diagnose enthalten. Panikattacken können nun als Zusatzcodierung zu allen DSM-5-Störungen vergeben werden.

  • Das Kapitel „Störungen im Zusammenhang mit psychotropen Substanzen und abhängigen Verhaltensweisen“ wurde um die Störung durch Glücksspielen erweitert.

  • Im DSM-5 sind Paraphilien nicht mehr per se psychische Störungen. Es wird nun vielmehr zwischen Paraphilie und paraphilen Störungen unterschieden: Eine paraphile Störung ist eine Paraphilie, welche für den Betroffenen Leiden verursacht und/oder deren Befriedigung zu Schaden anderer führt.

  • Neu aufgenommene Störungen: z. B. Binge-Eating-Störung, Prämenstruelle Dysphorische Störung, Dysruptive Stimmungsdysregulationsstörung, Zwanghaftes Horten, Dermatillomanie, Koffeinentzug

  • Ausgeschlossene Störungen: z. B. Störung mit Sexueller Aversion, Undifferenzierte Somatoforme Störung.


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viola S.

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