DSM-5 Binge Eating Disorder 307.51)
A. Wiederholte Episoden von Essanfällen. Ein Essanfall ist durch die folgenden Merkmale
gekennzeichnet:
1. Verzehr einer Nahrungsmenge in einem bestimmten Zeitraum (z.B. innerhalb eines
Zeitraums von 2 Stunden), wobei diese Nahrungsmenge erheblich größer ist als die
Menge, die die meisten Menschen in einem vergleichbaren Zeitraum unter
vergleichbaren Bedingungen essen würden.
2. Das Gefühl, während der Episode die Kontrolle über das Essverhalten zu verlieren
B. Die Essanfälle treten gemeinsam mit mindestens drei der folgenden Symptome auf:
1. Wesentlich schneller essen als normal.
2. Essen bis zu einem unangenehmen Völlegefühl.
3. Essen großer Nahrungsmengen, wenn man sich körperlich nicht hungrig fühlt.
4. Alleine essen aus Scham über die Menge, die man isst.
5. Ekelgefühle gegenüber sich selbst, Deprimiertheit oder große Schuldgefühle nach dem
übermäßigen Essen.
C. Es besteht deutlicher Leidensdruck wegen der Essanfälle.
D. Die Essanfälle treten im Durchschnitt mindestens einmal pro Woche über einen Zeitraum
von drei Monaten auf.
E. Die Essanfälle treten nicht gemeinsam mit wiederholten unangemessenen
kompensatorischen Maßnahmen wie bei der Bulimia Nervosa und nicht ausschließlich im
Verlauf einer Bulimia Nervosa oder Anorexia Nervosa auf.
ICD-11: 6B82 Binge-Eating Störung
• Häufige, wiederkehrende Episoden von Essanfällen gekennzeichnet (z.B. einmal pro Woche oder öfter über einen Zeitraum von mehreren Monaten).
• Eine Binge-Eating-Episode ist ein bestimmter Zeitraum, in dem die betroffene Person subjektiv die Kontrolle über das Essen verliert, deutlich mehr oder anders isst als gewöhnlich und sich nicht in der Lage fühlt, mit dem Essen aufzuhören oder die Art oder Menge der verzehrten Lebensmittel zu begrenzen.
• Binge Eating wird als sehr belastend empfunden und oft von negativen Gefühlen wie Schuld oder Ekel begleitet.
• Keine regelmäßigen unangemessenen kompensatorischen Verhaltensweisen, die eine Gewichtszunahme verhindern sollen.
• Ausgeprägter Leidensdruck aufgrund der Essanfälle oder eine erhebliche Beeinträchtigung in persönlichen, familiären, sozialen, schulischen, beruflichen oder anderen wichtigen Funktionsbereichen.
Leitlinien
Interpersonelle Psychotoherpaie
manualisiert, zeitlich begrenzt und fokussiert nicht primär auf Gedanken/Verhaltenspläne (wie KVT),
auf aktuelle zwischenmenschliche Problemkreise, die Symptome auslösen/aufrechterhalten.
Leitlinien: sehr gut belegt für Depression; bei Essstörungen (v. a. BN, BED) eine evidenzbasierte Alternative zur KVT
IPT bei dem Fall
Wahrscheinliche Problemareale: Rollenkonflikt (Arbeitsplatz; nach der Arbeit Essanfälle im Auto), interpersonelle Defizite (Rückzug/Einsamkeit).
Ziele: Weniger Essanfälle, bessere Konflikt-/Gefühlsregulation, Ausbau sozialer Unterstützung.
Interventionen (IPT-typisch):
Kommunikationsanalyse eines konkreten Team-Gesprächs (wer/was/wie/welcher Effekt), Rollenspiel für ein klärendes Gespräch mit Vorgesetzten, Entscheidungsanalyse (Konsequenzen offener vs. vermeidender Kommunikation).
Beziehungsaufgaben: wöchentlicher geplanter sozialer Kontakt; Gespräch mit naher Person über Scham.
Affektarbeit: Traurigkeit/Scham im Beziehungskontext benennen und im Hier-und-Jetzt der Sitzung nutzen.
Monitoring/Outcome: Essanfall-Tage/Woche, Beziehungszufriedenheit, Funktionsniveau; parallel Depressionsmaß (z. B. BDI-II).
ÜBERTRAGUNG UND GEGENÜBERTRAGUNG
Übertragung:
die unbewusste Wiederbelebung früherer Beziehungsmuster mit Erwartungen und Affekten gegenüber mir.
Gegenübertragung umfasst
meine emotional-körperlichen Reaktionen darauf – beides nutze ich diagnostisch und therapeutisch.“
TP übertragung und gegenübertragung bei dem Fall
Übertragung: Therapeut:in könnte als kritische Autorität erlebt werden („prüfend“, „fordert Anpassung“). Gefahr: Compliance im Setting, dann heimliche Essanfälle (Wiederholung des Musters).
Gegenübertragung: Helferimpuls („retten“), aber auch Frustration, wenn Kontrolle/Relapse auftreten. Bewusst halten und als Material nutzen.
TP Konflikte
„Ich sehe einen Unterwerfungs–Kontroll-Konflikt: Anpassung/Ärgerunterdrückung im Job → Gegenkontrolle durch Restriktion → abends Kontrollverlust mit Entlastung → Schuld/Scham und Rückzug.
Diagnostik
Fragebögen
Eating disorder examination (EDE)
21 Fragen zu Esssen, Gewichts und Figursorgen und Esssenssorgen
für BS,AN, BES
Eating disorder examination questionnaire (EDE-Q)
Ihre Mediaktion
Crestor: Cholesterin
Metformin: Diabetes
Candesartan: Bluthochdruck
Bisoprolol: Kariodvaskulär
SSRI: Sertralin
Gedankenstopp Technik
Unterbrechtechnik, um Grübel Schleifen zu unterbrechen, Katastrophisieren oder akuten Essdrang im Kopf zu stoppen
Zeit für eine bessere Reaktion zu gewinnen
Merken: „Ich grüble/der Drang steigt“ (0–10 einstufen).
Stopp-Signal: leise/innerlich „Stopp!“ sagen (oder Handzeichen, Stopp-Schild im Kopf).
Atmen & Erden: 3 tiefe Atemzüge → 3 Dinge sehen/hören/spüren.
Ersatz-Satz (kurz, realistisch): „Ich halte 10 Minuten durch.“ / „Ein Snack ist Schutz, kein Versagen.“
Kleine Aktion (sofort): 1 Glas Wasser, 2-Minuten-Gang, kurze Aufgabe oder die geplante Mini-Zwischenmahlzeit.
Systemische Deutung
Patientin über Team: „Die wollen mich klein halten.“
Team über Patientin: „Sie zieht nicht mit / fragt zu spät / hält Absprachen nicht ein.“
Regel im System: Konflikte werden indirekt geregelt (Trotz/Vermeidung vs. Mehr-Kontrolle), nicht offen verhandelt.
Funktion des Symptoms: verhindert offene Eskalation, senkt Spannung kurz – hat aber hohe Nebenfolgen (Scham, Gesundheit, Klima).
2) Reframing
Von „Versagen/Willensschwäche“ → „unsichtbarer Stress-Stopp“.
Ziel: sichtbare Alternativen (Ich-Satz, Mini-Snack, Ritual).
3) Skalen
Kontrolldruck, Gegenkontrolle, Essdruck: je 0–10.
Hausaufgabe = nur +1-Schritt, kein Perfekt.
4) Externalisieren
„Was braucht der 17-Uhr-Gast, damit er klein bleibt?“ (Zeit, Snack, Anruf…)
Prävalenz und verlauf, risiko
1-4%
bessere Remissionschancen (nach 5j. nur noch 9%
Komorbid:
Depression, Angst, ADHS
Diabetes, Adipositas
Familiäre/genetische Belastung (Essstörung, Adipositas)
Frühe Diäten/Weight-Cycling
Kritische/kommentierende Familien- oder Teamkultur
Chaotische Mahlzeiten, fehlende Tagesstruktur, viel Alleinsein abends
Depression ätiologie
dysregulation neurotransmittern
kritische LE: Trauma, vernachlässgiung
velrsut kidnheit, hohe alltagsbelastung
Kognitive Theorie nach Beck
Grundidee: Depression ist die Folge von negativen Interpretationen des Erlebten aufgrund von dysfunktionalen kognitiven Schemata
Kognitives Schema: stabile Denkstrukturen
Kognitive Schemata bestehen in negativen Einstellungen/Bewertung (Kogntive triade) ggü.
Sich Selbst
Umwelt
Der Zukunft
Führen zu negativer Verzerrung der Wahrnehmung und Interpretation
Werden durch frühe ungünstige Erfahrungen erworben
Werden von aktuellen Lebenssituation aktiviert, zeigen sich in automatischen Gedanken die Schema verstärken
= schnell, schemakonform, Reflex in der Situation, für sich plausibel
Enthalten Denkfehler, Verzerrungen in Wahrnehmung, Bewertung und Konsequenz
Willkürliches Schlussfolgern
Verallgemeinern
Übergeneralisieren
Schwarz-Weiß Denken
Katastrophisieren
Bewertungsverzerrung
Depressiver Grundkonflikt
Frühere Traumatisierung
unsichere Bindung
frühes erleben vom Verlassen werden
Negativen Slebstwertgefühl
bedürfnis nach Zuwendung/Bestätigung
DEPRESSIVER GRUNDKONFLIKT
Wunsch nach Zuwendung
Angst alleine zu sein
Angst einzufordern
Enttäuschung ggü. anderen
Maladaptive Interaktion
Verstrickte Verarbeitung
Hohe Selbstanforderungen
Ambivalent
Selbstentwertung
Pseudoaltruismus
Vermeidende Verarbeitung
Hohe Slebstanforderungen
Kränkbarkeit
Entwertung anderer
Ärger und Distanz bei anderen
Wachsende Bedürftigkeit/Depressivität
Entstehen durch biologische, psychische und soziokulturelle Faktoren
Unterscheidung in prädisponierend, auslösend, aufrechterhaltend
Prädisponierend
- Möglichen genetischen Faktoren (ängstlich, zwanghaft)
Aber besonders Entwicklung:
o Ungünstige Beziehungsmuster
o Führen zu unsicheren Bindungsmustern, Schwierigkeiten in Affektregulation oder Zwischenmenschlichen Konflikten,
o Besonders beeinträchtigt: selbst und körpererleben (Störungen des Selbst“)
AN: Fragen der Identität
BN: Selbstwert: hohes ideal ich, und reales selbsterleben
Probleme negative Affektregulation:
Zusammenhang mit strukturellen Beeinträchtigungen (Einschränkung Affektwahrnehmung und Regulation)
Oder: intrapsychischen Konfliktthemen aufgrund sie nicht toleriert werden können:
Z.b. Gefühl von Ärger muss aus Angst vor Zuwendung unterdrückt werden
Zwischenmenschliche Konflikte:
Stehen mit unsicherem Selbsterleben und Schwierigkeiten Affekt zu erleben in Verbindung
Vorherrschenden unsicheren Bindungsmuster bedeuten dass nahe Bindungen eher vermieden werden, obwohl Wunsch besteht, oder: ängstlich anklammernd
Auslösend
Adoleszenz die zentrale Phase
Durch prädisponierende psychische Faktoren: Symptombildung
Ist prägende Zeit: Lösung von primär Person, Entwicklung stabilen Selbst und Körperkonzepts
Erfolgt u.a. durch: Austragen durch Konflikte, erste romantische Beziehungen
Geringes vertrauen in Verlässlichkeit der Beziehungen, unsicheres Selbsterleben und Probleme Affekte zu regulieren:
Überwältigende Gefühle: Scham, Ohnmacht, Angst
Wenn Konflikte nicht gelöst werden: Kontrolle des Gewichts und Beeinflussung des Körpers geben
Leitlinie Binge
A: Psychotherapie
0: Stationär, wenn schwere, komorbidität oder ambulant nicht ausreicht
Art:
KVT (A)
IPT alternativ (B)
Tiefenpsychologisch (0)
Humanistisch (0)
KKP: Kiju: einbeziheung bezugspersonen
Kombination mit Gewichtsreduktion, Pharma kann erwogen werden (0)
Statement: keine mediaktion zugelassen
Antidepressiva und antikonvulsiva kurzfristig wirksam -> kann erwogen werden wenn erwünscht oder nicht ausreicht -> aufklären über off label (0)
Warum habe ich diese Patientin gewählt?
Binge-Eating wird oft übersehen: kein Erbrechen, oft „nur“ als Willensfrage missverstanden; Scham → wenige berichten aktiv.
Hohe Last, wenig Sichtbarkeit: starke Beeinträchtigung (psychisch & metabolisch), aber im Alltag/Team kaum erkannt.
Der Fall zeigt, wie Struktur + Skills (CBT-E, SORKC, Soziale Kompetenz) eine „unsichtbare“ Störung sichtbar behandelbar machen.
Tagesklinisch ideal: abends im echten Setting (Heimweg/Küche) sofort Transfer möglich.
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