(Seite 11) Was versteht Hoffmann unter Empathie und welche Funktionen erfüllt sie?
Empathie ist die Fähigkeit, die Emotionen anderer wahrzunehmen und darauf zu reagieren.
Sie motiviert dazu, sich um das Wohlergehen anderer zu kümmern.
Funktionen:
Grundlage prosozialen Verhaltens
Hemmung von Aggressionen
Details merken:
→ Abnahme des „Happy Victimizer“-Effekts im Kindesalter (Nunner-Winkler & Sodian, 1988)
(Seite 12) Welche neurobiologischen Grundlagen liegen empathischem Erleben zugrunde?
Beim Beobachten von Leid wird die „Schmerzmatrix“ aktiviert:
• Anteriorer cingulärer Kortex
• Anteriore Insula (rechte Hemisphäre)
• Primärer & sekundärer somatosensorischer Kortex
Diese Areale verarbeiten motivational-affektive und sensorische Schmerzanteile.
Empathie baut auf älteren, evolutionären Systemen wie emotionaler Kommunikation und sozialer Bindung auf.
→ Erweiterung durch Sprache, Theory of Mind, Exekutivfunktionen & soziale Normen
(Seite 13) Wie unterscheiden sich empathisches und sympathisches Stresserleben?
Art des Stresserlebens
Handlungsmotivation
Fokus
Empathisch
Leiden des anderen beenden
Anderer
Sympathisch
eigenes Mit-Leiden beenden
Selbst
Empathie umfasst kognitive und affektive Komponenten, die Handlungsimpulse auslösen.
(Seite 14) Was zeigt die Studie von Hamlin & Wynn (2011) über prosoziales Verhalten bei Säuglingen?
Schon Säuglinge besitzen intuitives soziales Kernwissen:
• 6-Monate-alte Kinder bevorzugen „Helferobjekte“
• 5-Monate-alte: „Helfer der Helfer“
• 8-Monate-alte: „Hinderer der Hinderer“
→ Bereits früh werden prosoziale Akteure positiv bewertet.
(Seite 15) Ab wann zeigen Kinder prosoziales Verhalten und was fördert es?
Ab ca. 24 Monaten – Häufigkeit steigt über die Kindheit.
Förderfaktoren:
Vorbildverhalten der Bezugspersonen
Zuwendung und emotionale Sicherheit
Induktives Erziehen = Kind lernt Folgen seines Handelns für andere kennen
→ Prosoziales Verhalten orientiert sich am Wohlergehen anderer.
(Seite 16) Warum gilt die Adoleszenz als zentrale Phase der Empathieentwicklung?
• Empathie verändert sich stark in der Jugendphase
• Veränderungen sagen soziale Kompetenzen im Erwachsenenalter vorher
→ Die Adoleszenz ist ein „window of development“ mit Langzeitfolgen für soziale Fähigkeiten.
(Seite 22) Wann wirkt Familie als Schutzfaktor für die soziale Entwicklung?
Familie schützt, wenn folgende Faktoren gegeben sind:
• Hohe Bindungs- und Beziehungsqualität in allen Subsystemen
• Autoritativer Erziehungsstil (hohe Wärme + klare Lenkung)
• Monitoring = aufmerksame elterliche Aufsicht
• Emotionale Kompetenz & Feinfühligkeit der Eltern
Diese fördern Emotionsregulation und Empathiefähigkeit des Kindes.
(Seite 23) Wie zeigt sich der elterliche Einfluss im Beispiel „El Hotzo“?
Hotzo beschreibt extreme Verlustangst und Bestätigungssuche.
Das verweist auf:
→ Fehlende emotionale Sicherheit und Feinfühligkeit der Eltern.
Schlüsselgedanke: Elterliche Empathie prägt die spätere Fähigkeit, Emotionen zu regulieren und sich selbst realistisch wahrzunehmen.
(Seite 24) Welche Erziehungsstile unterschied Diane Baumrind (1971)?
Zwei Grunddimensionen:
• Responsiveness = Wärme, Akzeptanz, Kommunikation
• Control/Demand = Anforderungen, Lenkung
→ Kombination ergibt vier Typen:
Autoritativ – hoch Wärme / hoch Kontrolle ✅ (günstigster Stil)
Autoritär – niedrig Wärme / hoch Kontrolle
Permissiv – hoch Wärme / niedrig Kontrolle
Vernachlässigend – niedrig Wärme / niedrig Kontrolle
(Seite 25) Was versteht man unter „Helicopter Parenting“ und welche Folgen hat es?
Helicopter Parenting = übermäßige elterliche Kontrolle und Nähe.
→ „Maternal Overcontrol“ mit 2 Jahren führte zu:
schlechterer Emotionsregulation & Impulskontrolle (mit 5 J.)
sozialen & schulischen Problemen (mit 10 J.)
erhöhtem Risiko für Depression & Angst im Erwachsenenalter (Perry et al., 2018; Vigdal & Brønnick, 2022)
(Seite 26) Wie unterscheiden sich frühe Eltern-Kind-Beziehungen in Japan und den USA?
Japan:
• Mütter antizipieren Bedürfnisse → mehr Körperkontakt, indirekte Ansprache, weniger Blickkontakt
• Leitwert: „symbiotische Harmonie“
USA:
• Eltern lenken Aufmerksamkeit des Kindes auf Umwelt, Konflikte offener
• Leitwert: „kreative Spannung“
→ Frühe Sozialisation spiegelt kulturelle Werte (kollektivistisch vs. individualistisch).
(Seite 27) Welche Funktionen übernehmen Geschwister in der sozialen Entwicklung?
• Sozialisationsfunktion – soziales Lernen im Alltag
• Pionierfunktion älterer Geschwister
• Regulationsfunktion – z. B. Umgang mit Aggression
• Betreuungs- & Lernfunktion
→ Geschwister sind ein Übungsfeld für Konfliktlösung und Empathie.
(Seite 28) Welche Bedeutung haben Gleichaltrige („Peers“) für die Entwicklung?
• Aufbau von Selbstkonzept, sozialer Unterstützung und Kompetenzen
• Beziehungen basieren auf Gleichberechtigung und Kooperation
• Freundschaften werden stabiler, enthalten mehr Selbstöffnung
• Entstehen meist nach dem Prinzip der wahrgenommenen Ähnlichkeit
(Seite 29) Was beschreibt der „soziometrische Status“ in Peergruppen?
Kinder lassen sich einteilen in:
• beliebt, abgelehnt, ignoriert, kontrovers
Trends:
• Beliebtheit ↔ prosoziales Verhalten & Führungsqualität
• Ablehnung verfestigt sich mit der Zeit → Verhaltensprobleme & schlechtere Schulleistung
→ Ablehnung ist der stabilste negative Status.
(Seite 30) Welche Rolle spielt Feedback von außen (z. B. Social Media) für das Selbstkonzept?
Am Beispiel „El Hotzo“:
• Feedback aus Öffentlichkeit formt Selbstbild massiv
• Gefahr des Selbstbetrugs durch Social Media-Inszenierung
→ Externe Bewertung kann Selbstwahrnehmung verzerren und Authentizität untergraben.
(Seite 31) Welche Schutzfaktoren fördern Resilienz laut Mannheimer Risikokinderstudie?
Ketten der Beziehungsfähigkeit – stabile soziale Ressourcen über die Entwicklung hinweg:
Positive frühe Bindungen
Günstiges Temperament
Sprachliche & schulische Kompetenzen
Positives Selbstkonzept
Freundschaften
→ Soziale Beziehungen wirken als Resilienzpuffer gegen Risiken.
(Seite 33) Wie verändert sich der Stellenwert verschiedener Beziehungen im Übergang zum Erwachsenenalter?
Mit zunehmendem Alter verschiebt sich der Fokus sozialer Nähe:
Frühe Adoleszenz: Offenheit v. a. gegenüber Freunden
Junge Erwachsene: weiterhin Freunde, aber zunehmende Bedeutung romantischer Partner
College-Alter: größte Selbstöffnung gegenüber Liebespartnern
→ Soziale Entwicklung = Verschiebung der emotionalen Bezugsbasis (Burmeister, 1996)
(Seite 34) Welche drei neurobiologisch verankerten Systeme definieren laut Helen Fisher romantische Liebe?
Sexualtrieb – Fortpflanzung, körperliche Motivation
Attraktion – gezielte Partnerwahl („Verliebtheit“)
Bindung – langfristige Nähe & Fürsorge
→ Zusammenspiel sichert Überleben & soziale Stabilität der Art (Fisher et al., 2006)
(Seite 35) Welche sechs „Love Styles“ unterscheidet John Allan Lee?
Eros – romantisch, leidenschaftlich
Ludus – spielerisch
Mania – besitzergreifend
Storge – freundschaftlich, partnerschaftlich
Agape – altruistisch
Pragma – rational, zweckorientiert
Sternbergs Modell ergänzt:
→ Intimität, Leidenschaft, Commitment bilden das Dreieck der Liebe.
(Seite 36) Wie hat sich die Funktion von Partnerschaft im modernen Kontext verändert?
• Wandel von Versorgungs- / Reproduktionsgemeinschaft
→ hin zu emotionaler & sozialer Erfüllung
• Partnerschaft = wichtigster Schutzfaktor im Alter
• steigende Ansprüche an Kommunikation & Selbstkompetenz („Suffocation Model“)
→ Soziale & emotionale Kompetenzen bestimmen Beziehungsqualität.
(Seite 37) Welche Komponenten misst das PRQC-Inventar (Perceived Relationship Quality Component)?
Zufriedenheit
Engagement
Intimität
Vertrauen
Leidenschaft
Liebe
→ Zusammen beschreiben sie das subjektive Erleben von Beziehungsqualität (Fletcher et al., 2000)
(Seite 38 – 39) Wie erklärt die Interdependenztheorie Beziehungsdynamik?
Nach Kelley & Thibaut (1978):
• intime Beziehungen = System wechselseitiger emotionaler Abhängigkeit
• Verhalten & Gefühle von A ↔ beeinflussen B fortlaufend
→ Zirkularität statt linearer Ursache-Wirkung
• Grundlage vieler systemischer Paartherapie-Modelle (Retzer 2004)
(Seite 40) Welche Faktoren sagen laut John Gottman Beziehungsstabilität vorher?
Positive-Negative-Balance:
→ Erfolgreiche Paare zeigen etwa 5 positive : 1 negative Interaktionen („Gottman-Konstante 1:5“)
4 apokalyptische Reiter der Trennung:
Kritik (Vorwürfe)
Verachtung (Abwertung)
Abwehr (Rechtfertigung)
Mauern (Kommunikation verweigern)
→ Positive Interaktionen wie Humor, Zärtlichkeit, Anerkennung sichern Stabilität.
(Seite 41) Was zeigt der „Papierturmtest“ über Beziehungsdynamik?
Ein Alltagsbeobachtungstest:
• Glückliche Paare → kooperative Kommunikation („wir können das gemeinsam lösen“)
• Unglückliche Paare → Kontrolle & Abwertung („sei still, ich mach das“)
→ Kommunikative Abstimmung im Kleinen spiegelt Beziehungsqualität wider.
(Seite 42) Wie hängen Glück und soziale Beziehungen zusammen?
• Glückliche Menschen berichten die höchste Beziehungszufriedenheit
• verbringen mehr Zeit in sozialen Aktivitäten, haben mehr Freunde
→ Ursache und Wirkung sind wechselseitig („Huhn-oder-Ei-Frage“)
→ Beziehungen und Glück verstärken sich gegenseitig (Diener & Seligman, 2002)
(Seite 43) Was zeigt das Beispiel „El Hotzo“ im Hinblick auf Ehrlichkeit und zwischenmenschliches Verhalten?
Hotzo beschreibt wiederholte Unehrlichkeit in Beziehungen:
• parallele Liebschaften, emotionale Unverfügbarkeit
→ verdeutlicht das Spannungsfeld zwischen Selbstdarstellung und Authentizität
Kernaussage: Soziale Entwicklung umfasst auch die Fähigkeit zur Selbstreflexion über Fehlverhalten und das Einsehen eigener moralischer Grenzen.
(Seite 44) Was bedeutet Ambiguitätstoleranz und wie zeigt sie sich bei „El Hotzo“?
Ambiguitätstoleranz = Fähigkeit, Mehrdeutigkeit auszuhalten – also gute und schlechte Eigenschaften in sich und anderen zu akzeptieren.
Hotzo erkennt seine inneren Widersprüche (z. B. Vegetarismus ↔ Fleischkonsum) und akzeptiert, dass beide Seiten Teil seiner Person sind.
→ Reife soziale Entwicklung heißt, Widersprüche integrieren statt bekämpfen.
(Seite 45) Welche Rolle spielen nahe Beziehungen und Therapie laut der Vorlesung?
Nahe Beziehungen (und Therapie) sind Lernfelder für Menschlichkeit:
• fördern Ambiguitätstoleranz
• trainieren Empathie und emotionale Differenzierung
• ermöglichen das Aushalten von Unterschieden
→ Zwischenmenschliche Nähe dient als „Trainingsraum“ für reife soziale Kompetenz.
(Seite 48–50) Was illustriert das Fallbeispiel Naoko zu kulturellen Einflüssen auf soziale Entwicklung?
Naokos japanische Erziehung zeigt symbiotische Harmonie:
• starker Körperkontakt und vorausschauende Fürsorge der Mutter
• Konfliktvermeidung, indirekte Kommunikation
• Betonung von Anpassung und Gemeinschaft
Kontrast: ihre US-amerikanische Freundin Tessa erlebt
• mehr Autonomie, direkte Konflikte, Selbstbehauptung
→ Kulturelle Werte prägen Bindung, Kommunikation und Konfliktstil von klein auf.
(Seite 49–50) Welche Missverständnisse entstehen zwischen Naoko und Tessa – und was lehren sie über Kultur?
• Naoko erwartet unausgesprochene Rücksicht & Loyalität
• Tessa kommuniziert direkter, teilt ein Geheimnis weiter
→ Naoko wertet dies als Vertrauensbruch, Tessa versteht die impliziten Regeln nicht
Lerneffekt: Soziale Normen über Nähe, Offenheit und Geheimhaltung sind kulturell konstruiert, nicht universell.
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