Mitgliedschaft:
Organisationen entscheiden über Eintritt/Austritt von Personen
kann an Bedingungen geknüpft werden (verbindlich geltend)
können spezifische Regelungen gelten (Verhalten, Kommunikationsformen), deren Nichtbeachtung sanktioniert werden kann
Zweckbindung:
Organisationen knüpfen sich an Zwecke, an denen sie Entscheidungen ausrichten
Fokussierung auf bestimmte Aspekte der Wichtigkeit oder des sozialen Lebens
ursprüngliche Zweckbindung kann überlagert oder in den Hintergrund gerückt werden
Hierarchien:
feste Über-/Unterordnungsverhältnisse der Mitglieder
können unterlaufen oder im Extremfall sogar ausgehebelt werden
Entscheidungsautonomie:
Zweck, Hierarchien und Mitgliedschaften können selbstständig entschieden werden
Organisationen bewegen sich dabei im Rahmen eines bestimmten historischen, gesellschaftlichen und juristischen Umfeld
Organisationen können nicht beliebige Regularien festlegen
Eine Organisation kann auf verschiedene Weisen definiert werden:
als eine Gruppe von Menschen, die für ein gemeinsames Ziel zusammenarbeiten (z. B. ein Unternehmen oder ein Verein).
Sie kann auch das formale Regelwerk sein, das die Beziehungen und Aufgabenverteilung innerhalb einer Gruppe strukturiert.
Drittens bezeichnet der Begriff auch die Tätigkeit des Organisierens, also das Schaffen und Gestalten dieser Regeln und Strukturen.
Organisationsentwicklung ist ein geplanter, langfristiger und ganzheitlicher Prozess zur Veränderung von Organisationen, bei dem Strukturen, Abläufe und Kultur systematisch verbessert werden, um zukünftigen Anforderungen besser gerecht zu werden.
Je besser Sozialwissenschaftler (u. a. Soziologen, Psychologen, Managementforscher) die Bedeutung und Wirkung von Organisationen verstehen, umso mehr nehmen auch die Versuche zu, Organisationen zu beeinflussen, zu gestalten, zu verändern oder zu transformieren.
Diese Frage zielt auf einen ursächlichen Grund, einen Anstoß für den Veränderungsprozess. Hier liegt eine Kausalität zugrunde, eine Ursache, die feststellbar ist und somit in ihrer Begründung in der Vergangenheit liegt (vgl. Elbe 2002).
Es wird sozusagen ein Baumangel festgestellt. Mit der kausalen Perspektive können Ursache-Wirkungs-Beziehungen offengelegt werden: Weil die Kollegin mir neulich über den Mund gefahren ist, lade ich sie nicht zum nächsten Workshop ein. Oder: Je häufiger Kollegen miteinander kommunizieren, desto vertrauter gehen sie miteinander um. Oder: Je besser die Vorgesetzte die Abteilung führt, desto effizienter arbeiten die Mitarbeiter.
Weil und je … desto sind typische Relationsausdrücke kausaler Erklärungen. Aus psychologischer Perspektive sind es von außen wirkende Umstände, die auf eine Person einwirken und damit ihr Verhalten beeinflussen.
Diese Frage ist in die Zukunft gerichtet und steckt auch ein Ziel in der Antworterwartung ab.
Gefragt wird nach einer Erwartung, einer Veränderungshoffnung, die zu begründen ist. Hier wird nach dem teleologischen Grund gesucht (abgeleitet vom griechischen Wort teleos = das Ziel).
Mit der teleologischen Perspektive können Zielbeziehungen (vertikaler und horizontaler Art, als Zielhierarchien oder Präferenzketten etc.) deutlich gemacht werden. Hier wird nicht der äußere Umstand als Grund für ein Handeln angegeben, sondern der innere Wille (vgl. Elbe 2002).
Beispiele: Um ein bestimmtes Ziel zu erreichen, binde ich die Kollegin mit ein. Ein Vorgesetzter muss seine Mitarbeiterinnen motivieren, um maximale Leistung zu erreichen.
Für teleologische Erklärungen ist der typische Relationsausdruck um … zu. Aus psychologischer Perspektive sind es innere Zustände und Wünsche, Motive und Handlungsantriebe, die eine Person veranlassen, ein bestimmtes Verhalten zu zeigen und damit ihre Umwelt zu beeinflussen.
Ausgehend vom „Begründer der Organisationsentwicklung“ (Kurt Lewin) geht es darum, sowohl die Ziele der Beteiligten als auch die äußeren Umstände bei der Veränderung des sozialen Feldes (z. B. einer Organisation, einer Arbeitsgruppe) mit zu berücksichtigen, insgesamt also den jeweiligen Lebensraum – und das kann durchaus der Arbeitsplatz einer oder eines Mitarbeitenden und ihr oder sein relevantes Umfeld sein – in den Veränderungsprozess mit einzubeziehen und hierbei aktiv zu beteiligen.
Die inhaltliche Antwort auf die erste Teilfrage lautet somit: Organisationsentwicklung sollte eingesetzt werden, weil sich Person und Umwelt gegenseitig beeinflussen und hierbei Veränderungspotenziale (z. B. in Form von Konflikten, mikropolitischen Prozessen, Frustrationen, Aggressionen) entstehen.
Auf die zweite inhaltliche Teilfrage lautet die Antwort: Organisationsentwicklung sollte eingesetzt werden, um diese Veränderungspotenziale für die Organisation und das Individuum positiv (effektiv und effizient) zu gestalten.
Oder anders formuliert: Veränderungen gibt es immer, aber wir haben die Möglichkeit, diese bewusst zu gestalten und zielführend zu nutzen.
Vt = P → U: teleologisches Verhalten lässt sich aus der Perspektive der Person erklären, die auf ihre Umwelt einwirkt.
V = Vk + Vt: Umwelt und Person wirken wechselseitig aufeinander ein, eine unmittelbare Relation ist hierbei nicht angebbar.
V = F (P;U): Das Verhalten ist eine Funktion aus Person und Umwelt ist (nach Lewin, 1982)
[V = F (P,U) = F (L)]: Der Mensch handelt in seinem konkreten Lebensraum (L) wechselwirkend mit der relevanten Umwelt.
Einbinden - erstes Tätigkeitsfeld:
Betroffene werden durch Einbindung zu Beteiligten
Gemeinsame Ziele/Visionen können definiert und realisiert werden
Individuelle und kollektive Lernpotenziale werden erschlossen
Verstehen - zweites Tätigkeitsfeld:
Arbeit wird als soziale Beziehung in enem spezifischen System aufgefasst
System kann in Strukturen/Ressourcen und Prozesse/Umweltdynamik zergliedert werden
Aufbau- und Ablauforganisation müssen verstanden werden
OE muss ein spezifisches Instrumentarium im Rahmen der Organisationsdiagnose bereitstellen
Im Großen wie im Kleinen wird hier der Sinn der Organisation im alltäglichen Arbeitsleben hinterfragt und erschaffen (sense making)
Gestalten - drittes Tätigkeitsfeld:
OE bedeutet planvolle Veränderung unter Beteiligung der Betroffenen
auf individuellen Ebene wird die Möglichkeit geschaffen, dass das Individuum seine Kompetenzen (seine Selbststeuerung im Sinne des Personal Mastery) nach seinen Möglichkeiten und Bedürfnissen, zum Nutzen der Gruppe und des Prozesses weiterentwickelt
zentraler Aspekt der Beteiligung der Betroffenen
Verändert auch die Prozesse und Strukturen auf der Organisationsebene (system building), und die Lernkultur der Organisation insgesamt wird gestärkt
Die drei Prinzipien/Tätigkeitsfelder der Organisationentwicklung (Einbinden, Verstehen, Gestalten) finden somit auf drei Handlungsebenen (Mensch, Organisation, Lernen) Anwendung und werden auf allen drei Ebenen wirksam.
Das macht den Kern unseres sozialwissenschaftlichen Ansatzes der Organisationsentwicklung aus:
Alle drei Prinzipien kommen auf allen drei Handlungsebenen zum Einsatz.
Organisationsentwicklung ist somit durch ein verstehendes, sozialwissenschaftliches Vorgehen geprägt, dass diesen Ansatz von anderen Formen organisationaler Veränderungsstrategien (z. B. klassische betriebswirtschaftliche oder ingenieurwissenschaftliche Optimierung oder aufgrund rational-sozialwissenschaftlicher Organisationsanalyse, oder systemische OE-Beratung) unterscheidet.
Für die in diesem Studienbrief entfaltete integrale Organisationsentwicklung sind vor allem
die Theorie der lernenden Organisation (vgl. Senge 2017)
der Ansatz der Prozessberatung (vgl. Schein 2010) und
der Ansatz der verstehenden Organisationsberatung (vgl. Elbe & Peters 2016)
als wissenschaftliche Quellen relevant.
Scientific Management ist eine Managementtheorie, die im frühen 20. Jahrhundert von Frederick Winslow Taylor entwickelt wurde, um die Effizienz zu steigern, indem Arbeitsprozesse wissenschaftlich analysiert und optimiert werden. Der Ansatz zerlegt Aufgaben in ihre Einzelteile, um die "eine beste Methode" für die Ausführung zu ermitteln, oft durch Zeit- und Bewegungsstudien. Angestellte werden auf diese spezifischen Aufgaben trainiert und mit Akkordlohn motiviert, während Management und Arbeiter strikt getrennte Verantwortungsbereiche haben.
Kernprinzipien
Wissenschaftliche Analyse: Anstatt sich auf Tradition zu verlassen, werden Aufgaben systematisch analysiert, um die effizienteste Methode zu finden.
Aufgabenzerlegung: Komplexe Aufgaben werden in einfache, sich wiederholende Schritte zerlegt.
Standardisierung: Die effizientesten Methoden werden standardisiert und allen Mitarbeitern mitgeteilt.
Akkordlohn: Mitarbeiter werden finanziell motiviert, die festgelegten Standards zu erreichen oder zu übertreffen.
Trennung von Denken und Handeln: Das Management analysiert und plant die Arbeit, während die Arbeiter sie nur ausführen.
Ziele und Auswirkungen
Effizienzsteigerung: Durch die Optimierung der Arbeitsabläufe wird die Produktivität gesteigert und Verschwendung reduziert.
Kostenminimierung: Die Effizienzsteigerung führt zu geringeren Kosten.
Massenproduktion: Der Ansatz war ein wichtiger Schritt in der Entwicklung der Massenproduktion.
Qualitätsverbesserung: Einheitliche, standardisierte Prozesse führen zu konsistenterer Produktqualität.
Moderne Relevanz: Viele Prinzipien, wie Standardisierung und die wissenschaftliche Analyse von Prozessen, beeinflussen bis heute moderne Praktiken im Qualitätsmanagement und der industriellen Technik.
Wissenschaftliche Betriebsführung, Scientific Management, benannt nach Frederick
Winslow Taylor (1856–1915), einem amerikanischen Ingenieur und Betriebsberater.
Charakterisierung: Ziel ist die Steigerung der Produktivität menschlicher Arbeit. Dies geschieht durch die Teilung der Arbeit in kleinste Einheiten, zu deren Bewältigung keine oder nur geringe Denkvorgänge zu leisten und die aufgrund des geringen Umfangs bzw. Arbeitsinhalts schnell und repetitiv zu wiederholen sind. Grundlage der Aufteilung der Arbeit in diese kleinsten Einheiten sind Zeit- und Bewegungsstudien. Funktionsmeister übernehmen die disponierende Einteilung und Koordination der Arbeiten. Der Mensch wird lediglich als Produktionsfaktor gesehen, den es optimal zu nutzen gilt.
Taylor ging davon aus, dass eine geregelte Tätigkeit den Menschen zufrieden stellt. Zur Arbeitsmotivation dienen zusätzlich v. a. monetäre Anreize: Ein spezielles Lohnsystem (Leistungslohn) soll zur Steigerung der subjektiven Arbeitsleistung führen.
Kritik: Taylorismus wird in der Diskussion um die Humanisierung der Arbeit als der Inbegriff inhumaner Gestaltung der Arbeit betrachtet, da die Kennzeichen des Taylorismus einseitige Belastungen durch immer wiederkehrende gleiche Bewegungsformen (Monotonie), Fremdbestimmtheit, minimaler Arbeitsinhalt und dadurch die Unterforderung der physischen und psychischen Möglichkeiten des Menschen sind. Häufige Folge sind Fehlzeiten.
Historisch wurde der Taylorismus durch die Human-Relations-Bewegung (Human Relations) abgelöst.“ (Nissen 2018)
Der Human-Relations-Ansatz (deutsch: menschliche Beziehungen) ist ein Managementmodell, das menschliche Beziehungen in Unternehmen in den Vordergrund stellt, da sie für die Produktivität und Arbeitszufriedenheit entscheidend sind.
Er entstand als Reaktion auf das mechanistische “Scientific Management” und legt den Fokus auf soziale Faktoren wie Arbeitsklima, Teamzusammenhalt und die Wertschätzung durch Vorgesetzte, die oft als stärkerer Motivator als rein materielle Anreize wirken.
Kernpunkte des Ansatzes
Soziale Bedürfnisse: Der Ansatz erkennt an, dass Mitarbeiter soziale Bedürfnisse haben, wie das Bedürfnis nach Zugehörigkeit und Anerkennung, und dass diese für die Motivation wichtig sind.
Führung und Kommunikation: Er betont die Bedeutung einer positiven Beziehung zwischen Führungskräften und Mitarbeitern sowie die Schaffung von Kommunikationsstrukturen, um die Kooperationsbereitschaft zu fördern.
Arbeitszufriedenheit: Ein gutes Arbeitsklima und das Gefühl der Wertschätzung führen zu höherer Arbeitszufriedenheit und können die Leistung steigern.
Hawthorne-Studien: Die Bewegung basiert maßgeblich auf den Ergebnissen der Hawthorne-Experimente, die zeigten, dass die besondere Aufmerksamkeit der Forscher für die Mitarbeiter zu Leistungssteigerungen führte – ein Phänomen, das heute als Hawthorne-Effekt bekannt ist.
Kritikpunkte
Manipulationsvorwurf: Kritiker werfen dem Ansatz vor, dass er manchmal dazu dient, Mitarbeiter durch soziale Anreize zur Anpassung an bestehende Verhältnisse zu bewegen, anstatt die grundlegenden Arbeitsbedingungen objektiv zu verbessern.
Vernachlässigung betrieblicher Ziele: Einige Kritiker bemängeln, dass der Ansatz individuelle Bedürfnisse manchmal über die betrieblichen Ziele stellt.
Das 3-Phasen-Modell von Kurt Lewin beschreibt einen Prozess für geplante Veränderungen in drei Stufen: Auftauen (Vorbereitung, Bewusstmachen des Wandels), Bewegen (Umsetzung des Wandels) und Einfrieren (Stabilisierung des neuen Zustands). Dieses Modell dient dazu, Veränderungsprozesse in Organisationen oder Gruppen zu strukturieren und zu steuern.
Die drei Phasen des Modells
1. Auftauen (Unfreezing):
In dieser Phase wird der aktuelle Zustand hinterfragt und aufgeweicht. Es wird ein Bewusstsein für die Notwendigkeit der Veränderung geschaffen.
Dies geschieht durch Kommunikation, das Einbeziehen der Beteiligten und das Schaffen von Unterstützung, um Widerstände zu reduzieren.
Es wird eine Atmosphäre geschaffen, in der sich die Gruppe auf die Veränderung vorbereiten kann.
2. Bewegen (Moving):
Dies ist die eigentliche Phase der Veränderung, in der der neue Zustand aktiv umgesetzt wird.
Neue Prozesse, Strukturen und Verhaltensweisen werden eingeführt.
Verantwortliche steuern den Prozess direkt und überwachen die Umsetzung.
Diese Phase kann als schwierig empfunden werden, da Widerstände auftreten können.
3. Einfrieren (Refreezing):
In dieser abschließenden Phase wird der neue Zustand stabilisiert und verfestigt.
Der Wandel wird in die bestehenden Strukturen integriert und normalisiert.
Es wird sichergestellt, dass der neue Prozess dauerhaft und nachhaltig beibehalten wird.
Dies beinhaltet eine fortlaufende Überwachung und das Einbetten der neuen Arbeitsweisen in die Routine.
Die Laboratoriumsmethode von Kurt Lewin bezieht sich auf sein 3-Phasen-Modell zur Veränderung, das in drei Phasen unterteilt ist: Auftauen (Unfreeze), Veränderung (Change) und Stabilisieren (Refreeze). Dieses Modell beschreibt den Prozess, wie sich eine Organisation oder Gruppe verändert, indem sie zunächst bestehende Zustände hinterfragt, dann neue Verhaltensweisen und Prozesse einführt und schließlich die neuen Abläufe stabilisiert. Die Grundannahme dabei ist, dass Lernprozesse in Trainingsgruppen auch Auswirkungen auf die gesamte Organisation haben.
Sie kann als eine Form von „Erfahrungslernen“ bezeichnet werden, bei der die Trainingsteilnehmer/-innen eine bestimmte Zeit in einer Gruppe zusammenarbeiten, um durch Gruppendynamik, Feedback und Selbstreflexion zu lernen, Gruppenprozesse besser zu verstehen und kompetenter zu steuern. Das Material, an und aus dem gelernt wird, ist das Erleben und Verhalten in der Gruppe. Die Gruppe übt und reflektiert sozusagen in einem sozi-alen Laboratorium.
An dieser Methode lassen sich folgende typische Elemente der OE aufzeigen: Lernen ist in der Organisationsentwicklung „Erfahrungslernen“. Es wird kein Wis-sen von Experten und Expertinnen vermittelt, sondern an den eigenen Erfahrungen der Einzelnen, der Teams in der Organisation gelernt. Die Verhaltensänderungen werden auch nicht durch ein sozialtechnisches Einüben erreicht, sondern durch die Reflexion über Verhaltensweisen, Einstellungen, Werte und Motive. Im wichtigen Arbeitsfeld der „Teamentwicklung“ finden diese Prinzipien bis heute ih-ren Niederschlag.
Die Survey-Feedback-Methode ist eine Methode der Organisationsentwicklung, bei der mittels Umfragen Daten zu Einstellungen und Zufriedenheit von Mitarbeitern oder Kunden erhoben werden. Die Ergebnisse werden anschließend analysiert und den Beteiligten zurückgemeldet, damit gemeinsam Maßnahmen zur Verbesserung abgeleitet und umgesetzt werden können.
Durchführung
Datenerhebung:
Mittels Fragebögen (schriftlich oder mündlich) werden Informationen zu Einstellungen, Zufriedenheit und anderen relevanten Aspekten gesammelt.
Ergebnisrückmeldung (Feedback):
Die gesammelten Daten werden den Beteiligten zur Verfügung gestellt und gemeinsam ausgewertet.
Aktionsplanung:
Basierend auf den Ergebnissen erarbeiten die Beteiligten gemeinsam Lösungsansätze und planen Veränderungen.
Umsetzung und Evaluation:
Die geplanten Maßnahmen werden umgesetzt und anschließend auf ihre Wirksamkeit hin evaluiert.
Anwendungsbereiche
Mitarbeiterzufriedenheit: Ermittlung und Verbesserung der Zufriedenheit von Mitarbeitern.
Organisationsentwicklung: Als Instrument zur strategischen Gestaltung von Veränderungsprozessen in großen Organisationen.
Kundenzufriedenheit: Erhebung der Zufriedenheit von Kunden mit Produkten oder Dienstleistungen.
Soziotechnische Systeme sind Organisationen, die die Wechselwirkung zwischen Menschen und Technologie untersuchen. Sie bestehen aus zwei Teilsystemen: einem sozialen System (Menschen, ihre Rollen, Beziehungen) und einem technischen System (Werkzeuge, Maschinen, IT). Ziel ist es, durch die Berücksichtigung beider Teilsysteme das Gesamtergebnis zu optimieren, beispielsweise in der Arbeitsorganisation.
Merkmale und Beispiele
Aufbau: Ein soziotechnisches System ist eine Menge von Menschen und Technologien, die so strukturiert sind, dass sie gemeinsam ein bestimmtes Ergebnis erzielen.
Teilsysteme: Sie umfassen ein soziales Teilsystem (Menschen, Teams, Führungskräfte) und ein technisches Teilsystem (IT, Maschinen, digitale Geräte).
Interdependenz: Die beiden Teilsysteme sind untrennbar miteinander verbunden. Das Entfernen eines Teilsystems würde das Funktionieren des anderen beeinträchtigen.
Beispiele: Beispiele für soziotechnische Systeme sind Unternehmen, Fließbandproduktionen, Online-Bestellungen, Krankenhäuser und Callcenter.
Nicht-deterministisch: Soziotechnische Systeme sind oft nicht-deterministisch, was bedeutet, dass sie aufgrund der menschlichen Komponente unterschiedliche Ergebnisse produzieren können.
Anwendungsbereiche und Bedeutung
Arbeitsgestaltung: Sie sind ein Konzept der Arbeitsgestaltung, das bei der Einführung neuer Technologien wie der digitalen Zusammenarbeit berücksichtigt, wie sich die Arbeitsweise verändert und welche neuen Anforderungen sich daraus für die Mitarbeiter ergeben.
Analyse und Optimierung: Die Analyse hilft, die Auswirkungen von Technologie auf soziale Strukturen zu verstehen und somit bessere, integrierte Lösungen für komplexe Herausforderungen zu schaffen.
Transformation: Sie werden eingesetzt, um die Transformation von Organisationen zu gestalten, beispielsweise im Gesundheits- und Sozialwesen, um sicherzustellen, dass sowohl die technischen Möglichkeiten als auch die menschlichen Bedürfnisse berücksichtigt werden.
Beim organisationalen Lernen kommt es darauf an, dass sich das Lernen der einzelnen Mitglieder und das Lernen der Organisation komplementär zueinander verhält, gegenseitig stützt und dadurch erst die „lernende Organisation“ kreiert.
Damit eine lernende Organisation sich entfalten kann, postuliert der Systemiker Senge fünf Disziplinen der lernenden Organisation:
Persönliche Entwicklung (Personal Mastery) bedeutet, dass man seine persönliche Vision kontinuierlich klärt und vertieft, dass man seine Energien bündelt, Geduld entwickelt und die Realität objektiv betrachtet.“ (Senge 2011, S.16) Es geht also um die Schnittstelle zwischen Organisationslernen und individuellem Lernen.
Veränderung der mentalen Modelle: Mentale Modelle sind tiefsitzende Hintergrundüberzeugungen, die unser individuelles Denken und Handeln bestimmen. Viele Veränderungen werden in Organisationen nicht umgesetzt, weil sie mit unseren mentalen Modellen kollidieren, die sich hinter unserem Rücken immer wieder durchsetzen. Es gilt nach Senge, vertraute Denk- und Handlungsweisen, die den Menschen Sicherheit im Handeln geben, infrage zu stellen.
Gemeinsame Visionen: Lernende Organisationen sind in der Lage, eine gemeinsame Vision als erstrebenswertes Bild der Zukunft zu entwickeln, dem sie sich verpflichtet fühlen und das dauerhaft Energie freigesetzt. Lernen in Organisationen bedeutet deshalb, persönliche Visionen mit gemeinsam geteilten Visionen in Zusammenhang zu bringen.
Teamlernen ereignet sich, wenn sich gemeinschaftliches Verstehen vollzieht. Hier besteht die Möglichkeit, dass jedes Teammitglied im Rahmen der Teamarbeit über sich selbst hinauswächst und eine persönliche und fachliche Kompetenzerweiterung erfährt. Gleichermaßen wird das Bewusstsein dafür geschärft, dass in der Zusammenarbeit mehr erreicht werden kann als als Einzelkämpfer/-in, und so entsteht eine Art kohärente, lernende Einheit.
Systemisches Denken: Organisationen sind keine trivialen Maschinen, sondern komplexe Systeme. Daher gilt es, das systematische Denken zur übergeordneten Disziplin zu machen.
Organisationsentwicklung wurde in den USA und in England „erfunden“ und fand als Konzept zunächst in diesen beiden Ländern Anwendung. In Deutschland und in anderen westeuropäischen Ländern hat die Organisationsentwicklung sich spätestens seit den 1970er-Jahren durchgesetzt.
In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts hat sich die Organisationsentwicklung unter Bezug auf den Diskurs der lernenden Organisation, der Prozessberatung und der verstehenden Orga-nisationsentwicklung neben der „klassischen Organisationsberatung“ und später der „systemischen Organisationsberatung“ als dritter Ansatz der Organisationsberatung verbreitet.
Besonders hervorzuhebende Gründe für den wachsenden Beratungsbedarf sind die Digitalisierung und die daraus resultierenden Herausforderungen für Organisationen in der sogenannten „VUCA-Welt“. VUCA ist ein Akronym und steht für Volatility (Volatilität), Uncertainty (Ungewissheit), Complexity (Komplexität) und Ambiguity (Mehrdeutigkeit).
Häufig wird in diesem Zusammenhang auch der Begriff der Disruption verwendet: Disruption bedeutet Zerstörung, Unterbrechung und beschreibt die radikale Infragestellung etablierter Geschäftsmodelle. Berühmte Beispiele sind die Revolution des Buchhandels durch Amazon, des Taxigewerbes durch Uber oder der Musikindustrie durch iTunes oder Spotify.
Disruptive Veränderungen erfordern eine flexible, auf Innovation fokussierte Herangehensweise. Eine Antwort auf diese Veränderungen suchen Organisationen in der Agilität. Goldmann et al. (1996) beschreiben Agilität als „die Fähigkeit einer Organisation, sich kontinuierlich an ihre komplexe, turbulente und unsichere Umwelt anzupassen“. Um diese Fähigkeit zu erreichen bedarf es zum Teil weitreichender organisationaler Veränderungen, z. B. durch die Einführung agiler Projektmanagementmethoden (z. B. Scrum) so-wie kulturelle Veränderungen, zum Beispiel:
Geteilte Führung löst individuelle Führung ab.
Selbstorganisation löst Fremdorganisation ab.
Entscheidungsbefugnisse in Kundennähe lösen Entscheidungsbefugnisse in der Zentrale ab.
Fehler offen anzusprechen, um gemeinsam daraus zu lernen, löst ein Vertuschen von Fehlern ab.
Begrenzte Risiken einzugehen und Dinge auszuprobieren lösen das Absichern aller Entscheidungen ab.
Der Fokus auf den Nutzer oder die Nutzerin löst die eigenen Vorstellungen von einem guten Produkt ab.
(vgl. Elbe & Peters 2016)
Zur Unterstützung des organisationalen Wandels durch Organisationsberatung lassen sich drei grundsätzliche theoretische Zugänge unterscheiden, die im folgenden Schema dargestellt sind.
Die in diesem Studienbrief behandelte Ansatz der Organisationsentwicklung als Konzept und Methode zur Unterstützung des organisationalen Wandels lässt sich dabei von der klassischen und von der systemischen Organisationsberatung klar unterscheiden.
Die drei genannten Formen der Organisationsberatung stellen Idealtypen dar, an denen sich das Beratungsvorgehen und auch die Schwerpunkte der Beratung orientieren:
Unter klassischer Organisationsberatung werden alle Formen der Beratung, die sich nicht aus den sozialwissenschaftlichen Ansätzen oder der Systemtheorie ableiten lassen, zusammengefasst. Der Ansatz der klassischen Organisationsberatung lässt sich anhand seiner ökonomisch-naturwissenschaftlichen Grundorientierung, in Verbindung mit einer stark pragmatischen Ausrichtung bestimmen.
In der Beraterliteratur haben Elbe und Saam (2010) ein Modell entwickelt, das den Beratungsprozess sachlogisch und chronologisch darstellt und unterteilt in
Startphase
Kontaktaufnahme, Akquisition mit einem Optimierungsversprechen.
Diagnose (Istsituation)
Erkenntnisanspruch der Problemdiagnose auf der Basis von Tatsachenfeststellung (Erhebung des Istzustandes), die Datenerhebung erfolgt durch den Berater. Die Ansatzpunkte für die Problemanalyse des Beraters sind: der erhobene Istzustand wird in Differenz zum angestrebten Sollzustand dargestellt als Bekanntgabe der Problemdiagnose. Die Problembewertung durch den Berater erfolgt auf der Grundlage der Problemdiagnose und Methodik.
Handlungsplanung
Erstellen des Handlungsplans aus der Differenz zwischen Soll- und Istzustand, Anwendung standardisierter Methoden, Gegenstand ist die schrittweise Optimierung von technischen und ablauforganisatorischen Prozessen als Beitrag des Beraters zur Problemlösung, es erfolgt eine Ergebnispräsentation.
Aufgrund des Handlungs-/Projektplans werden neue Verfahren schrittweise durch die Beteiligung des Beraters eingeführt, Umgang mit Widerstand ist in der Regel gegeben, Schulungen werden von dem Beratenden angeboten, ablauf- organisatorische Verände-rungen werden vorgenommen, technische und administrative Verfahren werden überarbeitet oder ersetzt, und es erfolgt eine Dokumentation neuer Verfahrensbeschreibungen.
Abschluss
Die Akzeptanz der Verfahrensbeschreibung der überarbeiteten Prozesse beendet den Beratungsvertrag, Optimierungsprozesse sind jetzt messbar, das gilt als Abschlusskriterium des Beratungsprojekts.
Die Kategorien des Modells sind u. E. gut geeignet, um das Vorgehen eines klassischen Organisationsberaters, eines Organisationsentwicklers und eines systemischen Organisationsberaters idealtypisch und vergleichend darzustellen.
Systemische Organisationsberatung und systemisches Management sind organisationstheoretische Ansätze, die sich selbst befragen, wie sie als soziale Systeme funktionieren, also Selbstreflexivität zum Gegenstand ihrer Wahrnehmung machen. Systemische Organisationsberatung bearbeitet insbesondere soziale Prozesse, in denen der Umgang mit Paradoxien und deren Bedeutung für die Erklärung von Störungen eine herausragende Rolle spielen. Sie thematisiert die Vorkommnisse auf der Hinterbühne und die Wege der „stillen Post“ und beabsichtigt, die Bedeutungen in der jeweiligen Handlung zu entschlüsseln und zu verstehen. Die systemische Beratung geht davon aus, dass eine Organisation im Laufe der Zeit eigenständig Reaktionsweisen aufbaut, die sich neben der offiziellen Organisationsstruktur zu einem inoffiziellen Muster von Regeln verdichten.
Die systemische Beratung geht wie folgt vor:
Festlegung des Beratungsziels,
Klärung der Istsituation, die als Ausgangssituation definiert wird
Sammlung von Lösungen zum Erreichen des Ziels (die Menge von Operationen)
Festlegung des Handlungsplans, d. h. der konkreten Schritte zum Erreichen des Ziels
Im Unterschied zum Ansatz der klassischen Organisationsberatung und teilweise ähnlich der systemischen Beratung ist der Ansatz der Organisationsentwicklung sozialwissenschaftich geprägt.
Als eigenständiger Ansatz der Gestaltung von organisationaler Realität beschäftigt er sich mit der gesamten Organisation. Organisationen werden dabei als zielgerichtete soziotechnische Systeme aufgefasst. Menschen, Aufgaben, Strukturen, Prozesse, Technologie und Umwelt sind die bestimmenden Faktoren, deren Beziehungen zueinander von besonderer Bedeutung sind.
Die Klientenorganisation will einen andauernden Entwicklungsprozess initiieren und sucht einen Berater, der den Prozess anstoßen und begleiten soll. Dabei stehen ein Erhebungs- und ein Feedbackzyklus zur Steigerung der organisationalen Effizienz und die Verpflichtung der Unternehmensführung im Vordergrund, dieses Vorhaben zu stützen.
Diagnose
Die Betroffenen werden zu Beteiligten des Problemlöseprozesses gemacht; der Berater initiiert einen Problemlöseprozess, in dem technische, administrative sowie soziale Probleme angesprochen werden. Ziel ist die Bewusstmachung von Problemen und das damit verbundene Veränderungspotenzial (Metapher des „Auftauens“ der Organisation). Probleme werden systematisch gesammelt und analysiert. Dabei können quantitative wie qualitative Verfahren der empirischen Sozialforschung eingesetzt werden; die Problemanalyse kann mehrere Zyklen von Datenerhebung und Feedback umfassen.
Handlungsplan
Mit der Erarbeitung von Lösungsvorschlägen und Handlungsalternativen geht die Phase des Auftauens in die der Veränderung über (Change-Prozess, Moving-Prozess), gleichwohl ist ein Wiederaufgreifen der Problemanalyse möglich; in gruppendynamischen Prozessen wird durch die Beteiligten ein Handlungsplan entwickelt, der von diesen mit-getragen wird; auf der Basis wird ein Aktionsplan beschlossen, Verantwortungen werden festgelegt, womit Engagement und Bildung erzeugt werden; die Ergebnispräsentation wird durch die Beteiligten vorgenommen und von dem Beratenden moderiert.
Die Implementierungsphase ist der Change-Prozess und von der Planung nicht zu trennen; es wird darauf geachtet, dass die Umsetzung im selben Rahmen erfolgt wie die Problemanalyse und die Handlungsplanung; der Berater leistet Hilfestellung und trainiert Sozialverhalten; gleichzeitig hilft er, die Umsetzungsbemühungen so zu hinterfragen, dass eine sozialverträgliche Integration neuer Verfahren gewährleistet wird; Widerstand innerhalb dieser Phase erscheint produktiv, da der Berater Veränderungspotenziale aufzeigt.
Der Beratungsprozess endet mit der ReInstitutionalisierung (Wiedereinfrieren der Orga-nisation); es endet der vereinbarte Beratungsabschnitt, der Organisationsentwicklungsprozess bleibt Anspruch in Form des andauernden sozialen Wandels; der Berater zieht sich aus der Organisation zurück.
Es zeigt sich in der Praxis der Organisationsberatung, dass hier die Erwartungshaltung der Klienten einerseits und der ökonomische Druck der Berater andererseits dafür sorgen, dass sich die oben geschilderten drei Formen der Organisationsberatung in der praktischen Anwen-dung annähern.
Elbe und Saam (2010) untersuchten dies anhand von 48 Interviews mit Organisationsberatern, die sich unterschiedlichen Beratungsansätzen zuordnen. Unterschieden werden dabei klassische Organisationsberatung, systemische Beratung sowie Organisationsentwicklung als methodenorientierte Beratungsansätze.
Die Konvergenzhypothese besagt, dass sich unterschiedliche Systeme, wie Wirtschaftsordnungen oder soziale Strukturen, im Laufe der Zeit aufgrund gemeinsamer Zwänge und Einflüsse aneinander annähern und ähnliche Merkmale entwickeln.
Von besonderer Bedeutung für die in diesem Studienbrief vertretene Organisationsentwicklung ist der Ansatz der Prozessberatung von Edgar Schein (2010). Er hat die Bedeutung des Beratungsprozesses im Rahmen der Organisationsberatung im Einzelnen expliziert und fasst die Grundprinzipien der Prozessberatung (gemeint ist damit Organisationsberatung als helfende Beziehung) in zehn zentralen Leitsätzen zusammen:
Versuche stets zu helfen: Der erste Merksatz kennzeichnet die Beratungsbeziehung und formuliert daraus eine Anforderung an den Berater: Nicht die Ideologie eines Beratungsansatzes steht bei der Organisationsberatung im Vordergrund, sondern das Hilfsbedürfnis des Klienten; dem hat sich die Methodenwahl nachzuordnen.
Verliere nie den Bezug zur aktuellen Realität: Der zweite Merksatz zielt auf die Verknüpfung von Vorder- und Hinterbühne der Organisationsberatung – es geht um die Herstellung einer gemeinsamen Realität zwischen dem Klienten und dem Berater. Nur wenn ich den Klienten in seinem Problemdruck verstehe, bin ich in der Lage, ihm auch zu helfen. Und nur, wenn ich mich dem Klienten verständlich machen kann, wird Einsicht für die Notwendigkeit der gemeinsamen Gestaltung von Wandlungsprozessen erzeugt.
Setze dein Nichtwissen ein: Für diesen Verstehensprozess ist es hilfreich, scheinbar sicheres Wissen (über Probleme, über Prozesse …) infrage zu stellen – dies fordert Merksatz drei. Beratern (die ja als Experten auftreten) fällt es häufig besonders schwer, Nichtwissen zuzulassen, es schafft aber die Möglichkeit, gemeinsam mit dem Klienten individuelle Lösungsansätze zu erarbeiten.
Alles, was du tust, ist eine Intervention: Eine grundlegende Erkenntnis sozialwissenschaftlicher Beratungsansätze gibt Merksatz vier wieder: Jedes Handeln ist eine Intervention – und damit auch jede Diagnose, jedes Fragen, jedes teilnehmende Beobachten. Jedes Verstehen, das dem Gegenüber bewusst wird, zeigt eben: Hier gibt es eine gemeinsame Verständigungsmöglichkeit und damit eine Möglichkeit, zu verändern. Dies gilt es, im Beratungsprozess zu berücksichtigen. Jede Methode ist Teil des Prozesses und wirkt auf den Prozess zurück.
Das Problem und seine Lösung gehören dem Klienten: Mit dem fünften Merksatz deutet Schein (2000) darauf hin, dass in der Organisationsberatung als helfender Beziehung der Erfolg letztlich darin besteht, es dem Klienten zu ermöglichen, selbst Probleme zu erkennen und angemessene Lösungen hierfür zu entwickeln. Es ist nicht die Aufgabe des Beraters, sich die Probleme des Klienten aufzuladen, auch nicht Ratschläge und Lösungen anzubieten. Das Problem und seine Lösung gehören dem Klienten.
Geh mit dem Flow: Jedes Klientensystem entwickelt eine Kultur und versucht, seine Stabilität aufrechtzuerhalten, indem es an dieser Kultur festhält. Jeder Klient entwickelt eine eigene Persönlichkeit und einen Stil. Da dem Berater diese kulturellen und individuellen Wirklichkeiten nicht von Anfang an bekannt sind, muss er erst herausfinden, wo der Klient motiviert ist und wo er bereit ist, sich zu ändern. In diesen Bereichen kann die Beratung dann ansetzen, mit dieser Energie kann der Berater arbeiten.
Das Timing ist entscheidend: Jede Intervention kann zu einem bestimmten Zeitpunkt greifen, zu einem anderen Zeitpunkt hingegen nicht. Daher muss der Berater ständig diagnostisch vorgehen und auf die Phasen achten, wann der Klient ansprechbar zu sein scheint.
Sei konstruktiv opportunistisch und arbeite mit konfrontativen Interventionen. In allen Klientensystemen gibt es instabile und offene Bereiche, in denen eine Bereitschaft zur Veränderung vorhanden ist. Diese vorhandene Motivation und kulturelle Stärke gilt es, zu finden und als Grundlage zu nutzen. Gleichzeitig müssen Gelegenheiten genutzt werden, neue Erkenntnisse und Alternativen vorzustellen. Zwar sollte mit dem Flow gegangen werden, dabei sollte aber die Balance gehalten und es sollten auch gewisse Risiken bei den Interventionen eingegangen werden.
Alles liefert Daten. Fehler wird es immer geben, sie sind die wichtigste Quelle neuer Erkenntnisse. Wie sorgfältig der Berater auch die hier genannten Prinzipien beachtet, er wird dennoch das ein oder andere tun oder sagen, was zu unerwarteten oder unerwünschten Reaktionen seitens des Klienten führt. Aus diesen Reaktionen muss der Berater lernen und er muss um jeden Preis eine Abwehrhaltung, Scham- oder Schuldgefühle vermeiden. Der Beratende kann nie genug über die Wirklichkeit des Klienten wissen, um Fehler vollkommen ausschließen zu können. Doch Fehler führen zu Reaktionen, aus denen der wiederum sehr viel über die Wirklichkeit des Klienten lernen kann.
Teile im Zweifelsfall das Problem mit anderen. Der Berater befindet sich oft in der Situation, dass er nicht weiß, was als Nächstes getan werden soll, welche Art von Intervention angemessen ist. In solchen Situationen hilft es häufig, das Problem mit dem Klienten zu teilen und ihn oder sie in die Entscheidung über den nächsten Schritt einzubinden.
„Prozessberatung ist der Aufbau einer Beziehung mit dem Klienten, die es diesem
erlaubt, die in seinem internen und externen Umfeld auftretenden Prozessereignisse
wahrzunehmen, zu verstehen und darauf zu reagieren, um die Situation,
so wie er sie definiert, zu verbessern.“
(Schein 2000, S. 39)
Ein erstes Prinzip und Tätigkeitsfeld der hier entfalteten integralen Organisationsentwicklung ist das Einbinden der Betroffenen. Die Entwicklung von Veränderungen der Organisation muss unter aktiver Mitwirkung der Betroffenen erfolgen. „Der Problemträger wird zum Problemlöser. Durch gemeinsame Bemühungen aller Beteiligten um eine konstruktive Lösung wächst das Engagement, die Kompetenz und Identifikation mit dem, was man selbst mitgestaltet hat“.
Die freiwillige Beteiligung eröffnet die Möglichkeit, die Erfahrung, das Wissen, die Kreativität und Innovation der Betroffenen für die Entwicklung praxistauglicher Lösungen und neuer Perspektiven zu nutzen. Darüber hinaus bietet sie die Chance, dass sich Betroffene als Folge ihrer Mitarbeit mit der geplanten Veränderung identifizieren, so dass die Umsetzung derselben wahrscheinlicher wird.
Das Verstehen geht implizit der Beratung voraus, es ist gewissermaßen seine entscheidende Voraus-setzung. Grundlage der Organisationsberatung ist somit ein Verstehensprozess. Das Verstehen führt zur Aktionsforschung und damit zur Partizipation der Betroffenen.
Für den Menschen in der Organisation gilt es, Handlungsmöglichkeiten, aber auch die Sinnhaftigkeit im Erleben der sozialen Umwelt und damit verbunden das Verstehen eigenen Erlebens und Handelns zu entwickeln.
An den Kommunikationsprozess sind unterschiedliche Verstehensvorgänge geknüpft, die zwischen Selbst- und Fremdverstehen alternieren.
Aufbauend auf einem impliziten oder expliziten Verstehensprozess (der sich z. B. in der Diagnose ausdrückt) muss der Beratende eine Hypothese hinsichtlich der Ziel- und Kausalzusammenhänge sowie der Wirklichkeitskonstruktionen bilden und eine Beratungsleistung erbringen. Diese beiden Anforderungen an den Berater, sowohl eine Verstehens- als auch eine Beratungsleistung zu erbringen, also eine mehrfache Kompetenz im einheitlichen Prozess zu zeigen, haben für die Organisationsberatung grundlegenden Charakter.
Die Interaktionen zwischen der oder dem Ratsuchenden und dem Beratenden können (idealtypisch) in Phasenmodelle gefasst werden, die sich anhand der gewählten Perspektiven unterschei-den, z. B. der Perspektiven der Entscheidungslogik, der Sachlogik oder der zeitlichen Logik (vgl. Elbe & Peters 2016).
Bei diesem Prozessmodell handelt es sich um eine idealtypische Darstellung, da sich die einzelnen Phasen in der Beratungspraxis kaum so eindeutig voneinander trennen lassen.
Die Methoden, mit denen Organisationsentwicklung gestaltet wird, werden definiert als „eine Reihe strukturierter Aktivitäten, in denen sich ausgewählte organisatorische Bereiche mit einer Aufgabe oder einer Reihe von Aufgaben beschäftigen, wobei sich die Aufgabenziele direkt oder indirekt auf die Verbesserung der Organisation beziehen“ (French & Bell 1994, S. 126).
Die verschiedenen Methoden der Organisationsentwicklung lassen sich Gestaltungsbereichen oder Interventionsebenen zuordnen:
Interventionen auf der Ebene des Individuums (siehe Kap. 3.3)
Interventionen auf der Ebene der Gruppe und des Teams (siehe Kap. 4.3)
Interventionen auf der Ebene der Struktur und der Prozesse (siehe Kap. 4.2)
Interventionen auf der Ebene der Gesamtorganisation (siehe Kap. 5)
ine der wichtigsten, ja vielleicht die wichtigste Methode, Betroffene einer Organisation einzubeziehen, ist Moderation, verstanden als ein Ansatz zum partzipativen Arbeiten in Gruppen und Organisationen.
Moderation ist damit eine Form der Führung in Gruppen, die aber davon bestimmt ist, dass der Moderator die Gruppe nur für den Zeitraum der Aufrechterhaltung der gemeinsamen themenspezifischen Kommunikation leitet – dies begründet ein eigenständiges Kommunikationssystem, das durch ausgleichende Regeln und eine nicht an der Hierarchie einer bestimmten Organisation orientierte, gleichberechtigte, offene und wertschätzende Grundhaltung geprägt ist.
Wichtig für den Erfolg der Moderation ist, die Betroffenen für den Prozess zu gewinnen, sie also zu Beteiligten zu machen – dies ist einer der zentralen Ansätze und auch ein griffiges Schlagwort der Organisationsentwicklung (vgl. Becker & Langosch 2002).
Bereiten Sie sich gut vor!
Beginnen Sie positiv!
Legen Sie das Ziel fest!
Visualisieren Sie für alle sichtbar mit!
Erläutern Sie die Vorgehensweise!
Seien Sie neutral!
Führen Sie durch Fragen!
Bleiben Sie und die anderen beim Thema!
Achten Sie auf konkrete Vereinbarungen!
Schließen Sie positiv ab!
Die Moderation endet mit dem positiven Erlebnis, Teil einer erfolgreichen Lösungssuche und Ergebnisfindung, die jeder Teilnehmer auch selbst mitträgt, zu sein. Hierzu gilt es, von den Moderato-ren entsprechendes Feedback von der Gruppe hinsichtlich des Ergebnisses und des Prozesses der Moderation einzuholen. Dies führt zu einem elften Gebot, das Seifert (2004) in späteren Auflagen seines Praxisleitfadens ergänzte:
Bereiten Sie Ihr Meeting nach!
Insgesamt bilden drei Hauptteile den Rahmen des Moderationsablaufs: der Einstieg, der Mittelteil (mit Themensammlung, -auswahl, -bearbeitung und Maßnahmenplanung) und der Abschluss. Dieser Rahmen gilt für alle moderierten Workshops, es müssen aber nicht alle Phasen durchlaufen werden. Falls das zu diskutierende Thema klar gegeben ist und darüber auch Einigkeit in der Gruppe besteht, kann direkt im Anschluss an den Einstieg mit der Themenbearbeitung begonnen werden.
Im Rahmen des Einstiegs in den moderierten Workshop werden die Bedürfnisse und Befürchtungen der Teilnehmenden thematisiert. Ausgangspunkt ist hierbei ein gegenseitiges Kennenlernen der Teilnehmenden, wodurch Hemmungen abgebaut und Befürchtungen (auch Ängste) und Wünsche thematisiert werden.
Eine einfache Erwartungsabfrage (z. B. mit Flipchart) kann hierfür Grundlage sein, wichtig ist an dieser Stelle, eine Einigung hinsichtlich der Ziele herzustellen, die mit dem Workshop zu erreichen sind. Im Rahmen des Einstiegs erläutert der Moderator auch die von ihm geplante Vorgehensweise und Methode. Hierfür muss er die Teilnehmenden gewinnen; wurde einmal Einigkeit über die Vorgehensweise getroffen, so steht diese nicht mehr zur Disposition.
Die Themensammlung dient der Feststellung, welche inhaltlichen Probleme Gegenstand der Diskussion sein sollen, die Zielklärung im Einstieg hatte hingegen den Zweck, sich darüber einig zu werden, was grundsätzlich erreicht werden kann, und gegebenenfalls auch grundsätzliche Konflikte (z. B. auf der Beziehungsebene) offenzulegen, die es vordringlich zu bearbeiten gilt.
Hierbei ist wichtig, die grundlegende Regel der Wertschätzung in der Diskussion einzuhalten und dies als Moderator auch deutlich zu machen: Alle Beiträge sind wichtig, alle Beiträge werden aufgenommen, die Beiträge werden an dieser Stelle nicht kommentiert oder ausgesondert.
Die nächste Phase stellt die Themenbearbeitung dar, wobei auch hier eine zielorientierte Vorgehensweise für eine starke Ergebnisorientierung hin zur Lösungsreife sorgt. Bei der Themenbearbeitung kann in der Gesamtgruppe gearbeitet werden, es können aber auch Einzelpersonen oder Kleingruppen mit der Erarbeitung von Lösungen für einzelne Problemfelder betraut werden. Die Ergebnisse sind anschließend in der Gesamtgruppe zusammenzuführen.
Auch hier ist es wichtig, Konsens herzustellen und darüber hinaus auch bereits Verantwortlichkeiten (im Sinne von Themen-/Lösungspatenschaften) zu erzeugen.
Die gefundenen Lösungen müssen nun in dafür notwendige Maßnahmen übersetzt werden, für die jeweils einzelne Gruppenmitglieder die Verantwortung übernehmen sollen. Diese Ver-antwortungsübernahme wird durch vorher hergestellte Themenpartnerschaften erleichtert.
Dies wird durch das Aufzeigen der notwendigen Ressourcen für die Umsetzung noch verstärkt – damit wird deutlich gemacht, dass auch die Gruppe und die Organisation (also das gesamte Klientensystem) durch die Bereitstellung der notwendigen Ressourcen mit Verantwortung tragen.
Es gilt, den Teilnehmenden hier die Möglichkeit zur abschließenden Selbstreflexion zu geben und damit das Gefühl, sich Veränderungschancen erarbeitet zu haben.
Mit der Feedbackrunde, die auch das Berater-Klienten-System thematisieren soll (auch der Moderator erhält Feedback), endet der Moderationszyklus.
Wie bereits angesprochen, ist aber die Nachbereitung der Moderation ein wichtiger Bestandteil.
Die Wahl der Dramaturgie und auch die etailplanung hängen in hohem Maß davon ab, welche Art von Workshop stattfinden soll. Hierbei lassen sich verschiedene Formen unterscheiden:
Problemlöseworkshop: Dieser ist von konkreten Problemlagen gekennzeichnet, bedarf einer klaren Problemeingrenzung, der Analyse von Einflussfaktoren, der Entwicklung von Lösungsmöglichkeiten, deren Bewertung und Überführung in einen Maßnahmenkatalog (vgl. Lipp & Will 2008). Dies ist die Standardvariante, die auch in den obigen Ausführungen zugrunde gelegt wurde.
Konfliktlöseworkshop: Hier stehen Konflikte innerhalb der Gruppe im Vordergrund. Es gilt zuerst einmal, die negative Grundstimmung aufzugreifen und mit positiven Signalen (z. B. gemeinsamen Erfolgen oder Zielen) zu beginnen. Wichtig ist, auf dieser Grundlage (wiederum positiv) Wünsche und Angebote an die jeweils andere Konfliktpartei zu formulieren (vgl. Lipp & Will 1998). Im Rahmen einer Diagnosephase sind dann die Konfliktgegenstände (z. B. Verteilungs-, Bewertungs-, Beurteilungs-, Beziehungskonflikt) und deren Ursachen zu klären. Wichtig ist, dabei deutlich zu machen, dass Konflikte durchaus für das System funktionale Wirkungen haben können (vgl. Marr & Stitzel 1991); funktionale und dysfunktionale Wirkungen sind nun herauszuarbeiten. Hieraus können dann Perspektiven erarbeitet werden.
Entscheidungsworkshop: Hier ist das Problem oder das Thema bereits bekannt, es geht darum, zur Entscheidungsreife in der Organisation zu kommen. Entscheidungsworkshops sind damit die konsequente Form der Umsetzung eines demokratischen Führungsverständnisses, da hier die umfassendste Form der Mitarbeiterbeteiligung stattfindet: Die Betroffenen treffen selbst die Entscheidung. Situation, Beteiligte und Entscheidungsgegenstand sind bekannt – damit wird die größtmögliche Transparenz einer Entscheidungssituation hergestellt. Folgende Phasen sind hierbei zu durchlaufen: Zielarbeit, Alternativenvorstellung, Entwicklung der Beurteilungskriterien, Alternativenbewertung, Entscheidung und Maßnahmen (vgl. Lipp & Will 2008).
Konzeptionsworkshop: Konzeptionen sind spezielle Planungsformen (z. B. von Personalentwicklungsprogrammen). Diese nehmen eine Entwicklung vorweg und strukturieren sie in Teilschritte, die logisch aufeinander folgen. Hierzu gilt es (nach Lipp & Will 2008), das Aufgabenfeld abzustecken, die Konzeptionsziele zu klären, Konzeptionsinhalte zu entwickeln sowie Folgeschritte festzulegen.
Zukunftswerkstatt: Dies ist eine spezifische Form von Zukunftsworkshops. Grundsätzlich wird sie eingesetzt, wenn es gilt, unsicheres oder sehr komplexes Wissen zu sammeln und zu strukturieren, z. B. Prognosen zu erstellen. Lipp und Will (2008) gliedern sie in drei Phasen: In der Kritikphase werden Veränderungspotenziale aufgezeigt, die dann in einer Fantasiephase erweitert werden. Hier gilt es, von bekannten Mustern abzuweichen, Regeln bewusst zu dehnen oder zu brechen und Perspektiven zu wechseln. Techniken, die hier eingesetzt werden können, sind z. B. die Fantasiereise oder auch Brainstorming. Die so erzeugten Ideen werden dann in einer Realisierungsphase einer kritischen Bewertung hinsichtlich Realisierungschancen unterzogen.
In der Organisation sieht sich der oder die Einzelne sowohl mit sachlichen Leistungsanforderungen als auch mit zwischenmenschlichen Erwartungen konfrontiert. Dieses Erleben der oder des Einzelnen ist untrennbar mit ihrer oder seiner Individualität verbunden und hat Auswirkungen sowohl auf die ökonomische als auch auf die soziale Effizienz des Individuums und der gesamten Organisation.
Personal Mastery bedeutet „Selbstführung und Persönlichkeitsentwicklung“ und ist eine der Disziplinen, die Organisationen sich aneignen müssen, um eine lernende Organisation zu werden.
Menschen entfalten, unabhängig davon, über welche Ausbildung sie verfügen, meist nur einen kleinen Teil der Talente und Potenziale, die in ihnen vorhanden sind. Mehr noch: Menschen kennen einen Großteil ihrer Möglichkeiten kaum oder lassen diese „mit den Jahren“ verkümmern oder vergessen einfach, dass sie diese oder jene Vision über ihre Persönlichkeitsentwicklung einmal hatten. Folge ist, dass Menschen in „defensive Routine“ verfallen und weit unter ihren Möglichkeiten bleiben.
In der integralen Organisationsentwicklung benutzen wir den Begriff in seiner Bedeutung als eine sinnvolle Zukunftsausrichtung für Personen, Teams und Organisationen. Visionen sind emotionale Bilder einer attraktiven Zukunft, die erschaffen werden soll im Sinne einer machbaren Utopie. Visionen geben dem Handeln eine sinnvolle Ausrichtung.
Eine Mission können wir uns als die Definition eines Spiels mit dem Abstecken eines „Spielfeldes“ und der Festlegung der dazugehörigen „Spielregeln“ vorstellen („Wir spielen Fußball gemäß den geltenden Regeln der FIFA.“),
die Vision als das „Projekt“ der Mannschaft („Wir werden das All-Star-Team des Fußballs.“), zu deren Verwirklichung
konkrete Ziele erreicht werden müssen (z. B. „Platz X in der Liga erreicht“).
Im Gegensatz zur Mission ist die Vision – wie ein „Projekt“ – zeitlich begrenzt. In modernen Organisationen werden Visionen für drei bis fünf Jahre entwickelt, jedoch hängt der Zeitraum auch von der Natur einer Organisation ab.
Im als „Kunst und Praxis der lernenden Organisation“ veröffentlichten Modell gehört die Entwicklung einer „gemeinsamen Vision“ – neben den Disziplinen Personal Mastery, der Arbeit an mentalen Modellen, dem Teamlernen und dem systemischen Denken – zu den fünf Kerndisziplinen der lernenden Organisation.
Visionen erfüllen in dieser Tradition hauptsächlich folgende Funktionen:
Sie geben Orientierung, in dem sie den „gemeinsamen Treffpunkt in der Zukunft“ benennen und auf das Wesentliche konzentrieren.
Visionen sind darüber hinaus eine treibende Kraft für den Zusammenhalt, die Entwicklung und das Lernen in Organisationen, für die Identifikation, Motivation und Kreativität der Mitarbeitenden.
Auch „Probleme“ können sinnvolle „Antreiber“ sein, um in einem Team oder einer Organisation ein gemeinsames Bewusstsein über die Realität, ein gemeinsames Verständnis einer Herausforderung herzustellen und eine Voraussetzung für eine Zieldefinition zu schaffen. Die Gefahr besteht jedoch, am konkreten Problem hängen zu bleiben oder sich in ein konkretes Ziel zu verbeißen. Es entsteht eine Art „Tunnelblick“, der den Gesamtzusammenhang tendenziell ausblendet und somit jedes systemische Denken und Handeln unmöglich macht.
Visionen helfen mit ihrer Fähigkeit, die Zukunft als ganzheitliches und „erfassbares“ Bild zu projizieren und das Bewusstsein zu erweitern.
das Verfahren „Visionsschaukel“ (Turnheim 1991, S. 78), beschreibt Visionenentwicklung als einen Prozess ständiger Perspektivwechsel: Von der Realität zur Vision mit Hilfe von Bildern, Gefühl und Synthese und wieder zurück von der Vision zur Realität mit Hilfe von Sprache, Logik und Analyse.
Um eine Vision zu formulieren, bieten sich zwei Verfahren an, die auch miteinander kombiniert werden können: Die Videomethode und die metaphorische Methode. Für beide Methoden werden eine geeignete Umgebung (Licht, Weite, Far-be, Distanz zum eigenen Büro), Ruhe, Entspannung, Konzentration und kreative Ermutigung benötigt, auch Musik kann förderlich wirken.
Metaphorische Methode: Wir suchen nach einem Sprachbild (das sich vielleicht auch zeichnen lässt), um die erhoffte Zukunft mit einer Metapher zu beschreiben.
Videomethode: Stellen Sie sich ihre Zukunft in ca. drei bis fünf Jahren so konkret wie möglich vor. Wenn wir dann ein Video drehen würden: Was sehen Sie? Was hören Sie? Was schmecken Sie? Was fühlen Sie? Wie sind die Menschen?
Auf der Organisationsebene ist der Verstehensprozess ein vielfach an Strukturen und Prozessen orientiertes Vorgehen (vgl. Elbe & Peters 2016), dies umfasst die geplante, systematische Erhebung von Informationen in Organisationen unter spezieller Berücksichtigung einer psychologischen Perspektive. Dies ist u. a. wichtig, um eine „Therapie ohne Diagnose“ (Werner & Elbe 2013) zu vermeiden, worunter häufig Ansätze der klassischen Organisationsberatung kranken.
Organisationsdiagnose zielt somit auf Erkenntnisse bezüglich des Erlebens und Verhaltens von Menschen in Organisationen ab, wobei sie von zahlreichen Einflüssen abhängig ist, wie dem Verwertungsinteresse des Diagnostikers und seiner Abhängigkeit von der Auftraggeberin und der Wahl der Erhebungsinstrumente, aber auch vom untersuchten Ausschnitt der Organisation und von der erkenntnistheoretischen Ausrichtung, die der Organisationsdiagnose zugrunde liegt. All diese Aspekte beeinflussen den Verstehensprozess und damit die Erkenntnisfähigkeit – also die Möglichkeit, eine hilfreiche Diagnose zu erstellen und anschlussfähige Handlungsalternativen zu entwickeln.
Sowohl quantitative als auch qualitative Verfahren können im Rahmen der Organisationsdiagnose hilfreich sein, was den Einsatz von Fragebögen (z. B. im Rahmen von Mitarbeiterbefragungen) bis hin zur Führung von Interviews (z. B. auf der Führungsebene) und zur Beobachtung (z. B. kommunikativer Prozesse) einschließt. Nevis (1988) markiert den Unterschied zwischen quantitativer und qualitativer Methoden als den zwischen Sherlock-Holmes-Methode (für ein quantitatives, aktiv-gerichtetes Vorgehen) und Columbo-Methode (für ein qualitatives, offen-ungerichtetes Vorgehen).
Es ist von entscheidender Bedeutung, sich eine handlungsorientierte Diagnosekompetenz zu erarbeiten und anzueignen. Dazu gehört u. E.: Neugier darauf, wie die Dinge wirklich liegen, die Fähigkeit offene und sytemische Fragen zu stellen, aktiv zuzuhören, Empathie, Sensibilität für das Unterschwellige, die Fähigkeit, ggf. „Anliegen hinter dem Anliegen“ zu entdecken.
Die Aufgabe des OE-Beraters oder der OE-Beraterin ist es daher, soweit möglich, das „ganze Bild“ zu erheben und für die Diagnose nutzbar zu machen.
Doppler und Lauterburg (2002) erwähnen drei „psychologische Barrieren“, die einer sorgfältigen Organisationsdiagnose häufig im Wege stehen und die es zu vermeiden gilt:
Die erste Barriere besteht darin, dass wir uns im Gespräch mit der Hierarchie der „Sicht von oben“ (Vogelperspektive), d. h. der Einschätzung der jeweiligen Führungskraft bzgl. der Ist-Situation anschließen. Die Meinung einer Führungskraft ist zwar nie ganz falsch, aber erfahrungsgemäß auch nie ganz richtig.
Die zweite Barriere besteht darin, dass wir glauben, die unteren und mittleren Stufen wüssten am besten, wo die Stärken und Schwachstellen der Ist-Situation liegen. Auch deren Wahrnehmung ist sicherlich nicht ganz falsch, bildet jedoch auch nur einen selektiven Ausschnitt der Istsituation ab.
Die dritte Barriere ist eine Art Hemmung, Menschen, die die Organisation nur aus der Froschperspektive kennen (z. B. Hausmeister/-innen, Empfangspersonal, Putzhilfen, Sekretäre/Sekretärinnen, Sachbearbeiter/-innen), in die Diagnose einzubeziehen und nach ihrer Meinung zu fragen. Gerade Menschen jedoch, die ganz im operativen Geschäft tätig sind, nehmen Dinge wahr, die andere nicht wahrnehmen. Gleichwohl ist auch deren Perspektive nur ein selektiver Ausschnitt des Ganzen.
In dieser Einführung soll exemplarisch eine Methode, und zwar das „Eisbergmodell“ – zweifellos ein Klassiker der Methoden der Organisationsdiagnose – vorgestellt werden, um zu zeigen, dass es in der OE-Beratung immer darum geht, „sichtbare und unsichtbare Aspekte“ einer Organisation in den Blick zu bekommen, zu verstehen, kommunizierbar und für die Organisationsentwicklung nutzbar zu machen.
Diese beiden Seiten einer Organisation – also: die für jeden sichtbare und die zunächst unsichtbare – hat Kühl (2002) näher ausgeführt und betont, dass Organisationen nicht nur eine formale Seite (direkt sichtbar), sondern auch eine informale Seite (nicht direkt sichtbar) haben – eigentlich auch noch eine dritte Seite, die er Schau(fenster)seite nennt. Über die formale Seite sind aus Organigrammen, aus Prozesshandbüchern, aus Stellenbeschreibungen etc. Informationen erhältlich.
Die informale Seite bezieht sich auf das „Unterleben einer Organisation“, das sich jenseits der offiziellen Regeln ausbildet, d. h. darauf, „wer mit wem kann oder nicht“ etc. In der Organisationsberatung geht es darum, beide Sphären der Organisation zu verstehen und im Rahmen eines Veränderungsprozesses bearbeitbar zu machen.
Auch bei der Organisationsdiagnose gilt das Partizipationsprinzips der OE, nämlich Betroffene zu Beteiligten zu machen. Gleichwohl werden insbesondere in größeren Organisationen gezielte Großgruppenverfahren (GGV) benötigt, um möglichst viele Menschen z. B. im Rahmen von Startszenarien zur Diagnose, Zielmaßnahmenfindung in den Prozess einbinden zu können.
Die herkömmliche Moderationstechnik ist dabei nur begrenzt von Nutzen, daher sollen im Folgenden drei exemplarische Großgruppenverfahren GGV – nämlich Open Space, World Café und Zukunftskonferenzen – erläutert werden, die zur Organisationsdiagnose mit großen Mengen von Menschen verwendet werden können.
Harrison Owen (2011) entwickelte eine Methode, die auf den Prinzipien der Selbstorganisation und Selbstbestimmung einer größeren Gruppe von Beteiligten (bis zu mehreren Hundert Teilnehmenden) basiert. Diese Methode soll eben den offenen Raum nutzen (Open Space) und dadurch eine aktive Mitwirkungsmöglichkeit für zahlreiche Teilnehmer bei größeren Veranstaltungen ermöglichen.
Hierzu wird im Vorfeld ein Leitthema entwickelt, das dann von den Teilnehmenden selbst inhaltlich und vom Bearbeitungsablauf her strukturiert wird; einen festgelegten Ablauf gibt es nicht – Open Space wird damit zur radikalsten Form einer offenen Dramaturgie. Eine Open-Space-Konferenz dauert ein bis drei Tage und kann z. B. als Kick-off-Meeting für ein Change-Projekt in einer Organisation, aber auch als erweiterte Zukunftswerkstatt stattfinden. Mit der Open-Space-Methode werden viele Menschen an Themen oder Projekte herangeführt und für diese aktiviert.
Dementsprechend gelten einige wenige Grundregeln (vgl. Freitag 2002):
Wer da ist, wird gebraucht und hat etwas beizutragen.
Was auch passiert, es ist hilfreich.
Es dauert so lange, wie es braucht.
Wechsle die Arbeitsgruppen, wenn du nichts lernen oder nichts beitragen kannst.
Bewusste Kontrollversuche führen zum Scheitern.
Die Ergebnisse werden dokumentiert.
Die Methode schafft so größtmögliche Offenheit bei gleichzeitiger Wertschätzung der Teilnehmer und ihrer Kreativität. Im Rahmen einer Eröffnung der Ver-anstaltung wird ein sogenannter Marktplatz als Ausgangspunkt gewählt, auf dem sich die Teilnehmer treffen und selbst ihre Beteiligung an der Bearbeitung von Teilaspekten des Konferenzthemas organisieren. Einzelne sprechen Themen an und finden andere, die bereit sind, sich an der Diskussion oder auch der Visualisierung des Problems zu beteiligen.
Open-Space-Konferenzen sind von drei Rollen geprägt, die Freitag (2002) folgendermaßen kennzeichnet:
Der Veranstalter (Auftraggeber) organisiert die Konferenz, stellt Räume und (Moderations-)Materialien bereit, verzichtet auf Steuerung und Kontrolle.
Der Begleiter eröffnet die Konferenz („Marktplatz“), führt in die Methode und das Thema ein und stellt die Arbeitsfähigkeit während der Konferenz sicher und sorgt für die Gesamtdokumentation.
Die Teilnehmersind „Hummeln“ (beteiligen sich an verschiedenen Arbeitsgruppen) oder „Schmetterlinge“ (beteiligen sich scheinbar nicht) und können als „Einberufer“ Teilworkshops zu von ihnen bestimmten Themen moderieren und dokumentieren.
Aus systemischer Sicht von besonderem Interesse sind, so Freitag (2002), die „Schmetterlinge“, also Teilnehmer/-innen, die sich scheinbar nicht beteiligen. „Sie sind systemisch gesehen Orte der Inaktivität. Darin liegt ihre Bedeutung: Wo sie sind, ist nichts vorgesehen. Deswegen ist dort viel ‚Raum‘, in dem Neues und Unerwartetes geschehen kann.“ (Freitag 2002, S. 214)
Auch das World Café ist ein Moderationsverfahren für größere bis große Gruppen, das das Baukastenprinzip nutzt und große Gruppen in wechselnde kleinere zerlegt, um diese dann wieder zu integrieren. Das World Café ist eine Weiterentwicklung der Appreciative Inquiry (wertschätzenden Erkundung), eines Ansatzes der Organisationsentwicklung. Diese Wertschätzung beruht einerseits auf einer humanistischen Grundeinstellung, andererseits aber auf der Annahme von kollektiver Intelligenz in sozialen Systemen, die sich durch strukturierte Kommunika-tionsprozesse zwischen verschiedenen Gruppen zur kreativen Weiterentwicklung von Wissen und Konzepten nutzen lässt.
World Cafés folgen dabei einigen Kernprinzipien (vgl. Brown & Isaacs 2007):
Der Kontext (Rahmen, Thema) der Veranstaltung ist festzulegen.
Für die Arbeit gilt es, einen gastfreundlichen Raum zu schaffen.
Die zu bearbeitenden Fragen müssen bedeutsam und interessant sein.
Es werden alle Teilnehmenden zur Mitarbeit eingeladen und ermutigt.
Unterschiedliche Perspektiven werden ausgetauscht und verknüpft.
Es werden gemeinsam Einsichten, Muster und tiefer gehende Fragen herausgearbeitet.
Kollektive Erkenntnisse entwickeln sich durch Sammeln und Teilen von Wissen.
Mit diesen Prinzipien wird in der Café-Atmosphäre ein Dialogprozess zwischen den Teilnehmenden und den Themen so in Gang gesetzt, dass überraschende Verknüpfungsmuster entstehen und verschachtelte Reflexionsprozesse in relativ kurzer Zeit ein Thema sowohl in Breite als auch in Tiefe erschließen können.
Ein World-Café dauert etwa 45 Minuten bis drei Stunden. Die Teilnehmer stehen oder sitzen im Raum verteilt an kleinen Tischen mitmaximal acht bis zehn Personen. Jeder Tisch hat einen Gastgeber, der die Rolle des Moderators an diesem Tisch übernimmt. Die Tische sind mit Papiertischdecken versehen, und es liegen Faserschreiber bereit.
Nach einer Zeitspanne (z. B. 30 Minuten) ertönt ein akustisches Signal (z. B. Gong), und die Teilnehmer werden gebeten, sich nun an einen anderen Tisch zu begeben und dort weiterzuarbeiten.
Der Gastgeber bleibt bei seinem Tisch und erläutert nun der neu zusammengekommenen Gruppe die bisherigen Arbeitsergebnisse. Aufgrund dieses Inputs arbeitet die neue Gruppe nun an dem Thema weiter und bringt neue Ideen oder Perspektiven ein.
Zum Abschluss findet wieder eine Plenumssitzung statt, an der alle teilnehmen. Hier präsentieren die Gastgeber die Ergebnisse ihrer Tische, die in wechselnder Besetzung erarbeitet wurden, und nutzen dafür das Tischtuch als Dokumentation. Der Gesamtmoderator fasst die Ergebnisse nach einer abschließenden Diskussion zusammen und moderiert den Abschluss der Veranstaltung.
Im Gegensatz zu den beiden bisherigen Ansätzen ist diese Form eines Großgruppenverfahrens in hohem Maß standardisiert und lässt den Moderatoren nur wenig Handlungsspielraum. Weisbord (1996) formuliert folgende Prinzipien für die Zukunftskonferenz:
Für die Konferenz muss das ganze System in einen Raum geholt werden.
Dabei folgen wir der Maxime, global zu denken und lokal zu handeln.
Unser Fokus sollte auf die Zukunft gerichtet sein und nicht auf Probleme.
Es wird in selbst steuernden Gruppen gearbeitet.
Der Ablauf einer Zukunftskonferenz orientiert sich nach Weisbord (1996) an sechs zentralen Aufgaben, die durch die Teilnehmer zu bearbeiten sind:
Im ersten Schritt soll der Zusammenhang zwischen einem spezifischen Problem (X), der Welt und der oder dem Teilnehmenden, die oder der bisher wirkte, beschrieben werden.
Im zweiten Schritt sind gegenwärtige Trends, die extern auf das Problem einwirken, zu erfassen.
In der dritten Aufgabe müssen die Teilnehmer den Zusammenhang zwischen sich selbst und dem Problem (Stolz, Trauer) beschreiben.
Aufgabe vier fordert die Erarbeitung von Visionen für die Zukunft, die das Problem betreffen.
Im fünften Schritt sind Gemeinsamkeiten in den Visionen und in Bezug auf die bisherigen Aufgaben zu formulieren.
Auf dieser Basis lassen sich im sechsten Schritt Maßnahmen zur Realisierung einer besseren Zukunft in Bezug auf das Problem (X) formulieren.
Die soziotechnische Perspektive sorgt bei diesem Verfahren für eine strikte, teilweise technisch anmutende Vorgehensweise, die aber letztlich einen ähnlichen Effekt anstrebt wie das World Café: Die Nutzung verschiedener Perspektiven, um zu hohe Selbstreferenz zu vermeiden. Anders als das World Café setzt die Zukunftskonferenz allerdings mehr auf Expertenwissen als auf kollektive Intelligenz.
Teams agieren häufig ineffizient oder ineffektiv und bleiben, was ihre Leistungsfähigkeit betrifft, i.d.R. weit unter ihren Möglichkeiten (vgl. Burow 2015).
Nicht zuletzt aufgrund solcher kritischer Befunde ist TE in modernen, dynamischer und agiler werdenden Organisationen mittlerweile eine Selbstverständlichkeit geworden. Kaum eine größere Organisation, die ihren Arbeitsgruppen, die zu Teams werden (sollen), nicht professionelle Unterstützung anbietet – sei es in Form extern eingekaufter Teamentwickler oder durch OE-Experten aus den Inhouse-Abteilungen für Personal- und Organisationsentwicklung.
Es besteht mittlerweile Konsens in Praxis und Forschung darüber, dass Teamentwicklung zu den wirksamsten Strategien zur Verbesserung der Leistungsfähigkeit von Teams und zur Veränderung von Organisationen gehören.
Teamentwicklung ist nicht einfach das Kümmern um eine bessere Atmosphäre in einer Arbeitsgruppe oder die Durchführung „interaktiver Übungen“ zur Anhebung der Stimmung in einer Gruppe, sondern das sorgfältige, professionell unterstützte Optimieren des Geschehens innerhalb einer Gruppe von Menschen, die komplexe Aufgaben oft in immer kürzeren Abständen zu bewältigen haben.
Teamentwicklung ist in der Regel auf allen Hierarchiestufen einer Organisation gefragt – auf operativen Stufen, aber auch auf Ebene der Geschäftsführungen und Vorstände, d. h. auch überall dort, wo Steuerungsleistungen erbracht werden, die sich auf die gesamte Organisation auswirken.
Merksatz:
“Teamentwicklung ist die regelmäßige, kritische Überprüfung und Optimierung der Funktionsweise, der Rollenverteilung, des Umgangs miteinander sowie der Arbeitsprozesse eines Teams durch die Teammitglieder.”
Teamentwicklung als Ansatz für Organisationsentwicklung geschieht somit mit einer Gruppe von Menschen, die im Alltag einer Organisation unmittelbar zusammenarbeiten oder zusammenarbeiten sollen.Diese Konzentration von TE-Maßnahmen auf „life-items“ garantiert einen intensiven Praxisbezug und ist mit einer hohen Lerntransferchance verbunden. In diesem Sinne lässt sich die obige Definition durch den „Prozessaspekt“ ergänzen und präzisieren:
„Teamentwicklung ist ein moderierter Prozess gemeinsamen Lernens, der von den Mitgliedern einer Arbeits- bzw. Projektgruppe (Team) mit dem Ziel absolviert wird, über die gecoachte Bearbeitung echter und konkreter Zusammenarbeitsprobleme die Effektivität des Teams bei der Lösung seiner aktuellen und/oder zukünftigen Probleme sowie bei der Erreichung der gemeinsamen Ziele zu steigern.“ (Comelli 2020, S. 417)
TE-Maßnahmen entstehen – so die Erfahrung von Praktikern – im Allgemeinen aus einem Bedarf nach Klärung „typischer Themen“, wie sie in einem Team allenthalben vorkommen:
Klärung
von Zielen und Aufgaben des Teams
des gemeinsamen Arbeitsansatzes
der Rollen im Team
der internen Organisation/Strukturen im Team
der Arbeitsprozesse im Team (Kernprozesse, Unterstützungsprozesse, Managementprozesse)
der Schnittstellen des Teams zu anderen Organisationseinheiten (anderen Teams aus derselben Abteilung / demselben Bereich; zu anderen Abteilungen/Bereichen)
der Formen und Qualität der Zusammenarbeit im Team (Kommunikation, Konflikte, gegenseitige Wahrnehmung, Führung, Umsetzung von vereinbarten Werten der Gesamtorganisation/Organisationskultur)
der effektiven Nutzung von Managementinstrumenten (Welche sind ver-bindlich? Wie sollen sie genutzt werden?)
—> Bridging zur Gesamtorganisation
Notwendige normierende Regeln zur Strukturierung der Gruppe sowie zur Orga-nisation und Optimierung der Zusammenarbeit sind unbekannt, und bekannte Regeln werden nicht praktiziert (z. B. eindeutige Rollenverteilung oder -zuordnung, Zielklärung, Normen für den Umgang miteinander bzw. zur Aufrechterhaltung der Gruppendisziplin, Besprechungsregeln).
Bestimmte Arbeitstechniken und Vorgehensweisen, die für effiziente Teamarbeit notwendig sind, werden nicht oder nicht ausreichend beherrscht (z. B. Moderation, Metaplantechnik, Problemlösesystematik, Entscheidungstechnik, Techniken der Ideenfindung).
Ein Mangel an sozialen Fähigkeiten und Fertigkeiten bei einzelnen oder mehreren Teammitgliedern belastet die Kommunikation und provoziert Missverständnisse und Konflikte (z. B. sich verständlich ausdrücken können, Zuhörfähigkeit, eigene Wirkung kalkulieren können, offene und direkte Kommunikation statt „verdeckte Botschaften“, aktive und passive Feedbackfähigkeit).
Die Gruppe wird „Opfer“ bestimmter gruppendynamischer Prozesse, die sie entweder nicht kennt und/oder nicht wahrnimmt und demzufolge dann auch nicht steuern und beeinflussen kann (z. B. Konformitätsdruck, Nivellierungseffekt, Gruppeneuphorie, Unterschätzung von Risiken oder Gefahrensignalen).
Gestörte Beziehung zwischen einzelnen Personen und/oder Gruppen führen zu Kommunikationsproblemen oder sogar zu Konflikten, die eine reibungslose Zusammenarbeit und eine effiziente Zielerreichung behindern (z. B. Blockierung oder Verweigerung der Kommunikation, Vorenthalten von Informationen, desintegratives Verhalten, „Spielchen“ zwischen einzelnen Personen, „Auflaufenlassen“).
Als Ziele von Teamentwicklungsmaßnahmen lassen sich die Verbesserung der Aufgabenerfüllung und Zielerreichung (Lokomotionsfunktion) und die Verbesserung der sozialen Integration und des Zusammenhalts (Kohäsionsfunktion) unterscheiden:
Die Erreichung dieser TE-Ziele wird von verschiedenen Faktoren beeinflusst, wobei in der Literatur häufig zwischen harten und weichen Einflussfaktoren unterschieden wird, die sich folgendermaßen operationalisieren lassen:
A. Harte Faktoren in der Teamentwicklung
Organisationsstruktur (Geschäftsverteilung, Aufgabenportfolios, Schnittstellen, Berichtswege)
Arbeitsprozesse (das Design der zentralen Geschäftsprozesse)
Managementinstrumente (Zielsetzung, Planung, Budgetierung, Informationssystem, Mitarbeiterbeurteilung, Belohnung und Sanktionssysteme etc.)
B. Weiche Faktoren in der Teamentwicklung
Kommunikation (Offenheit und Vertrauen, Art und Weise der Verständigung untereinander, Meinungsbildungs- und Entscheidungsfindungsprozesse)
Führung (Leitungs-, Koordinations- und Steuerungsfunktionen, Sitzungsmoderation und - management, Führungsstil)
Zusammenarbeit (Kooperation zwischen den Teammitgliedern sowie zwischen deren Bereichen, Konfliktfähigkeit)
Von der Anwendung des Teambaum gehen oft – nicht zuletzt auch wegen der Einfachheit seiner Handhabung – positive Impulse zur Teamentwicklung aus. Das Instrument hilft einem Team, sich in strukturierter Form seiner Situation zu vergewissern, sich über seine Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft zu verständigen und gemeinsam Klarheit zu verschaffen.
Der Teambaum ist auf drei Fragen gerichtet:
Woher kommen wir als Team? (Vergangenheit)
Wo stehen wir heute als Team? (Gegenwart)
Wo wollen wir als Team hin? (Zukunft)
Die Anwendung des Instruments verläuft folgendermaßen:
In die Wurzeln des Baumes (Vergangenheit) zeichnet das Team all das ein, was für seine Entstehung und Entwicklung entscheidend war – z. B. gemeinsame Erfahrungen, Visionen, Ideen, Herausforderungen, Ereignisse, konzeptionelle oder geistige Strömungen;
in den Stamm (Gegenwart) zeichnet das Team all das ein, worüber es als Team gegenwärtig verfügt. Dabei ist es sinnvoll, zwischen operationalen Aspekten – z. B. ein Büro, 20 Trainer, eine Homepage – und kulturellen Aspekten – z. B. Teamgeist, Lernkultur, bestimmte Werte – zu unterscheiden.
In die Krone des Baumes schließlich zeichnet ein Team all das ein, was es als Vision zukünftig erreichen möchte.
Der Zeitbedarf zur Erstellung eines Baumes in einer Gruppe von drei bis vier Personen dürfte in der Regel bei etwa 45 Minuten liegen.
Der Übergang in die Wissensgesellschaft erfordert es, dass in Unternehmen möglichst alle Mitarbeiter zur Entwicklung von und zur Mitwirkung bei Innovationen in der Lage sind. Die Erzeugung von Wissen und Konzepten, die Konkurrenten nur schwer imitieren können, ist dafür eine wichtige Voraussetzung. Innovationsfähige Belegschaften werden zum entscheidenden Wettbewerbsfaktor.“ (DGB 2005, S. 7)
Damit entsprechende Innovationsfähigkeiten in den Belegschaften reifen können, kommt der Personalentwicklung und Organisationsentwicklung eine grundlegende Bedeutung zu. Organisationen, Unternehmen und Betriebe müssen sich zunehmend zu „lernenden Organisationen“ entwickeln.
Organisationales Lernen nimmt damit eine neue, konstruktivistische Dimension des außerfachlichen oder fachübergreifenden Lernens der Mitarbeiter in den Blick. Es geht nämlich nicht um Fachliches in diesen Lernprozessen, sondern um die Anbahnung der Fähigkeit zum „Umdenken“.
Führung ist in diesem Sinn ein Anleiten, besser: Anstiften einer Gruppe, Lernprozesse so zu gestalten, dass diese auf Dauer Erfolgspotenziale erschließen. Es geht also darum, Ressourcen als relevant zu entdecken und ihnen somit Sinn zuzuweisen. Natürlich müssen sich diese Sinnzuweisungen bewähren, es handelt sich somit um ein Versuch-Irrtums-Zyklus, an dessen Ende aber jeweils eine Handlungsoption steht, die erfolgversprechend ist (vgl. Elbe 2012). Weick (1995) beschreibt diesen Lernprozess als Kern der Organisation. Für ihn ist Organisation ein Lernprozess, der darin besteht, dass sich die Organisationsmitglieder über Sinnbezüge und Relevanzen einigen. Von besonderer Bedeutung ist für Weick (1995) der Prozess, die Aushandlung, und damit entspricht sein Ansatz in hohem Maß den Vorstellungen der OE davon, wie Organisationen funktionieren.
Im Rahmen der OE sind lernförderliche Arbeitsstrukturen zu fördern, die die grundlegende Unternehmenskultur, aber auch Arbeitszeit, Karriereperspektiven, Anreizsysteme, betriebliche Gesundheit usw. betreffen (vgl. Elbe 2016b).
Lernförderliche Arbeitsgestaltung durch OE in diesem Sinn ist eben nicht nur Prozess- oder Strukturgestaltung sowie gesundheitsrelevante Begrenzung von Arbeitsbelastungen, sondern geht über diese – ohne Zweifel sehr sinnvollen – Maßnahmen deutlich hinaus. Lernförderliche Arbeitsgestaltung ist auf Voraussetzungen angewiesen: Es müssen zumindest die Freiheitsgrade in der alltäglichen Bewältigung der Arbeitsaufgabe gegeben sein, die Lernpotenziale erschließbar machen; dies zu fördern kann eine vorgelagerte Aufgabe der OE sein. Grundlage lernförderlicher Arbeitsgestaltung ist also das Vorhandensein einer Lernkultur als Arbeitskontext. Das ist die umfassendste Anforderung, die an Arbeitsgestaltung gestellt werden kann – demgegenüber treten die funktionale Gestaltung des Arbeitsplatzes, der Flexibilitäts- und Integrationsgrad der Arbeitsaufgabe, Zusammenarbeit oder technische Bedingungen in den Hintergrund. Entsprechend ist auch nicht die Art der Arbeit (körperlich oder geistig, ausführend oder dispositiv, autonom oder teamorientiert, repetitiv oder diskret etc.) für die Lernförderlichkeit entscheidend, sondern die Ausgestaltung des Arbeitskontextes als Lernkultur, es könnte auch gesagt werden: als Ermöglichungskultur.
Es ist vielmehr die Offenheit gegenüber Neuem, dieses als Alternative und Chance zu begreifen, welches die Grundvoraussetzung für Lernprozesse im Generellen und für Lernförderlichkeit von Arbeit im Besonderen darstellt. Im Lernprozess wird die Sicherheit des Bekannten infrage gestellt und die Ungewissheit neuer Praktiken, Technologien oder Produkte wird als Ressource zur Gestaltung zukünftiger Herausforderungen begriffen (vgl. Elbe 2016b).
Einfache Lernvorgänge beschränken sich auf die Imitation bekannter Prinzipien oder Technologien; Innovation (im engeren Sinn, als Durchsetzung von Neuem) hingegen erfordert ein höheres Maß an Offenheit im Lernprozess und damit auch ein größeres Ausmaß lernförderlicher Arbeitsgestaltung. Die höchste Lernintensität ist mit der Annahme von völlig neuen Ideen, also von Inventionen, verbunden, und dies zu ermöglichen, erfordert auch das höchste Maß lernförderlicher Arbeitsgestaltung
Eine OE-Beratung, die den Kontext und den tatsächlichen Bedarf eines Kunden oder einer Kundin – Anlass, Grund, Anliegen, Beteiligte, gewünschte Ziele der Beratung – nicht versteht, hat kaum Aussicht, den Prozess erfolgreich begleiten zu können. Mit Auftragsklärung bezeichnen wir die erste, die Zusammenarbeit konstituierende Phase eines OE-Prozesses. Sie umfasst auf der Sachebene Kontaktaufnahme, Kennenlernen, Klärung des Anliegens sowie die Frage, ob Klient und Berater zusammenfinden, und den Abschluss eines Vertrags. Auf der Beziehungsebene geht es zwischen den Beteiligten darum, „in Kontakt zu kommen“ mit dem tatsächlichen „Anliegen“ des Kunden, mit den beteiligten Akteuren des Kundensystems und deren Sichtweisen, Wünschen und Erwartungen, sowie um Vertrauensbildung.
Warum? Was ist der aktuelle Anlass? Warum gerade jetzt? Woran merken Sie, dass es ein Thema gibt?
Wohin? Wohin soll die Reise gehen? Woran erkennen Sie, dass Sie das Ziel erreicht haben?
Woher? Was ist die Vorgeschichte? Was haben Sie bisher probiert? Wie sind Sie auf die angefragte Beratungsfirma gekommen?
Wer? Wer ist dabei? Wer sollte dabei sein? Wer wäre davon betroffen?
Wie? Wie gehen Sie ansonsten bei solchen Angelegenheiten vor? Vorstellungen zum Format?
Wo? Wo soll es sein? Gibt es bereits ein bestehendes Forum?
Wann? Wann geht es los? Bis wann? Gibt es Meilensteine?
Wie weiter? Was sind nun die nächsten Schritte bis zur Zusammenarbeit?
Je nach Ausgangssituation und Komplexität der Beratungsleistungen kann die Phase der Auftragsklärung mehrere Gespräche umfassen.
In der Auftragsklärung kommt es auch darauf an, die Erwartungen der Akteure aneinander und an den Beratungsprozess explizit zu machen. Realistisches Erwartungsmanagement ist ein Grundstein für eine vertrauensvolle und hilfreiche Beratung.
Die im Folgenden beschriebene idealtypische Zeiteinteilung eines Auftragsklärungsgesprächs (Dauer 1 Stunde) ist als grobe Orientierung gedacht und abhängig von vielen Faktoren. Kennt der Berater den Kunden bereits? Haben diese bereits Informationen vorab bekommen? Steht überhaupt eine Stunde zur Verfügung? Wie viele Personen nehmen teil?
0 Begrüßung >> Smalltalk, Warmwerden
5 Vorstellung der Teilnehmer, Zeitrahmen/Vorgehen/Wie kam es zum Kontakt?
10 Intentionsklärung, Aufgreifen des Vorkontaktes >> Ziel des Termins/Gesprächs
20 Anliegen, Bedarfsklärung & Beschreibung >> Rückfragen >> zirkuläres Fragen >> Animieren, die „Karten auf den Tisch zu packen“
30 Zusammenfassen >> Abholen, dass alles richtig verstanden worden ist
35 Arbeitsweise, Methoden und Verfahren Vorgehensweise, inhaltlich & organisatorisch
45 Kriterien, Voraussetzungen (von beiden Seiten)
60 Klärung, Angebot, weiteres Vorgehen Danken & Verabschieden
Eine weitere Rahmenbedingung für einen erfolgreichen OE-Prozess ist, neben der Auftragsklärung, die Aufbaustruktur bestehend aus einer Reihe von kulturellen und strukturellen Faktoren, deren Berücksichtigung von entscheidender Bedeutung sind. Theorie, Forschung und Erfahrung deuten an, dass erfolgreiche OE-Bemühungen stark von diesen Faktoren abhängen (vgl. Schiersmann & Thiel 2018, S. 42 ff.).
Gemeint ist hier vor allem:
Der Aufbau einer Resonanzgruppe: Diese i.d.R. aus vier bis sieben Mitgliedern bestehende Gruppe erfüllt im Rahmen eines OE-Prozesses mehrere Funktionen. Sie koordiniert Projektaktivitäten in der Organisation, vermittelt zwischen den Sichtweisen und Anliegen der Akteure, fungiert als Katalysator, Ideengeber sowie als Seismograph für Stimmungen und Diskussionen in der Organisation.
Problembewusstsein und Commitment der Führungsspitze: Es ist für einen OE-Prozess von entscheidender Bedeutung, dass er durch die Führung der jeweiligen Organisation eine wirksame und nachhaltige Unterstützung erfährt.
Lernförderliche Organisationskultur: Der polemische Satz „culture eats strategy for breakfast“ deutet auf die große Bedeutung hin, die kulturelle Normen und Werte auf Veränderungsprozesse haben. Hier kommt es darauf an, dass eine lernförderliche Organisationskultur einen OE-Prozess unterstützt. Auf diesen Faktor hat insbesondere Schein (2010) hingewiesen.
Veränderungsprozesse sind meist komplex. Eine wichtige Aufgabe des OE-Beraters ist es daher, den Veränderungsprozessen eine einfache und plausible Struktur zu geben, die den Beteiligten hilft, die Komplexität eines Prozesses auf ein überschaubares Maß zu reduzieren und nachvollziehbar zu machen. Ein Werkzeug zur Strukturierung eines OE-Prozesses ist eine soge-nannte Prozessarchitektur. In der Prozessarchitektur wird u.a. dargelegt, welche Aktivitäten über welchen Zeitraum geplant sind und wer an diesen beteiligt ist.
Dabei wird zwischen der Prozessarchitektur und dem Prozessdesign unterschieden. So zeigt die Prozessarchitektur die Ausrichtung und das Prozessdesign die Einrichtung auf.
Das heißt, die Architektur entscheidet darüber, ob etwas gemacht wird und – falls ja – was gemacht wird. In der Architektur werden die Strukturen definiert, das Gerüst und die Eckpfeiler vereinbart. Es geht somit um die Grobplanung des gesamten Prozesses und um die Verlaufsorientierung. Hierbei verfolgt die Entwicklung einer Prozessarchitektur das Ziel, die Komplexität des OE-Prozesses auf ein überschaubares Maß zu reduzieren, um der Anforderung der Nachvollziehbarkeit des Prozesses gerecht zu werden.
Eine Prozessarchitektur gibt Auskunft über sachliche, soziale, zeitliche und räumliche Gestaltungselemente und Fixpunkte sowie die Symbolik des Veränderungsprozesses (Königswieser/Exner 2004).
Auf der sachlichen Gestaltungsebene werden die formellen Aspekte des OE-Prozesses bestimmt. Dies umfasst die Entscheidung über die Planungsintensität, Verfügbarkeit von Ressourcen sowie den Umgang mit Budgetvorgaben.
Planungsintensität: Planung bedeutet Reduzierung von Komplexität durch Bildung von überschaubaren, handhabbaren Strukturen. Die Intensität der Planung kann innerhalb des Kontinuums zwischen Grob- und Detailplanung liegen. Der Vorteil der Grobplanung liegt darin begründet, dass sie den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen Freiräume bei der Realisierung übergeordneter Ziele zuspricht und gleichzeitig darauf abzielt, förderliche Rahmenbedingungen zur evolutionären Entwicklung zu schaffen. Eine Detailplanung ist hingegen sinnvoll, wenn die Gefahr besteht, dass Handlungsspielräume unangemessen ausgenutzt werden. Die Wahl der Planungsintensität eines OE-Prozesses ist folglich eine Gratwanderung, bei der es sowohl darum geht, Freiräume zu schaffen, als auch darum, Unsicherheiten zu reduzieren.
Ressourcen: Die Verfügbarkeit von personellen und zeitlichen Ressourcen ist eine zentrale Voraussetzung für die Gestaltung von OE-Prozessen. Zum einen benötigen Veränderungsprozesse Zeit, um alle Handlungsschritte zu erarbeiten und eingefahrene Einstellungen im Unternehmen zu verändern. Zum anderen müssen die am OE-Prozess beteiligten Mitarbeiter zumindest zum Teil von ihren ursprünglichen Aufgaben befreit werden, um so genügend Zeit für die neue Funktion zu haben (vgl. Schiersmann & Thiel 2018).
Budget: Nach dem Grad der Flexibilität lässt sich zwischen starren und flexiblen Budgets unterscheiden. Starre Budgets sind dadurch gekennzeichnet, dass diese bedingungslos einzuhalten sind, und bieten damit den Vorteil, dass sie die horizontale Planabstimmung erleichtern. Im Gegensatz zu starren Budgets tragen flexible Budgets der Unsicherheit von Entscheidungssituationen dadurch Rechnung, dass sie entweder bereits bei der Erstellung, der Durchführung oder erst bei der Kontrolle der Budgets gewisse Anpassungsmöglichkeiten vorsehen.
Auf der sozialen Ebene werden die Stellung der Akteure innerhalb des OE-Prozesses sowie deren Beziehungen zueinander festgelegt. Im Einzelnen geht es u. a. um die Gestaltung von Führungsstil, Beteiligungsmöglichkeiten, Mitarbeiterkom-munikation sowie Organisationskultur.
Führungsstil: Um bei allen Mitarbeitenden eine Akzeptanz für den Veränderungsprozess zu schaffen, ist eine aktive und nachhaltige Unterstützung der Leitung essenziell. Die Führungskräfte müssen einerseits Vertrauen in die Mitarbeiter setzen, die den Prozess gestalten, andererseits sollen sie selbst ein Vorbild für die Mitarbeiter sein und die Veränderungen umsetzen (vgl. Schiersmann & Thiel 2018, S. 41 f.).
Beteiligungsmöglichkeiten: Mit der Wahl der Beteiligungsformen wird in einem OE-Prozess festgelegt, welche Partizipationsmöglichkeiten den Mitarbeitenden eröffnet werden.
Die Wahl der Beteiligungsform hängt von verschiedenen Faktoren ab, z. B. von den zu lösenden Problemen, den angestrebten Zielen, der Unternehmensgröße und der bisherigen Beteiligungskultur. Der Grad der Beteiligung ist davon abhängig, ob die Mitarbeiter an dem Prozess beteiligt werden können und dies auch wollen. Die Bandbreite kann von der Beteiligung an Diskussionen bis zur Einbeziehung in Entscheidungsvorgänge reichen.
Mitarbeiterkommunikation: Die Mitarbeiterkommunikation ist ein integraler Bestandteil der Veränderung bei OE-Prozessen. Sie kann in einem Spektrum zwischen Ein-Weg-Information und Zwei-Wege-Kommunikation liegen und auf die Nutzung der vorhandenen Kommunikationsinfrastruktur oder die Entwicklung vorhabensspezifischer Instrumente gerichtet sein. Da jede Art der Veränderung im Unternehmen Verunsicherung verbreitet, ist eine Rückkopplung von Informationen an die gesamte Mitarbeiterschaft wichtig. Auch die Mitarbeiter, die nicht direkt am OE-Prozess beteiligt sind, werden so regelmäßig über den Stand der Arbeit informiert. Dies stellt sicher, dass alle Geschehnisse transparent gemacht werden und die Mitarbeiter von der Relevanz der Veränderung überzeugt werden (vgl. Schiersmann & Thiel 2018, S. 42 f.).
Organisationskultur: Da eine Veränderung eines Unternehmens immer auch dessen kulturelle Grundwerte und Normen berührt, ist es wichtig zu beachten, dass die Kultur der Veränderung nicht im Wege steht und Veränderungen zulässt. Für den Erfolg eines OE-Prozesses spielt daher eine lernförderliche Organisationskultur eine entscheidende Rolle (vgl. Schiersmann & Thiel 2018, S. 42).
Die zeitliche Ebene umfasst die Planung der logischen und zeitlichen Abfolge von Teilaufgaben im Projektablauf (vgl. Schiersmann & Thiel 2018, S. 193 f.). Die Identifikation von Arbeitsschritten, die abgeschlossen sein müssen, damit der nächste Schritt beginnen kann, sowie von Meilensteinen und dem kritischen Pfad ist Basis für die zeitliche Gestaltung der OE-Architektur.
Meilensteine: Innerhalb des Projektablaufplanes stellen Meilensteine wichtige Zwischenschritte dar, die zur Realisation des OE-Prozesses unverzichtbar sind. Sie markieren den Abschluss von wichtigen Teilschritten und sind gleichzeitig Zeitpunkte, an denen eine Entscheidung darüber gefällt werden muss, ob ein Projekt weitergeführt, verändert oder abgebrochen werden muss.
Für die Durchführung eines OE-Prozesses sind gewisse räumliche Voraussetzungen unverzichtbar: Für die Beteiligten des Prozesses muss es beispielsweise Möglichkeiten geben, sich auszutauschen und in angenehmer Arbeitsatmosphäre das weitere Vorgehen zu besprechen. Folglich sollten von dem Unternehmen hierfür passende Räumlichkeiten, z. B. Besprechungsräume, bereitgestellt werden.
Darüber hinaus muss geplant werden, welche räumlichen Gegebenheiten für den entsprechenden Prozessschritt, z. B. einen Workshop, förderlich sind. Es gilt zu überdenken, ob es beispielsweise vorteilhaft ist, eine Besprechung außerhalb in einem Tagungshotel, frei von bestehenden Unternehmensstrukturen oder in den Räumen des Unternehmens durchzuführen. Es sollte dabei berücksichtigt werden, in welcher Arbeitsatmosphäre die besten Arbeitsergebnisse erzielt werden können.
OE-Berater gleichen daher in ihren Interventionsmöglichkeiten eher einer Hebamme, die eine Mutter (und ggf. auch einen Vater) bei der Geburt eines Kindes unterstützt. Das „Anliegen“ (das Kind) und die „Lösung“ (die Geburt) gehören den Eltern, die „ownership“ liegt bei Ihnen. In der OE-Beratung von Veränderungsprozessen verhält es sich, was die Rolle des OE-Beraters oder der OEBeraterin angeht, ähnlich.
OE-Berater/-innen agieren bei Veränderungsvorhaben als „Hebammen“, als „Prozessbegleiter/-innen“.
Der OE-Berater oder die OE-Beraterin versteht den Kontext, das Anliegen des Klienten oder der Klientin, und „fördert die Problemlösekompetenz und unterstützt die Selbstorganisationsprozesse, d. h. die lernende Organisation“ (Schiersmann & Thiel 2018, S. 81). Er oder sie leistet „Hilfe zur Selbsthilfe“, indem er oder sie einem System hilft, durch „externe Beobachtungen“, durch Erfahrung und „praktische Hinweise“ seine Probleme zu verstehen und selbst zu lösen.
S. 149
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