In welche Art werden SSI nach der KISS-Methode unterteilt?
Oberflächliche Wundinfektionen
A1: betrifft Haut / Subkutis innerhalb 30 Tage postoperativ
Tiefe Wundinfektionen
A2: betrifft Faszie / Muskel innerhalb 30 bzw. 90 Tage postoperativ
Infektion von Organen bzw. Körperhöhlen
A3: innerhalb 30 bzw. 90 Tagen postoperativ
In welche Kontaminationsklassen werden Operationen unterteilt? (Wundklassifikation)
nicht kontaminiert (sauber/aseptisch)
sauber-kontaminiert (bedingt aseptisch)
kontaminiert (kontaminiert)
manifest infiziert (“schmutzig”/septisch)
Wundklassifikation
Welche patienteigenen Faktoren gelten als Risiko einer SSI?
Alter (Zunahme pro Dezennium)
Rauchen, Alkohol-, Drogenabusus
Reduzierter Allgemeinzustand, Ernährungszustand oder Mangelernährung
Übergewicht, BMI > 30
ASA-Score > II
Immundefizienz/Immunsuppression
Diabetes Mellitus (je nach Einstellung)
Niereninsuffizienz, Leberinsuffizienz
Staph. aureus-Träger (MRSA, MSSA)
Infektion außerhalb des OP-Gebiets
Arterille Minderdurchblutung
Periphere Ödeme, Lymphangitis
Welche präoperativen Faktoren gelten als Risiko einer SSI?
Längere Krankenhausverweildauer
Wundklassifikation kontaminiert oder manifest infiziert (“schmutzig”)
Offene Frakturen, Schweres Trauma
Malignom, Vorbestrahlung
Hochrisiko-Operation
Notfall-Operation
Rezidiv-Operation
Anämie, Entzündungsparameter
Vorgeschädigte Haut im OP-Gebiet
Suboptimale OP-Vorbereitung (z.B. Zeit der Hautrasur)
Suboptimale Durchführung der PAP
Welche intraoperativen Faktoren gelten als Risiko einer SSI?
Erfahrung und chirurgische Technik des Operateurs
Lange Dauer der OP / Intervention (> 2 Stunden)
Komplikation im OP-Verlauf
Hygiene-Besonderheiten (z.B. Handschuh-Perforation)
Implantat-OP
Verfahrenswechsel (z.B. Laparoskopie zu Laparatomie)
Anästhesie-Besonderheiten (z.B. Hypothermie)
Minderperfusion durch Blutung
Keine Nachdosierung der PAP
Welche postoperativen Faktoren gelten als Risiko einer SSI?
Wunddrainage länger als 3 Tage
Anwendung invasiver medizinscher Technik (z.B. Beatmung, Dialyse, ZVK, DK, Thoraxdrainage)
Re-Operation erforderlich (z.B. Nachblutung)
Längere Behandlung auf der Intensivstation
Welche drei Indikationen für eine PAP bestehen?
Hohe Erregerexposition des Operationsfelds (meist bei Wundklassifikation sauber-kontaminiert, kontaminiert und septisch)
Infolge operationstechnischer Besonderheiten oder wegen Fremdkörper-Implantation (z.B. Notfall-OP, Fixierung durch Osteosynthese, Implantation von Prothesen)
Aufgrund patienteigener Risiken (z.B. immunsupprimierte Patienten, Patienten mit schwerer Grunderkrankung)
Welches Erreger finden sich vor allem bei SSIs und wie sieht die Verteilung aus?
Staphylococcus spp. -> 32,0%
meist Staph. auerus oder Staph. epidermidis)
Entercoccus spp. -> 15,8%
meist E. faecalis oder E. faecium
Escherichia spp. -> 15,6%
meist E. coli
Klebsiella spp. -> 5,0 %
meist K. pneumoniae
Pseudomonas spp. -> 4,1%
meist P. aeruginosa
Cephalosporine der Gruppe 1
z.B. Cefazolin
Wirksamkeit?
Indikation?
Fachrichtungen?
Gute Wirksamkeit gegen grampositive Bakterien des Hautmikrobioms (z.B. Staphylokokken) und Streptokokken
Bei nachgewiesener Sensivität auch gegen E. coli
Bei Operationsfeldern, welche insbesondere mit Bakterien des Hautmikrobioms kontaminiert sind
Insb. Traumatologie, Orthopädie, Neurochirurgie, Gefäß- und Herzchirurgie, Dermatologie
Sollte in der Abdominalchirurgie aufgrund von Resistenzen nicht mehr eingesetzt werden
Cephalosporine der Gruppe 2
z.B. Cefuroxim
Zusätzlich Erreger von Atemwegsinfektionen (z.B. Haemophilus influenzae), Pneumokokken und Moraxellen
In Kombination mit Metronidazol v.a. bei Eingriffen in der Abdominalchirurgie
Allgemeinchirurgie, Thoraxchirurgie, Urologie
Cephalosporine der Gruppe 3
z.B. Cefotaxim, Cetriaxon
Stärkere Wirkung gegen gramnegative Bakterien
Komplizierte Eingriffe in der Abdominalchirurgie und Urologie
Aminopenicilline
z.B. Ampicillin/Sulbactam
Besonderheit?
Anaerobe Bakterien bei Bereichen anaerober Mischbesiedlung und Cutibacterium spp.
Gynäkologische Eingriffe und HNO-Eingriffe
Infektionen nach Gelenkersatz (insb. aufgrund Cutibacterium spp.)
Keine Verwendung in der Abdominalchirurgie aufgrund hoher Resistenzrate
Einsatz nur bei nachgewiesener Sensivität
Wann und wie sollte die PAP verabreicht werden?
In der Regel 60 bis 30 Minuten vor Operation
Bei Blutsperre Gabe min. 10 Minuten vor Schließen der Blutsperre
Cefazolin und Cefuroxim können als Bolus (Infusionsdauer 3 bis 5 Minuten) oder als Infusion über 15 bis 30 Minuten verabreicht werden
bei Bolusgabe max. 30 Minuten vor Hautschnitt
Vancomycin: Beginn 120 Minuten vor Schnitt
Infusionsdauer sollte 60 Minuten nicht unterschreiten
Ciprofloxacin: Beginn 120 Minuten vor Schnitt
Infusionsdauer 30 bis 60 Minuten
Bestandteile des PEN-FAST Score?
PEN - Pat. berichtet über Penicillin-Allergie
F - Allergische Reaktion <5 Jahre (2 P.)
AS - Anaphylaxie/Angiödem/Schwere allergische Hautreaktion* (2 P.)
T - Therapie der allergische Reaktion erforderlich (1 P.)
*z.B. Stevens-Johnsons-Syndrom, toxische epidermale Nekrolyse
Auswertung des PEN-FAST Score
1 P. - Risiko für Allergie <1 %
2 P. - Geringes Risiko, ca. 5%
3 P. - Moderates Risiko, ca. 20%
4-5 P. - Hohes Risiko, ca. 50%
Wie hoch ist die Rate an SSI bei lap. CCE im Vergleich zur offenen CCE?
1 - 19 % bei offener OP vs. 0,4 % bei laparoskopischer OP
Welche Risikofaktoren bestehen bei einer lap. CCE für eine SSI?
Notfalloperation
Gallenkolik <30 Tage
Wechsel auf offene CCE
Intraoperative Gallenblasenruptur / Kontamination des OP-Situs mit Gallenflüssigkeit
Akutes Cholezystitis
Hepatitis
Lange OP-Dauer
Schwangerschaft
Hohes Alter
Immunsuppression
Schlecht eingestellter DM
Welches Erregerspektrum spielt bei der lap. CCE hauptsächlich eine Rolle?
Enterobacterales (v.a. E.coli), Klebsiella spp., Enterokokken
seltener Streptokokken, Staph. aureus, Anaerobier (v.a. Clostridium spp.)
Welches Antibiotikum soll laut Leitlinie bei einer lap. CCE verwendet werden?
Cephazolin (2g) / Cefuroxim (1,5g)
± Metronidazol (500mg) bei Rsikofaktoren
Penicillinallergie: Levofloxacin (500mg) ± Metronidazol (500mg)
Welche Infektionserreger finden sich am häufigsten bei einer Appendektomie?
V.a. E.coli, Klebsiella spp. und Anaerobier (z.B. Bacteroides spp.)
Auch Streptokokken, Staphylococcus spp. und Enterecoccus spp.
Seltener P. aeruginosa
Welches Antibiotikum ist laut Leitlinie zur PAP bei Appendektomie indiziert?
Cefuroxim (1,5g) + Metronidazol (500mg)
Penicillinallergie: Ciprofloxacin (400mg) + Metronidazol (500mg)
Zu welchen Gruppen zählen Eingriffe der kolorektalen Chirurgie?
Sauber-Kontaminiert bzw. Kontaminiert
Welche Risikofaktoren für eine SSI bestehen bei kolorektalen Eingriffen?
Notfalloperationen
Langer präoperativer Krankenhausaufenthalt
Hohe Bakterienkolonisation
Schwere Grunderkrankung / Krebserkrankung
Hohes Lebensalter
Welche Erreger finden sich vor allem in der kolorektalen Chirurgie?
Welche Antibiotika sollte in der kolorektalen Chirurgie eingesetzt werden?
Dünndarm-Passage erhalten:
Cefuroxim (1,5g)
Dünndarm-Passage gestört
Kolorektale Chirurgie
Penicillin-Allergie: Ciprofloxacin (400mg) ± Metronidazol (500mg)
Wie hoch ist die SSI-Rate nach einem primären Verschluss eines Sinus pilonidalis?
Was sind die Risikofaktoren?
Ca. 6 bis 14%
Voroperation, Rauchen
Welche Infektionserreger treten bei der Versorgung eines Sinus pilonidalis vor allem auf?
Vor allem E. coli, Klebisiella spp., Proteus spp. und Anaerobier wie Bacteroides spp.
Wie lautet die Empfehlung zur PAP bei chron. Pilonidalsinus?
Welches Antibiotikum sollte eingesetzt werden?
Bei der Intervention kann eine PAP erwogen werden
Alterntive: Ciprofloxacin (400mg) + Metronidazol (500mg)
Wie hoch ist die SSI-Rate bei offenen bzw. laparoskopischen Vesorgung einer Hernie?
offen: 3 bis 12 %
laparoskopisch: 0,5 bis 2 %
Bei welchen Hernieoperation besteht eine Indikation bzw. besteht keine Indikation zu PAP
JA: Offen durchgeführte Operationen mit Implantation alloplastischen Materials
NEIN: Bei Ingunial- oder Femoralherniorrhaphie ohne Netzimplantation
Welches Antibiotikum sollte bei einer Hernien-Operation mit Netzimplantation verwendet werden?
Cefazolin (2g) ± Metronidazol* (500mg)
Alternativ: Cefuroxim (1,5g) ± Metronidazol* (500mg)
Allergie: Ciprofloxacin(400mg) ± Metronidazol* (500mg)
* bei Risiko einer Darmresektion/-eröffnung
Wie lautet die Empfehlung zur PAP bei einer Splenektomie?
Was sind die zusätzlichen Risikofaktoren für eine SSI?
Es sollte eine PAP durchgeführt werden, insbesondere bei Vorliegen zusätzlicher Risikofaktoren
Präexistente Infektionskrankheit, Trauma, Immunsuppression
Welches Antibiotikum sollte bei einer Splenektomie eingesetzt werden?
Welche Alternative besteht bei Notfalleingriffen?
Cefazolin (2g) oder Cefuroxim (1,5g)
Allergie: Vancomycin (15mg/kg)
Allergie: Daptomycin (8mg/kg)
Wie hoch ist die SSI-Rate bei der Versorgung geschlossenen Frakturen?
Welche Infektionserreger treten am häufigsten auf?
Wie lautet die Empfehlung?
Ungefähr 1 bis 2 %
Staph. aureus, koagulasenegative Staphylokokken, Streptokokken
Es soll eine PAP durchgeführt werden
Was sind die Risikofaktoren für eine SSI bei einer geschlossenen Fraktur?
Rauchen
Adipositas
Längerer präoperativer Krankenhausaufenthalt
ASA-Score > 2
Welches Antibiotikum soll zur PAP bei geschlossenen Frakturen verwendet werde?
Allergie:
Clindamycin* (900mg)
Vancomycin (15mg/kg)
jeweils + Gentamycin (5mg/kg)
* bei nachgewiesener Sensivität/bek. Resistenzlage
Was unterscheidet die PAP bei einer offenen Fraktur zu derer einer geschlossenen Fraktur?
Um wie viel Prozent ist die Infektionsrate im Vergleich zur geschlossenen Fraktur erhöht?
Was ändert sich für den Zeitpunkt der Gabe?
Es liegt häufig eine bakterielle Kontamination der Frakturenden vor, deswegen wird hier eher von einer präemptiven Therapie gesprochen
Die Infektionsraten sind bis zu 30 % erhöht
Die Gabe des Antibiotikums sollte so früh wie möglich erfolgen, es sollte nicht bis Operationsbeginn gewartet werden
Welche zusätzlichen Risikofaktoren bestehen bei einer offenen Fraktur für eine SSI?
Inbesondere die Schwere des Weichgewebeschadens
Wie lange soll die PAP bei einer offenen Fraktur in Abhängigkeit von der Klassifizierung nach Gustilo-Anderson dauern?
Erst-/Zweitgradig: Maximal 24 Stunden
Drittgradig: Für 72 Stunden (präemptive Therapie)
Welches Antibiotikum wird zur PAP bei einer offenen Fraktur in Abhängigkeit des Schweregrades empfohlen?
Gustilo-Anderson Typ I u. II (max. 24 Stunden):
Cefazolin (2 g) alle 8 Stunden /
Cefuroxim (1,5 g) alle 8 Stunden
Allergie: Clindamycin (900mg) 8 Stunden /
Vancomycin (15 mg/kg) 12 Stunden
jeweils + Gentamycin (5 mg/kg) 24 Stunden
Gustilo-Anderson Typ III:
Piperacillin/Tazobactam (4,5 g) alle 8 Stunden
Allergie: s. o.
Welcher Kontaminationklasse werden arthroskopoische Eingriffe am Knie zugeordnet?
Wie hoch ist die SSI-Rate bei diesen Eingriffen?
Welcher zusätzlicher Risikofaktor findet sich?
Welches Erreger finden sich vor allem?
sauber (aseptisch)
0,01 - 1,13 %
Vorhergehende intraartikuläre Kortikoidinjektion
Vor allem koagulasenegative Staphylokokken, Staph. aureus und Streptokokken
Wie lautet die Empfehlung zur PAP bei Kniearthroskopien ohne Bandplastik und ohne Knorpelintervention / knöcherne Maßnahmen?
Es sollte keine PAP verwendet werden
Welche beiden Empfehlungen finden sich bei arthroskopischen Kreuzbandrekonstruktionen sowie Knorpeleingriffen / knöchernen Maßnahmen?
Es sollte eine lokale PAP durch Tränkung des Transplantats in Vancomycin-Lösung erfolgen
Welches Antibiotikum sollte bei arthroskopischen Eingriffen am Knie verwendet werden?
Cefazolin (2 g)
Allergie: Clindamycin* (60o-900 mg) oder Vancomycin (15 mg/kg)
* Nur bei nachgewiesener Sensitivität
Welcher Infektionserreger ist für rekonstruktive Schulteroperationen am relevantesten und für welchen Anteil an SSI ist er verantwortlich?
Cutibactierum acnes ist für ca. 50 % der SSI bei Schulteroperationen verantwortlich
Wie lautet die Empfehlung für eine offene oder arthroskopisch durchgeführte Schulter-OP?
Welches Antibiotikum sollte bei rekonstruktiven Schulteroperationen verwendet werden?
Cefazolin (2 g) oder Cefuroxim (1,5 g)
Allergie: Clindamycin (900 mg) oder Vancomycin (15 mg/kg) ± Gentamycin (5 mg/kg)
Bei hohem Risiko für Cutibacterium spp.
Ampicillin-Sulbactam (2 / 1 g)
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