Vielfalt der Familienmodelle
Vielfalt von Familien- und Lebensformen historisch nicht neu
Familienformen haben immer dem Wandel unterlegen -> Familienformen an die Lebensbedingungen der Menschen angepasst
Dominanz des Modell der modernen, bürgerlichen Familie (Mitte 20.JHd.) war historisch einzigartig -> nur eine kurze Periode 1950er und 60er (in westlichen Industriestaaten)
Epocheneinteilung (nach Huiningk und Konietzka)
Vor- und Frühgeschichte:
Ca. 2 Mio. Jahre v.Chr. Altsteinzeit.
Ca. 150 000 Jahr v.Chr. Homo Sapiens Sapiens.
9000 v.Chr. Jungsteinzeit in Vorderasien, neolithische Revolution.
5500 v.Chr. Jungsteinzeit in Europa
Antike:
8. Jh. v.Chr. bis 5 Jh.: Antike Griechenland, Römisches, Germanisches Reich
Mittelalter: 5. bis 15. Jahrhundert.
Neuzeit: Ab dem 16. Jahrhundert.
Eurozentrisch (Europa) und Darstellung deutlich vereinfacht
Vor und Frühgeschichte
Wissen unvollständig, geringe Datengrundlage
-> Bis zum Ende der Steinzeit lässt sich wenig über die soziale Organisation von menschlichen Lebensformen sagen
Jäger und Sammler:
biologische Zweckmäßigkeit zwischen der Geschlechter
Beschränkung der Kinderzahl (weil nötig zum Überleben): Mobile Lebensweise, lange Stillzeiten, Empfängnisverhütung, Abtreibung und Kindstötung (Infantizid)
Neolithische Revolution zur Ackerbaugesellschaft
Welche Auswirkungen hatte die Neolithisierung auf die Familie?
Zusammenlebende Gruppen größerer Verwandtschaftsverbände -> kleine Kernfamilie stand im Hintergrund
Anzahl überlebender Kinder erhöhte sich trotz schlechterer Lebensbedingungen -> engerer Raum, mehr Krankheiten
Familie und Ehe zentrale Institutionen agrarischer Gesellschaften
Es gab eine Vielfalt an Sitten und institutionellen Regeln zu Sexualität, Paarbeziehungen und Ehen, Familienformen und Verwandtschaftsbeziehungen
2.Griechische und Römische Antike
Griechische und Römische Antike:
Patriarchale Strukturen und patrilineare Deszendenz bestimmen Familien- und Verwandtschaftsverhältnisse. (Macht liegt bei den Männern)
Vielfach Polygynie (Eheform, die dem Mann mehrere Ehefrauen gestattet)
Hausgenossenschaft: Ehegatten, Kinder und Sklaven -> Art erweiterte Kernfamilie.
Zentrale Aufgaben: Gerichtsbarkeit, Wirtschaft und Erziehung, wahrgenommen durch männlichen Familienvorstand.
Pater familias unbeschränkte Rechte und Gewalt über alle Familiemitglieder (Vater als Oberhaupt)
Sicherung der Fortexistenz des oikos bzw. der familia durch männliche Nachkommenschaft (Familienmotiv: Fortsetzung der Abstammungslinie)
2.Antike (Römisches Reich und Germanen)
Spätes Römisches Reich:
Stellung der Frau differenziert (bspw. sine manus-Ehe - Frau war immer noch ihrem Vater zugeordnet, gab ihr mehr Macht gegenüber dem Ehemann).
Ungleiche Machtverhältnisse in der Ehe:
Heiratsalter Männer hoch, Frauen niedrig - Mitgift (Vermögen, das Braut in die Ehe bringt)
Scheidung möglich
Zahl (überlebender) Kinder niedrig:
Hohe Kindersterblichkeit
Sklavenwirtschaft (Zerstörung von Familienbetrieben), man brauchte seinen Fortbestand nicht mit Kindern sichern
-> vieles als »postmodern« einzuordnen: Die hohe Instabilität der Ehen, die große Verbreitung nichtehelichen Zusammenlebens und die starke Geburtenbeschränkung
Germanische Familie:
Keine schriftlichen Überlieferungen -> schwierige Forschung
Zu Sippen zusammengeschlossene Familienhaushalte (Ehepaar, Kinder, Gesinde).
Patriarchalisch organisiert (männlicher Vorstand)
Bilineare Deszendenz (Abstammung ergab sich aus beiden Partnern)
Frauen: gesellschaftliches Ansehen, keinen eigenständigen Rechtsstatus
Informelle und formelle (durch Sippenvertrag) Ehen (keine Konsensehe -> männliche Sippenvorstände bestimmten wer heiratete), Polygynie nicht ausgeschlossen.
Muntschatz (~ Mitgift).
Scheidung durch Auflösung Sippenvertrages möglich.
3.Mittelalter
Patriarchalisch organisiert; Hausvater große Autorität und Verantwortung (Schutz und Versorgung), aber weniger Machtbefugnisse als die römischen pater familias.
Bedeutungsabnahme patrilinearer Deszendenz, Durchsetzung bilinearer Deszendenz.
Familienmotiv: Bedeutungsabnahme der Fortführung der Abstammungslinie, Bedeutungszunahme der Familie als Ort der Produktion
Einfluss des Christentums →Wandel der institutionellen Strukturen der Familie:
Verbot der Kindestötung undHeirat naher Verwandter,
Ablehnung Adoption, Konkubinat, Wiederheirat.
-> Schwächung patriarchaler Verwandtschaftsverbände.
Heiratsregeln:
Partnerwahl durch Lehns- oder Grundherren bzw. Eltern bestimmt.
Heirat (i.d.R.) nur innerhalb der jeweiligen Stände.
Gründung neuer Haushalt (Neolokalität)
(Mehr oder weniger) Zustimmung beider Ehepartner (Konsensehe) <- Einfluss der Kirche („Sakrament der Ehe“)
Fürsten- und Adelsfamilien
Ländliche und städtische Familienhaushalte
Eingebettet komplexen Haushaltsstrukturen von Fürsten- und Adelshöfen
Ganzes Haus (Kernfamilie, Gesellen, Knechte, Mägde, Gesinde, etc.)
Zweckorientierte Beziehungen zwischen Mitgliedern, wenig Raum für gefühlsmäßige Bindungen.
Fortsetzung der Abstammungslinie bedeutsam
Fortsetzung der Abstammungslinie weniger bedeutsam -> Sicherung als Produktionsgemeinschaft → Familie als funktionierende Arbeitseinheit -> Einbindung der Kinder
Hohe Sterblichkeit -> Häufige Wiederverheiratung (wegen Verwitwung) → „Patchworkfamilien“
Formen des Alleinlebens, Alleinerziehende, Wohngemeinschaften von Frauen (v.a. Witwen mit/ohne Kinder)
4.Neuzeit/Industrialisierung
Große Formenvielfalt der Familien.
Wandel: Trennung von Produktionssphäre und Familiensphäre (Industrialisierung; Städten, Arbeitern).
Kulturelle Faktoren:
Abkehr von kirchlicher Alleinverantwortlichkeit für Ehe
-> Aufhebung von Ehebeschränkungen, Ermöglichung der Scheidung
Verstärkte Beachtung individueller Rechte (Aufklärung)
„Subjektivierung“ des Ehe- und Familienverständnisses (Romantik), Partnerwahl weniger durch Dritte → Motiv emotionalen Zuneigung und romantischen Liebe.
Wirtschaftliche Interesse am Kind (Arbeitskraft) nahm ab → Kindheit und Jugend als eigenständige Lebensphasen gewannen an Bedeutung
Bürgertum
Arbeiter
Familie als auf Dauer angelegte eheliche Lebensgemeinschaft mit (2-4) Kindern.
Erfordernis der Existenzsicherung, prekäre Lebensbedingungen, arm
Höhere Kinderzahl, Kinderarbeit verbreitet
Ehe = intime Beziehungsstruktur, persönlicher Zuneigung und freiere Partnerwahl
Wenig Unterschiede zur vorindustriellen Haushaltsformen ohne Produktionsfunktion
Familie als privater Raum, nur begrenzt offen
„Fremde“ im Haushalt: Trotz häufig beengter Wohnverhältnisse Untermieter/„Schlafgänger“.
Heiratsalter Mann bei ca. 30 Jahren, Frau fünf bis sechs Jahre jünger.
Heiratsalter niedriger (als im Bürgertum)
Strikte geschlechtsspezifische Arbeitsteilung: Mann ist Haupternährer, Frau ist Hausfrau und Mutter
Auf Einkommen beider Elternteile angewiesen
-> Bleibender Autoritätsanspruch des Mannes (patriarchales Modell); aus rollensoziologischer Sicht Verschärfung der Abgrenzung der Rolle von Frau und Mann (vorher war Frau mit für Ernährung und Produktion zuständig, jetzt nicht mehr nötig)
→ „Ideale“ bürgerliche Familie nicht umestzbar
5.Neuzeit - Golden age of Marriage
Mitte des 20. Jhd.
Modell der bürgerlichen Familie setzt sich durch:
Kernfamilie, „freie“ Partnerwahl, Ehe als auf Dauer angelegte, auf Zuneigung und Intimität beruhender Paarbeziehung, 2-3 Kinder, geschlechtsspezifische Rollenteilung, Familie als privater Raum,
Historisch einzigartige Konstellation -> Kurze Periode: 1950er und 1960er Jahren (in westlichen Industriestaaten)
War möglich, weil es den bürgerlichen Menschen finanziell gut ging
Niedrige Nichtehelichenquote (weniger Kinder, die außerhalb der Ehe geboren wurden) -> Nimmt seitdem wieder weiter zu
Was ist der erste demographische Übergang?
Erste demographische Übergang von Frank W. Notestein
Phasenmodell zur Erklärung den Übergang von hohen zu niedrigen Geburts- und Sterbeziffern
Phase: historisch, späte Neuzeit/Industralisierung - hohe Geburten- und Sterberate (hohe Säuglingssterblichkeit)
Phase: Verbesserung der medizinischen Versorgung - hohe Geburtenrate und Sterberate sinkt -> hohes Bevölkerungswachstum
Phase: hohe Geburtenrate und sehr niedrige Sterberate -> hohes Bevölkerungswachstum
Phase: Geburtenrate sinkt nun auch -> passt sich an die niedrige Sterberate an
Phase: Geburtenrate und Sterberate sind nun stabil auf einem sehr niedrigen Niveau
Kritik an dem Makro-Modell:
Demographische Entwicklung ist tatsächlich vielfältiger
Sterblichkeitsrückgang nicht überall zuerst (Bspw. Frankreich, USA).
Es bedarf in allen vier Bereichen der kritischen Überprüfung -> empirisch evtl. nicht zutreffend
Was sind die Leistungen und Aufgaben der modernen Familie?
Vorindustrielle Familie:
Umfassende Verantwortung für Wohlfahrtsproduktion der Menschen
Ausrichtung der Organisation und Struktur daran.
Industrialisierung & Ausbau des Wohlfahrtstaats:
Familie verliert Zuständigkeit Aufgaben (gewerbliche Produktion, Bildungsvermittlung, Grundsicherung) → Funktionsverlust der Familie
Aufgaben:
Reproduktion von Individuum und Gesellschaft (biologisch und sozial) → Funktionswandel der Familie.
Familie zentrale Institution zur Befriedigung emotionaler Bedürfnisse.
Familie leistungsfähige Institution zur Sozialisation der nachwachsenden Generation
Zuletzt geändertvor 2 Jahren